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Allgemeines => Reiseberichte => Thema gestartet von: Lidschlag am 19. September 2015, 13:13:18

Titel: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 19. September 2015, 13:13:18
So, jetzt lege ich den Thread an, damit das endlich mal was wird mit dem versprochenen Reisebericht aus Japan.

Ich war im Mai 2015 drei Wochen in Japan.
Da ich jeden Tag Reisetagebuch von etwa 170 Buchseiten geschrieben und über 3000 Bilder gemacht habe, poste ich das Ganze hier in verkürzter Form.
Ich sitze aber an einem E-book, das dann den gesamten Text und vermutlich ein paar Bilder mehr enthalten wird.

Zum Einstieg poste ich die ersten Tage der Reise vom Text her komplett.
Ab dann gibt es die Kurzform.

Es können auch Tage und Wochen vergehen, ehe ich wegen beruflichen Verpflichtungen die nächste Folge posten kann.
Bitte habt Geduld mit mir.


Japan mittendrin!


Japan? Das ist doch das Land der Kirschblüten, der Geishas, der Samurai, die Heimat der Sushis und Animes.
Ist das aber nicht auch das Land, wo im zweiten Weltkrieg zwei Atombomben Hiroshima und Nagasaki ausradierten, wo ein Erdbeben der Magnitude 7,2 in den Neunzigern Kobe zerstörte und eine Tsunami in jüngster Zeit in Fukushima den Supergau zur Realität werden ließ? Und ist das nicht eines der teuersten Reiseländer der Welt? Da willst du hin?
Ja, will ich und das schon seit acht Jahren. Aber nie hat das Geld und die Zeit gereicht. Jetzt aber ist das Japan-Sparschwein bis zum Rand gefüllt und den Rest werde ich schon einrichten können.
Leider spreche ich kein Wort Japanisch. Aber mein Englisch ist ganz passabel.
Trotzdem will ich das Land nicht in einem Touristenbus kennen lernen, der die Gäste nach strengen Zeitplänen von einer Attraktion zu nächsten karrt, um sie nach erledigtem Tagesprogramm im für Europäer genehmen Hotel abzuliefern, wo man mit dem verköstigt wird, was das Hotelmanagement für europäisches Buffet hält.
Ich wünsche mir eine Reise mittendrin: die Rushhour in der U-Bahn Tokyos hautnah zu erleben, einen ganzen Tag lang ohne Zeitdruck durch Kyoto zu spazieren, im öffentlichen Bus bei kichernden Mädchen in Sailormoon-Schuluniformen zu sitzen, von Japans Küche zu probieren, was immer und wo immer es mir gefällt, dem Nordpazifik zuzusehen wie er an die Küste Japans schwappt, mit allen Sinnen Japan erfahren, riechen, schmecken, fühlen, hören, sehen mit mehr Zeit als eine übliche Pauschalreise erlaubt.
Und doch, ich traue mich nicht so recht alleine, denn die japanische Schrift kann ich auch nicht lesen. Deshalb mache ich mich auf die Suche nach einem Spezialveranstalter. Schließlich finde ich im Internet ein Reisebüro, das einem Japaner gehört. Er veranstaltet schon seit vielen Jahren Gruppenreisen in sein Heimatland, die etwas drei Wochen dauern und für mich bezahlbar sind, bezahlbar auch deshalb, weil die Reisen nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln stattfinden und es häufig Abende mit Selbstverpflegung gibt.
Hm, nun ist es doch eine Pauschal- und Gruppenreise!
Ja, aber eine besondere. Als Einzelreisende habe ich ein Einzelzimmer gebucht. An jedem Ort bleiben wir ein bis drei Tage, manchmal sogar länger. Es sind einige freie Tage eingeplant, die man selber gestalten kann und Ziele im Programm, die von westlichen Besuchern nicht so häufig oder gar nicht frequentiert werden, wie etwa Aoki, eine sehr ländliche Gegend bei Ueda. Wo das genau liegt, finde ich erst nach einigen Recherchen im Internet heraus. Ja, das sieht doch gut aus! Genau so eine Reise suche ich, näher dran am Alltag der Japaner als die üblichen Pauschalreisen.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 19. September 2015, 14:14:29
Von Frankfurt nach Tokyo

Um 10 Uhr an einem Donnerstag morgens im Mai geht es los. Ursprünglich wollte ich mit der Bahn an den Frankfurter Flughafen fahren. Aber die Lockführer streiken mal wieder. Ich schenke mir deshalb die Luxusvariante und lasse mich von einem Flughafentransport abholen. Am Flughafen angekommen, kann ich gut beobachten, wie die Fluggesellschaft, mit der ich fliegen werde, immer weiter Personal einspart und dafür den Fluggästen mehr Eigenleistung aufhalst. Ich muss sowohl selber elektronisch einchecken wie auch mein Gepäck selber wiegen und die ausgedruckte Schleife, die ich am Schalter von der Servicekraft bekomme, auch noch selber an meiner Reisetasche befestigen. Wie ich beim Wiegen feststelle, war das Packen eine Punktlandung. Fünfzehn Kilo sind das Wunschgewicht der Koffer beim Reiseveranstalter und genau fünfzehn Kilo zeigt die Waage an.
Bei der Reisekontrolle mache ich dann Bekanntschaft mit dem Ganzköperscanner und führe noch einen netten Smalltalk mit dem Sicherheitsbeamten, der meine Kamera durchcheckt.
Und dann begebe ich mich auf Wanderschaft zu Gate Z50 zum Flug nach Japan um 13:40 Uhr. Das Einchecken an Bord ist problemlos. Ich habe einen Fensterplatz und genieße den Sonnenuntergang. Da aber schon um sieben Uhr abends europäischer Zeit im Flugzeug das Licht ausgemacht wird, kann ich die ganze »Nacht« nicht schlafen.

Und ab gehts!

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Sooooooo weit!

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00289_distanz_webd1s8a.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00289_distanz_webd1s8a.jpg)


Schlaflos, aber wenigsten sieht man den Mond.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00297_1000_weba5siy.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00297_1000_weba5siy.jpg)


Japan!

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00300_1000_web84szu.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00300_1000_web84szu.jpg)


Tokyo!

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00305_1000_weboesdz.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00305_1000_weboesdz.jpg)


Als wir  am Freitag Morgen um sieben Uhr japanischer Zeit in Narita landen, hoffe ich, dass ich den Tag gut überstehe. Aber erst mal muss die Reisegruppe die Einreiseformalitäten hinter sich bringen.
Es hat hohen Unterhaltungswert wie vor den drei Einreiseschaltern zwei »Domteure« versuchen die endlose Touristenschlangen zu bändigen. Wie Marathonläufer rennen sie laut rufend die  Warteschlangen entlangen, teilen sie, leiten sie um, um sie dann erneut zusammenzuwinken, alles zu dem Zweck möglich viele Reisende in möglich kurzer Zeit vor den Einreiseschaltern zu ordnen.
Am Schalter werden die Abdrücke des rechten und linken Zeigefingers genommen. Hinterher darf man auf einen Blümchen umrahmten Bildschirm gucken, der eine Aufnahme von meinem übernächtigten und dadurch zerknautschten Gesicht produziert.
Nachdem das Gepäck geholt und der Zoll erledigt ist, passieren wir an den Rolltreppen einige sich freundlich verbeugenden Damen, die ein sanftes »Oheija goseimas« hinhauchen und mit makellos weißen Handschuhen die weitere Richtung weisen. Bald sitzen wir in der Kensei-Ubahn, die aus dem Bahnhof von Narita und an frisch gesetzte Reisfelder vorbeirollt. Bambus wippt neben hellgrünen Laubbäumen im Wind. Eine waschechte holländische Windmühle rauscht vorbei, genauso wie gepflegte Häuser und millimetergenau geschnittene Hecken und Bäume. Allmählich verstädtert die Gegend. Die Häuser werden höher, die Bebauung dichter. Nach siebzig Minuten sind wir in Tokyo angekommen, steigen in vier Taxis und fahren zu unserem Hotel im Stadtteil Asakusa.

Taxi nach Asakusa

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/arw_00307_taxi_1000_w0ns4e.jpg) (http://abload.de/image.php?img=arw_00307_taxi_1000_w0ns4e.jpg)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Ilona am 19. September 2015, 17:01:58
Erste  :adieu:. Auch wenn es Tage oder Wochen dauert - wir haben doch Zeit  :cool2:.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 19. September 2015, 19:09:17
Erste  :adieu:. Auch wenn es Tage oder Wochen dauert - wir haben doch Zeit  :cool2:.

Ok, dann teile ich dir mal zum Einweichen und Genießen dein Plätzchen im Onsen zu . (^.^)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 19. September 2015, 21:50:56
Huih, es geht tatsächlich direkt los. Das ist genau das, was ich nach einem mehr als chaotischen Nachmittag brauche. Schon jetzt komme ich durch deinen schönen Schreibstil total runter - das tut gut.

Was du von deinem Veranstalter und der Art des Reisens schreibst, klingt sehr gut. Hoffentlich erfüllen deine und meine Erwartungen sich auch!
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 19. September 2015, 22:46:47
Was du von deinem Veranstalter und der Art des Reisens schreibst, klingt sehr gut. Hoffentlich erfüllen deine und meine Erwartungen sich auch!

Youkoso (willkommen), Andrea!

Ich verrate nix. Lehn dich zurück und genieße den virtuellen Sake. Er muss aber noch ein bisschen köcheln.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 20. September 2015, 08:27:14
Oh Klasse da bin ich auch dabei! Was du über den Reiseveranstalter erzählst klingt wirklich interessant, ich bin sehr gespannt wie es weitergeht! Wieviele Leute waren in der Reisegruppe? War der Reiseleiter Deutscher oder Japaner? Japanisch konnte er wohl oder?
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Flicka am 20. September 2015, 08:53:41
Dann reserviere ich auch mal noch einen Platz im Shinkansen. Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen, soweit du sie hier berichtest. Darf ich fragen, was es mit dem geplanten E-Book auf sich hat?
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 20. September 2015, 11:03:41

Allen neu Zugestiegenen ein herzliches Youkoso. 

Bitte nehmt Platz. Der Servierwagen mit Bentos und Erfrischunsgetränken ist schon auf dem Weg.

@Paula
Der Reiseveranstalter ist gebürtiger Japaner. Er führt die von ihm veranstalteten Reisen selber als Reiseleiter durch. Laufen zwei Reisen parallel, so wie im meinem Fall, unterstützt ihn eine Reiseleiterin. Sie hat in Japan Japanologie studiert und macht den Reiseleiterjob schon seit langer Zeit. Als ich vor der Reise Fragen hatte, konnte ich direkt mit ihr am Telefon sprechen.
Meine Reisegruppe bestand aus zwölf Leuten, inklusive der Reiseleiterin vier Frauen, acht Männer.

@Flicka
Was genau möchtest du denn über das E-Book wissen?
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Flicka am 20. September 2015, 11:33:16

@Flicka
Was genau möchtest du denn über das E-Book wissen?

Nichts spezielles, ich war einfach nur neugierig.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 20. September 2015, 12:07:03

@Flicka
Was genau möchtest du denn über das E-Book wissen?

Nichts spezielles, ich war einfach nur neugierig.

Ah, ok!
Das Ebook ist noch nicht auf dem Markt. Ich erstelle es grade zusammen mit diesem Reisebericht.
Titel: Re: Japan mittendrin - Tokyos Senjoji
Beitrag von: Lidschlag am 20. September 2015, 14:50:47
Im Hotel angekommen, bringen wir unser Gepäck in einen abschließbaren Raum, weil wir erst in drei Stunden unsere Zimmer beziehen können. Um die Zeit bis dahin zu nutzen, unternehmen wir eine ersten Besichtigungstour.
Bei fünfundzwanzig Grad und blauem Himmel spazieren wir zum Fluss hinunter, dort wo der Skytree links neben der Asahi-Brauerei in den Himmel ragt. Ausflugsboote schippern vorbei und Touristen lehnen sich über das Steingemäuer der Brücke nebenan, um die Aussicht und die Sonne zu genießen. Mich erinnert die Szenerie sehr an den Bund von Shanghai und die beiden Gebäude der Asahi-Brauerei bringen mich zum Schmunzeln. Das helle Bierglas mit Schaum in Form eines Hochhauses ist deutlich zu erkennen. Das kleine Gebäude rechts daneben, das wohl ein dunkles Bier mit Schaum darstellen soll, ist für mich aber eher eine schwarze Cappuccinotasse mit nach Kaffee duftendem Dampf. 

