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Allgemeines => Reiseberichte => Thema gestartet von: Birgit am 26. Juni 2018, 22:31:04
Titel: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 26. Juni 2018, 22:31:04
Neues Land, fast neuer Kontinent, für mich in jedem Fall unentdecktes Terrain: Äthiopien.
Ich will in das “Land of Origins”: Anfang der Menschheit, denn hier wurde “Lucy” gefunden, die vor 3,2 Millionen Jahren mit ihren nur etwas mehr als 1 Meter Körpergröße bereits aufrecht gehen konnte.
Äthiopien ist der Anfang des Kaffees. Hirten haben festgestellt, dass ihre Ziegen nach dem Fressen der Kaffeebohnen aktiviert waren und haben herumexperimentiert, wie man die Wirkung nutzen kann. Schließlich sind sie auf das Rösten und Mahlen der Bohnen und das Zubereiten des Kaffees gekommen. Und ich versichere euch, dass Äthiopien heute noch den besten Kaffee der Welt hat, und zwar in Geschmack und Wirkung!
Und Äthiopien ist der Anfang des längsten Flusses der Welt. Der Nil, also der Blaue Nil entspringt im Tanasee bei Bahir Dar.
Äthiopien ist das einzige Land Afrikas, das niemals kolonialisiert war. Und das merkt man den Menschen an. Die Landesfarben erinnern an diese Unabhängigkeit, die die Menschen hier so stark macht. Grün steht für die Erde, gelb für die Liebe zum Land und rot für die Opfer für das Land.
Ihr seid herzlich eingeladen mit mir alle diese Anfänge, den Anfang meiner neuentdeckten Liebe zu diesem Land, die faszinierenden Landschaften, die wunderbaren Menschen und die uralte Kultur zu entdecken.
Aber ich beginne von vorne:
Dezember 2017: Das Jahr der hässlichsten Wintererkältungen seit Menschengedenken, und auch mich hat es erwischt. Ich liege mit Fieber im Bett und träume von besseren (Jahres)Zeiten. Und so erinnere ich mich, dass ich schon vor Jahren fasziniert war von Bildern des Erta Ale und der Dallol.
Und nach kurzer Nachfrage in einer Facebookgruppe, ob das individuelle Reisen in Äthiopien inzwischen möglich ist ohne arm zu werden einerseits und ohne verrückt zu werden andererseits, liegt ohne es in letzter Konsequenz durchdacht zu haben das Ticket nach Addis Abeba und zurück Mai 2018 in meinem Postfach und der vor Jahren schon gekaufte Reiseführer neben mir auf meinem Krankenlager.
Und nun geht die Planung los. Verschiedene lokale Anbieter werden angeschrieben, letztlich antwortet nur einer mit einem wirklich professionellen Vorschlag, zuverlässig, umgehend, super herzlich und in fast perfektem Deutsch: Muller Marelign von Simien Eco Trek.
Ich versuche es noch bei einer deutschen auf Äthiopien spezialisierten Agentur. Deren Vorschlag ist auch gut, soll aber bei fast gleicher Leistung fast doppelt so viel kosten wie bei Muller. Und für DAS Geld müsste man mir wirklich einen roten Teppich auf den Erta Ale auslegen und mich im Helikopter von Ort zu Ort fliegen.
Die Tour, wie ich sie letztlich gemacht habe:
FR Fahrt nach Frankfurt, abends Abflug SA Landung morgens, Sightseeing in Addis SO Flug nach Bahir Dar MO Bahir Dar DI Fahrt nach Gondar und Sightseeing MI Fahrt in die Simien Mountains und kurze Wanderung DO Fahrt nach Axum, kurzes Sightseeing FR Weiterfahrt nach Mekele mit Besichtigung einer Felsenkirche in der Tigray-Region SA Beginn der Tour in die Dallol SO Besteigung des Erta Ale MO Rückfahrt nach Mekele DI Fahrt nach Lalibela MI Besichtigung Lalibela DO Flug nach Harar FR Besichtigung Harar SA morgens Flug nach Addis, abends Weiterflug nach Deutschland. SO Morgens Landung in Frankfurt und Rückfahrt
Die Monate gehen ins Land, ich bin immer wieder hin- und hergerissen, ob ich nicht das Ganze wieder abblase: So fremd, so teuer, und dann die immer wieder als sauanstrengend beschriebene Tour in die Afarregion (Erta Ale und Dallol)… Will ich nicht lieber doch in mein geliebtes Indien? Und um mich herum wird gefrotzelt: 'Gib Fersengeld, sobald jemand mit begierigem Blick auf dich einen Topf mit Möhren aufsetzt' bis hin zu offen rassistischen Äußerungen wie 'Ach, mit Ethiopian Airlines fliegst du? Haben die wenigstens weiße Piloten?’
Aber nein, bis heute habe ich die Entscheidung nicht bereut. Und dass ich nach langer Zeit wieder mal einen Reisebericht schreibe, ist einerseits das riesige wohlverdiente Dankeschön an Muller und andererseits ein Mutmacher an alle, die auch mal nach Äthiopien wollen oder allgemein vor der Entscheidung stehen sich zu trauen in unbekannte Gefilde aufzubrechen oder nicht. Meine Antwort: Traut euch!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 26. Juni 2018, 23:08:40
Die Einladung nehme ich herzlich gerne an. Ich freue mich sehr, dass es mal wieder einen Bericht von dir gibt.
Die Bilder von Erta Ale begeistern auch mich immer wieder und vor Jahren habe ich mal in eine Sendung gezappt, in der das neue Top Model von Heidi Klum vorgestellt wurde, die Äthiopierin ist. Normalerweise ist so etwas nicht meine Programmwahl, aber an der Sendung blieb ich wegen ihres Mutterlandes hängen. Äthiopien scheint viel mehr als nur hungernde Menschen, denen Karl Heinz Böhm half zu sein.... Mein Interesse war geweckt und ich freue mich auf deine Berichterstattung!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 26. Juni 2018, 23:18:51
Ich freue mich darauf, hier dieses tolle Land zu zeigen.
Hungerbäuche, Dreck und Gewalt, das ist es ja, was man mit Afrika verbindet, solange man nicht über schon eher klassische Reiseziele redet wie Marokko, Ägypten, Südafrika oder Namibia.
Ich behaupte mal, dass es kaum Länder in Afrika gibt, die so viel an Kultur zu bieten haben. Der Maghreb und Ägypten - dann hört es auch schon sehr schnell auf...
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 26. Juni 2018, 23:38:20
Ich freue mich darauf, hier dieses tolle Land zu zeigen.
Ich freue mich darauf hier darüber zu lesen und sicher zu staunen. :)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Susan am 26. Juni 2018, 23:39:11
Ich lese auch gern mit und bin gespannt auf neue Eindrücke
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 26. Juni 2018, 23:43:09
Ich brenne drauf! Darf ich gleich noch mit er Anreise um die Ecke kommen? *ungeduldigindenstartlöchernscharr*
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 26. Juni 2018, 23:56:35
18.5. und 19.5.: Von Erfurt nach Addis Abeba
Selbstverständlich hat mich auch dieses Mal wieder eine Erkältung im Griff, die aber schon wieder am Abklingen ist, als ich meinen Koffer packe.
Am Freitag setze ich mich mittags in den Zug, treffe mich, der Tradition gehorchend, noch mit Tanja und checke ein. Nun ja, soooo perfekt ist leider die Organisation der Airline nicht:
Eine Minireisegruppe regt sich auf, die drei Reihen mit insgesamt 9 Sitzen in der Mitte seien extra für die 4 Personen geblockt worden, zudem ist mein Platz an einen der Menschen dieser Gruppe vergeben worden. Ich bleibe sitzen. Immerhin beschert mir das in der ohnehin nicht ausgebuchten Maschine einen freien Sitz neben mir, sodass ich die Beine nachts zum Schlafen ein bisschen hoch nehmen kann.
Am Gate lerne ich zuvor noch Isabell kennen, eine sehr, sehr Nette aus der 'Wenn Frauen solo reisen’-Gruppe und 'Reisen in Äthiopien’ auf Facebook, die ihren äthiopischen Ehemann besucht. Die Äthiopiengruppe kann ich übrigens wärmstens empfehlen, kein Gezicke, nette, prompte und hilfreiche Antworten in kürzester Zeit und ‘Wenn Frauen solo reisen’ ist ja ohnehin der Dauerbrenner.
