28. März: Frankfurt – SeoulWas lange währt....
Zehn Monate lang habe ich diese Reise geplant, heute geht es endlich los.
Nach alter Tradition beginnt die Reise mit einer Zugfahrt zum Frankfurter Flughafen. Es ist Freitagmittag, sonniges Frühlingswetter, viele Schüler kommen gerade aus dem Unterricht. Der Zug ist trotzdem nur halbvoll, und ich finde problemlos einen Platz. Mit dem Zug werde ich in den nächsten Wochen öfter fahren, denn in Japan werde ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein. Ich kann nur hoffen, dass die Fahrkartenautomaten dort nicht komplizierter sind als die auf dem heimischen Bahnhof, denn als Ausländer hätte ich mir dort sicher keine Fahrkarte kaufen können. Sogar als Einheimische hatte ich Zweifel, ob der Automat mir am Ende eine Fahrkarte ausdrucken würde.
Erstaunlicherweise ist der Zug fast pünktlich. Das entspricht nun ganz und gar nicht der alten Tradition, wonach die Züge, mit denen ich in den Urlaub starte, regelmäßig eine halbe Stunde Verspätung haben. Aber mit dieser unvorhergesehenen Wendung kann ich leben.
Am Flughafen angekommen, suche ich die Schalter von Asiana Airlines. Die sind schnell gefunden, und nach nicht ganz so alter Tradition stelle ich mich fröhlich am First-Class-Schalter an. Der treue Leser meiner Reisebericht wird sich erinnern, dass ich es geschafft hatte, vor ein paar Jahren bei US-Airways günstig an Meilen zu kommen, mit denen ich mir schon einen First-Class-Flug mit Thai Airways nach Australien gönnen konnte. Damals waren noch ein paar Meilen übrig geblieben, und zwischendurch gab es noch eine sehr günstige Meilen-Tausch-Aktion. Langer Rede kurzer Sinn: Auch für meinen Japan-Urlaub hat es wieder für einen First-Class-Flug gereicht, diesmal mit Asiana Airlines über Seoul. Den Flug werde ich voll auskosten, habe ich mir vorgenommen, denn inzwischen haben US Airways und American Airlines fusioniert, und mit den günstigen Meilenflügen ist es wohl vorbei.
Am First-Class-Schalter reiche ich meinen Pass über den Tresen, und die freundliche Mitarbeiterin bearbeitet meine Buchung. Ich fliege zunächst nach Seoul und von dort aus weiter nach Tokio. Dafür bekomme ich auch gleich zwei Boardkarten, aber erst, nachdem die Mitarbeiterin die ersten Boardkarten zerrissen hat: Für die First Class werden die Boardkarten nämlich auf Karten mit einem goldenen Feld ausgedruckt. Da lagen beim ersten Versuch aber noch die normalen Karten im Drucker. Und für den zweistündigen Weiterflug in der Business Class muss die Boardkarte oben ein blaues Feld haben. Da lagen beim ersten Versuch aber noch die goldenen Karten im Drucker.
Als ich gerade die beiden Boardkarten an mich nehme und denke, dass jetzt alles geklärt ist, verblüfft mich die Mitarbeiterin beim Anblick meines Koffers mit der Frage, ob ich eine Tüte wolle. Ich stehe auf dem Schlauch. Wieso sollte ich eine Tüte brauchen, ich habe doch einen Koffer? Bevor ich dazu komme, diese Frage tatsächlich zu stellen, erklärt mir die Mitarbeiterin, dass die Koffer in der First Class auf Wunsch in eine Tüte gepackt werden. Sie sei sich allerdings nicht sicher, ob die Tüte passe, weil die Tüten nicht besonders groß seien, ich solle mich also nicht wundern, wenn der Koffer später doch ohne Tüte in Tokio ankäme. Na, wenn eine Tüte zum First-Class-Programm gehört, dann will ich natürlich eine Tüte, denke ich mir, frage aber vorsichtshalber dann doch noch nach, ob ich meinen Koffer in der Tüte überhaupt erkennen werde. Doch, doch, das würde ich, meint die Mitarbeiterin, es seien goldene Tüten. Also bestelle ich die goldene Tüte.
Es sind noch fast drei Stunden bis zum Abflug, also schaue ich kurz auf der Besucherterrasse im Terminal 2 vorbei, wo heute nachmittag nicht viel los ist. Aber natürlich wird die Zeit bis zum Abflug nicht hier bei McDonalds verplempert, schließlich darf ich mit meinem Ticket in die Lufthansa Senator Lounge ganz in der Nähe von Gate B 45, wo ich später abfliege. Zuerst geht es aber an die Boardkarten- und Sicherheitskontrolle an den B-Gates, und sofort merke ich, was der goldene Rand meiner Boardkarte wert ist. Schon aus einigen Metern Entfernung erkennt man mich offenbar als First-Class-Passagierin, und ich darf an der anderen Seite der Abtrennung vorbei gleich zur Sicherheitskontrolle, statt mich in die Warteschlange einzureihen. Mehr Spaß hätte das zwar gemacht, wenn die Warteschlange aus mehr als 5 Personen bestanden hätte, aber immerhin.
In der Senator Lounge bin ich fest entschlossen, mich mit kulinarischen Köstlichkeiten zu verwöhnen, aber angesichts der Auswahl zwischen Wiener Würstchen und irgendeinem undefinierbaren Gericht mit Bohnen, greife ich dann doch lieber zu einer Brezel und einem Bier. Ich mache es mir in einem der Sessel gemütlich und beginne schon mal mit meinem Reisetagebuch. Die Lounge füllt sich langsam, und wenn ich das richtig beurteilen kann – ein Chinese hatte mir das mal anhand der unterschiedlichen Augenformen erklärt - , sind es vor allem Koreaner, die hier sitzen.


