7. Tag – Donnerstag, 24.09.
Heute möchte ich eine Wanderung rund um das Kap Arkona machen. Gegen acht Uhr fahre ich los, in den äußersten Norden von Rügen sind es ca. 60 km von Sellin.
Schon nach wenigen Kilometern werde ich kurz vor der bisherigen Baustelle mit Straßenverengung und Ampelregelung ausgebremst, nun geht es hier gar nicht mehr weiter – Umleitung, man muss die gut ausgebaute B 196 verlassen und nach links auf die Deutsche Alleenstraße, die in Richtung Putbus führt, abbiegen. Die Strecke ist mit ihren Alleebäumen, die zum Teil über der Straße zusammengewachsen sind, sehr hübsch, aber sehr unangenehm zu fahren. Es ist sehr eng und sehr oft gibt es Kopfsteinpflaster statt Asphalt, es gibt immer wieder sehr enge Ortsdurchfahrten und enge Kurven. Wie weit die Baustelle geht bzw. wo man wieder auf die bisherige Strecke geleitet wird, ist nicht klar, das Übersichtsschild am Beginn der Umleitung ist so klein, dass es beim Vorbeifahren nicht möglich war, etwas zu erkennen und nach dem ersten Umleitungsschild ist kein weiteres mehr aufgetaucht, das Navi „kennt“ die Baustelle nicht.
Irgendwann biegen ziemlich viele Autos vor mir nach rechts ab, darunter auch ein Netto LKW, da folge ich doch einfach mal der Allgemeinheit, der LKW muss sicherlich nicht nur ins nächste Dorf und wird auch nicht auf Feldwegen fahren. Die Strecke ist allerdings noch schlimmer als die bisherige, führt aber tatsächlich auf die B196. Ab hier kann ich wieder normal weiterfahren, aber die Umleitung hat mich sicherlich eine Viertelstunde gekostet.
Um 9.15 Uhr komme ich in Putgarten, dem letzten Ort vor dem Kap Arkona an. Für Nichteinwohner endet die Fahrt auf dem Großparkplatz am Ortseingang. Dort zahlt man für den ganzen Tag EUR 5,50, es gibt Toiletten und eine Reihe von noch geschlossenen Ständen, die Snacks und Souvenirs verkaufen, auch ein Shuttlezüglein zu den Leuchttürmen steht bereit, hier ist man also auf Besuchermassen eingerichtet.
Jetzt ist es noch leer, ich nutze die Toilette und beginne dann meine Wanderung. Es geht quer durch Putgarten, hier gibt es einige Unterkünfte, Cafés, Restaurants und den „Rügenhof Arkona“, einen ehemaligen Gutshof, in dem heute mehrere kleine Schauhandwerksbetriebe, Souvenirgeschäfte und Cafés untergebracht sind. Zu dieser Uhrzeit ist aber noch alles geschlossen, so dass ich ohne Halt das Dorf verlasse und zwischen Feldern in Richtung Küste gehe.
Nach ungefähr einer halben Stunde erreiche ich die Kirche oberhalb von Vitt, die leider verschlossen ist, auf einem Schild wird darüber informiert, dass eine Bürgerbewegung fordert, die gerade renovierte Kirche in ihrer ursprünglichen Farbe, nämlich weiß, zu streichen - eine kuriose Geschichte.
An der Kirche vorbei geht es den Berg hinunter ins Dorf Vitt, das in den Reiseführern als malerisch, idyllisch und mit ähnlichen Adjektiven beschrieben wird. Das kann ich allerdings überhaupt nicht nachvollziehen, ja die Lage ist ziemlich einzigartig auf Rügen, das Dorf liegt am Hang direkt am Wasser und die Häuser sind eng zusammengebaut und nicht wie sonst immer, entlang einer schnurgeraden Straße aufgereiht. Aber, das ganze Dorf wirkt verwahrlost, es gibt keine Blumengärten wie zum Beispiel gestern im schönen Groß Zicker, praktisch jedes Haus hat einen vom Baustil unpassenden Anbau. Ich bin fast alleine hier und schaue mir jeden Winkel an, aber ich kann nichts Hübsches entdecken. Das hier waren noch die nettesten Winkel:
Immerhin, Hafen und Strand, die ich zum Schluss erreiche, gefallen mir gut, den Marinepeilturm am Kap Arkona kann ich von hier schon sehen.
Hinter dem Dorf geht es auf einer Holztreppe nach oben und dann an der Steilküste entlang auf einem breiten Waldweg in Richtung Kap. Nach einiger Zeit erreiche ich einen Aussichtspunkt und dann eine Treppe zum Strand hinunter, die ich natürlich nutze. Auch von hier sieht man natürlich das Kap. Übrigens ist Kap Arkona nicht der nördlichste Punkt von Rügen, der liegt ein bisschen weiter nordwestlich davon.
Der Steilküstenweg endet kurz vor dem Marinepeilturm, von 1927 bis 1945 als Seefunkfeuer in Betrieb. Der gesamte Turm wird heute als Geschäft für Kunsthandwerk und Alpaka Kleidung aus Südamerika genutzt, beim Aufstieg ist dies eine nette Ablenkung, warum ich aber auf Rügen Souvenirs aus Südamerika kaufen sollte, erschließt sich mir nicht, aber scheinbar kann der Pächter davon (und vom Eintritt für die Turmbesteigung EUR 3,00) leben. Von oben kann man einen Blick auf die Baustelle/Ausgrabungen rund um die Jaromarsburg werfen, die zentrale Tempelfestung der Slawen auf Rügen vom 9. bis 12 Jh. Die Burg ist für Besucher wegen Abbruchgefahr geschlossen, aber es wird zurzeit daran gearbeitet, das Gelände zu sichern und somit wieder zugänglich zu machen.