Der Flug ist ruhig, das Essen gut, ich kann noch ein bisschen Schlaf abgreifen.
Landung im Morgengrauen, Isabell weist mir noch eine Abkürzung zur Immigration, und dank des vorher schon bestellten und in den Pass eingetragenen Visums bin ich in 3 Minuten eingereist und habe weitere 10 Minuten später meinen Koffer.
Noch fix zum ATM und den Maximalbetrag ziehen, 4000 Birr in Hunderterscheinen, der größten Banknote, umgerechnet etwa 120 Euro.
Ich verlasse den Airport und bekomme, wie in vielen Ländern, erst einmal ein Taxi angeboten. Aber Muller, mit dem ich zuvor immer wieder per WhatsApp Kontakt hatte, holt mich ab, begleitet von einem Fahrer. Mullers Lachen sehe ich schon von Ferne, aufgrund eines zuvor geschickten Fotos erkennen wir uns gleichzeitig. Der hat echt Ausstrahlung!
Ich checke ins Hotel Eliana International ein, das hätte ich mir sicher auch selbst gebucht.
Vom Flug bin ich ziemlich durch, aber Sightseeing ist angesagt. Also hilft es nix, nach einer Stunde im Zimmer mit kurzer Dusche und einer 'Ich bin gut angekommen’-Meldung nach Hause geht es wieder los.
Ein erster äthiopischer Kaffee aus der unscheinbaren, aber innen sehr ursprünglichen traditionellen Kaffeebar Tomoca nebenan soll mich wieder auf Trab bringen und macht seinen Job zuverlässig.
Addis wird sicher nicht eine meiner Lieblingsstädte, aber interessant ist es schon. Ich bin ganz froh, dass ich dieses Mal nicht ganz auf eigene Faust unterwegs bin, und herumgefahren zu werden, hat schon viele Vorteile!
Erst geht es mit Muller an meiner Seite auf den Mercato, und wieder tun sich Erinnerungen an indische Märkte einerseits und die Slums in Mumbai andererseits auf. Hier wird alles verkauft, einfach alles! Und es wird recycelt und gebastelt.
Dann fahren wir nach Entoto, wo eine Kirche und der alte Kaiserpalast warten.Hier ist es deutlich kühler, denn wir sind hier nochmals einige hundert Meter höher als die Stadt, nämlich auf etwa 3000 Metern. Kirchenschätze breiten sich vor mir aus und ich erfahre einiges über die Geschichte des Landes.
Es geht noch in zwei Museen, und Muller berichtet mir tapfer, was es hier alles zu sehen gibt, von A wie Ackerbau bis Z wie Zupfinstrument. Ich gebe es zu, ich schalte zwischendurch ab, so viel Input nach dem Flug verarbeite ich gerade nicht.
Im Nationalmuseum kann ich aber noch Lucy hallo sagen. Lucy heißt Lucy, da die Archäologen bei den Arbeiten die Beatles gehört haben, also kenne ich Lucy in the Sky nun auch with diamonds. Das finde ich sehr schön!
Und außerdem lerne ich die Unterschiede zwischen Axum-, Gondar- und Lalibelakreuzen kennen.
Und dann finde ich noch die äthiopische Legende von der Königin von Saba sehr niedlich, die stammt nämlich aus Axum, jawohl! Aber die berichte ich, wenn wir in Axum sind.
Nur als es hier nochmals in eine Etage mit irgendwelchen Sensen oder Waffen geht, kann ich nicht mehr und winsele um Gnade. Diese wird mir gewährt, und ich darf im Hotel essen und ein paar Stunden Nachtschlaf nachholen, bevor es abends in ein traditionelles Restaurant geht.
Die Uhr im Auto zeigt immer eine völlig andere Zeit, und ich lerne, dass die Uhr hier anders gelesen wird. Der Tag beginnt mit 0 Uhr, wenn es nach herkömmlicher Zeitrechnung 6 Uhr morgens ist, die Nacht beginnt um 18 Uhr. Mittag ist also 6 Uhr. Hier ist es nun 8 Uhr, um 1 Uhr werden wir wieder starten. Ich finde es logisch und werde mich im Laufe der kommenden Tage sehr schnell damit anfreunden.
Im Restaurant abends gibt es einen ersten Eindruck von äthiopischem Essen, natürlich mit Injera, und ich bin froh, dass ich dreimal im Trainingslager war in Restaurants in Berlin, Los Angeles und Frankfurt und dort das Essen mit der bloßen Hand vorher schon geübt habe.
Kleiner Tipp: Da es nachmittags zu regnen begonnen hat, sind viele der Wege hier schlammig. Bei Regenwetter bietet es sich also an, nicht unbedingt die Riemchensandaletten zum Ausgehen anzuziehen, lieber Gummistiefel oder die praktischen abwaschbaren Crocs.
Im Lokal wird plötzlich wie wild heimlich gefilmt vom Fahrer und Muller, und ich wundere mich, warum die beiden gebildeten Jungs mit den tollen Umgangsformen plötzlich anfangen, wie wild runde Frauenpos in stramm sitzenden Glitzer-Leggings zu filmen. Das Rätsel wird schnell gelöst: Es handelt sich um eine bekannte Schauspielerin, die hier in Begleitung einer großen Handvoll sie anhimmelnder Herren isst und unter anderem eine ganze Flasche Whisky bestellt.
Ich überlege zwischendurch, ob ich Muller lieber frage, wann er in Deutschland war oder eher, wie lange er in Deutschland war, und schon erzählt er mir, dass er nie im Ausland war, Deutsch lediglich 6 Wochen lang im Goethe-Institut gelernt habe und den Rest sich selbst beigebracht habe. Wow!
Und im Laufe der Reise wird nicht nur er mir am eigenen Beispiel zeigen, dass Bildung und Erfolg hier ein Geschenk und eine Ehre ist, nicht nur er wird mich fast fassungslos vor Bewunderung zurücklassen, welch wirklich starke Menschen dieses raue und manchmal auch unerbittliche Land hervorgebracht hat.
Übrigens ist für mich das Beste des ganzen Tages die Menschen zu beobachten. Mullers Blick funkelt, wenn er lacht. Und das tut er oft und schaut mich immer direkt an. Der Fahrer, eigentlich Bachelor in Psychologie und Wirtschaft ohne Aussicht auf einen adäquaten Job, ist zu Herzen gehend sanft und freundlich. Wenn Menschen die Ferenji (mich) sehen, lachen sie. Es wird gebettelt wie in Indien, aber ganz oft wird mir nur 'hello’ oder eine beliebige anderen englische Vokabel zugerufen.
Nach der Rückkehr ins Hotel genehmige ich mir in der Bar noch einen Gin Tonic, beobachte nun gut lebende reiche feiernde Äthiopier in der Hotelbar und chatte noch ein wenig mit Muller und den Lieben daheim. Und hurra, das bislang störrische Whats App (offenbar wird das Internet hier sehr kontrolliert) macht nach dem Installieren einer VPN-App wieder mit!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: serendipity am 27. Juni 2018, 06:01:15
Auf diesen Bericht freue ich mich besonders, haben mich doch schon die FB Fotos fasziniert!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juni 2018, 10:28:49
Wobei die FB-Fotos auch die "Best of" waren...
Die Reise ist im Verlauf immer besser geworden.
Ich freue mich auch, durch das Posten letztlich nochmals in Gedanken reisen zu können!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silv am 27. Juni 2018, 13:06:02
Ich verfolge den Bericht auch, obwohl ich wahrscheinlich nie nach Äthiopien reisen werde. Manches auf deinen Fotos möchte ich einfach nicht in natura sehen.... :weissnicht:
Wieder bewundere ich dich, dass du solche Reisen alleine machst!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Paula am 27. Juni 2018, 13:07:45
Birgit da bin ich jetzt wirklich sehr gespannt und ich gestehe: ich hätte mich nie getraut nach Äthiopien zu fahren. Der Anfang ist ja schon mal gelungen. Mit den Reiseklamotten hätte ich kein Problem, außer Treckingsachen packe ich nichts mehr ein. Bei Themen wie Hygiene und Sicherheit hätte ich mehr Bedenken. Dass jemand nach nur 6 Wochen Deutschunterricht so gut deutsch spricht ist mehr als erstaunlich, das muss ein sehr intelligenter Mann sein und fleißig noch dazu. Wie klingt denn äthiopisch? Mit ähnlichen Lauten wie deutsch? oder ganz anders?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juni 2018, 13:56:41
Ha ha, ich habe mich auch bewundert... ääääh, gewundert, dass ich es echt gewagt habe.