Ziemlich pünktlich beginnt dann das Boarding, ich habe Platz 2K in der nur halb belegten First Class. Kaum sitze ich, wird mir die Cocktail-Karte präsentiert. Na gut, wenns denn sein muss, nehme ich halt einen Manhattan. Als wir schließlich das Gate verlassen, kann ich mit dem Cocktail-Glas in der Hand einen Panoramablick auf den zugegebenermaßen nicht sonderlich attraktiven Flughafen genießen – das goldene Kissen rechts im Bild ist übrigens die Hülle für den Schlafanzug.




In den Schlafanzug hüpfe ich nach dem Start auch ganz schnell und mache noch ein letztes Bild von der untergehenden Sonne.

Dann ist aber wieder harte Arbeit angesagt: Es gilt, ein mehrgängiges Menu zu verspeisen und gleichzeitig den immer wieder nachgeschenkten Weißwein auszutrinken.
Los geht es mit Kartoffeln und Feta-Käse als Amuse Gueule, dann ist der Kaviar-Gang dran. Danach bin ich eigentlich schon fast satt. Gut, dass es vorhin in der Lounge dann doch nur die Brezel war. Es folgen Heilbutt und Lachs, eine Pilzrahmsuppe und ein Salat. Da schaffe ich jeweils schon nur noch die Hälfte. Auch der Hauptgang, Langusten mit Bandnudeln, muss leider teilweise unerledigt in die Küche zurück. O je, wenn ich so weitermache, werde ich die nächsten drei Wochen schlechtes Wetter haben. Also reiße ich mich zusammen und vertilge wenigstens den Käsegang, das Obst und den Nachtisch komplett.





Die Stewardess macht mein Bett bereit und ich schlüpfe unter die Decke. Leider ist der Sitz als Liegefläche nicht so bequem wie bei meinen Flügen mit Thai Airways. Gerade dort, wo man mit der Hüfte aufliegt, ist eine harte Stelle. Oder liegt der normale Asiate dort vielleicht gar nicht mit der Hüfte auf, weil er 20 cm kleiner ist? Egal. Ich schaffe es irgendwann wegzudösen. Da sind wir schon an der Grenze zu Russland.
Gute Nacht!