13.Tag Sonntag 30.8.2020
Das Klondike des Atlantiks 
Eingebettet in die beiden Fjorde Eyjafjörður und Skagafjörður liegt Tröllaskagi – die bergige Trollhalbinsel die wir uns heute als Tagesprogramm vornehmen.

Eines schon mal vorneweg – der einzige Troll den es heute mal wieder zu bewundern gibt, ist der mit der roten Jacke.

Unsere Route führt uns zunächst an der Küste entlang.

Einige der nicht ganz 100.000 Islandponies auf der Insel.

Von der Straße auf dem Weg nach Hofsos (etwa 4km südlich davon) entdecken wir eine schöne, winzige Kirche zu der man durch ein Farmtor fahren kann.

Die Torfkirche Gröf stammt aus dem 17. Jh. und wurde 1765 als Kirche aufgegeben.

Kurz danach erreichen wir Hofsos. Direkt hinter dem Schwimmbad kann man einen Weg hinab zu einem Aussichtspunkt auf die Küste folgen und die vielen Basaltsäulen bewundern, ...

... die hier der Brandung trotzen.



Von der Straße um die Insel ...

... zweigt die ungeteerte 82 in die Hochebene ab. Die landschaftlich starke Route führt zunächst zum Stiflavatn – einem von hohen Bergen eingerahmten See.

Schroffe Berge,...

... liebliche Flusstäler ...

... und Wasserfälle prägen die Eindrücke der Strecke.

Absolut klasse – eben Island pur.

Wir erreichen die Küste und finden den Migandi Wasserfall, der über die Klippen der Küste ins Meer stürzt. Danach geht es durch einen einspurigen Tunnel. Etwas ungewohnt, zumal bei der Vorstellung wenn hier zwei Fahrzeuge steckenbleiben, sollte man in der nächsten Zeit nichts Wichtiges vor haben ...

Weiter nach Norden kommen wir nach Olafsfjördur an einem langen Fjord, ...

... ein Ort der für den Fischfang steht aber wohl schon bessere Tage gesehen hat.

Im originellen Kaffi Klara erzeugen wir etwas Umsatz. Danach geht es durch einen langen zweispurigen Tunnel und noch einen kurzen einspurigen Tunnel ...

... nach Siglufjördur.

Das isländische Fischerdorf Siglufjörður war arm und reich und wieder arm.

Das Leben war mühselig und zugleich dekadent. Als die Heringe ausblieben, zogen die Menschen fort und der Ort zerfiel – bis der Unternehmer Róbert Guðfinnsson ein Vermögen investierte.

Wir parken unseren Vitara und schlendern durch den Ort, der uns richtig gut gefällt.

Die Lage an einem von hohen Bergen eingerahmten Fjord ist aber auch traumhaft schön.


Dieses Lage war früher eher ein Fluch. In den Wintermonaten war Siglufjördur regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten.

Besonderer Blickfang ist ein Hotel am Hafen,...

... das mit Geschmack und Stil in den Ort eingepasst wurde.
Wir fotografieren gerade, als uns ein Mann aus dem Hotel entgegen kommt. Der Mann bleibt bei uns stehen und wir kommen ins Gespräch. Zunächst plaudern wir über das Hotel, den Ort, Island und plötzlich erzählt uns der Mann, dass er dieses Hotel gebaut hat und hier in der Biotec-Branche tätig ist. Er fragt mich nach meiner Mailadresse und er schickt mir über sein Handy einen Artikel aus der FAZ über seinen Ort – und über ihn – über Róbert Guðfinnsson – denn dieser Millionär der 35 Millionen Euro in seinen Heimatort investiert hat, steht gerade vor uns und wir unterhalten uns mit ihm wie mit jedem anderen Isländer den wir auf dieser Reise getroffen haben – und die Isländer sind unaufdringlich – aber wenn man sie anspricht immer herzlich, freundlich, gelassen, sehr offen, klug und pragmatisch.Ich kann mir nicht vorstellen, dass man einen Isländer um Unterstützung bittet und diese nicht bekommt. Genauso wirkt auch Róbert Guðfinnsson auf uns. Auf ihn scheint auch zuzutreffen was man oft über Isländer sagt – sie springen ins Wasser um zu sehen, ob sie schwimmen können.
Genau das hat Róbert Guðfinnsson auch mit seiner scheinbar verrückten Investition in seinem Heimatort getan.

Siglufjördur – dieser Ort, 40 Kilometer vom Polarkreis entfernt, erlebte die Geschichte vom Aufstieg und Fall einer Boomtoown in Island. Eine Geschichte von Armut und Fleiß, von Aufstieg, Wohlstand, Reichtum und plötzlichem Verfall.
Doch die Geschichte von Siglufjördur hat trotzdem auch ein tröstliches, Ende, weil ein Einzelner einen Unterschied machen kann.

Außerhalb von Island kennt Siglufjördur kaum jemand. Zu höheren Bekanntheitsgrad gab es vor gut hundert Jahren auch keinen Anlass – damals war die Bevölkerung hier so arm, dass man die eigenen Kinder mangels Nahrung im Schnee ausgesetzt hat. Später wurde die Stadt auf der Halbinsel Tröllaskagi, 400 Kilometer nördlich von Reykjavik, berühmt.