Im Nachhinein: In einem Internetforum bin ich mit 2 anderen, die auch Indien kennen, übereingekommen, dass Äthiopien und Indien in gewisser Weise ähnlich sind. Und ja, dadurch war dann nach ein paar Reisetagen Äthiopien für mich "das afrikanische Indien".
Ich hatte sicherheitstechnisch so ein paar leicht doofe Situationen, die beschreibe ich an der entsprechenden Stelle noch.
Hygiene: ich hatte keine größeren Probleme, bin aber vielleicht auch schon abgehärtet durch Indien?
Paula, Muller ist ein toller Mensch: Gebildet, ambitioniert, inspirierend und intelligent: Er sendet Gutes und zieht dadurch Gutes in sein Leben.
Wie Äthiopisch klingt? Die Landessprache ist Amharisch. Das gehört zu den semitischen Sprachen, klingt aber in meinen Ohren weder hebräisch noch arabisch, auch wenn manche Worte gleich sind. Wenn du bei Youtube "amharic" eingibst, findest du u. a Links zu Filmen, da kannst du dich ein bisschen einhören.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juni 2018, 14:05:20
20.5: Reise nach Bahir Dar
Selbst Schuld, ich habe heute sicher einiges an Zeit verloren durch Buchen des späten Fluges. Aber das Ausschlafen war mir heute wichtig und auch es langsam angehen zu lassen. Gut, dass mir das vorher schon klar war, dass ich wieder mal völlig gestresst und KO in den Urlaub starten würde.
Muller und ich treffen uns am Hotel um die Tour zu besprechen. Er hat offenbar ein wenig Sorge etwas falsch zu machen. Aber das muss er gar nicht, er macht alles wunderbar, fast schon ein wenig überfürsorglich. Ich könne ihn jederzeit anrufen oder ihm schreiben und vielleicht kommt er selbst nach Harar um auf mich aufzupassen und zeigt mir die Hyänen.
Das einzige, was mich Überwindung kostet und einen harten Vertrauensvorschuss erfordert, ist das Überreichen von knapp 3000 Euro in bar. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Muller will offenbar auch Devisen haben und ich sehe zudem ein, dass eine solche Summe in Drei-Euro-Scheinen nicht sinnvoll zu überreichen ist. Im Gegensatz zu mir, die ich mit so viel Bargeld in der Tasche einige Tode gestorben bin, nicht zuletzt bei der Einreise, hat er damit kein Problem. Und ich bewundere seine Fähigkeit blitzschnell die Scheine zu zählen. Inbegriffen ist alles außer den Flügen, Mittag- und Abendessen, meinen persönlichen Betrinknissen, Trinkgelder und Souvenirs. Aber er braucht Empfehlungen und hat bisher keinerlei Zweifel an seiner Seriösität aufkommen lassen. Und so vertraue ich ihm halt, nicht zuletzt wegen seines guten Rufes, der mir schon von mehreren Seiten bestätigt wurde.
Ich sitze nach den ersten 24 Stunden hier im Flugzeug zur Destination Nr. 2, Bahir Dar, und habe schon Photobombing hinter mir, nachdem ich mich auf das Foto des vor mir sitzenden Passagiers geschlichen habe. Er hat gelacht. Überhaupt ist das Lachen hier das, was mir bisher am meisten gefällt, denn Addis ist - zugegeben - nicht gerade eine Traumstadt auf den ersten Blick.
Ethiopian Airlines ist wieder mal unkompliziert, im Flieger sitzen nur etwa 40 Personen: Eine Handvoll Chinesen, ich und ansonsten nur Einheimische. Übrigens sind die Flüge spottbillig, wenn man nur den Internationalen Flug auch mit Ethiopian Airlines gemacht hat. Und daher geht bei so wenigen Menschen auch das Aussteigen schnell und die paar Koffer sind schnell da. Gewissenhaft wird überall überprüft, ob ich auch nicht illegal im Land bin.
Ein wieder sehr netter Guide (Yihenew) und ein freundlicher Fahrer holen mich ab und bringen mich zum Jacaranda-Hotel. Das ist auch OK.
Und so stromere ich wenig später los um den Tana-See und Bahir Dar kennenzulernen. Hier ist es völlig anders als in der Stadt. Menschen baden im See, andere sitzen vor schicken Cafés in der Stadt oder relaxten Locations direkt am See. Ich lasse mich treiben und kann vor einer Kirche archaische Bilder beobachten, die mich auf das Land aufmerksam gemacht haben.
Eine Frau teilt mit mir ein Stück Brot, das hier verkauft wird. Leider habe ich die etwas komplizierte amharische Vokabel für 'danke’ immer noch nicht drauf und hoffe, mein 'Thank you’ wird verstanden.
Ich gehe zur örtlichen Moschee und hoffe hier ein wenig 'Leute gucken’ zu können, aber nix da, die Ferenji wird selbst zur Sehenswürdigkeit. Groß und Klein steht um mich herum. Die Kinder werden manchmal von Erwachsenen liebevoll untergehakt und weggezogen, offenbar mit mahnenden Worten mich in Ruhe zu lassen. Nach einer Viertelstunde etwa wird es mir zu viel, ich gehe.
Übrigens beobachte ich auch immer wieder, dass bettelnde Kinder liebevoll ermahnt werden sich mir gegenüber zu benehmen.
An einer Art Schaukasten stehen Menschen, und als ich auch reinschaue und das Amharisch nicht lesen kann, löst sich das Rätsel, indem ein junger Typ mich grinsend anquatscht 'oh, are you looking for a job?’ Das seien Stellenanzeigen, ich bin also offensichtlich beim örtlichen Arbeitsamt gelandet.
Ich gehe selbst noch eine Pizza essen und Kaffee trinken und bin früh im Hotel. Nochmals essen gehen mag ich abends nicht, und so sitze ich einfach noch ein wenig vor dem Hotel und genieße den lauen Abend und die verhältnismäßig ruhige Stadt.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 27. Juni 2018, 18:25:42
Wow, bist du schnell :girly: .... natürlich springe ich da auch noch mit auf!! :sabber:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juni 2018, 20:13:31
Zur Sicherheit nochmal gefragt: Die Bilder seht ihr, oder??????
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: serendipity am 27. Juni 2018, 20:53:50
Ich sehe alles! ;)
Was für ein Glück mit Muller bzw. Respekt, du hast wohl das Richtige gewählt. Kann man einfach so mit 3000 € bar einreisen? Ich mag ungern mit soviel Geld an der Frau rumlaufen, aber verstehe natürlich seine Lage.
Immer wieder bewundere ich, wie selbstverständlich du dich alleine in vollkommen unbekannten Ländern/Kulturen/Sprachen bewegst - ist dir da nie unwohl?
Das mit dem "Arbeitsamt" hat mich dann doch zum Lachen gebracht - was dachtest du denn, um was es sich hierbei handelt?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juni 2018, 21:11:04
Ach, Gabi, keine Ahnung, was ich da zu lesen erwartet hatte, muss ja interessant sein, wenn da so viele Leute drum herumstehen... Irgendwie hatte ich gedacht, was auch immer steht da auf Englisch, aber war nicht so. Sooooo selbstverständlich habe ich mich da wohl doch noch nicht bewegt ;)
Man darf offiziell mit bis zu 3000 USD einreisen. Ich habe auch so schnell wie möglich zugesehen das loszuwerden. Schließlich: Wenn ein äthiopischer Halunke mir da die Tasche weggenommen hätte, hätte ich keine Chance gehabt. Überleg dir mal, ausgerechnet einen Äthiopier beim Laufen schlagen zu wollen? LOL!
Und Angst? Nein. Ich habe mir in Indien angewöhnt immer ein wenig darauf zu achten, wer so unterwegs ist: Wo Familien mit Kindern unterwegs sind oder Leute joggen oder eben einfach nur zum Spaß unterwegs zu sein scheinen, ist es meistens kein Problem.