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_skytree_01kubdm.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_skytree_01kubdm.jpg)

Die Fotoapparate der Gruppenmitglieder treten in Aktion und nach wenigen Minuten sind wir wieder unterwegs Richtung Senjoji-Temple, an dem wir vorhin vorbeigelaufen sind.
Man erzählt sich, dass 628 nach Christus  zwei Brüder eine Statue der Göttin Kannon (Göttin der Barmherzigkeit) aus dem Fluß Sumida gefischt hätten. Sie warfen die Statue mehrfach wieder ins Wasser, doch immer wieder wurde sie an der gleichen Stelle angeschwemmt. Deshalb errichtete man Kannon zu Ehren an dieser Stelle einen Tempel, den Senjoji. 645 nach Christus wurde er fertig gestellt und ist somit der älteste Tempel Tokyos. Da in Japan Buddhismus und Shinto eine Verschmelzung eingegangen sind, befindet sich auf dem Tempelgelände sowohl ein Schrein als auch ein buddhistischer Tempel.
Nun betreten wir diesen Tempel, der für seine riesigen Laternen bekannt ist, die in den Toren und am Tempel selber hängen. Wenn die Laterne am Eingangstor, dem Donnertor, herunterfallen würde, könnte sie einem mit ihrem Gewicht sicher erschlagen. Wie all die anderen riesigen Laternen des Senjoji ist sie aber mit vier dicken Tauen gesichert. Ich möchte sie mir von unten anschauen und entdecke ein interessantes, in den Holzboden geschnitztes Motiv. Ich ernte neugierige Blicke, als ich die Kamera für dieses Bild auf den Boden lege. Aber gleich danach versucht sich eine chinesische Reisegruppe ebenfalls an dem sich durch den hölzernen Himmel windenden Drachen.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_01xpupw.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_01xpupw.jpg)

Ist man unter der Laterne durchgegangen, dann taucht man in eine geschäftige, von Ständen gesäumten Flanierstraße ein, in der alles zu finden ist, was Touristen und Japaner sich zur Zerstreung wünschen: Buden mit Fächern, Ess-Stäbchen in den verschiedensten Hölzern und Designs, Schals, Schuhe, Socken, No-Masken, Schreibutensilien, Stofftieren und Devotionalien für den Hausgebrauch, Kimonostoffe, Andenkennippes und Spielzeug. In der Mittagshitze  wabbern Jahrmarktsdüfte über den Ständen, die Süßigkeiten anbieten. Jede Tüte Leckereien ist frisch zubereitet und erhält beim Verkauf vor den Augen des Kunden einen Datums- und Firmenstempel und vielleicht noch ein Schleifchen als Verzierung. Trauben von Schulklassen auf Klassenfahrt sammeln sich wie schwärmende Bienen vor Süßigkeitsbuden. Rentner probieren mitten im Gewühl Schuhe, die ein paar Stände weiter angeboten werden. Männer kaufen die Taschen, die ihre Anbeteten grade in den Tiefen eines Lederladens erstöbert haben oder den Parfümflacon, der so exotisch aussieht. Der Menschenstrom wälzt sich nicht nur in eine Richtung. Die einen verlassen das Tempelgelände, die anderen streben zum Hauptgebäude, Grüppchen, die sich gegenseitig ausweichen, Pärchen, die sich in dem ständigen Hin und her ein Durchkommen suchen, Leute, die sich am Rand des Gewühls durchschlängeln.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_02b0ufg.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_02b0ufg.jpg)

Wenn man das zweite Tor mit drei riesigen Laternen passiert, werden die Geräusche der Geschäftsstraße leiser, doch auch hier drängen sich die Menschen auf dichtem Raum. Man ist im Tempelvorhof angelangt, wo man Talismane in Form von kleinen, mit Brokatstoff überzogenen Täfelchen gegen die Übel dieser Welt erstehen kann, wo Weissagestäbchen in Blechdosen geschüttelt werden, um die Zukunft vorherzusagen, wo ein großes Räucherbecken vor sich hinqualmt und demjenigen Linderung oder Heilung verspricht, der den Rauch dorthin fächelt, wo es am meisten schmerzt. Und hinter dem Räucherbecken hängt die letzte Laterne, unter ihr der Bittaltar, an dem man Kannon seine Ehrerbietung erweisen kann, wenn man vom Einkaufsstress erschöpft die Stufen zu den mächtigen Tempeltüren bewältigt hat.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_03kyu01.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_03kyu01.jpg)


(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_046xu6b.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_046xu6b.jpg)


Nach dieser ersten japanischen Reizüberflutung geht es wieder zurück zum Hotel. Unsere Reiseleiterin zeigt uns noch den kleinen Combini, einen Minisupermarkt, der nur ein paar Schritte weit vom Hotel entfernt liegt und vierundzwanzig Stunden lang geöffnet hat. Wer mitten in der Nacht Hunger bekommt, findet hier noch ein frisches Gericht, das auf Wunsch gleich in der Mikrowelle aufgewärmt wird. Und wer Lust auf eine kleine Portion Sushi hat, findet das ebenfalls frisch und verbrauchsfertig im Kühlregal.  Hölzerne Stäbchen dazu bekommt man kostenlos an der Kasse.
Anschließend holen wir unser Koffer aus dem abschließbaren Raum und bekommen unsere elektronischen Zimmerschlüssel. An den Ansprüchen von Europäern orientiert man sich hier im nicht. Vielmehr ist das Hotel Teil  einer Hotelkette, die hautsächlich japanische Geschäftsreisende anspricht, aber auch gerne von chinesischen Reisegruppen gebucht wird. Die Hotel liegen immer in der Nähe von U-Bahnstationen, die in wenigen Minuten Fußmarsch zu erreichen sind.
Es gibt nur japanisches Frühstücksbüffet und in der Lobby steht ein Getränkeautomat, aus dem allerlei Getränke gezogen werden können. Eine Flasche grüner Tee kostet zweihundert Yen und eine Dose Sake (Reisschnaps) fünfhundert Yen. Neben dem Aufzug befinden sich drei Waschmaschinen, Trockner und ein Waschmittelautomat. Für zwanzig Yen bekommt man Waschmittel und für jeweils hundert Yen hat man innerhalb einer Stunde sein Wäsche gewaschen und getrocknet. In den folgenden Wochen werden wir immer in den Hotels dieser Kette wohnen.
Auch wenn ich jetzt dringend eine Dusche und frische Kleider brauche, hat es doch gut getan nach zehn Stunden Flug die verspannten Muskeln durch ein wenig Bewegung zu lockern. Als ich mein Zimmer im 7. Stock des Hotels beziehe, bekommt das Wort Nasszelle für mich eine ganz neue Bedeutung. Große Europäern mit Veranlagung zur Klaustrophie könnten hier drinnen ein Problem bekommen. Um zu duschen,  gerät das Steigen über den Badewannenrand, zur gymnastischen Übung, weil die Badewanne für Nichtjapaner ungewöhnlich hoch gehalten ist. Kein Wunder, denn die Japaner baden eher sitzend in heißem Wasser ohne Badezusätze, als dass sie duschen. Und genau dafür sind die Wannen ausgelegt.
Nach der Dusche ist es ein wunderbares Gefühl frische Kleider anziehen und sich endlich mal wieder ausstrecken zu können.
Zufrieden stelle ich fest, dass das Bett für meine 1,78 cm völlig ausreicht. Nur das Kopfkissen ist so bretthart wie ein Holzkeil, den man sich in der Edozeit zum Schlafen untern den Nacken schob.
Auf einem Sideboard steht ein Heißwasserkocher und einige Tütchen mit grünem Teepulver. Eines enthält eine für europäische Gaumen gewöhnungsbedürfte Geschmacksrichtung: Konbu-Tee (Seetangtee). Ich probiere das gleich mal aus .... und lasse es den Rest der Reise dann sein. Um den salzigfischigen Geschmack loszuwerden, koche ich einen grünen Tee und verspeise dazu genüsslich das Sushi, das ich aus dem Combini mitgebracht habe. Während mein Blick aus dem Hotelzimmefenster über den Betondschungel Tokyos schweift, warte auf den Sonnenuntergang, denn ich möchte noch einmal zum Senjoji-Tempel, um Nachtaufnahmen zu machen. Die Zeit vertreibe ich mir auch damit, durch das japanische Fernsehen zu zappen. Ich verstehe kein Wort, aber das Gequassel des japanischen Verkaufsfernsehen hat eine beruhigende Wirkung. Wie überall in der Welt werden auch hier Pillen gegen jedes Zipperlein und Cremes für die nie enden sollende Schönheit verkauft. Zwischendurch nicke ich kurz ein. Doch eine Stunde später bin ich wieder wach.
Als die Sonne die Wolkenkratzer in goldenes Abendlicht hüllt, ziehe ich los und wundere mich, dass ich immer noch fit bin, denn schließlich habe ich eine Nacht nicht geschlafen. Ich frage mich, wann der Jetlag, ausgelöst durch die acht Stunden Zeitverschiebung, mit aller Härte zuschlägt.
Als ich nach zwanzig Minuten Fußmarsch am Senjoji-Tempel ankomme, herrscht dort immer noch reges Treiben. Doch jetzt schließen die Buden der Flaniermeile. Nur vor dem Donnertor vergnügen sich Jugendliche mit Selfies, indem sie ihre Handys an lange Stative klemmen und versuchen möglichst originell zu posieren. Büroangestellte treffen sich hier nach Feierabend zum Abendessen. Neben mir gibt ein junger Mann ein Interview und wird dabei gefilmt. Ein Brautpaar stellt sich vor die rote Laterne, sie im weißen Brautkleid, er im schwarzen Frack und lassen sich von ihrem Fotografen  fürs Hochzeitsalbum verewigen.
Ich schraube den Neutraldichtefilter auf die Kamera, um durch die vorbeilaufenden Menschen Geistereffekte zu erzeugen oder sie ganz aus dem Bild zu verbannen.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_05qtuho.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_05qtuho.jpg)

Danach schlendere ich durch hell erleuchtete Budenstraße, deren Geschäfte jetzt geschlossen sind, hinunter zum Tempel. Es kommt Wind auf und die großen Laternen beginnen leicht zu schaukeln. Ich hoffe, dass ich wenigstens eine scharfe Langzeitaufnahme von den riesigen Laternen machen kann.
Für mich entfaltet der Senjoji erst jetzt seinen Zauber. Ohne die Menschenmassen wirkt er wie eine Insel der Ruhe, mystisch im gelblichen, warmen Scheinwerferlicht.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_06q1uuj.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_06q1uuj.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_07rludw.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_07rludw.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/05_tokyo_senjoji_08pju4e.jpg) (http://abload.de/image.php?img=05_tokyo_senjoji_08pju4e.jpg)


Ich gehe langsam zurück und wandere durch die Restaurantstraßen rund um den Tempel, die sich einen leicht historischen Anstrich geben.
Im Hotel angekommen, glaube ich zuerst, ich könnte nicht schlafen, doch dann wache ich am nächsten Morgen ausgeruht auf, ohne dass ich gemerkt hätte, eingeschlafen zu sein.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 20. September 2015, 15:47:37
Unsere erste Station war auch Asakusa (wir waren aber in einem eher westlichen Hotel) und den Tempel haben wir natürlich auch angeschaut. Natürlich wußten wir von der Geschichte viel weniger als du jetzt berichtet hast, man sieht gleich dass es Vorteile hat einen Guide zu haben.
Wie heißt denn diese Hotelkette? Hast du vielleicht einen Link? Vor allem dass man da waschen kann finde ich super, wir hatten in Japan nur einmal ein Hotel mit Waschmachine und Trockner, dabei ist das so praktisch! Und wenn man nur 15 kg Gepäck mitnehmen soll geht es auch nicht ohne waschen.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 20. September 2015, 16:06:24
Wie heißt denn diese Hotelkette? Hast du vielleicht einen Link?

http://www.toyoko-inn.com/eng/

Die Hotels sind wahrhaftig keine Schönheiten und liegen auch nicht an landschaftlich oder touristisch reizvollen Stellen.
Aber sie sind richtig praktisch. In den Früstücksräumen gibt tagsüber freien Tee und Kaffee und wer sich ein Cupnudelgericht warm machen möchte, kann das in der ebenfalls im Frühstücksraum aufgestellten, kostenlosen Mikrowelle tun.
Wenn man eine Mitgliedschaft im »Toyoko Inn Club International« beantragt, bekommt man sein Zimmer noch ein wenig günstiger. Die Mitgliedschaft kann beim ersten Hotel, in das man bei der Kette eincheckt, eingerichtet werden. Das ist kostenlos und das Foto für die Mitgliedskarte wird von den Mitarbeitern selber gemacht. Mitgliedschaft ist aber kein Muss.
Dass die Mannschaft an der Rezeption Englisch spricht ist möglich, man darf es allerdings nicht erwarten. Deutsch spricht dort niemand, eher als zweite Fremsprache Chinesisch, als dritte vielleicht Englisch.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: MisterB am 20. September 2015, 16:14:47
Hi.
Also von mir aus musst du nicht den Rest in Kurzform machen. Ich finde den Text so nicht zuviel.
Ggf. kannst du am Ende ja noch etwas über Preise, Kosten und den Veranstalter schreiben.
Bisher hatte ich nur einen Japanbericht als Individualreise gelesen. Jetzt etwas zum Vergleich was "organisiert" ist, könnte interessant sein.

Gruß
Bernd
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 20. September 2015, 16:17:37
Tolle Effekte mit dem Neutraldichtefilter! Michael weiht mich ja nach und nach in Begriffe der Fotografie ein, aber davon habe ich noch nie gehört (sorry Michael, falls du mir davon doch mal was erzählt hast). Entsprechend gefallen mir die Bilder vom Abend besonders gut.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Flicka am 20. September 2015, 17:12:10
Sehr schöne erste Eindrücke und Fotos! Den Tempel habe ich morgens relativ früh besucht und kenne ihn nur geschäftig mit vielen Schulklassen. Abends strahlt er tatsächlich eine andere Atmosphäre aus, wobei die Langzeitbelichtung diesen Effekt noch schön unterstreicht.

Andrea, so einen ND-Filter benutzt man, um die Belichtungszeit verlängern zu können. Er hat keine Farbe oder sonstigen Effekte, sondern lässt "nur" weniger Licht ins Objektiv. Und wenn die Belichtungszeit lang genug ist, mindestens einige Sekunden, dann sieht man Menschen, die sich durchs Bild bewegen, nur noch unscharf oder halb durchsichtig oder sogar gar nicht mehr. Bilder von Wasserfällen, die das Wasser nur als weiche, wallende Masse zeigen, werden normalerweise auch mit so einem Filter gemacht. Natürlich geht das nur, wenn man die Kamera so fixiert, dass sie sich während der Aufnahme nicht bewegt, also vorzugsweise mit Stativ.

Wenn es abends schon so dunkel ist, dass man sowieso mehrere Sekunden belichten muss, dann erzielt man den Effekt auch ohne Filter.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 20. September 2015, 17:17:51
Danke, Flicka!  :) :) :)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 22. September 2015, 10:30:16
@Andrea und Flicka
Die Neutraldichetfilter, manchmal auch Stopfilter genannt, sind eine praktische Sache. Danke fürs Erklären, Flicka.
Diese Filter sind auch für die unscharfen Wolken am Himmel verantwortlich, die man manchmal auf Landschaftsaufnahmen sieht.

@Flicka
Ich finde sowieso, dass die Tempel in Asien erst nachts eine wunderbare Atmosphäre entfalten.

@Paula
Unsere erste Station war auch Asakusa (wir waren aber in einem eher westlichen Hotel) und den Tempel haben wir natürlich auch angeschaut. Natürlich wußten wir von der Geschichte viel weniger als du jetzt berichtet hast, man sieht gleich dass es Vorteile hat einen Guide zu haben.

