5. Tag – Mittwoch, 17.05. (Avignon)
Nach den anstrengenden Wanderungen an den letzten drei Tagen sollen heute mal die Wanderschuhe im Kofferraum bleiben, wir wollen uns ganz entspannt Avignon anschauen.
Nach Aufstehen und Frühstück kommen wir gegen 8.30 Uhr los und stoppen mal wieder in Coustellet am Super U, heute aber nicht um einzukaufen, sondern nur um zu tanken. Daher geht es schnell weiter, wir haben ungefähr 35 km vor uns. Gestern haben wir noch kurz in die Karte geschaut, o.k. ziemlich einfacher Weg, wie schon bekannt bis Cavaillon, auf der Umgehungsstraße am Zentrum weiträumig vorbei und auf die N7 direkt nach Avignon. Dort hatte ich vorab recherchiert, gibt es am Stadtrand zwei große, bewachte, kostenlose Parkplätze mit kostenlosem Shuttle Bus in die Innenstadt.
Wir stellen das Navi auf Avignon und fahren von der Tankstelle ab. Noch vor Cavaillon dirigiert uns dann das Navi nach links. Ohne groß nachzudenken, biegen wir ab. Wir werden durch Wohngebiete von Cavaillon geführt, bis wir schließlich vor einer Einbahnstraße (natürlich in der falschen Richtung) stehen. Nun reicht es uns, warum leitet uns das Navi hier durch, wenn es eine schöne, breite Umgehungsstraße gibt? Ziemlich sauer schalten wir das Navi ab, drehen um und fahren zurück auf die Umgehungsstraße. Ich als Beifahrerin lege mir wie früher die Straßenkarte in den Schoß und los geht’s.
Das Ganze ist kein Problem, Avignon ist als eine der größeren Städte in der Umgebung gut ausgeschildert und wenn mal nicht, hilft die Straßennummer, die in Frankreich immer angeschrieben ist.
In Avignon fahren wir Richtung Zentrum und irgendwann, als ich schon dachte, da gibt es keine Ausschilderung, wird einer der beiden von mir rausgesuchten Parkplätze angezeigt. Allerdings ist die Beschilderung sehr dürftig (da sind wir von Deutschland mit den Parkleitsystemen selbst in kleinen Städten schon ziemlich verwöhnt) und irgendwann biegen wir wohl falsch ab. Nun ist wieder der Einsatz des Navis gefragt. Unter Parkplätze wird der Gesuchte aufgelistet, als Ziel eingegeben und kurz darauf sind wir dort. Aber, was ist das denn? Der riesige Platz ist voller Autos, oh je, so viele Touristen, das wird ja schön voll sein in der Stadt. Als wir aber so durch die Reihen fahren, sehen wir schnell, dass es sich zu 95% um einheimische Autokennzeichen handelt, darauf wäre ich gar nicht gekommen, ich hatte den Parkplatz immer nur mit Touristen in Verbindung gebracht. Wir atmen auf, auch weil wir nach unendlich vielen vollen Parkplatzreihen noch viele weitere, leere entdecken.
Gegen 10 Uhr schließen wir das Auto ab, gehen in Richtung Innenstadt und kommen dabei auch an der Haltestelle für die Busse vorbei. Wirklich weit ist es nicht bis ins Stadtzentrum, wie wir bei der Anfahrt gesehen haben, da aber gerade ein Bus dasteht, nutzen wir ihn auch. Ich frage vorsichtshalber nochmal beim Fahrer, der draußen steht, nach, ob es kostenlos ist. Er bejaht, sagt aber, wir sollen ein Ticket nehmen und entwerten. Warum denn das und woher sollen wir denn das Ticket nehmen? Nach vielen suchenden Blicken unsererseits stößt uns der Fahrer schließlich mit der Nase auf den Stapel an Tickets, die auf einer Ablage im Bus liegen und von da wo wir standen nicht sichtbar waren. Er erklärt uns außerdem, dass wir das entwertete Ticket für die Möglichkeit einer ebenfalls kostenlosen Rückfahrt brauchen. Ah ok, verstanden.
Bis zur Abfahrt füllt sich der anfänglich fast leere Bus ziemlich und wir sind froh, dass es tatsächlich nur wenige Minuten Fahrt sind bis zur ersten Haltestelle im Zentrum. Hier an der Place Pie steigen wir aus. Durch die hübschen Gassen der Altstadt schlendern wir zum Office de Tourisme, um uns einen Stadtplan zu holen, der im Reiseführer abgedruckte ist sehr klein und enthält nicht alle Straßennamen.
Dann gehen wir durch den kleinen Park Square Agricol Perdiguier mit den Überresten der Abtei St. Martial
zurück in die Fußgängerzone, trinken einen Kaffee
und kaufen Postkarten in einem Geschäft mit vielen wundervollen Produkten aus der Region, also unter anderem Seife, Lavendel, Olivenöl und –holz, alles sehr hochpreisig, daher kaufen wir, außer den Postkarten, nichts.