Wenn ich ansatzweise genervt wurde, war immer jemand da. Also war mir klar, dass ich im Zweifel auch immer jemanden um Hilfe bitten kann. Im Zweifel lässt man sich nicht ansprechen, wenn man Hilfe braucht, sondern sucht sich aktiv jemanden, den man anspricht.
Das habe ich mir im Laufe der Zeit so angewöhnt.
Und wenn Yihenew in Bahir Dar auf meine Frage, wo ich abends essen gehen kann, nur den Weg beschreibt und nicht fragt, ob er mir ein Tuk Tuk organisieren soll und mir keinen Rat mitgibt, lieber ein Taxi zu nehmen oder nicht zu spät wieder am Hotel zu sein oder so, sondern mir einfach einen schönen Abend und viel Spaß wünscht, dann ist das schon mal ein gutes Zeichen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: serendipity am 27. Juni 2018, 21:25:40
Überleg dir mal, ausgerechnet einen Äthiopier beim Laufen schlagen zu wollen? LOL
You made my day ;D
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 27. Juni 2018, 22:05:57
Das letzte Bild sehe ich nicht, alle anderen schon.
Ich finde es toll, wie gut du dich auf ein neues Land einlassen kannst. Das war mir schon mit Indien aufgefallen und jetzt auch wieder mit Äthiopien. Aber ich schätze, dass da auch zwei dazugehören. Das Land muss dich mit offenen Armen empfangen und das tut Äthiopien scheinbar direkt durch Muller.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juni 2018, 23:06:55
Oh ja, das mit dem letzten Bild kann sein, das habe ich nachträglich ins Album geschoben... Ist nicht so schlimm, ist nur ein Macchiato, allerdings so ziemlich der beste, den ich je getrunken habe!
Ja, und nicht nur Muller ist so ein liebenswürdiger Mensch, ich habe noch einige kennengelernt. Aber die lernt ihr ja auch alle noch kennen, wenn ihr nun mit mir reist. Morgen habe ich beispielsweise wieder eine supertolle Begleitung in Yihenew.
Ich bin ja ohnehin inzwischen der festen Überzeugung, dass die Welt es gut mit mir meint und sich mir gerne von der besten Seite zeigt. Und dafür bin ich wirklich dankbar!
ich war in Äthiopien an der einen oder anderen Stelle leider auch mal grantig, was mir dann hinterher auch Leid tat. Dann war das Wetter schuld oder ich war einfach von den vielen Eindrücken überfordert. Ich hoffe, das Land hat es mir nicht übel genommen ;)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 28. Juni 2018, 05:19:01
Ich bin ja ohnehin inzwischen der festen Überzeugung, dass die Welt es gut mit mir meint und sich mir gerne von der besten Seite zeigt. Und dafür bin ich wirklich dankbar!
Dafür liebe Birgit gibt es einen Spruch: "So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es raus." :)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silke am 28. Juni 2018, 08:12:39
Ich komm auch noch mit. Äthiopien hätte für mich niemals auf meiner Wunschliste für Reiseziele gestanden. Das Land hatte ich bisher nur mit hungernden Kindern verbunden. Dank deiner bisherigen Bilder bei FB steht es da jetzt aber drauf, und sogar ziemlich weit oben.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 28. Juni 2018, 08:13:49
21.5. Tana Lake und Blue Nile Falls
Yihenew, der Guide, hat gestern angekündigt, es müsse früh losgehen, denn es gebe viel zu sehen. Und so klingelt der Wecker um 6 Uhr, sodass es um 8 Uhr losgehen kann.
Wir treffen uns in der Lobby, und ich werde mit einem big Smile empfangen.
Mullers Geheimrezept ist offensichtlich, dass er sich mit Menschen umgibt, die ihm ähnlich sind: Klug, gebildet, hoch anständig, zuverlässig und engagiert. Und so verbringe ich auch hier den Tag mit einem eigentlich Journalisten und Kommunikationswissenschaftler, der wie alle, die ich über Muller kennengelernt habe, so mit mir umgeht, dass ich in kürzester Zeit den Eindruck habe zu Gast bei Freunden zu sein. Habe ich schon erwähnt, dass auch er passabel Deutsch spricht?
Ich trabe etwa 10 Minuten mit ihm durch die Stadt bis zum See, wo wir ein Boot besteigen, das uns etwa eine Stunde über den Tana Lake schippert bis in die Nähe des Klosters Ura Kidana Meheret.
Wir finden uns in einem Dorf wieder, in dem zwar Souvenirstände den Weg pflastern, alles jedoch immer noch ursprünglich ist. Und so gehen wir etwa eine Viertelstunde zum Kloster über braune Erde, vorbei an Häusern aus Lehm und Stroh und unter anderem an einem Maler vorbei, der einen einzigen Satz auf Deutsch beherrscht: 'Alle Malereien sind aus Naturfarben hergestellt’.
Yihenew ist hier aufgewachsen und kennt daher offenbar jeden hier, und so grüßt er immer wieder und hält hier und da einen Schwatz.
Wir halten uns lange in dem ruhigen Kloster auf und sprechen über die Malereien und die dazu gehörenden Legenden und Bibelstellen. Wir witzeln herum, schweigen auch gemeinsam, betrachten die Malereien, und ich genieße die Stille des ansonsten leeren Klosters.
Wir besuchen noch das kleine angrenzende Museum und auf geht es zu einem sehr schönen Programmpunkt. Wir gehen nämlich durch den Wald zurück.
Yihenew findet für mich Affen und ein Wildschwein. Wir pirschen durch das Unterholz, und er muss dennoch einen Stein in Richtung eines schlafenden Schweins werfen um es aufzuscheuchen, weil meine zivilisationsverkrüppelten Augen es sonst nicht erkennen. Wildschweine können aber auch gefährlich sein. Yihenew hängt sich an einen Ast: Er könne da auch auf den Baum klettern, wenn es nötig sei, ob ich das auch könne? Siehst du, deshalb ist es besser nicht näher heranzugehen.
Wir kommen wieder an der Stelle an, an der unser Boot liegt und trinken noch einen Kaffee. Der am Morgen leere Platz ist nun gut besetzt von Einheimischen, die quatschen, Kaffee trinken oder Injera mit Soße essen. Yihenew und ich werden neugierig befragt, wer ich bin, woher ich komme, und es wird ganz gut herumgewitzelt.
Yihenew fragt nett, ob es okay wäre in 'meinem’ Boot jemanden mitzunehmen. Na klar, warum denn nicht, und der Hitchhiker steigt zu. Wie fahren noch zu der Stelle, an der der blaue Nil den Tanasee verlässt und sehen auf einem Haufen sicher 8 Nilpferde. Offenbar gibt es das wirklich nicht so oft, denn auch die beiden Jungs fangen an ihre Handys zum Fotografieren zu zücken.
Wir legen an einem Restaurant an und die Tour über den See ist beendet. Ich esse auf Empfehlung Yihenews Fischfilet mit Reis und Gemüse in Folie. Das Filet ist wunderbar!
Wie durch Zauberhand taucht vor dem Restaurant ein Auto auf. Das ist das Auto mit Fahrer, welches mich die nächsten 10 Tage begleiten wird. Eshetu, der Fahrer, Typ braver Junge vom Land, wirkt ein wenig schüchtern, aber wahrscheinlich sind es eher seine nicht ganz so guten Englischkenntnisse, die ihn vom Reden abhalten, denn mit Landsleuten spricht er gern und viel.
Wir fahren zu den Fällen des blauen Nil. Dazu fährt man ein paar Kilometer auf guter Straße und dann sicher eine halbe Stunde eine Piste. Hier beginnt die Landschaft schon sehr archaisch zu werden.
Und so landen wir an einer Stelle, an der wir noch einen lokalen Guide mitnehmen müssen - das sei Pflicht - und fahren weiter zum Ausgangspunkt der kurzen Wanderung. Der lokale Guide stört eher und verfügt über die Gabe immer irgendwie im Bild herumzuspringen.
Aber was wir sehen, ist interessant. Es macht Spaß über den Pfad zu gehen über die rotbraune Erde, über Stock und Stein.
Wir überqueren erst die uralte Brücke der Portugiesen und dann eine neue Hängebrücke. Yihenew ist intelligent und sensibel und versteht es immer mal mit einem Hinweis auf eine Pflanze oder einen Ausblick stehen zu bleiben bis meine Gesichtsfarbe wieder normal ist, während der lokale Führer etwas ungeduldig wirkend vorneweg springt.