Die Reiseleiter dieser Welt haben es garnicht gerne, wenn man all zuviel von ihnen wissen will. Sicher, es gibt Ausnahmen, vor allem, wenn es sich thematische Studienreisen handelt.
Aber in den meisten Fällen vermitteln Reiseleiter nur Basiswissen über die Orte, die man besucht. Wenn die Fragen aber in die Tiefe gehen, habe ich in die vielen Fällen die Erfahrung gemacht, dass ausweichend, garnicht oder verärgert geantwortet wird.
Deshalb lese ich mich für jede Reise mindestens ein halbes bis ein ganzes Jahr vorher in die Materie ein. So belästige ich den/die Reiserleiter/in nicht und sehe die Dinge vor Ort trotzdem in dem Zusammenhang, den ich mir erarbeitet habe. Zusätzlich bleibt mir mehr Zeit zum Fotografieren, während die Reiseleiter dieser Welt ihre Vorträge halten.
Wenn ich etwas über die besuchten Orte schreibe, habe ich es mir in vielen Fällen selber angelesen oder weiß zumindest, wo ich nachlesen muss.  :)

Und: Ich vermute mal, dass jede Tokyoreise im Senjoji anfängt und dann den »üblichen« Ablauf hat.
Erst, wenn man länger als zwei Tage in Tokyo bleibt, wird es dann spezifisch.


@Bernd
Es war eine 21 Tage-Reise.
Inklusive Flug (Holzklasse 10-11 Stunden), Einzelzimmer, Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln während der Reise und an einigen Tagen sparsamer Selbstverpflegung und persönliche, kleinere Ausgaben kannst du mit 3800-4000 Euro rechnen (Stand des Yen im Mai 2015: 1 Euro = 135,6 Yen).


Frage an Flicka und Paula:
Ein Vergleich wäre interessant:
Was habt ihr für euere Japan-Reisen ausgegeben?

Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 22. September 2015, 15:10:49

Und: Ich vermute mal, dass jede Tokyoreise im Senjoji anfängt und dann den »üblichen« Ablauf hat.
Erst, wenn man länger als zwei Tage in Tokyo bleibt, wird es dann spezifisch.


Frage an Flicka und Paula:
Ein Vergleich wäre interessant:
Was habt ihr für euere Japan-Reisen ausgegeben?

da wir unserer Reise selbst organisiert haben ist es schon lustig, dass wir am selben Punkt gestartet sind!

unsere Reise war September 2008, wir waren 3 Wochen unterwegs und wir haben pro Person 2800 € ausgegeben incl Flug und allem. Wir waren innerhalb Japans fast auschließlich mit dem Zug unterwegs, wir hatten so eine Art Interrail Ticket (ich weiß nicht mehr wie das heißt) für ungefähr 300 € soweit ich mich erinnere, eine Strecke im Landesinneren sind wir mit dem Bus gefahren und sonst U-Bahn. Ein einziges Mal sind wir Taxi gefahren für wenige Euro. Es war einer unserer billigsten Urlaube überhaupt, dabei haben wir gar nicht bewußt gespart. Wir haben uns oft gewundert wie oft man für 10 € essen gehen konnte, und wir hatten auch zwei teure Hotels dabei und ansonsten ganz normale Mittelklasse Hotels. Der Flug war so 800-900 € genauer weiß ich es nicht mehr.
Allerdings waren wir genau während des Lehman Crashs unterwegs und wir haben dadurch einen extrem günstigen Wechselkurs erwischt.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Flicka am 22. September 2015, 17:30:27
Ich habe in meinem Reisebericht für jeden Tag die Aufgaben in Yen aufgeschlüsselt, wer daran interessiert ist, müsste sich dort die Ausgaben zusammenrechnen. Die Flüge waren auf Meilen, dazu kann ich also nichts sagen. Generell war die Reise aber deutlich günstiger als erwartet, obwohl ich einige teure Punkte drin hatte (z.B. die Übernachtungen in traditionellen Ryokans). Wie Paula schon geschrieben hat war z.B. das Essen erstaunlich günstig.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 22. September 2015, 18:54:36
@Paula und Flicka

Danke für euer Auskünfte.
Ich fand das Essen auch bezahlbar und es hat immer geschmeckt.

Es ist natürlich schwierig eine 2-Personenreise, zwei Individualreisen, eine Gruppenreise, einen Erste-Klasse-Flug, inklusive schwankenden Yenkurs unter besonderen Bedingungen miteinander zu vergleichen. Aber, wenn ich das richtig sehe, waren wir alle jewels drei Wochen drei Wochen in Japan unterwegs.

@Flicka
Hast du deinen Flug wegen vieler Meilen kostenlos bekommen oder musstest du noch was drauflegen?
Zum Meilensammeln fliege ich viel zu wenig und habe von dem ganzen System kein Ahnung. Deshalb meine Frage.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Flicka am 22. September 2015, 21:03:27

@Flicka
Hast du deinen Flug wegen vieler Meilen kostenlos bekommen oder musstest du noch was drauflegen?
Zum Meilensammeln fliege ich viel zu wenig und habe von dem ganzen System kein Ahnung. Deshalb meine Frage.

Zu den Meilen sind nur noch die Steuern und Gebühren gekommen, die haben sich aber in Grenzen gehalten (nach meiner Erinnerung jedenfalls unter 100 Euro). Das schwankt aber sehr und ist wohl von den Flughäfen und Airlines abhängig.

Wie ich zu den vielen Meilen gekommen bin, lässt sich in der gebotenen Kürze schlecht erklären. Bei Interesse findest du die Geschichte aber in meinem Australienreisebericht:
http://forum.usa-reise.de/index.php?topic=58750.msg798629#msg798629


Zu den Kosten vor Ort kann ich immerhin so viel sagen, dass die größeren Ausgaben, nämlich Einzelzimmer in den Unterkünften, Railpass (ca. 400 Euro), Überlandbusse, Privatbahnen und die Tickets für die Miyaki-Odori-Tänze und das Baseballspiel ca. 2100 Euro ausgemacht haben. Dazu kommen dann halt noch die Eintritte für die Tempel usw. und die Verpflegung. Die günstigste Unterkunft war auf meiner Reise das Toyoko-Inn in Kanazawa für knapp 5000 Yen (nach heutigem Wechselkurs 37 Euro), die teuerste war die Tempelübernachtung im Fudo-In auf dem Koyasan für ca. 115 Euro, allerdings inkl. Frühstück und Abendessen.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 23. September 2015, 10:42:46
Hallo Flicka

Danke für die Auskunft und den Link zum Meinelsammeln.
Und die Story um den Erste-Klasse-Flug nach Japan hätte Filmpotenzial, vorzugsweise das einer Komödie.  ;D
Gut gemacht und klug um die Ecke gedacht!
Titel: Japan mittendrin: Son Guku und die verbrauchte Engerie 1
Beitrag von: Lidschlag am 23. September 2015, 10:54:07
Es ist Samstag, einer der Tage, an denen die Japaner gerne shoppen gehen oder heiraten. Menschenmassen werden mich wohl den ganzen Tag begleiten. Mit diesem Gedanke gehe ich frühstücken. Es ist mein erstes japanisches Frühstück. Und im kleinen Frühstücksraum des Hotels herrscht zur Einstimmung auf die Menschenmassen schon mal Trubel. Eine zwanzigköpfige, chinesische Reisegruppe belagert das Büffet aus eingelegtem Gemüse, Misosuppe, Onigiri und warmen Bohnen. Weil ich Probleme habe den Reiskocher zu öffnen, ist sofort eine Servicekraft zur Stelle, um mir zu helfen. Die nette Dame erklärt mir durch Gesten, wie man den Kaffeeautomaten bedient und an einen grünen Tee kommt. Ich bedanke mich artig mit einem »Arigato goseimas« und zwänge mich zwischen einen japanischen und einen chinesischen Gast, um mein Frühstück zu verspeisen. Dabei studiere ich möglichst unauffällig wie die zwei  mit den Stäbchen die Gemüsestücke und Noirstreifen (Seetang) aus der Misosuppe herausfischen, in den Mund befördern und danach die übrig gebliebene Brühe aus der kleinen Schüssel trinken. Dann üben ich das mal und auf wunderbare Weise gelingt es mir, mich nicht zu bekleckern. Durch Übung kann es nur besser werden. Und gut geschmeckt hat es außerdem noch!
Um halb neun steht die Reisegruppe vorm Hotel und wartet, ...denn es fehlt noch einer. Es stellt sich heraus, dass er noch tief und fest schläft und den Wecker wegen seiner Ohrstöpsel nicht gehört hat. Leicht derangiert und geknickt trabt er zehn Minuten später an, wird von der Gruppe lachend begrüßt und dann ziehen wir los, zunächst zum Meiji-Schrein.
Der Schrein ist dem Kaiser gewidmet, der Japan dem Westen öffnete, dem Herrscher, nach dem diese Ära des neunzehnten Jahrhunderts benannt ist: Meiji. Auch seine Gemahlin wird im Schrein verehrt. Vielleicht ist das der Grund, warum der Meiji-Schrein bei Hochzeitspaaren so beliebt ist.
Mit der U-Bahn sind wir schnell am Ziel. Doch eine gelblich Nebeldecke aus Smog bedeckt den Himmel, der heute morgen noch blau war. Dieses Licht beeinflusst auch die Aufnahmen dieses Tages. Die Farben der Bilder sind gedämpft, ohne richtige Strahlkraft. Und doch passt dieses fast mystische Licht zum Weg, der in wahrlich kaiserlicher Breite zum Schrein führt. Wie es sich für einen Schrein gehört, liegt er mitten in einem für diesen Zweck angelegten Wald.
Unsere Reiseleiterin erzählt uns, dass es besondere Regeln beim Betreten des Schreins gibt. Am Beginn des Weges durch den Wald steht ein 12 Meter hoher Tori. Wenn man ihn durchschritten hat, darf man nichts mehr essen, trinken und sagen. Man sollte am Rand des Weges gehen und nicht in der Mitte, wohl eine Regel, die aus alten Zeiten stammt, wo niedergestellte Menschen, den höher gestellten und Göttern Platz machen und ihren Respekt zollen mussten.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/06_tokyo_meiij_01rfufu.jpg) (http://abload.de/image.php?img=06_tokyo_meiij_01rfufu.jpg)

Ich habe Sandalen an und merke beim Durchschreiten, dass dieser Weg für mich steinig werden wird, denn er ist mit winzigen Steinchen geschottert. Sofort zwängen sich ein paar von ihnen in meinen Sandalen und so muss ich alle paar Schritte mein Füße kräftige schütteln, damit ich sie wieder los werde. Vor mir schwingt ein Arbeiter einen Besen mit sehr langen Stiel, um verdorrte Blätter vom Weg zu fegen. Der Arbeiter erledigt seine Aufgabe mit Hingabe, als wäre es eine Kampfsportübung oder eine Zenmeditation, die zu höheren Weihen führt. Breitbeinig und leicht gebückt steht er da und dirigiert eine Staubwolke aufwirbelnd die Blätter auf einen Haufen. Immer und immer wieder wiederholt er die Kehrbewegung im gleichen Rhythmus.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/06_tokyo_meiij_02ibuff.jpg) (http://abload.de/image.php?img=06_tokyo_meiij_02ibuff.jpg)

Als es zu staubig wird, gehe ich weiter und stehe bald vor eine Wand aus Sakefässern, die dem Schrein als Opfergabe gespendet wurden.
Sie werden ein Jahr lang an dieser Wand den Besuchern des Schreins präsentiert, bei Schreinfesten vom Priester gesegnet und danach ausgeschenkt, gegen Bares versteht sich, da sich die Shinto-Schreine, wie auch die buddhistischen Tempel in Japan selber finanzieren müssen.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/06_tokyo_meiij_03t6urv.jpg) (http://abload.de/image.php?img=06_tokyo_meiij_03t6urv.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/06_tokyo_meiij_04anuz9.jpg) (http://abload.de/image.php?img=06_tokyo_meiij_04anuz9.jpg)

Nun ist es nicht mehr weit zum Schrein, der eingebettet im Maigrün der Bäume liegt. Durch den Blätterfeger habe ich meine Gruppe aus den Augen verloren und leider finde ich sie im Getümmel der Schreinbesucher nicht wieder. Deshalb sehe ich mich auf eigene Faust um, nachdem ich die Reinungszeremonie  am Tempelbrunnen erledigt habe: Man hält eine kleine Bambuskelle Wasser unter fließendes Wasser, um sich damit die rechte und dann die linke Hand zu waschen. Mit einem Nippen an der Kelle soll auch der Mund ausgespült werden. Aber manche Schreinbesucher lassen die Mundwaschung einfach weg, wohl aus hygienischen Gründen. Wenn man fertig ist, reinigt man die Kelle noch einmal unter dem fließenden Wasser und legt sie umgedreht, damit sie abtropfen kann, für den nächsten Besucher bereit.
Mein erster Blick im Schrein fällt auf ein Hochzeitspaar in japanischer Tracht, das für eine Aufnahme im Wald zurechtgesetzt wird. Fünfzig Meter weiter ist ein weiterer Fotograf mit einem anderen Hochzeitspaar beschäftigt.
Im Schreinhof ist ein heiliger Baum von einem Gestell umgeben, an dem man Emas aufhängen kann, kleine Holztäfelchen, die im Schreinladen für 500 Yen erworben werden können und auf die die Menschen ihren Wunsch an die Götter schreiben und hier unter dem  heiligen Baum aufhängen können. In regelmäßigen Abständen werden sie von dem Gestell abgenommen und verbrannt. Wenn sie in Rauch aufgehen, gelangen die Wünsche der Menschen zu den Göttern.

