Europa > Mitteleuropa
Böhmische Dörfer oder Dracula und die Karpaten?
Paula:
darauf bin ich auch sehr gespannt! Vor allem ob es da genügend touristische Einrichtungen (Hotel, Restaurant etc) gibt, so dass man im Urlaub gut rumkommt. Ich bin auch gespannt was die Leute für Fremdsprachen sprechen, ich nehme mal an hauptsächlich französisch?
Rainer:
Zufälligerweise habe ich vor ein paar Wochen mal ein paar Nachforschungen über Nicolae Ceaușescu angestellt, dieser Name fiel mir irgendwie ein, weil er in meiner Kindheit und Jugend sehr oft fiel.
Das ist eine sehr interessante Geschichte Rumäniens, es ist die traurige Geschichte eines einstigen Idealisten, der glühender Kommunist war und nachher den Verlockungen einer Diktatur erlegen ist, der sich auf Kosten seines verarmten Volkes unsägliche Reichtümer angeschafft hat, getrieben und unterstützt von seiner mindestens so raffgierigen und insbesondere geltungssüchtigen Frau. Die beiden haben sich insbesondere vom Personenkult anstecken lassen, als sie in China und Korea zu Gast waren. Seine Frau Elena war so geltungssüchtig, dass sie sich einen erfundenen Doktortitel aneignete und in aller Welt so auftrat, als sei sie hochqualifizierte Chemikerin. In Wahrheit hatte sie Null Kenntnisse und auf internationalen Kongressen mussten speziell geschulte Dolmetscher Fachfragen abfangen und für sie beantworten... unglaublich.
Rumänien war als Folge einer völlig verfehlten Wirtschaftspolitik eines der ärmsten Länder in Europa und man hatte wohl nach dem Sturz und der Hinrichtung (das hätte ich eigentlich als damals schon 30-jähriger besser mitkriegen müssen, aber man hatte sich an diesen Namen in den Nachrichten so gewöhnt, dass man wohl abgestumpft war und die Geschehnisse nur am Rand mitbekam) die Hoffnung, dass sich das Land danach wirtschaftlich berappeln würde. Das ist wohl nur in einem sehr mäßigen Umfang geschehen, Rumänien gilt bis heute als eines der ärmsten Länder Europas.
Bin sehr gespannt, was für Eindrücke Du mitbringst. Wer sich für die Geschichte Rumäniens (insbesondere die Diktatur unter Nicolae Ceaușescu) interressiert, auf Youtube gibt es viele interessante Filmdokumente über diese Epoche.
P.S.: Die rumänische Sprache klingt in meinen Ohren übrigens sehr interessant, wenn man Ansprachen von Ceaușescu hört, dann hat man fast das Gefühl, lateinisch zu hören. Obwohl ich kein Latein in der Schule hatte, aber es ist so eine überraschend klare Sprache mit sehr vielen bekannten lateinischen Ausdrücken, dass man fast das Gefühl hat, man würde das verstehen.
Andrea:
Also ich habe das damals sehr wohl mitbekommen. Vielleicht weil ich geschockt war, dass es in Europa Hinrichtungen gibt... Bis dahin war ich davon ausgegangen, dass das nur "weit weg" passiert. Aber da war ich nicht mal 20 und eher naiv.
Was ich aber schon lange weiß, ist, dass Rumänisch eine romanische Sprache ist (wie auch Französisch, Italienisch und Spanisch). Denn das hatte mich als Jugendliche verwundert, dass ein "Ostblockland" (außer der DDR) keine slawische Sprache hat. Ich hatte immer geglaubt, die sprechen alle so etwas ähnliches wie Russisch. Das war falsch und blieb mir im Gedächtnis. Dennoch vermute ich, dass viele Rumänen damals in der Schule Russisch lernen mussten. Und sicher so ungern, dass das heute wohl eher nur fragmenthaft vorhanden ist.
Laut Wiki wird wohl Französisch und Englisch als Fremdsprache gesprochen, manchmal auch Deutsch.