Den Blick auf den Wasserfall genießen wir ausgiebig.
Wir gehen weiter durch dörfliches Leben über Felder, vorbei an Menschen, vor allem Frauen und Mädchen, die etwas auf dem Kopf tragen oder Wasserkanister mit sicher 20 Litern Inhalt auf dem Rücken haben und vorbei an spielenden Kindern.
Ich denke bei dieser ersten hautnahen Berührung mit dem Landleben daran, dass hier vieles mit Sicherheit nicht so idyllisch ist, wie es scheint auf den ersten Blick: Das Trinkwasserproblem, die Armut, fehlende Bildung...
Wir setzen mit einem Boot über zur anderen Seite des Nils, wo auch schon unser Auto auf uns wartet.
Der Tag ist beendet, Yihenew wird nach Kontaktdatenaustausch herzlich verabschiedet und ich wasche mir jede Menge rote Erde von den Füßen und ruhe mich ein bisschen aus.
Ich beschließe zu testen, wie es abends so allein unterwegs ist und mache mich im Dunklen auf in die Stadt. Mich verfolgen gewispertes 'money, money’, 'ferenji’ und wahllose andere englische Worte von 'yes’ und ‘you’ bis ‘beautiful’. Und wieder kann ich beobachten, wie Erwachsene darauf achten, dass ich nicht von Kindern belästigt und verfolgt werde.
Dennoch passiert es. Ich sitze in einem Café. Ungefragt setzt sich jemand zu mir und drängt mir ein Gespräch auf. Ich will nicht unhöflich sein und lasse mir die Infos abringen, dass ich das erste Mal hier bin und kein Amharisch kann, das war falsch. Und damit bin ich Opfer. Mit einer Mischung aus Schmeichelei, Drohung und Verunsicherung wird mir Whisky angeboten. Nee, danke, lass mal! Ich will die Situation schnell und schmerzlos beenden, stehe auf, zahle drin und gehe. Jedoch stellt sich der Typ mir ungefragt in den Weg. Er will mich nicht vorbeilassen und fasst mich am Arm. Ich sage, ich rufe die Polizei, er geht nicht und versperrt mir den Weg. Ich spreche wildfremde Menschen an und bitte sie mir zu helfen. Daraufhin ist er blitzschnell verschwunden.
Auf den Schreck erstmal 2 Gin Tonic im Hotel und ein insgesamt super gelungener Tag ist trotz eher unangenehmer 5 Minuten in den Abendstunden beendet.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 28. Juni 2018, 08:14:42
Ich komm auch noch mit. Äthiopien hätte für mich niemals auf meiner Wunschliste für Reiseziele gestanden. Das Land hatte ich bisher nur mit hungernden Kindern verbunden. Dank deiner bisherigen Bilder bei FB steht es da jetzt aber drauf, und sogar ziemlich weit oben.
Silke, herzlich willkommen!
Du hattest mich letztlich auf Indien gebracht. Ich revanchiere mich gern damit dich auf das "afrikanische Indien" zu bringen ;)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 29. Juni 2018, 15:48:03
22.5. Unterwegs nach Gondar
Eshetu und ich müssen uns auf der ersten Fahrt allein miteinander erstmal aufeinander einschwingen. Etwa alle halbe Stunde dreht er sich zu mir und fragt “Are you OK?”, was ich stets bejahen kann.
Und ich muss mich auf Äthiopien immer noch einschwingen… Es warten bizarre und fremdartige Eindrücke auf mich. Afrika ist hart, und das merkt man so schon schnell. Bilder flitzen an mir vorbei, im Grunde zu schnell um sie zu erfassen.
Ein bis auf ein T-Shirt völlig nackter Mann läuft auf der Straße umher, niemanden kümmert es. Eine prunkvolle Beerdigung mit einem endlos scheinenden Zug weiß gekleideter Leute. Kurz darauf eine ärmliche Beerdigung, bei der zerlumpt Gekleidete eine Trage mit Lumpen zu tragen scheinen. Ein Hund gerät zwischen uns und den Gegenverkehr und kommt zwischen die Räder. Bei einem kurzen Blick zurück sehe ich, wie er zuckend verendet. Menschen kacken direkt neben der Straße auf das Feld. Und überall immer wieder Menschen mit Knarren, nicht nur Militär, sondern auch Bauern, von denen ich nicht weiß, ob sie ihr Hab und Gut gegen wilde Tiere oder gegen böse Menschen verteidigen wollen und wen oder was sie im Ernstfall erschießen würden. Kleine Kinder im Kindergartenalter gehen zu zweit Hand in Hand oder ganz allein am Straßenrand entlang, ohne dass ein Erwachsener in der Nähe ist. Die müssen gute Schutzengel haben!
Aber es gibt auch viele schöne Bilder, malerisch, archaisch, exotisch: Ortschaften am Rande, ursprünglich gekleidete Menschen, Tierherden, Eselgespanne, Brunnen. Es gibt weite Blicke über tiefbraune Erde auf Menschen, Tiere und Pflanzen, untermalt von der äthiopischen Musik, die Eshetu in so ziemlich jeder Minute Fahrt unablässig dudelt.
Gegen Mittag erreichen wir Gondar, eine der früheren äthiopischen Hauptstädte. Das Hotel ist etwas außerhalb, und so sehe ich von der Stadt nicht mehr als das für Touristen vorgesehene Programm.
In der etwas längeren Mittagspause bestelle ich Spaghetti Carbonara und erhalte höllisch scharfe Spaghetti Bolognese. Man besteht darauf, dass das Carbonara sei. Nun gut, andere Länder, andere Sitten. Sie schmecken gut. Als Ausgleich gibt es Kaffee aufs Haus, einen besonders liebevoll gestalteten Macchiato.
Eshetu stellt mir seinen Bruder vor, der hier lebt. Er scheint Zeit zu haben und begleitet uns über den Tag. Ein netter Junge, etwas lebhafter als Eshetu. Am Nachmittag startet das Sightseeing, es stehen hier immer die Burganlage mit den 6 Schlössern, das Kloster Debre Berhan Selassi und das Bad des Fasilides an.
Die Palastanlage besteht aus 6 Schlössern und zahlreichen Nebengebäuden, die im Laufe der Jahrhunderte von der Herrscherdynastie erbaut wurden.
Und überhaupt ist Gondar kulturell bedeutsam, denn Gondar war einst Hauptstadt Äthiopiens, bevor die “Neue Blume” Addis Abeba es wurde.
Es geht weiter zum Kloster Debre Berhan Selassi mit beeindruckenden Deckenmalereien. Wir halten uns eine ganze Weile hier auf. Der Guide erklärt, dass der Staat wenig für die Artenvielfalt in Flora und Fauna tut, dass in solchen Klostergärten allerdings Pflanzen und Tiere beheimatet sind, die anderswo keinen Platz haben und nicht geschützt sind. Und so betrachten wir, wer alles zur Vogeltränke kommt und sich einen kleinen Drink genehmigt.
Letzter Halt des Sightseeing ist das Bad des Fasilides. Im Januar ist dieses das Zentrum des Timkat-Festes, das der Guide allerdings so zungenbrecherisch ausspricht, dass ich das Wort kaum wiedererkenne, also doch lieber einfach “Timkat”. Dieses ist das Fest der Taufe Jesu, und so wird Jahr für Jahr die Taufe im Jordan nachgestellt.
Das große Becken um dieses Wasserschloss wird mit Wasser gefüllt, es gibt eine Prozession, und die Menschen baden im Wasser. Ich habe BIlder gesehen und bedaure ein wenig, dass ich nicht dabei bin und einfach nur ein trockenes Becken erlebe…
Dafür kann ich die Banyan-Trees und Feigenbäume bewundern und die malerisch anmutenden äthiopischen Frauen, die hier Pflasterarbeiten machen. Malerisch ja, aber knochenhart, der Job.
Der Guide macht seinen Job ordentlich. Ich bedaure dennoch, dass hier offenbar nicht vorgesehen ist, dass ich alleine in die Stadt gehe, aber andererseits sieht die Innenstadt auf den ersten Blick zumindest nicht sehr einladend aus, auch wenn sie als “lebendige Universitätsstadt” so mancherorts gepriesen wird. Nun gut, ist OK…
Und so hänge ich noch ein wenig am Pool ab. Hineinzugehen habe ich keine Lust, denn heute hängen dunkle Wolken am Himmel, Wind weht, und insgesamt ist es recht frisch.