Nur wenige Meter sind es vom Marinepeilturm bis zu den anderen beiden Türmen des Kaps. Hier sind einige Besucher unterwegs, es bleibt aber gerade so im Rahmen des (für mich) erträglichen und wie schon am Leuchtturm auf Hiddensee, gibt es keine Wartezeit für die Besteigung der Türme und das obwohl wegen Corona nur eine begrenzte Zahl an Besuchern gleichzeitig im Turm sein darf. Am Neuen Leuchtturm (EUR 3) muss ich kurz warten, da das Pärchen vor mir gerne seinen kleinen Hund mit nach oben nehmen würde und nicht gleich akzeptiert, dass das nicht erlaubt ist („und wenn wir ihn tragen, dann muss das doch möglich sein“ – „nein, auch dann nicht“). Vom mit 33 Metern höchsten der drei Türme am Kap Arkona kann man bei guter Sicht bis Dänemark schauen, aber wie schon auf Hiddensee ist mir das nicht vergönnt, aber man kann die riesigen, bereits abgeernteten Felder sehen und über das Meer zur Jasmund Halbinsel schauen, im Frühjahr, wenn Raps und Mohn blühen sicher ein wesentlich schönerer Anblick. Der Leuchtturm ist heute noch in Betrieb, wird aber von der Insel Dänholm aus (zwischen Stralsund und Rügen) ferngesteuert.
Neben dem Neuen Leuchtturm steht der Schinkelturm, der vom Vorsitzenden der preußischen Oberbaudeputation Karl Friedrich Schinkel entworfen wurde (der auch verantwortlich war für den Turm des Jagdschlosses Granitz). Der Turm ist 21 Meter hoch und sieht nicht gerade wie ein typischer Leuchtturm aus. 1828 wurde er in Betrieb genommen und 1905 wegen veralteter Technik vom Neuen Leuchtturm abgelöst. Leider ist der Turm heute geschlossen.
Die Wanderroute führt auf dem Hochuferweg weiter in Richtung Norden, nach ein paar Minuten gibt es wieder eine Gelegenheit an den Strand hinabzusteigen.
Und der Strand ist richtig schön. Direkt an der Abstiegsstelle gibt es viele Felsbrocken in verschiedenen Größen am und im Wasser, umgeben von Schilf, da setze ich mich gleich auf einen Stein und mache Mittagspause mit zwei belegten Brötchen, dabei gibt es einige Vögel zu beobachten.
Nach dem Essen gehe ich am Strand entlang ein Stück zurück Richtung Kap Arkona, hier ist man direkt unter den steilen Kreidefelsen, wobei sich die Kreide, genauer gesagt der Kalk bis auf den Boden und ins Wasser ausbreitet. Auch ohne Sonne ein schönes Farbspiel. Außerdem gibt es noch die Überreste eines Wachturms (aus DDR Zeiten?), die fotogen im Wasser liegen.
Ich bleibe am Strand und spaziere in Richtung Westen. Nachdem ich über einige größere Steine geklettert bin, erreiche ich den Nordstrand – für mich der schönste bisher auf Rügen. Er erinnert mich an Nordseestrände, da er sehr breit ist und in der gesamten Breite aus festem Sand besteht, auf dem man ohne einzusinken gehen kann, auch so eine Art Priele gibt es und einiges an Wellen.
Bis zum Parkplatz am Nordstrand gehe ich weiter, dort gibt es eine Treppe hinauf zum Parkplatz und vom Parkplatz geht es zwischen Feldern (mit nochmaligem Blick zu den Türmen am Kap Arkona) zurück zum Parkplatz vor Putgarten, den ich gegen 13.30 Uhr erreiche.
Der hat sich inzwischen ziemlich gefüllt (es sind aber noch viele freie Parkplätze vorhanden), auch Reisebusse stehen dort, deren Insassen für eine Schlange vor der Damentoilette sorgen.
Ich fahre ein Stückchen zurück in Richtung Süden und Jasmund Halbinsel zum Küstenort Glowe. Am Ortseingang parke ich. Während ich am Kofferraum meine Sachen zusammensuche, hält ein Auto und die Insassen bieten mir ihr noch bis in den späten Abend gültiges Parkticket an, da bedanke ich mich natürlich erfreut.
Am Strand suche ich mir einen Platz auf der Terrasse der „Ostseeperle“. Diese ist ein weiteres Gebäude von Ulrich Müther, dessen Kurmuschel ich in Sassnitz angeschaut habe. Ich bestelle einen Milchkaffee und eine Schokotorte und genieße beides bei Sonnenschein und Meerblick.
Dann spaziere ich auf der Strandpromenade und direkt am Wasser entlang bis zum Hafen von Glowe. Dort sind endlich mal neben Jachten auch Fischerboote zu sehen.
Hinter dem Hafen beginnt wieder eine Steilküste mit Felsbrocken, Kiesstrand und vielen Vögeln. Inzwischen ist es 16 Uhr und ich gehe wieder auf der Strandpromenade zurück in Richtung Auto. Unterwegs kann ich nicht widerstehen und kaufe mir noch zwei Kugeln Eis (Zitrone und Mango) in der Waffel.
Danach steht die Rückfahrt nach Sellin an, natürlich wieder über die Umleitungsstrecke, es geht nur langsam voran, gerade bei den Kopfsteinpflasterstrecken fahren viele nur in Schrittgeschwindigkeit.
Gegen 17.30 Uhr bin ich zurück in der Ferienwohnung.
Wetter: vormittags bewölkt, nachmittags sonnig, ca. 15 - 20°C
Wanderung: Rother Wanderung Nr. 19, 9,3 km, 80 Höhenmeter