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Plötzlich wummert ein Trommelschlag zu mir herüber. Die Trommel muss sehr groß sein, denn der tiefe Ton des Schlages lässt meinen Magen kribbeln. Ein weiterer Schlag folgt und von Neugier getrieben strömen viele Schreinbesucher zum Tempelhof und zu schauen, was da los ist. Ein Schreinhelfer schlägt eine Trommel die waagrecht vor ihm liegt und zweimal so groß ist wie er. Im Mittelgang des Hofes erscheint ein Shintopriester mit zwei Begleitern, vollführt eine Zeremonie und läuft durch einen Seitengang zur Hochzeitshalle, in der eine Hochzeitsgesellschaft wartet. Wenig später formiert sich ein kleiner Zug, angeführt von dem Shintopriester, gefolgt von dem Brautpaar. Die Mutter der Braut hält die Hände ihrer Tochter und führt sie, während die Hochzeitgesellschaft folgt. Man geht langsam, schweigend, mit feierlichem Schritt, fast in Zeitlupe über den Tempelhof, vorbei am Altar. Rechts und links des Hochzeitszuges wachen Ordner darüber, dass die Neugierigen eine Gasse für das Spektakel bilden und  Fotografierwütige durch Drängeleien nicht aus der Reihe tanzen oder die Feierlichkeit der Zeremonie stören. Kaum hat die Gesellschaft den Tempelhof durch das gegenüberliegenden Tor verlassen, schreitet schon das nächste Hochzeitspaar über den Hof. Dieser Samstag muss wohl nach dem Shintokalender ein guter Tag zum Heiraten sein.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/06_tokyo_meiij_06ypufo.jpg) (http://abload.de/image.php?img=06_tokyo_meiij_06ypufo.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/06_tokyo_meiij_07dwusb.jpg) (http://abload.de/image.php?img=06_tokyo_meiij_07dwusb.jpg)

Ich mache mich auf den Rückweg, ohne den kaiserlichen Göttern meine Reverenz erwiesen zu haben, aber zumindest verneige ich mich nochmal respektvoll am Tor in den Tempelhof hinein, genauso wie es ein japanisches Paar neben mir tut.
Der Weg zurück ist wieder steinig und mehrfach muss ich meine Sandalen ausschütteln, weil wieder kleine Steinchen zwischen das Fußbett der Sandalen und meine Füße geraten sind. Doch ich schaffe es meine Reisegruppe wiederzufinden  und als wir vollzählig sind, geht es weiter zum Kaiserpalast.
Die U-Bahn spuckt uns neben dem Stadtpark aus, der vor den Toren des Kaiserpalastes liegt. Nach dem Überqueren einer Kreuzung stehen wir von dem riesigen Wehrgraben, dessen Wasser von grünen Algenteppichen überzogen ist. Der Himmel zieht sich noch weiter zu und der Smogschleier hüllt die Stadt noch weiter ein. In diesem Klima hetzten reihenweise Jogger durch das massive Einlasstor in die Palastanlage, denn die sechzehn Kilometer lange Umrundung des Palastes ist die einzige Möglichkeit in der Stadt eine so lange Strecke zu laufen ohne Kreuzungen zu überqueren oder mit Verkehr in Berührung zu kommen. Dass mehrspurige Straßen die Jogger in weiten Teilen um die Palastanlage begleiten, wird wohl gerne ausgeklammert. Manche sehen aus, als würden sie vor Erschöpfung gleich umfallen, während andere wie Olympioniken an ihnen vorbeiziehen. Manche sind als Superman, Spiderman oder als Son Goku, dem Helden des Animes Dragonball, kostümiert und hecheln mit einem Lächeln auf dem Gesicht zum Ende des Tracks. Ihr Ziel sind die breiten Wege vor der Palastbrücke. Diese Brücke ist ein beliebtes Fotomotiv, weil hinter ihr ein Gebäude des kaiserlichen Palastes zu sehen ist.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/07_tokyo_kaiserpalasttxuyu.jpg) (http://abload.de/image.php?img=07_tokyo_kaiserpalasttxuyu.jpg)

Viele der Jogger sammeln sich in kleinen Gruppen, denn sie sind alle Angehörige von Firmen oder Schulklassen, die gemeinsam in ihrer Freizeit etwas leisten und dadurch das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken wollen. Dazwischen stehen Fotografen, die darauf warten, dass jemand ihre Minitribünen aus Holz vor der besagten Brücke für das Gruppenfoto zum Abschluss der Veranstaltung bucht.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/07_tokyo_kaiserpalasto4ui1.jpg) (http://abload.de/image.php?img=07_tokyo_kaiserpalasto4ui1.jpg)

Meine Gruppe zieht weiter in die Hochhauswüste an den Ufern der Kaiserpalast-Insel, um an der U-Bahnstation etwas zu essen. Danach geht es weiter in die Ginza. 

Wem »Son Goku« und »Dragonballs« nichts sagt:
http://www.dragonballwiki.de/Son-Goku
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 23. September 2015, 12:02:46
Das letzte Bild sieht schon fast aus wie ein impressionistisches Gemälde...

Ein paar Folgen von Dragonball habe ich sogar mal gesehen, als ich einen 6-jährigen zu Besuch hatte. Natürlich konnte ich damals überhaupt nichts damit anfangen, aber scheinbar ist das in Japan etwas ganz anderes und auch Erwachsene kennen die Serie selbstverständlich.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 23. September 2015, 16:30:14
im Meji-Schrein waren wir auch aber leider bei strömendem Regen  :(
Mit der Hochzeit habt ihr wirklich Glück gehabt (das haben wir später auch geschafft, konnten sogar einen Teil der Zeremonie beobachten)

Gut dass du deine Gruppe wiedergefunden hast! Davor hatte ich echt Schiss in Japan verloren zu gehen, ich bin meinem Freund nicht von der Seite gewichen (er konnte etwas japanisch und konnte also nach dem Weg fragen)...
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: serendipity am 23. September 2015, 16:34:11
Ich bin auch dabei, liebe Steffi.

Auch ich kenne Son Goku, mit damit zur Anime-Mama geworden  ;) - Dragonball, Pokemon und Mila Superstar gehörten eine zeitlang zu Jans Lieblingssendungen  :o

Das letzte Bild ist wunderschön  :beifall:
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 23. September 2015, 17:05:23
Zitat
Das letzte Bild sieht schon fast aus wie ein impressionistisches Gemälde...

Hallo Andrea
Ich glaube, der feine Smog hat dazu beigetragen. Ist allerdings auch ein bisschen HDR drin, besonders in der Brücke.
Animes und Trickfimle gucke ich immer noch.
Meine Nachhilfeschüler kriegen immer fassungslose, riesige Glumpfaugen, wenn ne alte Schachtel wie ich bei Animes wie Pokemon, Sailormoon, Haikyuu!!, God Eater, Conan, Owari no Seraph, Shingeki no Kyojin oder Rurouni Kenshin mitreden kann.  ;D


Zitat
Mit der Hochzeit habt ihr wirklich Glück gehabt (das haben wir später auch geschafft, konnten sogar einen Teil der Zeremonie beobachten)
Gut dass du deine Gruppe wiedergefunden hast! Davor hatte ich echt Schiss in Japan verloren zu gehen, ich bin meinem Freund nicht von der Seite gewichen (er konnte etwas japanisch und konnte also nach dem Weg fragen)...

Hallo Paula

An diesem Tag habe noch weitere drei Hochzeiten auf die Zeremonie gewartet. Da war echt was los. Ich war aber sehr froh, dass das Wetter gehalten hat.
Falls ich verloren gehe: Damit ich immer dort lande, wo ich hingehören, schaue ich bei Gruppenreisen zu, dass ich immer eine Visitenkarte des jeweiligen Unterkunft in Landessprache dabei habe. In Japan hätte ich jetzt keine Angst mehr, wenn ich verloren ginge. Selbst, wenn man kein Japanisch spricht, man wird solange weitergereicht, bis sich jemand findet, der helfen kann. Das habe ich mehr als einmal in Japan erlebt. Die Hilfbereitschaft gegenüber »Langnasen« ist dort vorbildlich (wenn die Langsnasen die üblichen Anstandsregeln einhalten).



Zitat
Ich bin auch dabei, liebe Steffi.
Auch ich kenne Son Goku, mit damit zur Anime-Mama geworden  ;) - Dragonball, Pokemon und Mila Superstar gehörten eine zeitlang zu Jans Lieblingssendungen  :o
Das letzte Bild ist wunderschön  :beifall:

Hallo serendipity

Danke fürs Zusteigen und das Kompliment fürs Bild. :strahl:
Wie ich lese, gehörst du auch zu den Anime-Kennern. Die Volleyballerin Mila is ja nun auch schon in die Jahre gekommen. Aber sie gehörte neben Captain Tsubasa, Captain Future und Sailor Moon zu den ersten Animes, die ich gesehen habe.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Ilona am 23. September 2015, 17:12:59
Die Hochzeitskleider unterscheiden sich aber sehr von unseren. Gibt es auch Japanerinnen, die lieber westliche Hochzeitskleider tragen und weniger auf die traditionellen stehen  :gruebel:?
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 23. September 2015, 17:28:12
Die Hochzeitskleider unterscheiden sich aber sehr von unseren. Gibt es auch Japanerinnen, die lieber westliche Hochzeitskleider tragen und weniger auf die traditionellen stehen  :gruebel:?

Hallo Ilona
Es kommt in Japan darauf an, welchem Glauben man sich hauptsächlich verbunden fühlt (Christentum, Buddhismus, Shinto).
Die Bilder sind in einem Shinto-Schrein entstanden.
In einer japanischen, christlichen Kirche sähen Braut und Bräutigam sicherlich »westlicher« aus.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Susan am 24. September 2015, 22:05:47
Hi,

bin euch schnell noch hinterher gefahren/-laufen. Spätestens seit Flickas Reisebericht habe ich reges Interesse an Japan entwickelt und sauge gern weitere Erfahrungen und Erlebnisse auf. Vielleicht kann ich den Gatten ja doch noch mal zu einer Reise überreden
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 25. September 2015, 10:02:14
In Japan hätte ich jetzt keine Angst mehr, wenn ich verloren ginge. Selbst, wenn man kein Japanisch spricht, man wird solange weitergereicht, bis sich jemand findet, der helfen kann. Das habe ich mehr als einmal in Japan erlebt. Die Hilfbereitschaft gegenüber »Langnasen« ist dort vorbildlich (wenn die Langsnasen die üblichen Anstandsregeln einhalten).

das kann ich bestätigen, die Erfahrung haben wir auch gemacht! So viel Hilfsbereitschaft habe ich in noch keinem Land erlebt auch nicht in Korea oder Vietnam, da sind die Japaner wirklich einsame Spitze!
Titel: Re: Japan mittendrin: Son Goku und die verbrauchte Engerie 2
Beitrag von: Lidschlag am 26. September 2015, 11:42:17
Meine Gruppe zieht weiter in die Hochhauswüste an den Ufern der Kaiserpalast-Insel, um an der U-Bahnstation etwas zu essen. Danach geht es weiter in die Ginza. 

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_05srzp5.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_05srzp5.jpg)

Die ist am Samstag Fußgängerzone und für Autos gesperrt. Ganz Tokyo trifft sich, um bei Weltmarken bei Apple, Gucci, Vuitton oder Chanel einzukaufen oder um mit der ganzen Familie, dem Freund oder dem Hund zu flanieren.
Mitten im Meer der Einkaufswütigen bewegt sich wie ein Fremdkörper ein Bettelmönch, safrangelb und braun gekleidet, sein Gesicht durch einen tiefsitzenden Bambushut verdeckt. Die Bettelschale vor sich haltend, schreitet er einen Fuß vor der anderen setzend so langsam als wäre er aus der Zeit gefallen. Ich spende etwas und schon erklingt als dank hell die Glocke, die er in der anderen Hand hält. Ihr Klang malt einen merkwürdigen Kontrast zu den Geräuschen der Großstadt, doch das Gebet, dass der Bettelmönch nach meiner Spende murmelt, wird schon wieder vom Lärm der Menschen übertönt.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_02u5ypi.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_02u5ypi.jpg)

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(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_040uaic.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_040uaic.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_07shbnq.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_07shbnq.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_06yglto.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_06yglto.jpg)

Da jeder aus der Truppe alleine losgezogen ist, wandere ich nach einer Stunde zum verabredeten Treffpunkt. Dort steht eine bunt gemischte Gruppe von Japanerinnen und Japanern, die alle Kimonos tragen. Später stellt sich durch ein Gespräch unserer Reiseleiterin mit den Damen und Herren heraus, dass sich die Mitglieder dieser Gruppe gerne verkleiden. Sie treffen sich in diesem Outfit dann regelmäßig in der Ginza, um sich von jedem fotografieren zu lassen, der das möchte. Klar, dass ich diesem Angebot nicht widerstehen kann.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_08xhlex.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_08xhlex.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/08_tokyo_ginza_090dahg.jpg) (http://abload.de/image.php?img=08_tokyo_ginza_090dahg.jpg)

Und dann geht es wieder in die Tiefen der U-Bahn, um beim Ameyayokcho-Markt wieder ans Licht zu steigen. Diese enge Gasse war nach dem zweiten Weltkrieg ein Schwarzmarkt.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_ame_05pbaet.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_ame_05pbaet.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_ame_039zags.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_ame_039zags.jpg)

Heute präsentiert sich der Fisch- und  Gemüsemarkt als quirliges Einkaufsterrain, das alles bis hin zu Elektronik-Kleinteilen im Programm hat.  Die Marktschreier der Lebensmittelstände brüllen die neusten Angebote ins Getümmel, als ginge es um ihr Leben, wendeln mit ihren riesigen Preisschildern, um die Wette, um die Aufmerksamkeit vorbeiströmenden Kunden zu erhaschen. Gerät man zwischen zwei konkurrierende Schreihälse, ist ein Gehörschaden nicht ausgeschlossen.

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Über allem schweben die Gerüche der Garküchen am Ende der Sträßchens und im Hundeladen, eingequetscht zwischen dem Fischstand und einem Minilädchen für Computerspiele, macht der Tierhändler sehr gute Geschäfte, wenn er einen Welpen für 339.000 Yen (etwa 2.480 Euro) verkauft.

