DO, 18.6.2014: Über Torun nach PosenGanz nach dem Motto "was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" liege ich morgens im Bett und buche noch eine Nacht in Posen. Schließlich soll Torun auf dem Weg dorthin schön sein und Posen selbst auch sehenswert.
Ich habe wieder mal geschlafen wie ein Stein und komme entsprechend schwer aus dem Bett, also geht es erst um 10 Uhr richtig los. Das wäre nervig und spät geworden ohne nochmalige Zwischenlandung.
Auf dem Parkplatz in Torun stehen außer meinem und einigen anderen Autos etwa 40 Touristenbusse. Wieder habe ich daher ständig Kinder oder rüstige Rentner in Gruppen um mich herum wuseln.
Torun ist tatsächlich schön. Ein gut erhaltenes bzw. gut restauriertes mittelalterliches Städtchen, alles nah beieinander: Eine gewaltige gut erhaltene Stadtmauer und eine Neustadt, die sich anschloss, als die eigentliche mittelalterliche Stadt begann aus alles Nähten zu platzen. Torun ist wohl berühmt für Lebkuchen. Auch hier wie überall ein Kopernikus-Haus und ein Kopernikus-Denkmal. Kopernikus ist hier nämlich geboren worden.
Ich gehe in einem sehr netten Lokal am wieder einmal vorhandenen Rynek etwas essen. Es dauert ziemlich lange, das bin ich hier gar nicht gewohnt.
Und so setze ich meine Fahrt Richtung Posen erst relativ spät fort. Ich würde gerne, wie gerade zwischen Danzig und Torun wieder umgerechnet 6 Euro zahlen um auf einer glatten schönen Autobahn fahren zu können, aber leider gibt es hier nur Gezuckel auf einer Landstraße. Die Strecke zieht sich und ist zudem stinklangweilig: Die Landschaft ist bei weitem nicht mehr so lieblich, es gibt viel Industrie und die letzten beiden Störche haben schon lange vor Torun das letzte Mal aus ihren Nestern geguckt.
So komme ich erst gegen 17 Uhr in Posen an meinem Hotel an, schnappe mir daher umgehend Idefix und brause los um Posen noch möglichst bei Licht mitzubekommen.
Zunächst das Denkmal von 1956. Es erinnert an den ersten Aufstand gegen den Kommunismus durch Stahlarbeiter. Noch heute wird das Denkmal mit Blumen und Kerzen geschmückt. Noch zu Zeiten des Kommunismus (1981) setzte die Bevölkerung dieses Denkmal für die damaligen Opfer durch.
Weiter geht es in die Stadt. Ich gehe kurz in ein Shoppingcenter, weil ich dort eine Kneipe mit freiem WIFI vermute. Natürlich werde ich fündig und kann Posen bei Google maps ansehen und dann zum Navigieren benutzen. Den Kartenausschnitt zu sichern habe ich nämlich vergessen.
Und nun endlich in die Altstadt. Hier tobt das Leben. Es ist eine Art Markt oder Stadtfest. Es ist viel los, es ist laut.
Ich habe nicht wirklich viel Lust im Reiseführer nachzulesen, welche Kirche wie heißt und welches Gebäude wann erbaut wurde. Ich lasse mich einfach treiben und kann noch zwei Stunden Spätnachmittagslicht genießen.
Dann passiert es. Etwas zu wagemutig versuche ich einhändig zu rollern und nebenbei meine Tasche auf der Schulter zurecht zu rücken und BUMMMMMMS liege ich auf der Nase. Bin etwas benommen, wie ich da auf dem Radweg sitze und schnell stehen einige hilfsbereite Menschen um mich herum und wollen wissen, ob alles OK ist. Danke, ich glaube schon - irgendwie. Ich setze mich einen Moment auf ein Mäuerchen und muss mich erst einmal ein wenig berappeln. Bestandsaufnahme: Rechte Hand irgendwie geprellt, der Unterarm schwillt ein bisschen an, links habe ich am Ellbogen eine imposante Schürfwunde. Ater ich kann alles bewegen. Gut, dass die Apotheken hier so lange geöffnet haben. Es gibt ein Desinfektionsmittel und ein großes Pflaster.
Idefix hat sich den Korb böse geprellt und die Lampe abgebrochen. Sonst ist alles OK, er läuft noch rund. Erst zurück in Erfurt stellt sich heraus, dass er sich auch den Lenker gezerrt hat. Armer Idefix, sei nicht traurig. In Deutschland gibt es ein neues Licht und einen neuen Korb!
Auf dem Schreck brauche ich nun erst einmal ein Glas Wein. Ich sitze in einer Kneipe, in der es ein nicht so leckeres Essen zum Wein gibt. Ich tippe den Reisebericht weiter. Zum Glück geht das alles ohne Probleme, also habe ich wohl nicht zu befürchten, dass Hand oder Arm morgen dick geschwollen sind und mich am Fahren hindern.
Es herrscht ein Höllenlärm. Vorne spielen Menschen in weißen Leibchen gegen Menschen in roten Leibchen Fußball. Irgend jemand scheint schon zwei Mal Tore geschossen zu haben, zumindest wird zwei Mal um mich herum gebrüllt. Links tobt das Stadtfest. Gerade sang auf der Bühne eine Band polnischen Rock, nun klingen Fetzen von Chormusik herüber.
Und rechts scheint eine Abiparty oder so zu laufen. Lauter sehr fein gemachte Mädchen und Jungs stehen vor dem Lokal und machen Fotos in verschiedenen Gruppen. Aus dem Lokal schallt Popmusik und drinnen wird getanzt.
Ich werde jetzt supervorsichtig mit Idefix zum Hotel rollern.
Und hat der Abstecher sich gelohnt? Ja, ganz sicher. Torun ist schön und Posen hat Flair: Jede Menge wirklich cool wirkender Leute sind hier unterwegs, und nach Hause komme ich morgen noch früh genug.