Nun gehen wir zum Papstpalast, dabei kommen wir an der Place de l’Horloge vorbei, hier ist ein Restaurant neben dem anderen, alle mit Aussensitzplätzen, alle mit Fotos der angebotenen Speisen. Aha, das ist also die Touristenfressmeile.
Noch ein paar Schritte, dann stehen wir vor dem beeindruckend großen Palais des Papes, der zum UNESCO Weltkulturerbe gehört, im 14. Jhd. von Papst Benedikt XII. in Auftrag gegeben wurde und erst nach über 30 Jahren Bauzeit fertig war. Wir schauen uns den Palast und die daran angrenzende Cathédrale Notre-Dame-des-Doms vom großen Platz davor in aller Ruhe an. Erstaunlicherweise sind kaum Touristen da und am Eingang ist keine Schlange. Dennoch entscheiden wir uns gegen eine Innenbesichtigung des Palastes, das Wetter ist so schön und die Räume sind überwiegend leer, da werden wir (hoffentlich!) nicht allzu viel verpassen.
Stattdessen umrunden wir den Papstpalast auf der sog. Promenade des Papes. Als erstes kommt man durch die enge Rue Peyrollerie, die direkt unter den Strebebogen der sich an dieser Seite befindlichen Kapelle führt. Hier kann man auch sehen, dass der Palast praktisch in bzw. auf den Felsen gebaut wurde.
Dann geht es in einen Park, von dem man eine schöne Aussicht auf die Rhône, die Pont St. Bénézet und das gegenüber liegende Villeneuve-lez-Avignon mit Fort hat.
Schließlich stehen wir wieder auf dem Platz vor dem Palast.
Da es inzwischen bereits nach 12 Uhr ist, unterbrechen wir unseren Stadtrundgang und suchen uns ein Restaurant fürs Mittagessen. Aus dem Reiseführer suche ich eines in der Nähe aus, das wir dann aber nicht finden. Egal, in der Umgebung gibt es andere Restaurants und wir wählen das L’Epicerie mit Außenbestuhlung am ruhigen Place St. Pierre gegenüber dem Eingang zur Kirche St. Pierre.
So früh haben wir noch freie Platzwahl, naja nicht ganz, zu zweit darf man nur an einem Zweiertisch sitzen, die Vierertische sind den Dreier- und Vierergruppen vorbehalten, da ist die Bedienung streng (das haben wir in diesem Urlaub mehrmals beobachtet, lieber weist man ein Pärchen ganz ab, als es an einen größeren Tisch zu setzen, es könnte ja noch eine größere Gruppe kommen) und wir wählen einen Tisch am äußeren Rand der Außenbestuhlung, um von dem spärlichen Luftzug etwas abzubekommen, es ist nämlich auch heute wieder ziemlich heiß.
Wir nehmen beide das zweigängige Mittagsmenü und eine große Flasche Wasser. Das Hauptgericht besteht aus leicht angerösteter Blutwurst (boudin noir) auf grob gestampftem Kartoffelbrei dazu verschiedene Blattsalate mit leckerem Dressing. Der Nachtisch ist eine Spezialität der Region, türkischer Honig (auf franz. le nougat), gekühlt, mit sehr klein gehackten Nüssen und darüber eine Soße aus pürierten roten Beeren. Beides ist sehr lecker und der Nachtisch etwas, was ich noch nie vorher gegessen habe (überhaupt nicht zu vergleichen mit den relativ harten weißen Stücken türkischen Honigs, den man bei uns kriegt). Peter trinkt noch eine Tasse Kaffee, wir bezahlen EUR 40,00 und sind gegen 13.30 Uhr gestärkt und ausgeruht für weitere Besichtigungen.
Wir gehen zurück zum Papstpalast, den wir nun ohne die Feuerwehrautos vom Vormittag und bei besserem Licht nochmal fotografieren.
Von hier sind es nur wenige Minuten bis zum Ufer der Rhône und der durch das Lied berühmt gewordenen Pont d’Avignon („Sur le Pont d’Avignon, on y danse on y danse…“). Die Brücke, die eigentlich Pont St-Bénézet heißt (nach dem Hirten Bénézet, der 1177 laut einer Legende von Engeln damit beauftragt wurde, eine Brücke über die Rhône zu bauen, was ihm tatsächlich, unter anderem nach Gründung der Bruderschaft der Brückenbauer, innerhalb von 8 Jahren gelang), ist heute Teil des UNESCO Weltkulturerbes und endet mitten im Fluss. Natürlich hat sie ursprünglich mit einer Länge von 900 m den gesamten Fluss überspannt, sie wurde aber immer wieder durch Kriege und die Strömung der Rhône beschädigt und wieder aufgebaut, ab Mitte des 17. Jh. aber in ihrem halb zerstörten Zustand belassen.
