6. Tag – Donnerstag, 30.01. - 1. TeilWenig überraschend ist der heutige Tag schwerpunktmäßig der Alhambra gewidmet. Diese gehört zum Weltkulturerbe und ist eine der am meisten besuchten Sehenswürdigkeiten Spaniens, klar, dass auch dafür vorab ein Online Ticket reserviert werden musste bzw. sollte.
Bevor ich mich näher damit beschäftigt habe, dachte ich, da immer von „der“ Alhambra die Rede ist, dass es sich um einen einheitlichen Komplex handelt und dafür eben ein Ticket zu kaufen ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Alhambra meint ein großes Gelände auf einem Hügel, auf dem sich eine Vielzahl unterschiedlicher Gebäude, Gärten und Parks befinden. Und zunächst braucht man gar kein Ticket, denn das Gelände kann „einfach so“ betreten werden, Tickets bedarf es nur für einzelne dieser Gebäude und Gärten (das sind aber natürlich die interessantesten), genauer gesagt für vier davon: die Alcazaba, den Partal, die Nasridenpaläste und den Generalife. Kostenlos und während der Öffnungszeiten jederzeit zugänglich sind der Palast Carlos V mit zwei Museen, die Kirche Santa Maria, arabische Bäder, das Gelände drumherum mit schönem Blick auf den Albaicín, Toiletten, diverse Souvenirgeschäfte.
Die Tickets gibt es in verschiedenen Kombinationen der genannte vier Bereiche, auch Nachttouren werden angeboten. Ich entscheide mich für das „volle Programm“, genannt „Dobla De Oro General Visit“ für EUR 25,74. Damit darf ich irgendwann im Laufe des heutigen Tages die Alcazaba, den Partal und den Generalife anschauen, egal in welcher Reihenfolge und exakt um 11 Uhr den Nasridenpalast betreten. Außerdem darf ich noch eine ganze weitere Reihe von historisch interessanten Gebäuden, die sich im Albaicín verteilen, an insgesamt drei Tagen (gestern, heute, morgen) besichtigen.
Der Nasridenpalast ist der beliebteste der vier Bereiche, deshalb der konkrete Zeitpunkt. Ich hätte gerne den ersten möglichen Zeitslot des Tages um 8.30 Uhr dafür gebucht, da es dann noch am ruhigsten ist und ich danach dann an keinen Zeitplan mehr gebunden wäre, aber obwohl ich das Ticket bereits im Oktober gekauft habe, war 11 Uhr die früheste mögliche Uhrzeit. Ich habe allerdings ungefähr eine Woche vor Urlaubsbeginn nochmal reingeschaut, weil ich etwas überprüfen wollte und da waren dann doch noch Plätze um 8.30 Uhr frei. Ich vermute da hat ein Reiseveranstalter die Tickets blockiert und irgendwann wieder freigegeben. Sehr ärgerlich, aber nochmal Geld ausgeben wollte ich dann auch nicht (wenn es überhaupt möglich gewesen wäre, für denselben Namen und denselben Tag ein weiteres Ticket zu kaufen, denn bei Buchung muss man Namen, Adresse und Ausweisnummer angeben).
Einen Vorteil hat das aber immerhin, ich muss nicht auf das Frühstück im Hotel verzichten, das erst um 8 Uhr beginnt. Das Buffet im schönen Speisesaal mit dunklem Holz und blau-weißen Kacheln bietet warme und kalte Speisen, Süßes und Herzhaftes, Obst, Gemüse, auch typisch Spanisches bzw. Andalusisches wie Käse und Schinken sowie Tortillas, Olivenöl, passierte Tomaten und diverse Brotsorten, darunter auch ein wunderbares dunkles Vollkornbrot. Ich bin sehr zufrieden und wundere mich mal wieder über die teils sehr negativen Kommentare zum Frühstück in den Bewertungen zum Hotel.
Nach dem Frühstück mache ich mich gegen 8.45 Uhr auf den Weg zur Alhambra. Nicht weit vom Hotel entfernt führt die Cuesta de Gomerez bergauf in Richtung Alhambra. Bald enden die Häuser und durch ein Stadttor betritt man bereits hier den Alhambra Komplex. Es geht weiterhin bergauf, nun durch einen lichten Wald. Nach 15 Minuten bin ich an einem weiteren Tor, der Puerta de la Justicia, danach geht es durch die Puerta del Vino und ich erreiche einen großen zentralen Platz von dem aus die Alcazaba, der Nasridenpalast und der Palast Carlos V betreten werden kann, außerdem gibt es hier Schließfächer (für die, deren Taschen zu groß sind, nur 40 x 40 cm sind erlaubt, das wird aber zumindest heute nicht allzu streng gesehen), Toiletten und (wenige) Bänke.
Und schon von hier hat man einen guten Blick auf die beiden Stadtteile Albaicín und Sacromonte, die immer mal wieder von der Morgensonne angestrahlt werden und ich kann sogar einen Regenbogen entdecken.
Ich gehe weiter und gegen 9.15 Uhr lasse ich mein Ticket zum ersten Mal scannen, ich schaue mir als erstes den Partal oder genauer gesagt Los Jardines del Partal an. Das ist eine kleine Gartenanlage mit den Überresten eines kleinen Palastes, erbaut zwischen 1302 und 1309, wie üblich zu dieser Zeit gibt es davor ein Wasserbecken und einen aufwändig verzierten Säulengang. Hier gefällt es mir sehr gut, es herrscht eine wunderbar ruhige Morgenstimmung. Trotz der Höhe auf der Granada liegt, gibt es auch hier zahlreiche Palmen und Orangenbäume, die Früchte tragen.