Wer in den 1960er-Jahren mit Fischerei zu tun hatte, kannte Siglufjördur: Die Stadt war die Welthauptstadt der Heringfischerei, das "Klondike des Atlantik". Denn in jener Epoche, die in der isländischen Geschichte "das große Heringabenteuer" heißt (1944 – 1968), herrschte hier Goldgräberstimmung: Hering-Spekulanten machten Vermögen. Zehntausende fanden Arbeit auf Fangschiffen, in fünf Heringsfabriken oder an den 25 Einsalz-Stationen. Das Meer schien unerschöpflich – und die Welt brauchte Fett. Der Fisch wurde gegessen, sein Öl kam in Tierfutter und Seife. Sogar die Erdölwirtschaft rechnete in Heringen. Bis heute: "Barrels" (158,99 Liter) sind alte Heringfässer. Nachdem Island 1944 unabhängig wurde, kamen bis zu 35 Prozent der Exporteinnahmen aus dem Heringhandel. Gut 20 Prozent der Welt-Heringe stammten aus Island. Siglufjördur war Islands Hering-Hauptstadt: 400 Fischerboote waren hier registriert.

Das einstige Nest wuchs auf 3000 Einwohner und war die fünftgrößte Stadt Islands. Zur Hauptsaison arbeiteten hier 13.000 Menschen. Der Fisch brachte Wohlstand und Wachstum. Flotte, Fangtechniken und Verarbeitung wurden besser und besser. Man wollte und holte mehr aus dem Meer. Dass Wachstum immer endlich ist, war kein Thema. Bis es vorbei war. Von einem Tag auf den anderen. 1968 waren die Heringschwärme verschwunden. Dort, wo seit Menschengedenken zu Beginn der Fangsaison riesige Schwärme waren, war nichts. Und kam auch nichts - das "Heringabenteuer" war vorbei.

Die Leute in Siglufjördur erlebten, was "Überfischung" heißt. Für die Natur – und den Menschen: "Islands Gold" war weg – das "Klondike des Atlantiks" würde den Gold-Rush-Städten folgen und zur Geisterstadt werden.

Siglufjördur starb. Anfang der 80er-Jahre lebten hier gerade mal 1000 Menschen.

Man hatte sich damit abgefunden: Die Stadt, die nur im Sommer am Landweg erreichbar war, hatte sich aufgegeben. Winterstürme hatten die Piers zerstört, viele Häuser standen leer und verfielen. „Ältere Besucher erzählen, dass Siglufjörður damals die hässlichste Stadt Islands war“.
Einer, der sich gut an diese dunkle Zeit erinnert, ist Róbert Guðfinnsson. Zwölf Jahre alt war er, als die Heringe in seiner Heimatstadt ausblieben. Róbert Guðfinnsson verdankt sein Vermögen Fischfarmen in Kroatien, New Mexico und Arizona. Er verkaufte seinen Besitz und investierte ab 2008, dem Jahr der Bankenkrise, 35 Millionen Euro in seinen Heimatort Siglufördur. Neben dem Hotel, Restaurants & Cafes gründete er hier eine Bio-Tec-Firma, die aus dem Abfall von Krabbenschalen Anti-Aging-Pillen herstellt. Letzteres scheint richtig gut zu funktionieren, denn daraus entstanden viele Arbeitsplätze, eine “saubere Industrie”, die wieder junge Leute als Arbeitskräfte an den Fjord an der Halbinsel Tröllaskagi gelockt hat.
Siglufjördur war auch schon Filmort und zwar für die erfolgreiche Serie “Trapped”- ein düsterer Islandkrimi, der sich die einstige Abgeschiedenheit des Ortes zum Thema macht.
All das wussten wir nicht, als wir unbedarft hierher gefahren sind. Das macht Reisen für mich so spannend – Erlebnisse und Eindrücke die faszinieren, verwundern, nachdenklich stimmen oder überraschen.

In Siglufjördur gibt es noch so einen kleinen Ort der überrascht – das Café Frida.

Das Café, das zugleich eine kleine Galerie ist, steht so typisch für Islands Einfallsreichtum, Kunst und auch manche schräge Idee, dass es als perfektes Beispiel isländischer Kultur herhalten kann. Der Eingang konfrontiert den Besucher mit einer Stühle-Kollektion der anderen Art, ...


... der Gastraum ist mit Zeitungsartikeln tapeziert, die Toilette ist vom Boden bis zur Decke mit Mickey-Mouse-Comics beklebt, man kann auf Sätteln sitzen und dazu kulinarisch hochwertiges Konfekt und einen exzellenten Cappuccino genießen.

Ein kulinarischer Kunsttempel Iceland-Style.

Entlang dem Skagafjördur fahren wir u.a. noch durch einen Tunnel entlang der Küste zurück zu unserem Farm Cottage.
Tagesazit - gar nicht so viel erwartet und einen richtig tollen spannenden Tag erlebt und inzwischen wird mir bewusst, was ich an Island 7 Jahre lang vermisst habe.
Übernachtung: Farm Cottage Rip 1