4. Tag – Dienstag, 28.01. - 1. Teil
Für heute habe ich ein Ticket (EUR 13,00) für die zweite „große‘“ Sehenswürdigkeit von Sevilla neben dem Alcázar, die Kathedrale samt Turm. Auch hier konnte ich mir das Ticket für den ersten Einlass des Tages sichern, der ist allerdings erst um 10.45 Uhr.
Dennoch mache ich mich um 8.30 Uhr auf den Weg, gerade hat es aufgehört zu regnen. Wie gestern gehe ich an der Plaza de San Francisco vorbei zur Kathedrale, dem Alcázar und den Plätzen drumherum.
Die ruhige morgendliche Zeit nutze ich für ein paar Fotos, dann spaziere ich weiter in Richtung einer weiteren Sehenswürdigkeit, der Plaza de España. Diese ist nicht, wie der Name vermuten lässt, ein Platz im historischen Stadtzentrum, sondern ein „künstlich“, nämlich für die iberoamerikanische Ausstellung 1929, geschaffener Platz und liegt zusammen mit einigen weiteren zu diesem Anlass geschaffenen Plätzen und Gebäuden in einem großen Park etwas vom Stadtzentrum entfernt.
Ich komme an der Universität von Sevilla vorbei und gehe in das schöne Gebäude bzw. den Innenhof, hier soll man laut Internet die ehemalige Réal Fabrica de Tabacos de Sevilla anschauen können, vielleicht finde ich den richtigen Eingang nicht, jedenfalls sind alle Zu- bzw. Abgänge vom Innenhof mit Schildern für Nicht-Angehörige der Uni gesperrt.
Dann ist eine mehrspurige Straße zu überqueren und der Parque María Luisa ist erreicht – aber was ist das – das Tor ist geschlossen, es gibt kein Schild zu Erklärung. Ich stehe mit einigen anderen Touristen etwas ratlos davor. Das kann es jetzt doch nicht gewesen sein? So schnell gebe ich nicht auf, vielleicht gibt es noch einen anderen Zugang zum Platz. Der Plaza de España ist begrenzt von einem ziemlich riesigen halbkreisförmigen Gebäude, an dessen Straßenseite ich nun entlang gehe. Teilweise werden die Räume für die Verwaltung des Militärs genutzt. Am anderen Ende des Gebäudes stehe ich wieder vor einem Sperrzaun, der hier von einer jungen Frau bewacht wird. Ich versuche auf Englisch (soweit reicht mein Spanisch nicht) herauszufinden, warum und vor allem für wie lange der Park gesperrt ist, aber (wieder mal) sind bei meinem Gegenüber keine Englischkenntnisse vorhanden, was lernen die Spanier in der Schule? Ihr ist aber natürlich klar, was ich hier will und sie sagt mir auf Spanisch und das verstehe ich sogar, dass ich zum Gebäude zurück gehen soll und durch dieses Gebäude den Platz betreten kann.
Ich bin etwas skeptisch, aber tatsächlich, man kann die Durchgänge betreten und über eine Treppe auf die Vorderseite des Gebäudes und damit auf den Platz gelangen – oh man, hätte ich das gewusst, hätte ich mir einiges an Wegstrecke erspart, aber ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, das Gebäude zu betreten.
Allerdings wissen meine „Lieblingstouristen“, die Asiaten darüber Bescheid, denn der Platz ist schon gut mit ihnen gefüllt, das scheint neben Kathedrale und Alcázar auf der asiatischen Liste der absoluten „Must-Sees“ in Sevilla zu stehen. Oh je und ich hatte gehofft, um diese Uhrzeit (die nun wegen meiner Umwege gar nicht mehr so früh ist), den Platz einigermaßen menschenleer anzutreffen.
Ich mache mich einigermaßen erfolgreich auf die Suche nach ruhigen Ecken, das Gebäude mit den vielen Kacheln, die beiden Türme an den Rändern, die Brücken und die Wasserläufe sind wunderschön anzuschauen. Das gesamte Ensemble von Platz und Gebäude ist voll von Symbolik: der Platz öffnet sich nach Südwesten, um Amerika „zu begrüßen“, das Wasser stellt den Atlantik dar und die Brücken die vier spanischen Königreiche Castilla, León, Navarra, Arragón. Das Gebäude war während der Ausstellung der spanische Pavillon, deshalb sind auch noch zwischen den Kachelbänken die Wappen der 50 spanischen Provinzen mittels Kachelbildern dargestellt.
Der Platz füllt sich immer mehr und ich mache mich auf den Weg zurück zur Kathedrale.
Gegen 10.30 Uhr reihe ich mich in die noch recht kurze Schlange (vor und hinter mir natürlich Asiaten) vor der Kathedrale ein. Obwohl gerade schon die Sonne herausgekommen war, geht nun nochmal ein Regenschauer nieder, dazu ist es heute mehrere Grad kälter als gestern und vorgestern (was ich als gutes Zeichen im Hinblick auf einen Wechsel zu besserem Wetter deute), also insgesamt eine unangenehme Wartezeit.
