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Wolkenspiegelungen, Schäfchenwolken und dramatischer Himmel - Finnland im Juni 2024

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Paula:
Das ist mir jetzt erst beim Blick auf deine Karte aufgefallen wie nah diese Ecke an Russland ist. Bekommt man von Grenze gar nichts mit? Auf deinen Fotos sieht das alles so entspannt aus, wenn ich die aktuelle Situation bedenke würde ich da eigentlich einiges finnische Militär in diesen grenznahen Orten erwarten. Ich glaube mir wäre als Tourist auch etwas mulmig…
Die Wohnung sieht wirklich gut aus, immerhin hattest du dann eine gemütliche Unterkunft wenn du schon nicht viel laufen kannst.

Christina:
Von der Nähe zu Russland war nichts zu spüren, ich habe im gesamten Urlaub überhaupt kein Militär gesehen. Die Grenzübergänge sind ja alle geschlossen. Ohne den Krieg wäre ich vielleicht mal soweit gefahren, bis ich einen Grenzübergang hätte sehen können, darauf habe dieses und letztes Jahr natürlich verzichtet. Mulmig war mir nicht, da man es einfach gar nicht merkt. Susan hat bei meinem letztjährigen Bericht geschrieben, dass ihre Verwandtschaft in Lappeenranta die Nähe zu Russland als beängstigend ansieht, dort zu wohnen ist eben nochmal anders, als nur Urlaub zu machen.

Christina:
14. Tag – Montag, 17.06.

Als erstes fahre ich heute zu einer nahe der Wohnung liegenden großen Raststätte mit Tankstelle, Waschstraße, Restaurant, Supermarkt usw. Eine Autowäsche ist dieses Jahr zwar nicht so dringend nötig wie letzten Sommer, der Staub und Dreck der vielen unbefestigten Straßen wurde durch den regelmäßigen Regen immer wieder abgewaschen, aber ich investiere lieber EUR 20 für die günstigste Wäsche, als bei bzw. nach der Abgabe noch etwas für eine Reinigung nachzahlen zu müssen.

Ziemlich dringend brauche ich aber einen Staubsauger, denn der Fußraum auf der Fahrerseite und der Kofferraum sind voll mit kleinen Steinchen, die beim Einsteigen auf nassen, unbefestigten Parkplätzen an meinen Schuhen und den Rädern des Koffers geklebt sind. Das Ausschütteln der Fußmatte und Kofferraummatte hilft nur bedingt, da viel Dreck neben die Matten gefallen ist.

Beim Kauf des Tickets für die Waschstraße frage ich daher nach wo der Staubsauger ist, aber leider gibt es hier gar keinen und keine der Mitarbeiterinnen kann mir sagen, ob es an anderen Tankstellen in der Gegend Staubsauger gibt. Nun gut, vielleicht kann ich das Saugen an der Flughafentankstelle morgen nachholen.

Ich fahre zurück in die Unterkunft, schnappe mir meinen Rucksack für heute und fahre ins Zentrum von Kotka. Ich parke am Rand der Innenstadt beim Museumskomplex Vellamo, hier gibt es zahlreiche kostenlose Parkplätze. Das große, moderne Gebäude stammt von 2008 und soll eine Welle darstellen, es liegt direkt an einem Teil des Industriehafens von Kotka und beinhaltete mehrere Museen zum Thema Meer, Fischerei usw.


Ich gehe einmal rund ums Gebäude und merke gleich, dass mein Bein auch heute so stark schmerzt, dass ich nicht viel unternehmen werde können.



Auf den Besuch der Museen verzichte ich daher, ich möchte lieber etwas von der Innenstadt sehen. Aber schon der eigentlich nicht weite Weg dorthin dauert ewig, ich kann nur noch in Zeitlupe gehen.

Ich komme am Marktplatz vorbei mit Public Viewing Möglichkeit für die Spiele der Fußball EM (obwohl Finnland gar nicht teil nimmt, scheint ein recht großes Interesse daran zu bestehen, im Fernsehen werden alle Spiele gezeigt und davor/danach ausführlich diskutiert) und den typischen grauen Bauten, wie sie in den meisten finnischen Innenstädten zu finden sind.


Nicht weit vom Markplatz entfernt erreiche ich den Sibelius Park und mache Pause auf einer Bank.


Kotka gilt als Stadt der Parks, es gibt unzählige davon und auch eine Spazierroute, die die meisten Parks und sonstigen Sehenswürdigkeiten der Stadt miteinander verbindet. Aber leider ist für mich hier Schluss. Es gibt hier Stationen mit Citybikes zum Mieten, das wäre eigentlich das Richtige für mich, Fahrradfahren geht nicht nur problemlos, sondern ist sogar der Heilung förderlich, leider habe ich mich aber nicht vorab damit beschäftigt, man braucht da ja eine App, muss sich anmelden, Konto/Kreditkarte hinterlegen usw. Schade.