Eine weitere Besonderheit der Brücke ist die Chapelle St-Nicolas, die auf einen der Brückenpfeiler gebaut wurde. Kirche und Brücke können nur gegen Bezahlung betreten werden, das finden wir dann doch etwas übertrieben, zumal man die Brücke wunderbar vom Ufer aus anschauen kann, was wir auch ausgiebig machen.
Ein Blick zurück auf die Stadtmauer ist von hier aus ebenfalls möglich.
Nun gehen wir zurück in die Altstadt und durchqueren diese dem Wegvorschlag unseres Reiseführers entsprechend.
Gegen 15 Uhr sind wir am wunderschönen Place des Corps Saints mit Cafés und Restaurants unter Platanen. Wir können nicht widerstehen und setzen uns auf einen Kaffee dort hin.
Eine halbe Stunde später gehen wir durch die Rue des Lices weiter in das ehemalige Färberviertel. In der Rue des Teinturiers fließt der Fluß Sorgue offen in einem Kanal, große Schaufelräder sind immer noch vorhanden. In der idyllischen Straße befinden sich heute Cafés und Restaurants.
Ab hier kürzen wir den Stadtrundgang ab, es ist soo heiß und das wichtigste haben wir wohl gesehen.
Wir gehen also zurück zum Parkplatz (ohne Busnutzung) und fahren gegen 16.15 Uhr dort weg.
Für den Weg raus aus der Stadt schalten wir das Navi ein. Da wir den Parkplatz an der der Einfahrt gegenüberliegenden Seite verlassen müssen, ist uns der Weg nicht vom Morgen bekannt. Nach kurzer Fahrt stehen wir in einer Schlange mit vielen Lkw vor der Einfahrt in einen Kreisverkehr. Das Navi zeigt an, wir sollen den Kreisverkehr an der zweiten Ausfahrt verlassen und diese führt, wie wir sehen können – direkt auf die Autobahn, natürlich durch eine Mautstation hindurch, die voller Lkw ist.
Sonst führt uns das Navi immer auf die kleinsten Straßen und ausgerechnet hier möchte es nun auf die Autobahn. Ein Blick auf die Karte bestätigt unsere Vermutung, dass es nur um die Strecke bis zur nächsten Ausfahrt geht, denn die Autobahn verläuft von Nord nach Süd und wir müssen von West nach Ost. Für eine so kurze Strecke wollen wir uns nicht in den Stau vor der Mautstation einreihen. Wir verlassen daher den Kreisverkehr an der ersten Ausfahrt, die uns in ein Gewerbegebiet führt. Am Straßenrand halten wir an und schließen im Navi Autobahnen und mautpflichtige Straßen aus und geben erneut unser Hotel als Ziel ein. Wir hätten es uns ja denken können – nun leitet uns das Navi auf eine Art geteerten Feldweg auf dem keine zwei Autos nebeneinander passen. Wir haben keine andere Wahl und nehmen diesen Weg.
Er führt endlos lange durch Felder und Wiesen, manchmal an ein paar Häusern vorbei. Zum Glück ist kein Verkehr, aber irgendwann kommt uns natürlich doch ein Auto entgegen. Und zwar ein überbreiter amerikanischer Pick-Up mit einem Anhänger voller Heuballen. Wir können nur wenig nach rechts ausweichen, da der Bereich neben dem geteerten Weg voller Schlaglöcher ist. Der Pick-Up ist für so etwas aber zum Glück besser ausgerüstet und fährt so weit nach links, dass wir problemlos aneinander vorbei kommen. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie der Fahrer über die deutschen Touristen schimpft, die nicht auf den Hauptstraßen bleiben können, sondern die für die Bauern bestimmten Feldwege nutzen und dann nicht mal richtig ausweichen können.
Zum Glück bleibt das die einzige Begegnung und kurze Zeit später erreichen wir endlich wieder eine „richtige“ Straße. Um 17.30 Uhr sind wir in Coustellet, wo wir noch fürs Abendessen einkaufen wollen.
Nach der abenteuerlichen Fahrt entscheiden wir uns aber zunächst für eine kurze Erholungspause im Café La Vie en Rose, wo wir ja schon am ersten Tag waren. Heute ist hier richtig viel los, wir suchen uns einen Kuchen an der Theke aus und setzen uns dann in den Innenraum. Hier ist es schön kühl, die Terrasse liegt dagegen in der Sonne. Außerdem können wir nun ausgiebig den üppig dekorierten Raum bestaunen.
Im Supermarkt kaufen wir fürs Abendessen Baguette, Käse und verschiedene Sorten Tapenade, eine traditionelle Olivenpaste mit Sardellen, Kapern und Olivenöl bzw. Tomaten oder Paprika anstelle der Oliven.
Um 18.30 Uhr sind wir zurück in der Ferienwohnung, wo wir den Tag überwiegend auf dem Balkon ausklingen lassen.
Wetter: sonnig, ca. 28° C