Die Sicherheitskontrolle am Eingang ist etwas weniger strikt als gestern beim Alcázar, einen Scanner gibt es nicht, aber die Taschen müssen geöffnet und vorgezeigt werden.
Ich entscheide mich als erstes die Giralda, den Kirchturm zu besteigen. Er ist 96 m hoch, auf der Spitze steht eine 3,50 m große Figur, die sich mit dem Wind dreht und nach der der Turm benannt ist (girar = drehen). Wie so häufig in Andalusien war die Kathedrale einmal eine Moschee, der heutige Kirchturm also ein Minarett, das nach der christlichen Eroberung der Stadt 1248 umgebaut wurde.
Der Turm hat die (angenehme) Besonderheit, dass statt Treppen eine Rampe eingebaut wurde, damit der erste Muezzin nicht zu Fuß, sondern zu Pferd hinauf kam. Nur ganz am Ende sind noch ein paar Treppenstufen zu überwinden.
Ich freue mich auf einen tollen Fernblick von der Turmspitze, aber – mal wieder – treffe ich völlig überraschend auf ein engmaschiges Gitter. Nirgends sind Öffnungen für Kameras angebracht, aber das scheint mal wieder außer mir niemanden zu stören, denn in keinem der vielen Reiseberichte und Blogs die ich gelesen habe, ist das erwähnt. Na ja, immerhin ist der Eintritt zum Turm sowieso im Ticket für die Kathedrale enthalten. Ich genieße natürlich trotzdem den Blick auf die unendlich vielen, hauptsächlich weißen Gebäude, auch die Setas kann ich sehen, den Alcázar und die Türme auf der Plaza de España und mache ein paar Fotos, vielleicht kann ich in der Nachbearbeitung die Drähte etwas verschwinden lassen.


Auf dem Weg nach unten trete ich in eine der Nischen, die ich auf dem Weg nach oben ausgelassen habe und erlebe eine positive Überraschung, diese haben nur ein sehr weitmaschiges Netz – ach wie schön, nun kommt auch noch die Sonne heraus und ich kann immerhin den Blick auf das alte Viertel Santa Cruz, den Alcázar und die Plaza de España barrierefrei fotografieren (leider nur in diese Richtung, die Fensternischen in die anderen Himmelsrichtungen habe alle die engmaschigen Gitter).
Nun geht es aber ins Innere der Kathedrale und hier bleibt mir wirklich fast der Mund offenstehen – unfassbar riesig ist sie und unfassbar viel Gold gibt es (da es auch unfassbar voll ist, recht düster und Fotos den überwältigenden Eindruck sowieso nicht annähernd wiedergeben können, entscheide ich mich, aufs Fotografieren völlig zu verzichten).
Während das Minarett zum Kirchturm umgestaltet wurde, blieb von der ursprünglichen Moschee außer ein paar Mauerresten nichts erhalten. 1401 wurde mit dem (Um)bau der Kathedrale begonnen. Ziel war die Errichtung „einer Kirche von derartiger Größe, dass man uns für verrückt erklärt“, über dieses angebliche Zitat der damaligen Stadtoberhäupter stolpert man ständig, jedenfalls ist die Kathedrale von Sevilla bis heute eine der größten Kirchen der Welt.
Es gibt unzählige Kapellen, teils in Nischen, teils sind es eigenständige Kirchen mit eigenen prachtvollen Dachkuppeln. Und überall sind Altäre über und über mit Gold verziert angebracht, die bis zur Decke reichen. Der Hauptaltar z.B. ist 20 m hoch und 13 m breit! Die Bauzeit von 125 Jahren erscheint mir angesichts der Größe gar nicht so lang.
Erwähnenswert ist noch, dass sich hier das Grab des Christoph Kolumbus befindet oder besser gesagt, angeblich befindet, denn es gibt einen noch nicht geklärten Streit, ob sich die Überreste (oder wohl Teile davon) von Kolumbus in der Dominikanischen Republik, in Kuba oder aber eben in Sevilla befinden, denn an all diesen Orten wurde er im Laufe der Jahrhunderte begraben.
Ich nutze noch die Toiletten und den Trinkwasserspender und verlassen dann nach etwas über einer Stunde, ziemlich erschlagen von den Eindrücken, das Areal der Kathedrale.
Nun steht die Mittagspause an, was sich natürlich um diese „frühe“ Uhrzeit wieder als schwierig herausstellt. Ich lande schließlich in einem Restaurant, das Tapas anbietet und bestelle einen Tee zum Aufwärmen (wie gesagt, es ist heute deutlich kälter als die vergangenen Tage und in der Kathedrale war es alles andere als warm) und zweimal Tapas, Patatas Bravas und Tortilla (EUR 9,75).