Abends werde ich von Eshetu abgeholt. Hier geht man im “Four Sisters” essen, ein Lokal, das ein bisschen außerhalb und etwas höher liegt, sodass Laufen auch hier nicht angesagt wäre. Das Essen ist wieder mal spottbillig, der Tej (äthiopischer Honigwein) schmeckt besser als in Addis. Meine Speisenauswahl auf Injera ist so reichhaltig, dass ich gar nicht alles aufessen kann.
Injera kann man in Äthiopien nicht entgehen. Das ist ein oft etwas säuerliches pfannkuchenartiges Brot, das es hier zu so ziemlich jeder Mahlzeit gibt und mit dem man die Speisen aufnimmt. Wer kein Injera mag, findet aber in Restaurants auch anderes Essen: Die Italiener haben in den 30er Jahren das Land für 5 Jahre besetzt und Spaghetti und Pizza hinterlassen, auch "normale" Gerichte wie Fleisch, Geflügel oder Fisch mit Reis oder Pommes und Gemüse gibt es.
Eshetu hingegen vertreibt sich die Zeit damit, dass er telefoniert und auf seinem Handy tippt. Aber er passt gut auf mich auf, so liegen in Sekundenschnelle Servietten da, als ich ungeschickt beim Essen mit den Händen die Soße über den Tisch verteile, und auch mein Kaffee nach dem Essen steht dank seiner Aufmerksamkeit und Sprachkenntnisse sehr schnell vor mir.
Beim Verlassen des Lokals gibt es Gegenverkehr. Zwei Männer in so etwas wie Regenmänteln tragen jeweils ein halbes enthäutetes Schaf über der Schulter ins Lokal. Oh, das wird für morgen sicher reichen!
Wir sind wieder am Hotel. Ich sitze noch eine Weile in der Lobby und schicke Nachrichten in die Heimat. Zu voll ist mir das Herz von den Eindrücken der heutigen ersten Fahrt über mehrere Stunden über Land. Eigentlich gar nicht so schlecht, dass ich recht viel Pause im Hotel hatte, zu viel Information wäre vielleicht auch überfordernd gewesen.
Ich surfe bis der Strom und somit auch das Internet ausfällt. Bei dem düsteren Himmel heute ist sicher irgendwo ein Unwetter. Und so suche ich im Schein der Taschenlampe die Stirnlampe, die mir hilft mich beim Zähneputzen zurechtzufinden.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 29. Juni 2018, 18:06:13
Ein sehr interessanter Bericht über ein Land, zu dem mir eigentlich nur Hunger, Wüste, Trockenheit und Armut einfällt. Soviel Grün und gar alte Burgen oder Schlösser hätte ich nicht erwartet. Ich würde allerdings nicht damit klar kommen, ständig einen Guide oder sogar mehrere dabei zu haben, aber das bist du ja schon aus Indien gewöhnt.
Sind in den Hotels hauptsächlich ausländische Touristen oder auch Äthiopier?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Paula am 29. Juni 2018, 21:13:52
Ein bis auf ein T-Shirt völlig nackter Mann läuft auf der Straße umher, niemanden kümmert es. Eine prunkvolle Beerdigung mit einem endlos scheinenden Zug weiß gekleideter Leute. Kurz darauf eine ärmliche Beerdigung, bei der zerlumpt Gekleidete eine Trage mit Lumpen zu tragen scheinen. Ein Hund gerät zwischen uns und den Gegenverkehr und kommt zwischen die Räder. Bei einem kurzen Blick zurück sehe ich, wie er zuckend verendet. Menschen kacken direkt neben der Straße auf das Feld. Und überall immer wieder Menschen mit Knarren, nicht nur Militär, sondern auch Bauern, von denen ich nicht weiß, ob sie ihr Hab und Gut gegen wilde Tiere oder gegen böse Menschen verteidigen wollen und wen oder was sie im Ernstfall erschießen würden.
Birgit ganz ehrlich: So was ähnliches hätte ich erwartet und das ist nicht das was ich im Urlaub sehen will, genau solche Szenen sind der Grund warum ich mich in Drittweltländern nicht wohlfühle. Du nimmst das alles sehr gelassen (auch die Belästigung am Vorabend), mich würde es grausen ehrlich gesagt. Für mich wäre das wohl nix, aber auf die Naturwunder die Äthiopien zu bieten hat bin ich sehr gespannt!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 29. Juni 2018, 22:26:44
Weißt zu zufällig was das für ein Vogel ist? Der ist ja zuuu goldig. Gibt's von dem auch ein normales Foto, er ist mir etwas zu flott um ihn richtig zu erkennen. ::)
Es warten bizarre und fremdartige Eindrücke auf mich. Afrika ist hart, und das merkt man so schon schnell. Bilder flitzen an mir vorbei, im Grunde zu schnell um sie zu erfassen.
So ging es mir unterwegs des öfteren schon mal. Hinterher versuche ich das Gesehene auf die Reihe zu bekommen, was oft nicht einfach ist.
Ich würde allerdings nicht damit klar kommen, ständig einen Guide oder sogar mehrere dabei zu haben.
Das ist auch etwas, womit ich Schwierigkeiten hätte. Hört sich zwar seltsam an, da ich ja auch Gruppenreisen mache, aber da kann ich mich ja absetzen. Hier konzentriert sich der Guide ja nur auf mich.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 29. Juni 2018, 23:57:33
Das mit den Guides fand ich sehr unterschiedlich. Außer zu Muller habe ich noch zu 2 der Guides und zum Fahrer Kontakt und habe den Kontakt von einem weiteren Guide.
Ich fand den Gedanken im Vorfeld auch stressig. Rückblickend wäre genau einer der Guides problemlos verzichtbar gewesen, in Gondar. Einen anderen fand ich stressig, weil der ein bisschen unsensibel war bzw. in dem Konflikt zwischen Mullers Anweisung und meiner wetterbedingt schlechten Laune, aber unverzichtbar in den Simien Mountains.
Bei Lalibela bin ich mir nicht sicher, aber auch da hatte es Vorteile ihn als Türöffner zu haben. Und Biniyam in Harar war einfach so eine supercoole Socke, auf den hätte ich nicht verzichten mögen.
Beispielsweise wäre die Tour in Bahir Dar alleine nicht so relaxt zu organisieren gewesen: Da ist nicht ausgeschildert, wo man entlang läuft, wenn man die kurze Wanderung an den Fällen des Nil machen will. Es gibt keine offizielle Fähre zum Kloster, die Nilüberquerung will auch irgendwie organisiert sein. Durch den Wald hätte ich allein nicht gefunden. Ohne Ortskenntnis kann man dem Fahrer nicht beschreiben, wo er hinkommen und warten soll, damit man nicht doppelt so viel Zeit für doppelte Wege hat.
Warum soll ich mich mit dem Stress belasten, wenn es auch ohne geht?
Ich hatte dann später bei der Tour in die Danakil ein deutsches Pärchen kennengelernt, die für eine Weile in Addis leben. Die meinten, dass sie alle ihre Touren ähnlich organisiert hatten. Es geht sicher auch anders mit Taxi und Bussen und ohne Guide, nur braucht das Zeit und wahrscheinlich Sprachkenntnisse.
Wenn man den Guide für sich alleine hat, hat es wenig damit zu tun, dass man sich einen abgeschmackten Spruch nach dem anderen anhört, es ist eher so, dass man Begleitung hat, die unkompliziert Möglichkeiten eröffnet. In Gruppen hat man diese Möglichkeit nicht, insofern ist es schon etwas völlig anderes. Aber es ist sicher schon so, dass man klar sagen muss, was man will und was nicht.
Letztlich braucht man nur in den Simien Mountains zwingend Guide und Scout und die Tour in die Danakil geht nicht allein auf eigene Faust. Alles andere kann man auch alleine machen, wenn man will.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 30. Juni 2018, 00:16:33
Christina, in den Hotels war ich meistens die einzige Touristin, es waren in jedem Fall mehr Einheimische in den Städten in den Hotels als Touristen. Selten war nochmal noch eine Gruppe da, individuelle Touris habe ich (fast) nie gesehen. Ich war auch sehr zu Saisonende dort bzw. schon in der Nebensaison.
