Zu ein paar Punkten will ich auch noch meinen Senf geben.
GdB bzw. MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) bei Krebserkrankungen:
Durch den Grad der Behinderung von 50 erlangt der Betroffene zunächst mal einen verbesserten Kündigungsschutz, was ich absolut sinnvoll finde. Mit Parkausweis, Haushaltshilfe, etc. hat das gar nichts zu tun. Wer mit einem GdB von 50 auf einem Behindertenparplatz parkt, tut das im Wissen, dass er das nicht darf und hofft allenfalls durch den Behindertenausweis auf dem Armaturenbrett straffrei davon zu kommen.
Der Anteil von Menschen mit einem GdB von 100 ist sicherlich höher als 5%. Die Aussage von Rainers Ärzten in der BGU bezog sich wahrscheinlich auf Unfallopfer, die im Rollstuhl landen.
Ein großer Teil meiner Patienten hat ebenfalls einen GdB von 100 (Dialyse plus andere Krankheiten). Von denen im erwerbsfähigen Alter arbeiten aber sich mehr als ein Drittel oder suchen zumindest Arbeit.
Natürlich muss das Behindertengesetz ganz verschiedene Sachverhalte abdecken, von geistig Behinderten über Gehbehinderte/Rollstuhlfahrern, Amputierten, Blinden, Gehörlosen bis hin zu Behinderungen aufgrund von internistischen Erkrankungen (wie Dialyse und Krebs). Dass es dabei durchaus verschieden schwere Krankheitsbilder gibt, die mit dem gleichen GdB abgebildet werden, liegt in der Natur der Sache, ist aber m.E. gar kein Problem. Der Versuch, jedem individuellen Krankheitsbild gerecht werden zu wollen, würde zu riesigem Aufwand, endlosen Begutachtungen und einer Menge Bürokratie und Geldverschwendung führen. Deshalb gibt es halt die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit", in denen für typische Krankheitsbilder definierte Werte für den GdB festgelegt werden. Im Ermessen des Gutachters liegt es dann, wie aus den Einzel-GdBs ein Gesamtwert ermittelt wird.
Aufgrund der völlig verschiedenen Krankheits-/Schadens-Bildern werden dabei natürlich ganz unterschiedliche Zustände mit dem gleichen GdB bezeichnet. Dem einen sieht man seine Behinderung dabei sofort an, dem anderen nicht. Man sollte als behinderter nicht damit anfangen, sich gegeneinander ausspielen zu lassen. So nach dem Motto: "Ich bin aber behinderter als Du!"
Den Ansatz von Rainer, dass Leistungen mehr in direkten Zahlungen als in Steuervorteilen geleistet werden sollten, halte ich für richtig und wichtig. Um bei dem Beispiel zu bleiben,kostet die Haushaltshilfe ja immer gleich viel, egal ob man 100.000€ im Jahr verdient oder eine Mini-EU-Rente bekommt.
Außerdem sollte es meines Erachtens deutlich schwieriger sein, sich von der Verpflichtung frei zu kaufen, Schwerbehinderte zu beschäftigen. Statt nur ein paar Euro zu bezahlen sollte man nachweisen müssen, warum es nicht möglich ist, einen solchen Arbeitsplatz zu schaffen bzw., dass es trotz entsprechender Suche nicht möglich war, diesen Arbeitsplatz zu besetzen.
Schwierig wird es sicherlich bei der Verpflichtung von Privatunternehmen, z.B. Behindertentoiletten vorzuhalten. Ich denke, in dem Bereich käme evtl. man mit entsprechenden staatlichen Subventionen weiter. Und sobald staatliche Subventionen fließen, sollte Barrierefreiheit ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein.
Ein paar schöne Beispiele für die Gedankenlosigkeit von Firmen und Ämtern gegenüber Behinderten findet man übrigens hier:
BetonkopfPreis des Behindertenverbands Brandenburg für besondere Behinderten-Unfreundlichkeit.