7.Tag, Sa.23.8.2025 
Eigentlich ist für heute, für die Etappe nach Osten, gutes Wetter versprochen. Zunächst ist davon wenig zu sehen, denn hartnäckiger Nebel verschluckt Berge und Seen. Nach 40 Minuten auf der Straße 6 erreiche ich die Talstation der Gelmerbahn. Hier hatte ich geplant mit der steilsten offenen Standseilbahn Europas (laut Betreiber) eine Steigung von 106% zu bewältigen. Der Blick auf die Handeckfallhängebrücke, die am Fuß der Talstation die Straße 6 überbrückt, zeigt, dass die Nebelsuppe im Moment nahezu alles verschluckt.
Also was tun.
Weiterfahren (?) - es gibt ja noch einiges heute an Strecke zu absolvieren – oder die Fahrt hinauf mit der Bahn zum Gelmersee riskieren (?).
Würde ich weiter fahren würde ich schon in wenigen Minuten den schönen Grimselpass erreichen und werde dort auch nicht viel sehen. Ich entscheide mich für die Gelmerbahn, auch um dem Wetter für die Weiterfahrt etwas Zeit zu geben. Ich muss mich für eine Rückfahrzeit entscheiden und gebe mir insgesamt 2,5 Stunden für den Trip.

Die feuerrote Standseilbahn ist gut gefüllt und wird wirklich teilweise so steil in 12 langen Minuten nach oben gezogen, dass ich mich an Kindertage in irgendwelchen Achterbahnen erinnere, und mir bleibt nichts anderes übrig, als mich auf die Schweizer Ingenieurskunst zu verlassen. (Anmerkung: Bezüglich Steilheit ist inzwischen allerdings die Stoosbahn zum Fronalpstock bei Schwyz mit 110% noch steiler).
Die erste Bahnfahrt in den Bergen die mir doch etwas den Puls beschleunigt hat – aber einfach auch Technik klasse umgesetzt.

Oben auf 1850m angekommen empfängt mich wieder der Nebel.

Der Gelmersee, den man umrunden kann (was ich auch machen möchte), hat eine Staumauer, die der Rundweg auch überquert und die völlig im Nebel verschwindet.

Aber wie so oft gilt: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Die Sonne kämpft sich durch den Nebel und löst ihn auf. Für mich ist das so, als wenn man am Geburtstag ein Geschenk auspackt, vorher nicht wusste, was drin ist, und dann beim ersten Blick auf den Inhalt restlos begeistert ist.

Hier oben ist es wirklich schön.

Zudem wieder ein Ziel bei dem sich die wenigen Besucher so verteilen, dass man sie kaum wahrnimmt.

Auch dieser See kämpft ein bisschen mit der Trockenheit aber die türkise Farbe ...

... und die steil aufragenden Berge, die den See umgeben, sind schon ein grandioser Anblick, an dem man sich kaum sattsehen kann.


Der Weg wird immer spektakulärer und umläuft den See in ca.5km wobei 125 Höhenmeter zu absolvieren sind, also eine eher bequeme Wanderung mit einer Ausnahme.

Es gibt eine Schlüsselstelle etwa in der Mitte des Rundwegs.
Für Leute mit starker Höhenangst ist diese Ausgesetzte Engstelle vielleicht schon ein Problem – ich fand es jetzt eigentlich unproblematisch, da es nicht wirklich sehr hoch ist ...

... und man sich ja an dem Stahlseil festhalten kann.

Schließlich geht es auf die letzte Etappe und ich muss mich etwas beeilen, um meine gebuchte Bahn noch zu erreichen.

Fotos werden jetzt also nur noch im Wyatt Earp-Stil aus der Hüfte geschossen.

Schließlich fahre ich mit der Bahn wieder nach unten und kann nun auch nochmal die Handeckfallhängebrücke ohne Nebel bewundern.
Auch ringsum hat sich der Nebel verzogen und die Sonne strahlt mir ins Gesicht.

So kann es weitergehen, denn die Straße 6 wird nun richtig spektakulär, denn es geht hinauf auf den Weg zum Grimselpass.

Der Grimselpass war zur Römerzeit bereits als Alpenübergang bekannt. Und schon 1397 ist belegt, dass nicht nur der angehende Diktator im Weißen Haus Zölle kennt, sondern dieser Pass aufgrund seiner Bedeutung als wichtige Handelsroute (Luzern-Mailand) von den Bernern und Wallisern auch damals schon mit Zöllen belegt wurde. Von Süden her waren beispielsweise Wein, Reis oder Glas und von Norden her Käse, Leder, Eisenwaren, Pferde, Braunvieh etc. die meistbeförderten Handelswaren.

Mit dem Strassenbau im 19. Jh ging die grosse Handelszeit über die Grimsel zu Ende. Mit der Gründung der Kraftwerke Oberhasli AG und damit der Wasserkraftnutzung im Grimselgebiet 1925 (Bau der Stauseen) musste die Naturstrasse (erbaut 1894), die auf die Bedürfnisse der Pferdepost ausgerichtet war, teilweise verlegt und verbessert werden.

Inzwischen ist die Strecke über den Grimselpass gut ausgebaut und bietet mit seinen Stauseen und der imposanten Bergwelt spektakuläre Ansichten.


