Bin an einer Geschichte zum Bild sehr interessiert
Tolles Bild und ja, an einer kurzen Geschichte dazu wäre ich auch interessiert.
Na dann will ich hier mal einen "Ein Posting"-Mikro-Reisebericht schreiben:
Ich war mit meinem Bruder und einer Freundin im Westen von China unterwegs. China ist nicht nur fast exakt genauso groß wie die USA, die Aufteilung kann man ein wenig gutem Willen auch vergleichen. Im Nordosten sind die Hauptstadt und andere historische große Städte, im Südosten reden sie komisch und rebellieren ab und an mal gegen die Obrigkeit und im dünn besiedelten Westen sind die spektakulären Landschaften.
Als krönenden Abschluss wollten wir nach Tibet, aber das aktuelle Aprilwetter ist besser vorhersagbar, als die Chance als westlicher Individualreisender nach Tibet gelassen zu werden, zumal auch ein Parteitag in Peking anstand. Der findet nur alle fünf Jahre statt und dann soll im Land Ruhe herrschen und wenn doch Tibeter demonstrieren sollten, dann sollen wenigstens keine Großnasen mit Kameras daneben stehen.
Die einzige halbwegs legale Möglichkeit nach Tibet zu fahren war der Bus von Golmud nach Lhasa. Als wir dort ankamen war die offizielle Regelung, Ausländer dürfen nur in Gruppenreisen nach Tibet. So weit so schlecht, aber Golmud ist 2500km von Peking entfernt und dort ist - wie die Chinesen sagen - der Himmel hoch und der Kaiser fern. Die staatliche Reiseagentur stellte also vor Ort spontane “Gruppenreisen” zusammen, d.h. man kaufte die Busfahrkarte nach Golmud für das vielfache des normalen Preises, kriegte noch zwei Gutscheine für eine Tour zu zwei Klostern ausserhalb von Lhasa in die Hand gedrückt und war dann offziell Mitglied einer Reisegruppe ohne das man seine “Mitreisenden” jemals kennenlernte. Eine sehr chinesische Lösung, denn alle profitierten irgendwie: die staatliche Regelung war technisch betrachtet eingehalten, die Ausländer konnten auch individuell nach Tibet reisen, die Reiseagentur verdiente sich an den "Gruppenreisen" eine goldene Nase und ich denke die lokalen Behörden werden auch nicht leer ausgegangen sein.
Die 1150km lange Busfahrt dauert knapp eineinhalb Tage und man liegt während der Fahrt auf Pritschen. Es gab regelmäßige “Kotzstops”, da es über Pässe ging, die über 5000m hoch waren und einige mit der Höhe nicht klar kamen. Wir waren zum Glück schon gut akklimatisiert und hatten auch später in Tibet keine Probleme wie viele andere Touristen.
Dann haben wir uns eine Woche lang Lhasa und Umgebung angesehen. Danach flog die Freundin an die Ostküste und mein Bruder und ich haben uns mit drei anderen Reisenden zusammengefunden und bei einem Vermittler vor Ort einen Landcruiser für die Fahrt Richtung Kathmandu gemietet. Das Auto kam mit einem Fahrer und einem Guide. Der Fahrer war klasse, der Guide hatte keine Ahnung und keinen Bock, was zu ständigen Auseinandersetzungen führte. Das wurde uns auch genau so schon vorher vorhergesagt, aber die große Wahl hatten wir leider nicht.
Also sind wir zu siebt in unserem Landcruiser eine Woche lang gen Westen getuckert. Am Abend vor dem geplanten Abstecher hoch zum Everest verkündete der Guide, die Straße sei bei einem Erdrutsch beschädigt worden, und man könnte nicht hochfahren. Das kam nicht unerwartet. Oben am Everest ist für den Guide und Fahrer absolut tote Hose, kein Restaurant, keine Kneipe, kein nix, da ist die Strasse dann schnell mal “unpassierbar”, weil die keine Lust haben. Das einzige Druckmittel was wir in der Hand hatten war die Drohung eines Telefongesprächs mit dem Vermittler, da der Guide bei zu vielen Beschwerden irgendwann keine Kunden mehr bekommen würde. Nach langem hin und her und ein wenig Unterstützung vom Fahrer war der Guide schließlich bereit bis zum “Erdrutsch” zu fahren und dann umzukehren. Auf der Strecke verkündete er uns dann zähneknirschend, dass wir Glück gehabt haben und die Strasse offenbar schon wieder passierbar
ist und wir fuhren hoch zum buddhistischen Rongbuk Kloster am Fuße des Berges ganz in der Nähe des Basecamps. Dort gab es eine sehr einfache Unterkunft. Und mit sehr einfach meine ich sehr einfach nach tibetischen Standards. Selbst die Toiletten aus Paulas Reisebericht sind Drei-Sterne- Luxus gegen die ausgefransten Löcher in der Hütte am Kloster, durch die die man sich in die Etage darunter erleichterte.
Boah, du warst dort? Und dann noch so tolle freie Sicht, Glückwunsch!
Ja da hatten wir echt richtig Glück, der Everest war wunderbar klar zu sehen, was keine Selbstverständlichkeit ist. Und von der tibetischen Seite aus steht auch kein anderer Berg "im Weg" wie in Nepal, sondern man hat freie Sicht auf die Nordflanke. Es gab sogar einen eindrucksvollen Sonnenuntergang mit Alpenglühen (Himalayaglühen?
), so dass ich erst als es wirklich dunkel war komplett durchgefroren mit tauben Fingern als letzter in die Hütte zum Feuer kam. Da schmeckte dann auch ranziger Yakbutter-Tee, Hauptsache warm. Einschlafen auf 5000m und nach dem Erlebnis dauerte dann sehr lange.
Ja und am nächsten Tag ging es dann zur Grenze und weiter nach Kathmandu. Ich konnte mir dann nicht verkneifen an der Grenze ein Telefongespräch mit Freunden direkt vor der Nase des Guides zu führen und ihn im Unklaren darüber zu klassen, wen ich angerufen hatte. War nicht nett, ich weiß, aber es gab vorher eben auch eine Menge ärger, den ich immer als so eine Art "Sprecher" der Gruppe ausfechten mußte.
Danach in Kathmandu auf 1300 Metern mußte man nach dem “Höhentraining” nur noch alle 5 Minuten mal Luft holen
und es gab zum ersten Mal seit Wochen wieder grüne Bäume, Restaurants mit Pizza und Pommes und sogar eine German Bakery. Schon etwas ungewöhnlich in Kathmandu anzukommen und das Gefühl zu haben, die westliche Zivilisation hat uns wieder in ihren Händen.
Ich bin immer wieder erstaunt, was du schon alles gesehen hast, Soenke - ein "bewegtes" Leben, zumindest geografisch und mit Locations, die nicht nicht jeder auf dem Schirm hat. Spannend.
Hat sich vieles oft einfach ergeben. Wenn ich gefragt werde, wo es mir am Besten gefallen hat, mag ich darauf immer gar nicht so recht antworten, da man vieles einfach nicht miteinander vergleichen kann und sollte. Aber wenn jemand drauf besteht, dass ich nur ein einziges Reiseziel nenne, dann würde ich sagen, dass Tibet in meinem "bewegten Reiseleben"
schon am eindrücklichsten war.