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Mit dem Besuch dieses Shopping-Infernos findet das heutige Besichtigungsprogramm seinen Abschluss. Einige unserer Truppe haben noch nicht genug und gehen weiter auf Entdeckunsgtour. Ich schaue ihnen frustiert hinterher, denn ich spüre von der ungewohnten Herumlauferei jedem Muskel. Unsere Gruppe löst sich auf und ich fahre mit der U-Bahn alleine zurück ins Hotel. Etwas schläfrig träume ich in davon, mir einfach ein Son Goku-Kostüm überzustreifen. Wer weiß, es würde vielleicht den Saiyan in mir wecken und die verbraucht Energie in Form eines Kamehamehas zurückbringen.
Im Hotel angekommen, verwerfe ich den Gedanken und gönne mir stattdessen ein leckeres Sushi aus dem Combini und ein heißes Wannenbad.
Eine Besonderheit der Reise ist das leichte Handgepäck oder kleine Rollenkoffer,  mit denen wir unterwegs sein werden. Bei all den Treppen und langen Wegen in den U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen wäre großes Gepäck sehr hinderlich. Und selbst in der japanischen U-Bahnen, Bussen und Zügen ist meist nur sehr wenig Stauraum vorhanden. Auch wird es in öffentlichen Verkehrsmitteln in Japan nicht gerne gesehen, wenn Touristengruppen mit großem Gepäck die Gänge und Sitzplätze blockieren. Deshalb wird unser Hauptgepäck durch einen Transportservice separat zu verschiedenen Unterkünften der Reise geschickt. Etwa alle vier Tage sehen wir unser Gepäck wieder und können die leichten, kleineren Koffer oder Reisetaschen wieder mit dem auffüllen, was wir für die nächsten Tage brauchen werden. Nach dem entspannenden Bad packe ich also die Tasche für Aoki, einem Dorf bei Ueda, wo wir zwei Tage lang eine edle, ehrwürdige Herberge mit einer Schwefelquelle und echt japanischen Zimmern besuchen werden. Wenn man dort auch noch richtig gut essen kann, dann sprechen die Japaner von einem Ryokan.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 26. September 2015, 13:05:53
Wahnsinn, diese Menschenmengen in den teilweise engen Gassen. Kein Wunder, dass man sich da schnell erschlagen fühlt. Aber dennoch ein Erlebnis, denke ich mir.
Titel: Japan mittendrin: Waschorgien, Kirschkerne und Sake
Beitrag von: Lidschlag am 29. September 2015, 20:28:26
Am nächsten Morgen bringt uns der Shinkansen nach Ueda. Die Shinkansengleise des Bahnhofs in Tokyo dürften der Himmel für Eisenbahnfans sein, denn die Shinkansen laufen fast alle zehn Minuten ein.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_shinkansen_0zkszi.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_shinkansen_0zkszi.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_shinkansen_0i0s63.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_shinkansen_0i0s63.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_shinkansen_0z0se1.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_shinkansen_0z0se1.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_shinkansen_0n3shc.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_shinkansen_0n3shc.jpg)

Bald fährt auch unser Shinkansen vor und wir steigen ein. Zuvor habe ich mir im Bahnhof eine Bentobox gekauft. Das ist eine kalte Mahlzeit in einer Holzbox, die meistens Reis und kleine Happen enthält. Gar nicht so selten sind diese Appetithäppchen Spezialitäten der jeweiligen Region. Die Ursprünge der japanischen Lunchboxen können bis ins 12. Jahrhundert nach Christus zurückverfolgt werden. Traditionell war so eine Holzschachtel mit Reis, Fisch und Seetang gefüllt. Manchmal wurden diese Zwischenmalzeiten einfach in Bambusblätter eingewickelt. Beliebt waren sie auch als Imbiss in den Pausen von No- und Kabukitheater. Um 1950 drohte die Bentobox aus dem japanischen Alltag zu verschwinden, weil selbst in den Schulen Kantinenessen aufkam. 1980 erlebte das Bento jedoch eine Renaissance, als es wieder in kleinen Tante-Emma-Läden in billigeren Styroporschachteln angeboten wurde. Heute kann man wieder Bentos in jedem Bahnhof und Flughafen in den verschiedensten Preisklassen und Zusammenstellungen kaufen. Die Verwendung von Bentoboxen ist wieder so tief im täglichen Gebrauch verwurzelt, dass selbst die Helden aktueller Animes nicht mehr ohne Bentobox auskommen.
Ich schaue aus dem Fenster des Zuges. Tokyo rauscht an mir vorbei und irgendwann lässt der Shinaksen die Stadt hinter sich. Auf der Fahrt verspeise ich nun mein erstes Bento mit einem grünen Tee mit Zitronengeschmack und stelle so ganz nebenbei fest, dass der Shinkansen eine wunderbare Beinfreiheit beim Sitzen und  Strom für meinen Laptop bietet.


(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_tokyo_shinkansen_0elsr5.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_tokyo_shinkansen_0elsr5.jpg)

In Ueda wartet der kleine Hotelbus und bringt uns in einer halben Stunde in die Berge nach Aoki. Wir werden schon im Hof unseres Ryjokans mit einem Blütenrausch empfangen, denn die Azaleen stehen in der Hochblüte. In der Vorhalle heißt es für alle Schuhe aus und die Einheitshausschuhe anziehen, die niemandem so recht passen wollen. Ich  frage mich, was es mit einem langen hölzernen Stab auf sich hat, der da herumsteht. Als unsere Reiseleiterin das Ding verwendet, finde ich das Teil dann auch sehr praktisch. Es ist ein Schuhlöffel, den man im Stehen benutzen kann.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/10_01_ueda_aoki31jfz.jpg) (http://abload.de/image.php?img=10_01_ueda_aoki31jfz.jpg)

Die Straßenschuhe bleiben an der Rezeption in ordentlichen Reihen zurück. Gespannt auf unserer Zimmer schlurfen  wir in den zu kleinen Pantoffeln durch knarrende Holzflure und steigen über für Europäer ungewohnt steile Treppen.
Mein Zimmer ist das, was ich mir unter japanischer Wohnkultur vorstellen. Es hat einen Vorraum, wo man die Hausschuhe zurücklässt. Nur in Strümpfen oder barfuß dürfen die Tatami-Matten im Wohnraum betreten werden. Man sitzt auf dem Boden und es gibt einen Stuhl ohne Beine, aber mit Rückenlehne, der sich als sehr bequem erweist.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/10_03_ueda_aokiujk8g.jpg) (http://abload.de/image.php?img=10_03_ueda_aokiujk8g.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/10_02_ueda_aoki1ajzy.jpg) (http://abload.de/image.php?img=10_02_ueda_aoki1ajzy.jpg)



Und wenn ich die Fenstertüren der Veranda aufschiebe, genieße ich ein Azaleenblütenmeer. Nur der weiße Azaleenbusch vor meinem Zimmer lässt sich noch ein bisschen Zeit. Auf dem Tisch steht ein Tablett mit ein Teeservice und eine kleine Süßigkeit. Bald habe ich auch die Thermoskanne mit dem heißen Wasser entdeckt. Ich setzte mich auf meine Veranda, schiebe die Fenstertüren auf und genieße den Azaleenrausch bei frischer Luft, einer Tasse grünen Tee und leiser Musik von meinem Laptop.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/10_07_ueda_aoki52jbt.jpg) (http://abload.de/image.php?img=10_07_ueda_aoki52jbt.jpg)

Zwei Stunden später lege ich zum ersten mal eine Yukata an. Zieht man bei uns in Europa einen Hausanzug an, dann greifen die Japaner zu einer knie- bis bodenlangen Kutte, die von einem Stoffgürtel zusammengehalten wird. So angekleidet stolpere ich in den Hausschlappen in Richtung Onsen, dem kleinen Badebecken, im Garten, das von schwefelhaltigen Wasser gespeist wird. Hier in Ueda sprudelt es aus dreihundert Meter Tiefe an die Oberfläche. Auch vor der Tür des Onsen heißt es wieder Schlappen aus und diese am Eingang zurücklassen, weil der Vorraum des Bades mit Tatami-Matten ausgelegt ist. Hier zieht man sich völlig aus und lässt alles außer einem putzlappengroßen Waschlappen in Bastkörben zurück. Im Onsen badet man in Japan nackt. Hier sollte man erwähnen, dass heutzutage die Männer und Frauen diesem Vergnügen in den meisten Onsen getrennt nachgehen. Bevor Japan in den Einflussbereich westlicher Moralvorstellungen geriet, war es aber üblich, dass beide Geschlechter gemeinsam badeten. Aus dieser Sicht waren die Onsen wohl die Heiratsmärkte des alten Japan.
Wenn man den Onsen betritt, muss man sich erst mal ordentlich waschen. Auf kleinen Plastikhocker sitzend wird jedes Körperteil bis in die letzten Ritzen eingeseift und mit dem mitgebrachten Lappen von Kopf bis Fuß geschrubbt und gewienert. Zwischendurch füllt man kleine Plastikkübel mit Hilfe einer Handbrause mit warmem Wasser und schüttelt es  sich über den Kopf, um Schaum und Dreck wegzuspülen, ehe ein neuer Waschgang beginnt. Nach ein paar Waschorgien darf man dann hinaus ins Freie und den jetzt vom Schrubben schon fast keimfreien Körper ins warme Wasser des von kleinen Felsen umrahmten Onsen tauchen. Eigentlich habe ich erwartet, dass das Wasser und nachher ich selber stark nach Schwefel riechen. Aber dem ist nicht so. Vielmehr fühlt sich die Haut glatter an. Aber leider steige ich rot wie ein Krebs aus dem Becken, weil während meines zwanzig Minuten langen Bades im Felsenpool die Sonne schien und ich sehr empfindliche Haut habe. Trotzdem hat das Bad auch einen Nebeneffekt: ich lerne die Frauen meiner Reisetruppe näher kennen, weil wir alle zusammen im Felsenpool sitzen und uns unterhalten.


Das Onsenbecken bei Nacht:

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Langsam wird es Zeit für das Abendessen. In die Yukata gehüllt und mit den Schlappen an der Füßen mache ich mich auf dem Weg. Unsere Reiseleiterin hat uns versprochen, dass das Essen hier sehr gut sein wird. Ich hoffe, die Küche des Hauses kann dieses Versprechen halten. Ich werde das erste Kaiseki meines Lebens genießen.
Auf dem Weg in den dafür hergerichteten Speisezimmer verlaufe ich mich in den Korridoren und folge schließlich meiner Nase, die mich zur Küche führt. In dem riesigen Raum tummeln sich nur Frauen. Sie schnippeln, zupfen, backen, garen, braten, frittieren, garnieren. Eine Heerschar von Schälchen, Tellerchen und Schüsselchen wird unter ihren fleißigen Händen befüllt und trotzdem bleibt Zeit mich mit einem freundlichen Nicken zu bedenken. Ich grüße mit einem Lächeln und  einem »Oishīdesu«, was »das ist lecker« bedeutet, zurück.
Eine ältere Dame zupft mich am Ärmel und fordert mich mit einer Handbewegung auf ihr zu folgen. Sie liefert mich vor der Tür des Speisezimmers ab, wo ich die Schlappen zurücklasse. 

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Kaiseki, das ist die kreative Küche Japans, für die von Genießern viel Geld bezahlt wird. Es werden nur frische, der Jahreszeit entsprechende Zutaten verarbeitet. Bei der Zubereitung ist wichtig, dass der Eigengeschmack der Gerichte hervorgehoben wird. Und manchmal folgt das gesamte Menü einem bestimmten jahreszeitlich Thema.
Die ursprünglich von Zen-Mönchen zelebrierte und rein vegetarische Küche konzentriert sich heute auch auf Fisch und Fleisch. Mit viel Fantasie, Detailverliebtheit und in Einklang mit dem verwendeten Geschirr werden die Happen mit Zutaten aus der Natur wie etwa Blüten garniert oder als kleine Köstlichkeiten in Bambuskörbchen und auf Blättern serviert. Aber in unserem Ryokan wird auf Porzellan und Keramik angerichtet. Für jeden Gast stehen zusätzlich eine Flasche Bier und eine kleiner Krug warmer Sake auf dem Tisch.

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Nahaufnahme des Fischs, der so schmal wie mein kleiner Finger ist und auf der grünen Schale am Tischrand liegt:

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Es schmeckt einfach köstlich, ja kaiserlich. Nach dieser Gaumenfreude schlurfe ich etwas beschwipst in den Hausschlappen, die immer noch nicht an meine Füße passen wollen, zurück in mein Zimmer, wo schon das Bett auf den Tatamimatten ausgelegt ist. Das Kopfkissen ist diesmal mit Kirschkernen  gefüllt. Es passt sich zwar meiner Kopfform an, aber die Kerne reiben bei jeder meiner Bewegungen aneinander. Irgendwann habe ich mich das seltsame Reibegeräusche gewöhnt und ich schlafe in dieser Nacht ausgesprochen gut. Ob das dem Sake oder den Kirschkernen zu verdanken ist?
Der nächste Morgen fängt mit dem an, was die Köchinnen wohl für ein europäisches Frühstück halten: Rührei, ein kleiner Salat, Toast mit Butter, Marmelade, Kaffee und Tee.
Auf anderen Tischen im Frühstücksraum ist japanisches Frühstück eingedeckt und das sieht schon viel interessanter aus als mein Frühstück, zumal ich Marmelade nicht mag. Ich könnte mir aber vorstellen, dass ein rohes Ei, das man unter den warmen Reis mischt, nicht jedermanns Sache ist.
Nach dem Frühstück ist eine Wanderung in die Berge angesagt. Ich klinke mich aber aus, weil ich das Gefühl habe noch nicht akklimatisiert zu sein. Ich bin heute morgen sehr kurzatmig und mir ist etwas schwindelig. Also gehe ich es langsam an und suche mir schöne Fotomotive in dem kleinen, sehr ruhigen Dorf. Interessant finde ich, dass die Japaner bei aller Kontrolle über die Natur, die sich gerne in ihrer Gartengestaltung ausdrückt, in bestimmten Fällen der Natur ihren Lauf lassen und dafür sogar Zäune zersägen.

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Nach ein paar Schritten durch eine Straße mit alter Architektur finde ich den kleinen Dorftempel am Hang. Auf dem Rückweg fallen mir die Kanaldeckel ins Auge, auf denen ein Strauß Iris abgebildet ist, wohl ein Logo, das die Region repräsentieren soll.