Vom Garten kann man sowohl die Kirche Santa Maria als auch den Generalife Palast sehen, der etwas abseits von den anderen Bereichen liegt. Ungefähr eine halbe Stunde halte ich mich im Partal auf.
Als nächstes gehe ich in den Palast Carlos V. Dieser stammt aus dem 16.Jh., und wurde vom namensgebenden König Carlos V. in Auftrag gegeben, dem die arabischen Paläste der Alhambra so gut gefielen, dass er auch etwas Eigenes auf dem Gelände haben wollte. Der Palast ist im Renaissance Stil gebaut, quadratisch, in der Mitte befindet sich ein runder Innenhof.
Im Palast ist ein Souvenirshop untergebracht, der wirklich sehr schöne Dinge hat, ich finde einen (englischsprachigen) Roman, den ich aber erst kaufen werde, wenn ich später am Tag die Alhambra endgültig verlasse.
Im oberen Stockwerk ist das Museo de Bellas Artes untergebracht, das ich mir nun anschaue.
Es werden hauptsächlich Bilder granadinischer Künstler der Renaissance gezeigt, aktuell werden dazu drei Werke von Picasso und Jeff Koons in Kontext gestellt, was die Kontinuität, aber auch Weiterentwicklung der Kunst zeigen soll: Den „Drei Grazien“ von Pablo Picasso wird „Gazing Ball“ und „Standing Woman“ von Jeff Koons gegenübergestellt. Koons wurde bei diesen Werken von einer römischen Skulptur inspiriert, die Picasso einst kaufte und in jedes neue Atelier mitnahm.
Komplettiert wird das durch die Skulptur „Three Graces“ von Koons, die im Innenhof steht und natürlich von den „Drei Grazien“ von Picasso inspiriert ist.
Gegen viertel vor 11 Uhr begebe ich mich zum Eingang des Nasridenpalastes und darf auch schon hinein, nach Ticket Scan und Abgleich mit meinem Personalausweis.
Der Nasridenpalast besteht aus drei Einzelpalästen, die zu unterschiedlichen Zeiten errichtet wurden und unterschiedlichen Zwecken dienten. Allen gemeinsam ist die aufwändige Verzierung der Wände, Decken und Fensterumrahmungen. Hier ist es wie befürchtet leider ziemlich voll, zum Glück gibt es aber immer Momente wo ich eine ganze Ecke für mich alleine habe. Dabei helfen auch die gut gemachten Absperrungen, die dafür sorgen, dass nicht an tatsächlich jeder Stelle Besucher herumstehen. Jeder Raum oder Innenhof ist für sich wunderschön, man ist fast erschlagen von all den Verzierungen.
Höhepunkt ist sicherlich der Löwenhof, ein Innenhof mit Brunnen, getragen von Löwenfiguren, drumherum sind Galerien mit zahlreichen (124) Säulen, der erste Blick darauf ist schon atemberaubend. Das gilt auch für den angrenzenden Saal, dessen Wände und vor allem Kuppel über und über mit teils herabhängenden Gipsarbeiten ausgeschmückt sind.
Und es folgen noch weitere wunderbar verzierte Räume und ein größerer begrünter Innenhof, sowie eine Galerie mit Ausblicken auf die Stadt.
Ungefähr 45 Minuten halte ich mich im Nasridenpalast auf, nun ist es viertel vor zwölf Uhr und Zeit für eine Pause. Etwas zu Essen zu finden, ist aber (mal wieder) gar nicht so einfach. Es gibt ein etwas gehobeneres Restaurant hier, aber um diese Uhrzeit brauche ich dort gar nicht erst hinzugehen, da wird es noch lange nichts geben. Unverständlich für mich, weshalb es keine Art „Cafeteria“ gibt mit Selbstbedienung, ein paar Sandwiches, Gebäck, Getränke, Sitzplätze so etwas würde ich an solch einem Ort, der ja abseits der Innenstadt liegt, erwarten.
Ich finde zwei Souvenirgeschäfte, die jeweils eine kleine Theke mit Snacks haben. An einer davon kaufe ich mir einen heißen Tee und eine Pizzaschnitte (EUR 7,50). Nächste Herausforderung: eine Sitzgelegenheit finden. Es gibt nur sehr wenige Bänke, am „zentralen“ Platz stehen einige Marmorbänke, die sind aber leider vom Regen der vergangenen Nacht noch nass. Nun gut, das muss reichen, immerhin kann ich meinen Tee abstellen. Das mache ich, da ruft mich eine jüngere Frau, nach ihrer Bekleidung zu urteilen, wohl eine Mitarbeiterin des Wachpersonals hier, die an einer der Marmorbänke etwas entfernt von mir steht, zu sich. Sie habe diese Bank trocken gewischt, ihre Pause sei jetzt zu Ende und ich könne gerne ihre trockene Bank nutzen. Ja sehr gerne, ich bedanke mich bei ihr, das ist ja mal sehr nett. Endlich hinsetzen, das tut so gut.