Birgit:
Was weiß ich über Rumanien? Fast gar nichts, das Wenige ist eher nicht geeignet zum Begeistern, und ich muss mir noch einiges anlesen und mich größtenteils überraschen lassen.
- Mit 6 Jahren: Meine erste Flugreise zusammen mit meinen Eltern und einer befreundeten Familie: In dem Hotel in Mamaia blieb permanent der Aufzug stecken und ich hatte Schiss. Die Aufzugführerin trommelte dann immer gegen die Tür und wir mussten von außen befreit werden.
- Vampirfilme: "Wo ist denn dieses Transsilvanien eigentlich?" (Weiß nicht mal, ob ich es gerade richtig geschrieben habe)
- Die Hinrichtung: Es war Weihnachten und ich saß etwas ungläubig vor dem Fernseher.
- Eine Freundin meiner Mutter sammelte Kleiderspenden für Hilfstransporte nach Rumänien, besonders für ein "Geisterkinderheim", das keine Scheiben in den Fenstern hatte.
Tja, und da will ich nun Urlaub machen?
Vor knapp 2 Jahren hat eine Kollegin dort Urlaub gemacht und geschwärmt, wie ländlich und idyllisch alles sei, wie individuell und wie niedlich. Dann habe ich mal selbst ein bisschen mehr darauf geachtet und mir gedacht, dass Rumänien doch viel zu wenig beachtet ist. Und plötzlich bin ich immer wieder auf Rumänien-Begeisterte gestoßen, die überlegen hinzufahren oder Leute kennen, die ganz begeistert waren usw.
Na ja, nun werde ich mal die Lage sichten :)
Tja, und ich hoffe mit Englisch durchzukommen, denn wenn ich da Französisch sprechen müsste, müsste ich mich 10 Tage lang von Baguette und Vin rouge ernähren, das wäre da doch ein bisschen einseitig ;)
Rainer:
--- Zitat von: Andrea am 27. April 2015, 13:08:53 ---Also ich habe das damals sehr wohl mitbekommen. Vielleicht weil ich geschockt war, dass es in Europa Hinrichtungen gibt...
--- Ende Zitat ---
Wenn man die Dokumentation sieht, dann versteht man schon, warum die so schnell wie möglich hingerichtet wurden. Nachdem sie gefangen worden waren, hat es eine Blitzverhandlung vor einem Kriegsgericht gegeben (das ist übrigens alles gefilmt und dokumentiert worden) und man hatte einfach Angst, dass es noch zu viele treue Anhänger gibt, zu diesem Zeitpunkt hatte die "Securitas" (das ist so ziemlich das Gegenstück zur SS) immer noch Waffengewalt und es waren noch lange nicht alle bereit, sich der Revolution anzuschließen. Deswegen waren die Revolutionsführer und beteiligten Militärs der Meinung (und hatten sicherlich damit Recht), man müsse das Todesurteil so schnell wie möglich ausführen, das sollte auch gefilmt werden aber genau in dem Moment, wo die Waffen schossen, hatte die Kamera einen Aussetzer. Da gibt es natürlich heute die üblichen Verschwörungstheorien, dass da natürlich jemand anderes erschossen und das übliche Blabla.
Die beiden waren aber bis zum Schluss auch nicht einsichtig, obwohl sie gewusst haben müssen, welches Leid sie ihrem Volk angetan hatten (inkl. wahlloser Massenerschiessungen bei den Arbeiteraufständen, die zuvor die Revolution eingeleitet hatten). Die haben beide nicht wahrhaben wollen, dass es wirklich um Leben und Tod geht und die Angst, die Anfangs vorhanden war, schlug im Laufe des Kriegsgerichts in die übliche Arroganz und Überheblichkeit um. Als sie zum Schluss abgeführt werden und Handschellen angelegt bekommen sollen, schreit die Elena den entsprechenden Soldaten noch an, er solle seine Finger von Ihr lassen, aber er sagt ganz ruhig und sachlich, dass sie nichts mehr zu befehlen hätte und dass sie jetzt hingerichtet würde. Da verstehen die beiden zum ersten Mal, dass es endgültig vorbei ist.
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