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Ich wandere eine Bergstraße entlang, weil ich dort oben Bambus gesehen habe. Ich wollte schon immer mal unter dem baumhohem Bambus stehen, den man  öfter in asiatischen Filmen sieht. Eine halbe Stunde später finde ich mich unter langen, wohl drei Meter hohen Bambuswedeln wieder. Ich komme mir vor wie eine Feldmaus inmitten eines gigantischen Grasdschungels. Der Blick nach oben ist ein Puzzle aus Himmelsblau und Grüntönen. Sonnenstrahlen fallen durch das Blättergewirr, der langen schmalen Blätter und malen Tuschgemälde auf den Boden.  Die eleganten, schlanken Bambusstangen knarren und schaukeln bei jedem Luftzug, während die Blätter leise dazu flüstern. An diese Natursymphonie könnte ich mich gewöhnen. Doch der Bambuswald ist nicht ungefährlich. Die Anwohner haben einige der Stangen abgehauen und als Stützen für die Stangenbohnen im Gemüsegarten nebenan verwendet. Andere Bambusstiele hat wohl ein Sturm kurz über dem Boden abgebrochen. Man muss aufpassen, wo man hintritt, um sich nicht an den rasiermesserscharfen Kanten der abgebrochenen Bambusstümpfe die Waden und Knöchel zu verletzten. Wie ein Kranich stakse ich vorsichtig wieder zurück ins Sonnenlicht.

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Auf dem Rückweg zum Ryokan finde ich verwilderte Iris am Wegesrand, genau die, die auf den Kanaldeckeln abgebildet sind. Ein paar von ihnen pflücke ich und stelle sie später in einer Vase auf meine Veranda.

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Der restliche Tag ist dem wunderbaren Ausblick in den blühenden Azaleengarten, dem Schreiben dieses Reiseberichtes und einem weiteren Onsenbesuch gewidmet.

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An diesem  Nachmittag sitze ich bei der Schrubb-Orgie vor dem Bad neben einer älteren, japanischen Dame, die mir ungeniert über den Kopf streicht und lächelnd zu mir »kilin« sagt. Wie ich später von der Reiseleiterin erfahre, heißt das »hübsch« auf japanisch. Die alte Dame hat sich für meine grauen Haare interessiert, die in meinem ansonsten dunkelbraunen Haarschopf mit Henna gefärbt als rotgoldene Strähnen leuchten.
Nach dem Bad ist wieder dieses wunderbare Essen angesagt, das mit soviel Liebe zum Detail gezaubert wird. Das Schüsselchenheer wartet mit ein neue optische und geschmackliche Überraschung. Und es gibt auch nicht das gleiche wie gestern. Da fotografiere ich doch gerne nochmal diese kulinarischen Schönheiten.

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Nach dem Festmahl heißt es dann auch schon wieder packen, denn am nächsten Morgen geht es weiter nach Kanazawa. Für unseren Aufenthalt dort ist Regenwetter angesagt. Kurz vorm Einschlafen frage ich mich noch, ob wohl meine Schuhe in den nächsten zwei Tage trocken bleiben, denn Ersatz für nasse Schuhe habe ich nicht im kleinen Gepäck.
Die Herren unserer Truppe sitzen am nächsten Morgen alle etwas schweigsam im Bus, was kein Wunder ist. Wie sich herausstellt, gab es gestern noch eine feuchtfröhliches Treffen, bei dem die ungeöffneten Bierflaschen und der Sake, die gestern nach dem Essen übrig blieben, noch »vernichtet« wurden. Und das waren nicht wenige.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 29. September 2015, 22:52:47
Wie im Paradies!

Ich hätte es allerdings mit den Mönchen gehalten und mich vegetarisch ernährt  ;) Dafür hätte ich dann vielleicht beim Vernichten von Sake und Bier geholfen...
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 29. September 2015, 23:41:45
Ja das erinnert mich sehr an unsere Japanreise! Wir haben auch immer Bentoboxen am Bahnhof gekauft, lecker!
Und wir waren auch 2 Nächte in so einem tollen Ryokan in den Bergen, das Abendessen war ein Augen- und Gaumenschmaus, nur mit dem Wetter hatten wir dort Pech, es hat den ganzen Tag geregnet.
War der Rest der Gruppe wandern?
Ich finde bis jetzt eure Tour sehr gelungen, den Veranstalter merke ich mir.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Ilona am 30. September 2015, 08:33:44
Das sind wunderbare Eindrücke, die du uns lieferst  :beifall:.

Ich bezweifle aber, dass mein Rücken das Sitzen und Liegen auf dem Boden mitmachen würde  :(.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 01. Oktober 2015, 00:29:07
@Andrea
Ja, wie im Paradies habe ich mich auch gefühlt. Diese zwei Tage waren das ideale Mittel gegen den Jetlag.
Vegetarisches Kaiseki gbe es auf der Reise auch mal.
Was die »Vernichtung« von Bier und Sake betrifft, war der Alkoholgehalt nicht zu verachten.
Der Sake hatte im Schnitt zwischen 15-20% Alkohol, das Bier zwischen 8-12%.

@Paula
Bento könnte es bei mir jedenTag geben. Seit ich in Japan war, bin ich süchtig danach und kriege keins mehr. ARGH!!!
Der Rest der Truppe war wandern. Da ich manchmal Probleme mit der Luft habe, die Wanderung mit ziemlichen Steigungen verbunden und die restliche Truppe sehr gut und schnell zu Fuß war, habe ich mein eigenes Progrmam gefahren. Die anderen sind dann vier Stunden unterwegs gewesen.

@Ilona
Danke für das Lob! :thumb:
Ich habe es selbst nicht geglaubt, aber die beinlosen Stühle waren sehr bequem.
Die Japaner haben ja lebenslange Übung im ständgen Aufstehen und Hinsetzen. Da macht der Rücken das dann aus Gewohnheit mit.
Sie tun es sogar in einer speziellen Weise. Das kann man in den Samuriafilem sehen, wenn man genau hinguckt. Sie »wippen« sich mit einer bestimmten Schwungtechnik hoch. Allerdings kann ich das nicht. Auf den Fersen sitzen, wie es die Japaner tun, geht bei mir technisch auch nicht.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 10. Oktober 2015, 21:54:42
Ich muss mich dafür entschuldigen, dass es nicht mit dem Bericht weitergeht.
Ich bin bis zur Halskrause mit Arbeit eingedeckt und habe nicht mal Zeit die anderen Reisebericht zu lesen.
Habt Geduld mit mir!
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 10. Oktober 2015, 23:27:34
Nur langsam, wir sind ja im Urlaub und nicht auf der Flucht  :)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 11. Oktober 2015, 01:23:53
Wir sind geduldig, Steffi, wenn wir nur wissen, dass es dir gut geht. Und viel Arbeit bedeutet hoffentlich auch, dass das Reiseschwein bald wieder prall gefüllt ist.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: janine am 13. Oktober 2015, 18:22:45
Hallo.
Wir wollen nächstes Jahr gerne eine Reise nach Japan machen. Haben aber noch keinen passenden Veranstalter gefunden. Wie heißt denn Dein Reiseveranstalter? Das klingt sehr gut was Du bisher beschrieben hast.
Titel: Japan mittendrin: Ein verregneter Tag in Kanazawa
Beitrag von: Lidschlag am 20. Oktober 2015, 16:39:39
Mit dem Hotelbus fahren wir nach Ueda, wo uns der Shinkansen nach Nagano bringt. Dort müssen wir umsteigen, um nach Kanazawa zu kommen. Obwohl wir uns beim Umsteigen beeilt haben, schaffen wir es grade noch den Anschluss-Shinkansen zu erwischen. In Kanazawa steigen wir in den öffentlichen Bus. Es ist Mittagszeit und die Busse sind vollgepackt mit Leuten, die einkaufen oder Schülern, die schon wieder nach Hause fahren. Wir zwängen uns trotzdem in einen der vollbesetzten Busse. Es wird eng und selbst mit unserem leichten Reisegepäck verstopfen wir noch den Mittelgang. Neugierig werden wir von ein paar Schulmädchen in Sailormoon-Uniformen beäugt, die dabei flüstern und  kichern. Ein Mädchen fasst Mut und spricht uns auf Englisch an. Drei Haltestellen weiter steigen wir aus und die Schülerinnen trauen sich uns aus dem Rückfenster des Busses hinterherzuwinken.
Nach dem Einchecken im Hotel wollen wir gleich unser heutiges Programm abspulen. Doch als wir vors Hotel treten, beginnt es zu regnen. Ich probiere meinen Billig-Knirps aus, den ich beinahe beim Packen zuhause vergessen hätte. Das Teil hat grade mal 12 Euro gekostet, ist ein bisschen wackelig, tut aber brav seinen Dienst.
Unter aufgespannten Regenschirmen beschießen wir erst einmal essen zu gehen. Im Kaufhaus gegenüber befindet sich im obersten Stock ein Restaurant.
Wir überqueren die Straße und machen am Eingang des Kaufhauses Bekanntschaft mit dem praktischen Denken der Japaner. Hier gibt es längliche, schmale Wegwerf-Plastikhüllen, in die man den regennassen Schirm stecken kann. So tropft er nicht, der Boden des Kaufhauses, die Waren und der Kunde selbst bleiben trocken.

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Mein Mittagessen im Kaufhaus

Nach dem Essen regnet es immer noch. Trotzdem  geht es weiter zu eine kleinen Straße, in der sich noch alte Bausubstanz aus der Edozeit erhalten hat. Diese Straße könnte man sich gut als Kulisse für einen Samuraifilm vorstellen. Tatsächlich haben in den von hohen Holzmauern umgebenen kleinen Villen Samurai gewohnt. Alte Kiefern lugen über die Zäune. Geschwungene Dächer mit schwarzen Keramikziegeln, die regennass glänzen, ragen in den Himmel. Sie regen die Fantasie an und man malt sich aus, wie wohl der Garten und das Innere der Häuser gestalten sein mögen.

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Es tröpfelt munter weiter. Aber nach ein paar Schritten sind wir im Trockenen. Wir besichtigen die kleine Samuraivilla Nomura. Nachdem wir unsere Schuhe ausgezogen haben, tappen wir nun auf Strümpfen durchs Haus. Es hat einen wunderschönen, kleinen Garten, der jetzt bei Regen verwunschen wirkt. Überall glitzern Regentropfen im Laub der Büsche und von der überdachten Veranda aus kann man große Koi beim Schwimmen in einem Teich zusehen. Im hinteren Teil des Gartens blühen Azaleen weiß und rosa, während neben einer großen Steinlaterne ein Wasserfall plätschert. Manche von uns sitzen einfach nur da und lassen sich von diesen Augen- und Ohrenschmaus verzaubern, während sich andere die Ausstellung im hinteren Teil des Hauses ansehen oder sich im oberen Stockwerk für 300 Yen eine Schale frischen Machatee servieren lassen.


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Der Hausaltar

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Gulliedeckel-Design auf japanisch

Danach regnet es immer noch, doch das bringt uns nicht aus dem Takt. Ein paar Meter und schon sind wir beim nächsten Besichtigungspunkt. Hier stehen noch zwei Wirtschaftsgebäude des Samuraihauses Takada mitten in einem schön angelegten kleinen Garten.

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Schulausflügler, die uns in Kanazawa überall begegneten

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Die kleine Gartennanlage des Hauses Takada

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Ein Dachgiebel des Hauses Takada im Regen

Der Gebäudekomplex ist schnell besichtig und so zieht unsere »Schirmtruppe« weiter zum Ashigaru-Museum. Hier kann man sich Häuser ansehen, in denen die niedrigsten Samurai wohnten. Für heutige Verhältnisse sind die Räume sehr klein, wenn man bedenkt, dass in einem Raum mehr als vier Menschen untergebracht waren. Doch es ist alles da, was man zum Leben braucht. Man kann einen Blick in die Küche und das Schlafzimmer werfen, genauso wie in das stille Örtchen, das nicht mit einem hochgewachsenen Europäer kompatibel ist.
Draußen auf der Straße sehe ich, dass die Japaner auch Müll trennen. In einem großen Müllcontainer liegen nur Getränkedosen und Flaschenverschlüsse. Für mich ist die bunte Dosenwelt auf jeden Fall ein Fotomotiv.

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Nach dieser Besichtigung steuern wir unseren letzten Programmpunkt für heute an, den Ournicho Ichiba Fischmarkt. In der überdachten Arkade ist manches Meeresgetier so frisch, dass es noch zuckt. Krabben, Riesengarnelen, Krebse, Oktopus, unterschiedlichste Fischarten, Seeigel, Austern, Muscheln, alles liegt appetitlich angeordnet auf Eis. Nebenan gibt es Gemüse. Bambusprossen, die so riesig sind als wären es die Zähne einer ausgestorbenen Dinosaurierart, liegen neben Wasabi, jungen Farnwedeln und grünem Spargel.

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Essbarer Farn

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Bambussprossen, so groß wie Dinozähne

Einzel eingepacktes Obst ist so lecker präsentiert, dass man am liebsten gleich hineinbeißen möchte. Aber bei den Preisen lasse ich es lieber mal liegen und beiße in zwei Wochen in einen Apfel zu hause.
Die Gruppe zerstreut sich nun, denn das war für heute der letzte Programmpunkt. Morgen beim Frühstück werden wir erfahren, wer was am Abend noch unternommen und erlebt hat.
Eigentlich wollte ich in der kleinen Gasse mit den Samuraihäusern noch ein paar Nachtaufnahmen machen, doch es regnet nun wirklich heftig. Der Wetterbericht hat für morgen besseres Wetter vorhergesagt. Es scheint, dass ich dann gute Voraussetzungen für Nachtaufnahmen habe. Allerdings soll es auch sehr windig werden.
Also schreibe diesen Reisebericht, sortiere meine Bilder, kaufe mir im Combini nebenan ein Gemüsesushi und Salat und beschließe damit den Tag.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 20. Oktober 2015, 20:51:29
Irgendwie haben wir es in Japan nicht auf solch einen Markt geschafft, schade, denn das sieht sehr interessant aus! Kann man Farn eigentlich essen? Ich kann mich nicht erinnern Farn im Essen gesehen zu haben.
Schulklassen sind uns auch viele begegnet, aber sie haben uns nie angesprochen.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 20. Oktober 2015, 21:42:07
Hallo Paula

Schulklassen sind uns auch viele begegnet, aber sie haben uns nie angesprochen.