Nach der Pause humple ich langsam zurück zum Auto und fahre zum Yachthafen von Kotka. Dort befindet sich das Kotka Maretarium in einem modernen Gebäude mit Souvenir Shop und Café. Eine Besichtigung des Aquariums ist wegen meines Beins nicht möglich, ich schaue, ob ich im Souvenir Shop vielleicht doch noch am Ende des Urlaubs Postkarten finde. Das war ja letztes Jahr schon sehr schwierig und so ist es auch dieses Jahr, aber hier werde ich tatsächlich fündig, wenn auch die Postkarten alles andere als hübsch sind, Briefmarken gibt es auch.


Zum Mittagessen bestelle ich im Café des Maretariums einen überbackenen Toast (EUR 8,90).


Gegen halb eins fahre ich in den Stadtteil Sunila. Dieser wurde in den 1930iger Jahren als Standort einer Zellstofffabrik und Häusern und Wohnungen für die Beschäftigten der Fabrik von Alvar Aalto und seiner Frau Aino entworfen und stellt Aaltos (räumlich) größtes Projekt dar. Die Fabrik wurde auf einer Insel, zugänglich über einen Damm, angelegt, und somit optisch und tatsächlich vom Wohngebiet, das in einem Wald errichtet wurde, getrennt. Die Wohngebäude und Straßen wurden der Landschaft angepasst, um triste Wohnblockstrukturen zu vermeiden. Außerdem waren die Wohnungen, selbst die kleinsten und günstigsten mit Küchen, Toiletten und Balkonen ausgestattet, damals noch keine Selbstverständlichkeit für Arbeiterwohnungen. Für den Direktor der Fabrik wurde ein großes Einfamilienhaus errichtet.

Das Projekt wurde auch in der Weltausstellung in New York 1939 gezeigt. Einen Einblick in das Innere verschiedener Wohnungen und Häuser gibt es leider nur bei extra zu vereinbarenden Gruppenführungen und einmal im Jahr beim „Sunila Aalto Homes Event“, dieses Jahr im August. Ein paar Wohnungen werden auch als Ferienwohnungen vermietet, diese sind aber ziemlich teuer, das war es mir nicht wert.

Ich habe einen Gpx Track für einen ausführlichen Rundgang durch den Stadtteil, den ich aber nun wegen meines Beins nicht gehen kann. Daher fahre ich mit dem Auto ein bisschen herum und schaue mir die verschiedenen Häuser durchs Autofenster an. Bei den Terrassenhäusern steige ich aus und mache ein Foto.


Das Haus des Direktors finde ich leider nicht (und denke gar nicht daran, es über Google Maps zu suchen).

Ich bin allerdings erstaunt, dass die Häuser, die ich beim Herumfahren sehen kann, alle mehr oder weniger heruntergekommen sind, obwohl der Stadtteil doch eine so große kulturelle, aber auch touristische Bedeutung für die Gegend hat. Die Zellstofffabrik ist heute immer noch aktiv, gehört zum Stora Enso Konzern.

Um 13 Uhr geht es weiter. Ich fahre ins 40 Kilometer von Kotka entfernt gelegene Dorf Ruotsinpyhtää (schwedisch Strömfors), hier befindet sich das Freilichtmuseum Strömforsin Ruukki (Strömfors Ironworks), eine ehemalige Eisenhütte, die Ende des 17. Jh. gegründet wurde und unter verschiedenen Eigentümer Familien bzw. Firmen bis in die 1950iger Jahre in Betrieb war (als letzte wasserbetriebene Eisenhütte in Finnland). Und hier gibt es sogar einen Anknüpfungspunkt zum Beginn meiner Reise: letzter Eigentümer war Antti Ahlström bzw. nach seinem Tod die A. Ahlström Corp., der auch die Schmiede in Noormakku bei Pori gehörte. Dieses ehemalige Industriegelände habe ich an Tag 4 meines Urlaubs angeschaut.

In den ehemaligen Fabrikgebäuden befinden sich heute kleine Museen, Läden mit überwiegend handwerklich hergestellten Gegenständen und Restaurants / Cafés, auch einen Bootsverleih und eine achteckige Kirche (heute geschlossen) gibt es.




Optischer Höhepunkt ist der idyllische Blick über den kleinen See zu zwei rot gestrichenen Holzgebäuden, die sich (bei Windstille) im Wasser spiegeln. Allerdings hat der Turm nur bedingt etwas mit der Eisenhütte zu tun: er wurde erst 1945 an das ursprüngliche Gebäude von 1820, genutzt als Lagerraum und Molkerei, gebaut, damit die Feuerwehr darin ihre Schläuche in voller Länge zum Trocknen aufhängen konnte. Im rechten Gebäude befanden sich Wohnungen der Angestellten und Büros. Heute ist es ein privates Wohngebäude (stelle ich mir nicht sehr angenehm vor, zwischen all den Touristen zu wohnen). Ich humple soweit wie möglich über das Gelände und schaue in einen Teil der Geschäfte und Museen, bis ich nicht mehr laufen kann.