Silvia, wie der Vogel hieß, hat der Guide mir verraten. Er hat extra dafür noch jemanden angerufen. Ich habe es aber vergessen. Die Flügel sind auf der Unterseite rot, was man aber nur beim Fliegen sieht. Es gibt dort aber etliche Vögel, die ich nie zuvor gesehen habe, von großen Geiern bis zu winzigen niedlichen Piepmätzen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: serendipity am 30. Juni 2018, 10:31:35
Die Bilder sind fantastisch, aber deine Schilderungen sind unbeschreiblich lebendig und beeindrucken mich viel mehr - da krieg ich ja eine Reiseberichtssperre im Kopf 8)
Der Vogel müsste übrigens ein Helmturako sein.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 30. Juni 2018, 15:44:24
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 30. Juni 2018, 16:23:22
23.5. Simien Mountains
Um 9 Uhr soll es losgehen. Eshetu muss noch zahlen für mich, zum ATM und tanken, dann geht es auf zur recht kurzen Fahrt in die Simien Mountains.
Habe ich schon erwähnt, dass das Auto einer Gemeinschaft in den Simien Mountains gehört und Muller es von dort gemietet hat für mich?
Herrliches Wetter. Es geht wieder durch Dörfer, und ohne dass ich es bemerke, winden wir uns höher und höher in die Bergwelt hinauf. Eshetu hat in Debark ein Heimspiel, er stammt von dort. Und offenbar müssen außer mir noch einige andere Dinge dorthin transportiert werden, zumindest kullern einige Zwiebeln durch das Auto, als Eshetu bremsen muss.
Wir genießen den ersten atemberaubenden Ausblick. Der Blick ist weit, bis er sich im Spiel von Sonne und Wolken im Dunst verliert.
In Debark ist es deutlich frischer, sodass selbst ich lieber meine Strickjacke anlasse. Wir halten an den Park Headquarters, wo eine Gebühr zu zahlen ist und wir den Guide für den Rest des Tages treffen, Mulat heißt er. Er ist freundlich und weiß viel. Aber das erwarte ich schon gar nicht mehr anders.
Ein weiterer Hiesiger steigt zu. Es ist der Scout, der uns begleiten wird. Ganz selbstverständlich steigt er nochmals an anderer Stelle aus. Und ganz selbstverständlich erklärt Mulat, er hole jetzt das Gewehr. Ein Gewehr? Wozu? Nun, zum einen gibt es Raubtiere wie Leoparden und Wölfe, zum anderen wisse man nie, ob nicht böse Menschen und Unruhestifter unterwegs seien. Die Regierung wolle eben, dass die Gäste sicher seien, daher wird jedem ein Bewaffneter mitgegeben. Und so fahre ich gut beschützt durch mittlerweile 3 schicke Männer weiter.
In Debark bekomme ich erklärt, dass grüne Plastikschüsseln vor der Tür eines Hauses bedeuten, dass man hier etwas zu essen bekommt. Wenn das Essen verkauft ist, werden die Schüsseln einfach entfernt. Aha, interessant! Dennoch möchte ich es nicht unbedingt probieren.
Wir halten an einem Hotel, dort soll ich Kaffee trinken. Hä? Ich will jetzt nicht Kaffee trinken! Aber Eshetu habe noch nichts gegessen heute. Ach so, dann natürlich, der Junge muss was in den Bauch bekommen. Aber Eshetu lässt sich nicht mehr zu seiner wohlverdienten Pause überreden und fährt uns die verbleibende Strecke zur Lodge.
Am Eingang zum Nationalpark werden Papiere kontrolliert von einem Mann, dem Güte und Sanftheit und ein feiner Humor ins Gesicht geschrieben sind. Der rührt ganz viel an, wenn man ihn ansieht. Es ist Mullers Vater, wie mir Mulat erklärt. Und spätestens diese Momentaufnahme, die mir Einblick in Mullers Herkunft gibt, sagt mir, dass ich es mit Muller besser nicht hätte treffen können.
Inzwischen habe auch ich Hunger, setze mich in das menschenleere Restaurant und genieße mein Lunch. Wie ich mitbekomme, werden auch die Jungs versorgt. Anschließend rennt eine junge Frau mit meiner Tasche auf der Schulter im Laufschritt zu meinem Häuschen. Ich kann ihr kaum folgen. Na gut, sie wiegt nur halb so viel wie ich und ist die Höhe von mehr als 3200 Metern gewohnt.
Leider passiert, was wohl passieren musste. Unbemerkt schleichen sich Wolken vor die Sonne. Und als ich nach dem Umpacken meiner Habseligkeiten für die nun zu erwartende Expedition in meinen guten neuen Wanderschuhen vor die Tür trete, treffen mich erste Regentropfen. Na gut, nochmals kehrt gemacht, die Regenjacke geholt und los geht es.
Der bewaffnete Begleiter in einem traditionellen Umhang gegen die Kälte und der unbewaffnete Begleiter in modernem Outfit mit Wanderrucksack nehmen mich in die Mitte, der Guide vorneweg, der Mann mit der Knarre hinterher. Wir bleiben an der Abbruchkante stehen, wo der Blick in die Weite sensationell wäre, wenn es nicht so diesig und grau geworden wäre inzwischen. Aber ich habe ja genug Phantasie.
Und hier tauchen die ersten Affen auf, “grass feeding Baboons” oder auch Gelada Paviane. Kurz nach der ersten umherziehenden Familie von vielleicht 10 Tieren stoßen wir auf die erste Herde mit sicher mehr als hundert Tieren. Und es beginnt die schönste und stressfreieste halbe Stunde des Tages. Die Tiere haben nichts gegen Menschen, sie sind nur am Essen interessiert und nicht am Kampf mit dem Menschen. Und sofern man sich ihnen nicht auf mehr als 2 Meter nähert, ist man Luft für sie. Guide und Scout lassen mich genießen, ich setze mich mitten zwischen die Tiere, darf das dumpfe Rupfen anhören, mit dem sie mit beiden Vorderpfoten das Gras ernten und die “Unterhaltungen”, meistens eher liebevolle zarte Bemerkungen, ab und zu aber wird auch ein Kind zurechtgewiesen oder zwei Sturköpfe geraten aneinander. Ich könnte ewig hier sitzenbleiben.
Aber Mulat ruft irgendwann zum Aufbruch, es gebe noch viel zu sehen.
Wir marschieren los, immer bergab. Meine Sorge, ob ich das alles auch wieder hochlaufen muss, bestätigt sich nicht. Mit Eshetu ist besprochen, wo er auf uns warten soll. Also noch ein Argument dafür sich die Tour organisieren zu lassen und sich fahren zu lassen, ganz abgesehen davon, dass hier wirklich Ortskenntnis gefragt ist, denn es ist nichts ausgeschildert.
Es beginnt in Strömen zu gießen, der Untergrund ist oft rutschig. Ich bin froh über meine Wanderschuhe, die auch schön wasserdicht und rutschfest sind. Meine Laune sinkt im selben Maß, wie der Wasserpegel in den Pfützen steigt. Und ja, ich weiß, niemand kann das Wetter beeinflussen, aber ich sehe gar nichts mehr wirklich, hechele mit hängender Zunge hinter meinen beiden Bewachern her, wobei mein Scout mir öfter hilfreich die Hand reicht, während mein Guide den Blick unbeirrt nach vorne gerichtet hat.
Nachdem ich nun das eine oder andere Mal eine hilfreiche Hand gereicht bekommen habe und eine wieder mal sehr sanfte Stimme mich mit “it’s OK” und “slowly” bedacht hat, wird mir nun ein Auge zugekniffen mit der Bemerkung: “Have money?” Nun, okay, der Scout muss die Gelegenheit nutzen sein Einkommen aufzubessern, und natürlich wird auch er am Ende des Tages sein Trinkgeld erhalten.