Ward ihr auch im Mai in Japan? Der Mai ist in Japan der Schulausflugsmonat.
Meistens wird dann irgendwas besichtigt. Manche Klassen haben während das Schulausflugs Aufgaben, z.B. Touristen auf Englisch zu interviewen. Ein paar Interviews habe ich gegeben. Manchmal waren die Lehrer dabei, um den schüchternen Englischversuchen etwas nachzuhelfen.



Kann man Farn eigentlich essen? Ich kann mich nicht erinnern Farn im Essen gesehen zu haben.
Es kommt drauf an, ob ihr in Japan Kaiseki gegessen habt. Dort wird er verwendet.
Und ja, es gibt Farnarten, die essbar sind.
Unseren europäischen Adlerfarn würde ich aber nicht probieren. Der ist giftig und hilft als Bodenbelag oder Matrazenfüllung nur äußerlich….gegen Flöhe und anderes Ungeziefer.
Soweit ich informiert bin, kennt man im asiatischen pazifischen Raum sechs essbare Farnarten. Wer sich nicht sicher ist, ob sein gefundener Farn essbar ist, steckt ihn sich unter die Achselhöhle. Wenn die Achselhöhle nach eine halben Stunde gerötet ist oder sogar juckt, dann ist er giftig...sagt ein Maorikoch, der auf Wildnisküche spezialisiert ist.  8)

Und hier nochmal eines meiner Bilder aus Ueda. Der Farn hat ein wenig nach Kartoffel geschmeckt und war sehr angenehm zu kauen. Vorher wurde er gedünstet.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/10_16_ueda_aokiytj4n.jpg) (http://abload.de/image.php?img=10_16_ueda_aokiytj4n.jpg)

Das gelbe Teil ist Bambus. Die Teigscheibe rechts ist mit Spinat gefüllt, das magentafarbene Zeug ist Fischroggen, das dunkelgrüne Gedöns ist Seetang und darauf liegt eine eingerollte, junge Farnspitze.

Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Michael am 21. Oktober 2015, 20:22:13
Mensch Steffi, was für ein toller Bericht!  :) :tumb:

Super informativ und klasse Bilder dabei. Wenn das die Grundlage für Dein eBook wird, dann wird das ein Hit! ;-)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Flicka am 21. Oktober 2015, 21:12:41

Wir überqueren die Straße und machen am Eingang des Kaufhauses Bekanntschaft mit dem praktischen Denken der Japaner. Hier gibt es längliche, schmale Wegwerf-Plastikhüllen, in die man den regennassen Schirm stecken kann. So tropft er nicht, der Boden des Kaufhauses, die Waren und der Kunde selbst bleiben trocken.


Ich fand es in Japan erstaunlich, dass fast alle Leute Stockschirme haben. Den handlichen Knirps, den man in der Tasche verstauen kann, scheint es dort kaum zu geben. Aber die Regenhüllen in den Läden fand ich auch sehr praktisch.

In welchem Hotel seid ihr gewesen? Im Toyoko-Inn? Wenn ich so von dem Kaufhaus gegenüber lese, könnte es fast das Kaufhaus sein, in dem ich unten in der Lebensmittelabteilung so froh über das Baguette und den französischen Camembert war.

Jedenfalls ein sehr schöner Bericht und ein schöner Reisetag!  :) Ich hoffe, am nächsten Tag ist es trocken geblieben, da ging es doch sicher in den Kenrokuen?

Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 22. Oktober 2015, 16:36:03
Hallo Flicka

Ja, stimmt, ich habe in Japan auch fast nur Stockschirme gesehen. In Kanazawa wurde mein Möchtegern-Knirps auch einmal eingehend besichtigt…von einer Angestellten des Toyoko-Inn, in dem wir übernachteten und das schräg gegenüber eines Kaufhauses lag. Ich erinnere mich, dass unsere Reiseleiterin davon erzählte, dass es in der Lebensmittelabteilung des Kaufhauses auch französischen Käse und Baguette gibt.  :)
Was ich im oberen Stock des selben Kaufhauses gegessen habe, ist ja auf dem ersten Bild zu sehen.
Ich finde es schon ulkig, dass wir von einem Kaufhaus schreiben, das einen halben Erdball weit entfernt von Deutschland liegt.  ^-^

Und ja, als nächstens geht auch in den Kenrokuen. Trocken war es am nächsten Tag, aber….
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Paula am 22. Oktober 2015, 22:43:37

Schulklassen sind uns auch viele begegnet, aber sie haben uns nie angesprochen.

Ward ihr auch im Mai in Japan? Der Mai ist in Japan der Schulausflugsmonat.

nein, Wir waren im September unterwegs

Kann man Farn eigentlich essen? Ich kann mich nicht erinnern Farn im Essen gesehen zu haben.
Es kommt drauf an, ob ihr in Japan Kaiseki gegessen habt. Dort wird er verwendet.

[/quote]

Ich habe keine Ahnung wie das Essen hieß, das ich in Japan gegessen habe  :)
Das meiste von deinen Bildern habe ich wieder erkannt (Bambus z.B. Sehr lecker! ), aber Farn ist mir echt neu. Muss ich doch noch mal nach Japan fahren  :)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Susan am 23. Oktober 2015, 15:47:10
Bin jetzt auch wieder auf dem Laufenden  :) Interessant dieser Wechsel von Menschengewimmel zur Natur

Zitat
... das Kaufhaus sein, in dem ich unten in der Lebensmittelabteilung so froh über das Baguette und den französischen Camembert war.
Bin auch froh zu lesen, dass es sowas gibt.  ;) Das japanische Essen sieht zwar interessant aus, aber da ich Fisch, Meeresgetier und Co schlecht vertrage bzw. nur in kleinen Dosen essen darf wegen der Schilddrüse, hatte ich schon Befürchtungen dort ggfs am Hungertuch nagen zu müssen  ;)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 24. Oktober 2015, 23:37:45
Hallo Paula

Ich habe keine Ahnung wie das Essen hieß, das ich in Japan gegessen habe  :)

Kaiseki ist kein Gericht. Es ist eine moderne Stilrichtung des japanischen Kochens, die sich aus der Mönchsküche entwickelt hat.
Und ja, ich kann mich auch nicht an die Namen der japanischen Gerichte erinnern, die ich gegessen habe. ;D
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Silv am 25. Oktober 2015, 12:26:51
Ich muss mich dafür entschuldigen, dass es nicht mit dem Bericht weitergeht.
Ich bin bis zur Halskrause mit Arbeit eingedeckt und habe nicht mal Zeit die anderen Reisebericht zu lesen.
Habt Geduld mit mir!

Kein Problem, so konnte ich etwas aufholen. Also mir gefällt es in der Natur bzw. in diesen wunderschönen Gärten viel besser als in diesen Menschenmassen. Dieses Gewusel macht mich ganz nervös...
Titel: Japan mittendrin: Neue Spunte und alte Knacker
Beitrag von: Lidschlag am 12. November 2015, 19:19:18
Am nächste Morgen erwartet mich am Frühstücksbuffet erst einmal ein lange Schlange Chinesen. Das Serviceteam besteht aus drei rotbeschützten Frauen. Sie wirbeln in einer kleinen Küche unablässig Spüllappen und Handtuch, tauschen leere Büffetplatten durch volle aus und begrüßen dabei jeden Gast freundlich lächelnd und dreistimmig mit einer japanischen Litanei, die ich leider nicht verstehe. Die chinesische Reisegruppe aus vierzig Personen geht das Schlangestehen gemütlich an. Es dauert eine Viertelstunde, bis ich zu einer Schale Reis, eingelegtem Gemüse und einer Misosuppe komme. Einen Minipappbecher Kaffee und grünen Tee muss ich mir aus einem Automaten ziehen. An den Tischen zählt jeder Milimeter. Es ist hier einfach zu voll, damit jeder genügend Platz hätte. Muse kommt da nicht auf und so beeile ich mich mit dem Frühstück, um aus dem Gewühl zu entkommen.
Um halb neun beginnt das Gruppenprogramm und wir traben bei Sonnenschein und böigen Wind hinauf zur Kanazawaburg.

Blick auf Kanazawa vom Burghügel aus

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00787_kanazwa_schimrb2.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00787_kanazwa_schimrb2.jpg)

Erbaut wurde die Burg ab 1546 durch Maeda Toshiie, mehrfach niedergebrannt und jedes Mal wieder aufgebaut. Die heutige Burg wurde 2001 erneut aufgebaut und 2015 der Öffentlichkeit übergeben. Der Wiederaufbau der jetzigen Burg folgte der Idee alte Techniken nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und Handwerkern von heute die Möglichkeiten zu geben alte Techniken zu erlernen, zu praktizieren und weiterzugeben. Das Innere der Burg besteht komplett aus Ulmen-, Kiefer- und Zedernholz. Hier kann man erkennen, auf welch hohem Niveau die Baumeister und Zimmerleute alter Zeiten ihr Handwerk ausübten. Die tragenden Säulen sind nicht quadratisch sondern rautenförmig zugeschnitten, um Erdbeben auszubalancieren. Zum Aufbau der gesamten Holzkonstruktion wurde kein einziger Nagel verwendet. An kleinen Modellen kann man ausprobieren, ob man die Kunst des Zusammensetzens einer tragenden Balkenkonstruktion genauso beherrscht wie die alten Baumeister. Die hellen, in warmen Farben schimmernden  Holzböden dürfen nur mit Socken betreten werden. Und weil sie so schonend mit Socken »gebohnert« werden, glänzen sie, als befänden sie sich in einem Ballsaal.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00816_kanazwa_schvzp9t.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00816_kanazwa_schvzp9t.jpg)

Als wir durch die massiven Tore der Burg wieder hinausgehen, kommen, aufgezogen wie an einer Perlenschnur, die ersten Schulklassen, um die Burg zu besichtigen.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00822_kanazwa_schgbq22.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00822_kanazwa_schgbq22.jpg)


(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00834_kanazwa_sch3hp88.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00834_kanazwa_sch3hp88.jpg)


Wir gehen weiter zum Kenrokuen Garden, dort wo die oft fotografierte, spinnenbeinige Steinlaterne steht, vor der sich fast jeder fotografieren lassen will. Ich versuche sie ohne Personen abzulichten und es gelingt mir auch.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/igm_2983_kenrokuen_10poskl.jpg) (http://abload.de/image.php?img=igm_2983_kenrokuen_10poskl.jpg)

Leider sind die Voraussetzungen zum Fotografieren alles andere als ideal. Es ist elf Uhr morgens und die Sonne gleist von einem wolkenlosen Himmel.  Ich kann nur hoffen, dass ich die tiefen Schatten und ausgefressenen Lichter, die dieses Licht auf Bildern nach sich zieht, durch Bearbeitung auffangen kann.
Gleich neben der Laterne blühen grade die Sumpfiris an einem kleinen Bachlauf und weiter drüben sind die eigentlichen Attraktionen des Gartens zu finden, die uralten Baumgreise des Gartens, die alle wie riesige Bonsai wirken. Auch sonst bietet der Garten wunderschöne Aussichten.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/iarw_00879_kanazwa_ke4nsq9.jpg) (http://abload.de/image.php?img=iarw_00879_kanazwa_ke4nsq9.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/arw_00862_kanazwa_kenqbsul.jpg) (http://abload.de/image.php?img=arw_00862_kanazwa_kenqbsul.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/igm_3016_3018_1000_2065s6q.jpg) (http://abload.de/image.php?img=igm_3016_3018_1000_2065s6q.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/arw_00876_kanazwa_kenaystj.jpg) (http://abload.de/image.php?img=arw_00876_kanazwa_kenaystj.jpg)

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/igm_2988_kanazwa_kenrb1s44.jpg) (http://abload.de/image.php?img=igm_2988_kanazwa_kenrb1s44.jpg)


Ich wäre gerne länger in dieser wunderbaren Anlage geblieben, aber nach neunzig Minuten trifft sich die Gruppe wieder. Dann geht es weiter in ein Nudelrestaurant zum Mittagessen. Die Bedienung ist sehr bodenständig und ruft jede Bestellung lautstark in die Küche, packt beim Zusammenrichten der Suppentabletts für jede Bestellung selber mit an und schafft es dabei noch jedem Gast Wasser nachzuschenken. Als letzte bekomme ich meine Tempura mit Udonnudeln und halte die ganze Truppe auf, weil ich heißes Essen erst in lauwarmen Zustand herunter kriege.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00905_kanazwa_nudfusvz.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00905_kanazwa_nudfusvz.jpg)

Als wir vor die Tür treten, ist es sehr warm geworden, zu warm für mein Empfinden. Trotzdem machen wir uns auf den Weg zum Goldmuseum. Unterwegs bleibt einer unsere Truppe vor einem kleinen Ausstellungsfenster stehen, weil dort eine schwarze Teeschale zu sehen ist. Genauso hat er sich sein Mitbringsel aus Japan vorgestellt. Er verschwindet deshalb schnell mal im Geschäft, greift sich die Teeschale aus dem Schaufenster und stellt sie dem verblüfften Verkäufer auf die Theke. Da mein Mitreisender ein wenig Japanisch spricht, fragt er nach dem Preis und der Verkäufer antwortet ihm. Wir sehen nur, dass die Teeschale ganz vorsichtig und wie ein rohes Ei an ihren Platz im Schaufenster getragen wird. Mit einem Preis von über 100 000 Yen (etwa 745 Euro) wäre das dann ein etwas teureres Souvenir geworden. Bleibt zu erwähnen, dass in Kyoto doch noch eine bezahlbare Teeschale in passender Farbe auf unseren Mitreisenden wartete.
Unterwegs fallen uns noch die völlig anderen Dimensionen der japanischen Feuerwehr auf. Wo ein Europäer an ein brauchbares Wohnmobil denkt, sehen die Japaner noch ganz andere Möglichkeiten.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00910_kanazwa_100fes6t.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00910_kanazwa_100fes6t.jpg)

Der Weg führt weiter durch die Mittagshitze, über die Brücke in eine andere Gegend der Stadt. Im Goldmuseum angekommen, empfängt uns angenehme Kühle. Da Kanazawa noch heute als Blattgoldstadt bekannt ist, wird hier in einem Film erklärt wie Blattgold in Japan hergestellt wurde. Als es dunkel wird und der Film beginnt, lege ich in der hintersten Reihe die Beine hoch und genieße die von der Klimaanlage heruntergekühlte Luft. Leider währt das Vergnügen nicht lange und schon geht es in die Besichtigungsräume, die ich trotz meiner schmerzenden Beine sehr anschaulich gestaltet finde.