Totensee am Grimselpass

Der Grimselpass liegt bei Motoradfahrern besonders hoch im Kurs ...

... und ist nicht nur bei Zweibeinern beliebt.

Die Abfahrt vom Grimselpass auf der „Grimselstraße“ führt kurzzeitig durch den Kanton Wallis und stößt im Tal auf die Furkastraße (Nr.19).

Hier begegne ich auch einer historischen Dampfbahn, die ordentlich schwarzen Rauch in die Landschaft bläst.
Die Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB) betreibt auf einer knapp 18 Kilometer langen Strecke zwischen Realp im Kanton Uri und Oberwald im Kanton Wallis eine konzessionierte Schienenverbindung. Die Strecke führt durch einen grösstenteils unberührten, teilweise sonst nur schwer zugänglichen Teil der Schweizer Alpen. Sie windet sich durch wilde Schluchten und entlang von steilen Berghängen bis auf hinauf auf über 2000 Meter über Meer. Auf einer meterspurigen Zahnradstrecke stehen zum Teil über 100-jährige Triebfahrzeuge und Wagen im Einsatz.

Ich folge der Furkastraße hinauf Richtung Furkapass.
Der Furkapass verbindet die Kanton Wallis und Uri miteinander und wurde 1863–65 von den beiden Kantonen und mit Unterstützung des Bundes erbaut. Die Passstrasse ist nur von Juni bis Oktober befahrbar. Im Winter wird der Pass nicht offengehalten. Auf der Passhöhe die sich in 2429 Metern über dem Meer befindet, liegt auch die Grenze der beiden Kantone Uri und Wallis.

3km vor Erreichen der Passhöhe aber immerhin schon auf 2300m Höhe, halte ich am alten längst geschlossenen Hotel Belvedere und finde sogar einen kostenfreien Parkplatz.
Im Gletscher-Stübli erwerbe ich ein Ticket für 9 Schweizer Franken für den Zugang zum Rhonegletscher und einer Gletscherhöhle. Im Internet hatte ich auch einen kostenlosen kurzen Weg hinauf zu einem Aussichtspunkt gefunden, mich dann aber spontan für die kostenpflichtige Variante entschieden – die zweite sehr gute Entscheidung heute.

Zunächst blickt man aus der Ferne auf den Gletscher ...

... und kann zu einem kleinen Teil des Gletschersees hinuntersteigen.


Danach folge ich einem Pfad zum eigentlichen Gletscher. Bemerkenswert sind die glazialen Felsen die den Weg säumen.

Sie sind durch die Erosion des Gletschers geformte, vom Eis und Moränenmaterial polierte Felsformationen wie Rundhöcker und Gletscherschliffe und geben Einblicke in die Kraft des Eisstroms und die Prozesse der Gletscherschmelze.

Fast noch bemerkenswerter, für mich fast verstörend, sind die Eisverhüterli. Eisblöcke aus dem Gletschersee hat man hier an Land gezogen und mit Vlies-Tüchern vor der Sonne geschützt, was rund 50% der Eisschmelze verhindern soll. Die bedeckten Eisblöcke dienen letztendlich als Baumaterial für die „Eisgrotte“.

Ob der Besuch der Eisgrotte am Rhonegletscher ein Höhepunkt ist oder nicht, darf jeder selbst entscheiden. Leider ist die Eishöhle genauso wie der Rest des Gletschers durch den permanenten Eisverlust bedroht.

Die Vliesmatten konnten den Gletscherrückzug zwar bremsen aber nicht völlig aufhalten. Der Kontakt zum Haupteisstrom des Gletschers ist mittlerweile völlig abgerissen.

Gut 50 Meter liegen mittlerweile zwischen dem Rhonegletscher und der Eishöhle.

Der Rhonegletscher zählt zu den bekanntesten Gletschern der Schweiz und im gesamten Alpenraum. Durch die Furkastrasse ist er der am leichtesten zugängliche Gletscher der Schweizer Alpen.

Heute ist der Rhonegletscher an seiner dicksten Stelle noch rund 350 Meter mächtig, verliert aber pro Jahr im Schnitt 25 cm an Eisdicke.

Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zunge des Gletschers hinter den Steilhang zurückgezogen und den heutigen See gebildet. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch der Rhonegletscher mehr oder weniger verschwunden sein wird.

Der Blick auf das Eis des Gletschers, ...

... den spektakulären Gletschabfluss mit kleiner Eishöhle ...

... und hinauf zum Tällistock und Tieralplistock ist traumhaft schön.

Hin und wieder kann man sogar Teilnehmer von Gletschertouren entdecken, die auf dem Eis unterwegs sind und sich auch selbst mal ein paar vorsichtige Schritte auf das Eis wagen.

So eine Szenerie wie am Rhonegletscher bekommt man (außerhalb von Island) normalerweise nicht so einfach geboten. Für mich das absolute Highlight dieser Tour.

Der Rest der Strecke über den Furkapass bis Andermatt ist schnell absolviert.
Am frühen Abend ist noch etwas Zeit für einen Ortsrundgang in Andermatt, ...

... dass einige durchaus sehenswerte historische Holzhäuser im Zentrum der 2000-Einwohner-„Metropole“ zu bieten hat.
Ü: Gasthaus Skiclub, Andermatt