Es ist noch Vorsaison, daher sind nur ein Imbissstand und ein Restaurant geöffnet. Der Imbissstand ist am anderen Ende des Geländes, das ist mir zu weit zu gehen, daher gehe ich ins Restaurant, das sich in der Nähe des Parkplatzes befindet. Es handelt sich um eine Pizzeria, wohl der gehobenen Art, denn als ich wie üblich in Finnland zum Tresen zum Bestellen gehe, stehen dort zwei ältere Männer, die (wie ich) einen Kaffee bestellen möchten und gar nicht damit klarkommen, dass sie aus verschiedenen Sorten wie Cappuccino, Americano, Café Latte usw. auswählen sollen und schließlich verärgert wieder gehen ohne etwas zu bestellen (das habe ich sogar ohne Finnisch Kenntnisse verstanden).

Ich freue mich dagegen, nach dem Cappuccino auf dem Wasserturm in Ilomantsi wieder einen trinken zu können und frage auch gleich nach Kuchen oder Munkki. Tja, so etwas gibt es nicht, aber sie haben selbstgemachtes Tiramisu in einem gläsernen Kühlschrank im Gastraum stehen. Gut, dann nehme ich das zum Cappuccino. Ich bezahle auch gleich und als mir der Preis genannt wird, frage ich fast nach, ob da etwas falsch berechnet wurde, denn es werden EUR 17,40 verlangt. Ich zahle dann doch erstmal und schaue mir den Kassenbon danach an, gut, dass ich nichts gesagt habe, es ist alles korrekt: einen Cappuccino für EUR 5,40 und ein Tiramisu für EUR 12,00! Nun gut, immerhin wird mir alles an einen Tisch meiner Wahl auf der schönen Terrasse gebracht und vor allem das Tiramisu schmeckt vorzüglich, zukünftig werde ich aber besser darauf achten, in was für eine Art Restaurant ich gehe. Da war ich wohl inzwischen zu lange in den ländlichen Gegenden Finnlands unterwegs.


Auf dem Rückweg zu meiner Unterkunft lege ich noch einen kurzen Stopp am Santalahti Strand ein. Es handelt sich um ein Freizeitgebiet etwa 5 km vom Stadtzentrum Kotkas entfernt. Es gibt einen Campingplatz, Hotelunterkünfte, einen großen (wohl künstlich angelegten) Badestrand mit Spielplatz und zwei Rundwege entlang der felsigen Küste und durch den Wald. Natürlich wären die Wanderwege mein eigentliches Ziel gewesen, das scheidet nun aus bekannten Gründen aus, aber ich gehe vom Parkplatz an den Strand und setze mich eine Weile auf eine Holzliegebank und schaue ein paar Familien mit Kindern beim Spielen zu. Insgesamt sind aber wie an einem Montagnachmittag bei bewölktem Himmel zu erwarten, fast keine Leute hier.


Gegen 16.30 Uhr bin ich zurück in der Unterkunft und versuche das Autoinnere mit einem feuchten Lappen von wenigsten ein paar der Steinchen im Fußraum zu befreien, dann fange ich schon mal mit Packen an, bevor es in den gemütlichen Teil des Abends übergeht.

Wetter: morgens sonnig, dann bewölkt, schwülwarm, ca. 24°C

Susan:
Erstaunlich, dass aus alten Werksgeländen so nette Anlagen gemacht werden können. Gefällt mir jedenfalls sehr viel mehr als die Innenstadt von Kotka. Obwohl natürlich die Parks dort auch schön sein mögen. Schade, dass du die die nicht weiter anschauen konntest.

12 Euro für so ein Schälchen Tiramisu ist ja happig!

Paula:
witzig wie Dinge die man für selbstverständlich hält in anderen Ländern einfach anders sind: dass es Autowaschanlagen ohne Staubsauger gibt hätte ich nicht gedacht. Mußt du denn das Auto sauber zurückgeben? Das kenne ich gar nicht, wenn ich dran denke wie dreckig die Autos immer waren die ich in USA zurückgegeben habe...ist das in Finland anders oder hattest du einen Sondertarif?
Die 12 € sind Münchner Preisniveau (in den nobleren Strassen, sonst sind es noch nicht mehr als 10 € bei uns und auch das finde ich krass).
Die roten Häuser in der grünen Umgebung sind einfach schön. Und das rot wird nicht so schnell dreckig wie weiß, vielleicht sollte man die Werkshäuser einfach bunt anstreichen, eine ganze Reihe in der gleichen Farbe wirkt auf mich ein bisschen deprimierend (auch wenn sie in bessserem Zustand wären).
Echt dumm das mit deinem Bein  :(  :traurig:

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