Der nächste Programmpunkt ist ein noch erhaltenes Geishahaus im Higshasi Kuruwa, dem Amüsierviertel der Edozeit. Eine Filmcrew filmt hier anscheinend Impressionen und ein Fotograf dirigiert ein Pärchen, das wunderschöne alte Kleidung trägt, vor eine Holzhauswand und versucht es zu fotografieren. Doch dann rennt er seinen aufgespannten Schirmen, die wohl als Requisten dienen sollen, nach, denn der Wind, der nun immer heftiger wird, hat sie fortgeblasen.

Kimono für die Dame, Hamaka für den Herrn
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Das zweistöckige Häuschen der Geishas ist zwischen anderen eingezwängt und es ist wenig Platz im Inneren. Man muss den Rucksack einschließen und darf nur mit einem kleinen Fotoapparat Aufnahmen machen.

Ein Innenbalkon des Geishashauses mit Blick in den Innenhof
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Der Garten im Innenhof
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Brunnen und Küche
Ganz hinten an der Falltür ein Geheimzugang für Samurai, denen der Besuch des Geishaviertels offiziell verboten war.
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Bitteum eine Spende, wem es gefallen hat
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Das war der letzte Programmpunkt für diesen Tag. Anscheinend haben viele Lust zum Einkaufen und verschwinden in den kleinen Geschäften der Straße, die sicher manches Schnäppchen zu bieten haben.

Der Kabelsalat im Geishaviertel
(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_00958_kanazwa_100fzsy4.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_00958_kanazwa_100fzsy4.jpg)


Doch ich mache mich auf den Heimweg, denn die Hitze macht mir zunehmend zu schaffen. Kurz vor Ankunft im Hotel legt der Wind so zu, dass ich bei manchen Böen stehen bleiben muss, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich rette mich in die überdachten Straßen des Fischmarktes, wo ich mir für meinen Abendessen etwas Sushi und einen Salat kaufe. Endlich im Hotel angekommen, bin ich so müde, dass ich meinen Plan, die Straße mit den Samuraivillen am Abend zu fotografieren, fallen lasse. Außerdem ist es draußen so windig, dass kein Stativ erschütterungsfrei stehen bleiben würde. Im Fernsehen läuft ein Sumoturnier.

Das Station mit dem Sumoring, der aus gestampftem Lehm besteht. Über dem Sumoring schwebt ein Dach, das einen Schrein darstellen soll.
Sumo ist eine Sportart, die ursprünglich zur Unterhaltung der Götter gedacht war.
(https://www.eumerika.de/abload.de/img/11_19_igm_2972_kanazwtls30.jpg) (http://abload.de/image.php?img=11_19_igm_2972_kanazwtls30.jpg)

Der Ring
(https://www.eumerika.de/abload.de/img/11_18_igm_2968_kanazwo6s2y.jpg) (http://abload.de/image.php?img=11_18_igm_2968_kanazwo6s2y.jpg)

Die Ringer begrüßen sich und Helfer reinigen den Ring von Reiskörnern, die vorher von den Ringern als Geste an die Götter geworfen wurden.
(https://www.eumerika.de/abload.de/img/11_20_igm_2973_kanazwjusq7.jpg) (http://abload.de/image.php?img=11_20_igm_2973_kanazwjusq7.jpg)


Der Schiedsrichter gibt das Zeichen zum Kampf
(https://www.eumerika.de/abload.de/img/11_21_igm_2978_kanazw9qs98.jpg) (http://abload.de/image.php?img=11_21_igm_2978_kanazw9qs98.jpg)


Ich gucke eine Weile zu, verspeise mein Sushi samt Salat und krieche um acht Uhr ins Bett. Erst morgens um Sechs wache ich durch den Weckruf, den ich an der Rezeption des Hotels bestellt habe, wieder auf. 
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: MisterB am 13. November 2015, 14:55:41
Bei dem ersten Bild vom Stadion mit dem schwebenden Dach mittendrin ist mir sofort James Bond - Der Mann mit dem goldenen Colt eingefallen. Da gibt's ne Szene mit fast genau dem gleichen Blick in so ein Sumo Stadion.

Gruß
Bernd
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 14. November 2015, 13:29:19
Bei dem ersten Bild vom Stadion mit dem schwebenden Dach mittendrin ist mir sofort James Bond - Der Mann mit dem goldenen Colt eingefallen. Da gibt's ne Szene mit fast genau dem gleichen Blick in so ein Sumo Stadion.
Gruß Bernd

Hallo Bernd

Interessant. Daran kann ich mich garnicht erinnern. Ich muss mir mal wieder die alten Bondfilme reinziehen.  :thumb:
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 01. Dezember 2015, 20:16:34
Die bisherigen Beiträge gibt es jetzt verkürzt in Blogform unter:

https://japanmittendrin.wordpress.com

Weitere Beiträge werde ich jetzt im Blog posten und den Link hier einstellen.
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 04. Dezember 2015, 22:15:34
Mein Blog »Japan • mittendrin« hat wieder einen neuen Beitrag.
Es geht weiter nach Osaka.

https://japanmittendrin.wordpress.com
Titel: Japan mittendrin • Kyoto Nijo Palast
Beitrag von: Lidschlag am 11. Dezember 2015, 12:27:48
Es gibt einen neuen Beitrag mit Fotos im Japanblog.
Diesmal geht es nach Kyoto in den Palast des Shogun, dem Nijo Palast.

https://japanmittendrin.wordpress.com
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Silvia am 11. Dezember 2015, 18:04:06
Hi Lidschlag, ich find's schade, das du die Beiträge hier nicht mehr reinstellst.  :(   Ich war zwar auch auf deiner blog-seite gewesen (madeira und japan), aber ehrlich gesagt liegt die mir überhaupt nicht. Ich bin einfach gestrickt und hab's gern übersichtlich.  Ich weiß, das die Berichte zusätzlich Arbeit machen und kann verstehen wenn du keine Zeit dafür hast, wollte nur meine Meinung dazu abgeben.
Titel: Japan mittendrin • Kyoto Botanischer Garten
Beitrag von: Lidschlag am 15. Dezember 2015, 17:12:57
Es steht ein neuer Beitrag im meinem Japanblog.
Es geht in den botanischen Garten in Kyoto.

https://japanmittendrin.wordpress.com
Titel: Japan mittendrin • Aoi Matsuri
Beitrag von: Lidschlag am 17. Dezember 2015, 15:56:05
Es gibt wieder einen neuen Blogbeitrag in meinem Japan-Blog.
Diesmal geht es zum Aoi Matsuri in Kyoto.

https://japanmittendrin.wordpress.com
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 04. Januar 2016, 07:33:39
Es gibt einen neuen Beitrag in meinem Japan-Blog.
Es steht ein Besuch des Nishiki-Markts mit seinem Tempel in Kyoto an.

Kyoto • Von Messern und Stieren
https://japanmittendrin.wordpress.com


Wasabipaste kennt jeder, der schon einmal Sushi gegessen hat. Unbearbeitete Wasabiwurzeln kann man auf dem Nishiki-Markt bewundern.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/16_dsc_01143_k_nishik8ts93.jpg) (http://abload.de/image.php?img=16_dsc_01143_k_nishik8ts93.jpg)
Titel: Japan mittendrin: Ashai-Bier und Häschen
Beitrag von: Lidschlag am 09. Januar 2016, 18:59:29
Es gibt Neues aus Kyoto auf meinem Japanblog.
Wir besuchen zwei Tempel, die in den Reiseführern selten erwähnt werden.

Ashai-Bier und Häschen

https://japanmittendrin.wordpress.com

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/18_dsc_01190_hschenteu7ypg.jpg) (http://abload.de/image.php?img=18_dsc_01190_hschenteu7ypg.jpg)
Titel: Japan mittendrin • Der Heianschrein
Beitrag von: Lidschlag am 17. Januar 2016, 18:25:22
Es steht wieder ein neuer Beitrag in meinem Japanblog.
Der Beitrag ist etwa kurz ausgefallen, da ich zur Zeit so einiges zu tun habe.

Wir besuchen in diesem Beitrag den Heian-Schrein in Kyoto.

https://japanmittendrin.wordpress.com

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/19_dsc_01320_heian_10sixrk.jpg) (http://abload.de/image.php?img=19_dsc_01320_heian_10sixrk.jpg)
Titel: Japan mittendrin • Fushimi Inari
Beitrag von: Lidschlag am 26. Januar 2016, 15:32:59
Es gibt einen neuen Beitrag in meinen Japan-Blog.
Diesmal besuche ich den Schreinberg des Fushim Inari, einem der ältesten Schreine Kyotos und bekannt durch seine roten Toritunnel.

https://japanmittendrin.wordpress.com

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/igm_3301_fushimi_10001optl.jpg) (http://abload.de/image.php?img=igm_3301_fushimi_10001optl.jpg)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 12. Februar 2016, 18:04:06
Es hat was, wenn man vor der Arbeitsflut noch einige Beiträge vorbereitet hat.
So kann ich trotz Arbeit bis über die Halskrause trotzdem ein bisschen was aus Kyoto in meinem Japanblog posten.
Diesmal geht es zum Goldenen Pavillon und zum Silberpavillon.

Gold und Silber
https://japanmittendrin.wordpress.com

Das Bild zeigt einen Pavillon des Gingakuji.   Gingakuji bedeutet »Silberner Pavillon.
Was es damit auf sich hat und wie dieser Pavillon mit der japanischen Teezeremonie verbunden ist, könnt ihr im Japanblog nachlesen.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/09_dsc_01279_kyoto_gid2y8e.jpg) (http://abload.de/image.php?img=09_dsc_01279_kyoto_gid2y8e.jpg)
Titel: Japan mittendrin • Am Philosophenweg
Beitrag von: Lidschlag am 06. März 2016, 15:43:46
Ein neuer Beitrag meines Japan-Blogs ist fertig.
Diesmal spazieren wir am Philosophenweg in Kyoto entlang und machen einen Abstecher in den Otojoschrein am Wegesrand.

Kyoto • Am Philosophenweg

https://japanmittendrin.wordpress.com

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_01308_kyoto_otojoqqjjd.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_01308_kyoto_otojoqqjjd.jpg)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 10. März 2016, 18:27:19
Ein neuer Beitrag steht in meinem Japanblog.
Ich statte dem Ort einen Besuch, ab, der Lebensglück in jeder Form verspricht, auch wenn heute ein Sprung aus 13 Metern Höhe verboten ist.

Kyoto • Geishas, Kitsch und Kiyomizu

https://japanmittendrin.wordpress.com

Zum Bild:
Ein »Winkekatzen«-Laden in der Einkaufsstraße zum Kiyomizu-Tempel. Der nach oben ausgestreckte Arm der Katze schaukelt hin und her und soll durch diese Bewegung Glück und Geld  »herbeischaufeln«.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/24_dsc_01373_kiyomizul5s8j.jpg) (http://abload.de/image.php?img=24_dsc_01373_kiyomizul5s8j.jpg)

Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 19. März 2016, 16:09:28
»Ich lerne nur (um) zufrieden zu sein«.
Dieser (doppeldeutige) Satz steht in vier japanischen Schriftzeichen
auf einem unscheinbaren Brunnen des Ryōan-ji, dem Tempel,
der über die Grenzen Japans hinaus durch seinen minimalistischen
Zen-Steingarten Berühmtheit erlangt hat.

Bilder und ein Text rund um den Ryōan-ji:

Kyoto • Grüner Zen
https://japanmittendrin.wordpress.com


(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_01464_kyoto_ryoan8tsi9.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_01464_kyoto_ryoan8tsi9.jpg)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 29. März 2016, 19:41:16
Ein neuer Beitrag steht in meinem Blog »Japan • mittendrin«.

https://japanmittendrin.wordpress.com

Es geht nach Nara, der Stadt in Japan, in der die Sikahirsche frei herumlaufen und das größte Holzgebäude der Welt steht.


(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_01666_nara_1000_2yyul7.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_01666_nara_1000_2yyul7.jpg)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 13. Dezember 2016, 17:44:45
Endlich komme ich wieder dazu meinen Japan Blog zu bedienen.
Ich hoffe, es besteht noch Interesse.

Ein neuer Beitrag steht in meinem Blog »Japan • mittendrin«.

https://japanmittendrin.wordpress.com

Es geht nach Osaka, Ich lade euch zu einem Spaziergang um das weiße Schloß des Feldherrn Toyotomi Hideyoshi ein.

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_01781_200_1000_osy9qiy.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_01781_200_1000_osy9qiy.jpg)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Andrea am 13. Dezember 2016, 21:43:07
Ich habe gerade am Wochenende an dich gedacht: Ob es dir gut geht, ob du viel Arbeit hast, wie Neuseeland war und und und... Dann gehe ich doch mal kurz nach Japan!  :) :) :)
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 14. Dezember 2016, 00:38:21
Zitat
Ich habe gerade am Wochenende an dich gedacht: Ob es dir gut geht, ob du viel Arbeit hast, wie Neuseeland war und und und... Dann gehe ich doch mal kurz nach Japan!  :) :) :)

Hallo Andrea
Ja es geht mir gut und die Arbeit hat mich abgehalten, mal wieder in Ruhe am Blog zu basteln. Neuseeland war traumhaft, aber nur die schönsten Bilder von dem Trip habe ich bisher entwickelt. Denn die mussten rechtzeitig für die Neuseelandkalender fertig sein. Einen Neuseelandblog wirds auch gebe, aber defintiv erst nächstes Jahr ab März.
Danke fürs »nach Japan gehen«.  ;D
Titel: Re: Japan mittendrin
Beitrag von: Lidschlag am 24. Dezember 2016, 00:30:42
Es gibt einen neuen Beitrag in meinem Japanblog.
Wenn ihr Lust habt, könnt ihr das Kaiyukan-Aquarium von Osaka besuchen:

https://japanmittendrin.wordpress.com

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/dsc_01982_osaka_aquarxvjmj.jpg) (http://abload.de/image.php?img=dsc_01982_osaka_aquarxvjmj.jpg)