Endlich erreichen wir das Auto. Da ich in einer Regenpause zugestimmt habe noch ein bisschen weiter zu laufen, es dann aber sofort wieder zu gießen begann, ist meine Laune auf dem Tiefpunkt. Selbst Schuld. Ich sage mir einfach, es ist das Trainingslager und der letzte Fitnesstest für den Vulkan, aber leider merken alle, dass ich nicht gerade gut drauf bin. Eshetu versucht mich mit Verweis auf die nächsten Affen aufzulockern und aufzumuntern, was auch gelingt, aber Mulat sagt, wir müssen weiter, wir müssen noch zum Wasserfall.
Also gut, es geht über eine Piste, mit den wieder hervorkommenden Sonnenstrahlen erobern auch Strahlen besserer Laune mein Gemüt, und als wir am Startpunkt des kurzen Weges zum Wasserfall ankommen, herrschen gerade bizarre Lichtverhältnisse. Irgendwo ist es bedrohlich schwarz am Himmel, vor mir eine grüne sonnenbeschienene Wiese mit einer erneuten grasenden Affenherde.
Fröhliche Äthiopier in rutschigen Plastiksandalen ion lustig bunten Farben begegnen uns, und ich mache mich in meiner durchnässten Regenjacke auf. Ich Zivilisationskrüppel ärgere mich vor allem über mich selbst. Und als ob das nicht reicht, beginnt es wieder zu gießen. Wenn ich mich jetzt in den Matsch lege, dann ist es echt vorbei mit dem Spaß hier! Ich balanciere über regennasse Steine und patsche durch Pfützen, mein Scout hält mich immer mal am Oberarm fest oder am Handgelenk, und auch mein Guide hat so langsam verstanden, dass ich tatsächlich weit von “Bergziege” entfernt bin.
Und endlich sind wir am Aussichtspunkt angelangt. Dort sei kein Wasser im Wasserfall, aber der Ausblick sei dennoch schön. Nee, auf den rutschigen Felsen, von dem aus man den Ausblick sehen kann, klettere ich nicht noch! Definitiv nicht! Ich werfe einen schüchternen Blick durch eine Lücke im Gebüsch und trabe mit Todesverachtung wieder zurück.
Alle haben Angst vor mir. Oh Gott, ja, ich weiß, wenn ich wütend bin, dann können meine Blicke töten… Und Muller wird angerufen und muss mich telefonisch ein bisschen runterreden. Das schafft er. Der schafft sowieso alles, davon bin ich überzeugt. Wie schade, der Tag war so toll geplant, und dann macht das Wetter einen Strich durch die Rechnung! Ich schäme mich ein bisschen für meine schlechte Laune, kann sie aber leider nicht verbergen.
Die Simien Mountains entschuldigen sich bei mir mit einigen letzten Sonnenstrahlen auf die gewaltigen Felsklippen auf dem Rückweg zur Lodge und ich bin froh, sie nochmals so gesehen zu haben.
Ich sitze in der Lodge den Rest des Abends in der höchsten Bar Afrikas auf 3260 Metern, esse und trinke Wein, während die offenbar einzigen anderen Gäste, zwei Franzosen, es mir gleich tun. Immer wieder gießt und gewittert es, aber hier ist es nett. In einer Regenpause wechsele ich schon früh am Abend in mein schönes Zimmer. Aber halt, nicht so schnell. Eine hilfreicher Geist läuft mir hinterher und streckt mir etwas entgegen: “hot bottle!” lautet die Erklärung dazu, und ich finde es so unfassbar liebenswert, dass mir eine Wärmflasche überreicht wird, zusätzlich zu den 3 zusätzlichen Decken im nicht beheizten Zimmer bei um die 10 Grad Außentemperatur.
Wieder mal ist Zähneputzen mit Stirnlampe angesagt, das Wetter hat hier einiges still gelegt, der Strom scheint mehrere Stunden auszufallen, das Internet funktioniert hier leider auch nicht. Aber macht nichts, ich bin sowieso so unfassbar müde, dass ich fast 10 Stunden durchschlafe.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 01. Juli 2018, 00:12:18
Birgit, leider kann ich nicht alle Bilder sehen. aber die meisten und die sind beeidruckend. Noch beeindruckender sind aber deine Beschreibungen, sie sind vom Herzen geschrieben. Und ich mag, wie ehrlich du mit deinen Launen zu uns bist.
Ich habe in meinem Urlaub noch mehr meine Trekking Stöcke schätzen gelernt. Ich kann mir vorstellen, dass du die hättest gut gebrauchen können...
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 01. Juli 2018, 12:11:27
Moin Andrea,
ja, Trekkingstöcke wären da echt angesagt gewesen... Ich hatte mir ja in einer großen Aktion Wanderschuhe gekauft, und der Verkäufer hatte mir zu Stöcken geraten, die ich dann nicht genommen habe. Ich hatte die Vorstellung, dass es mich behindern würde permanent beide Hände voll zu haben.
Ich hatte aber auch gar nicht so sehr auf dem Schirm, dass ich nicht nur am Vulkan wandern muss. Am Vulkan hätten Stöcke in der Hand mich eher behindert, da ist die Wasserflasche "an der Frau" deutlich wichtiger. Hier wären sie sinnvoll gewesen.
Und ja, Reiseberichte haben für mich zweierlei Wert. Einmal geht es natürlich um rein sachliche Infos. Aber die rein sachlichen Infos bekommt man ja auch besser aus Reiseführern. Insofern ist es mir ein Anliegen Eindrücke zu beschreiben. Reiseberichte, in denen alles immer ausschließlich toll ist, machen mich dabei misstrauisch. Reisen an sich ist nunmal auch anstrengend, wenn man sich nicht nur all inclusive an den Pool legt. Viele neue Eindrücke, die verarbeitet sein wollen, anderes Klima, ein anderer Tagesablauf, man muss sich in Fremdsprachen verständigen, die nicht immer jeder der Beteiligten beherrscht usw.
Natürlich ist es auch in Äthiopien manchmal viel gewesen trotz meiner eher beschützten Reiseform. Das muss man wissen. Allerdings wundere ich mich auch ein bisschen darüber, dass offenbar die eine oder andere Beschreibung erschreckend wirkt oder zumindest krasser als ich es erlebt habe. Da frage ich mich schon, ob ich inzwischen wirklich so cool bin oder ob ich zu eindrücklich beschreibe, was ich so erlebt und mitbekommen habe. ;)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 01. Juli 2018, 14:38:44
Wow, was muss das bei klarem Wetter für eine Aussicht sein. :happy: ... Ich glaube hier vergisst man sehr schnell, das man auf über 3.000 m ist - und damit wäre auch meine Kondition gleich null beim Wandern, denn irgendwie ist dann dort immer zu wenig Luft. Das wird auch die Müdigkeit abends auslösen.
Noch beeindruckender sind aber deine Beschreibungen, sie sind vom Herzen geschrieben. Und ich mag, wie ehrlich du mit deinen Launen zu uns bist.
Stimme ich voll zu!!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: soenke am 01. Juli 2018, 14:43:45
Hallo Birgit,
springe verspätet mit auf, da ich selber gerade im Urlaub war.
Äthiopien ist nicht mein Reiseland. Zu viele Vorurteile wie Hungersnot, Krankheiten, Bedenken bei Sicherbeit, Fortbewegung, Essen, Unterkunft usw.
Dennoch habe ich angefangen deinen Reisebericht zu lesen und siehe da.
Bereits nach den ersten Tagen hast du es geschafft mit deinen Bildern und vor Allem Beschreibungen eine absolute Faszination für Äthiopien bei mir zu entfachen. Habe den Mund teilweise gar nicht mehr zubekommen wie z.B bei deiner Begegnung mit dem ungebetenen Gast im Restaurant.
Die Landschaft finde ich absolut toll, faszienierend und atemberaubend, auch wenn das Wetter in den Simien Mountains nicht das Beste war.
Die Begegnung mit den Affen war bestimmt ein tolles Erlebnis. Aber auch die Eindrücke, Beschreibungen und Bilder des äthiopischen Alltags finde ich total interessant.
Also ich begleite dich gerne weiter auf deiner abenteuerlichen Reise durch Äthiopien. Freue mich sehr.
LG Sönke
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: serendipity am 01. Juli 2018, 17:59:33
Und ja, Reiseberichte haben für mich zweierlei Wert. Einmal geht es natürlich um rein sachliche Infos. Aber die rein sachlichen Infos bekommt man ja auch besser aus Reiseführern. Insofern ist es mir ein Anliegen Eindrücke zu beschreiben. Reiseberichte, in denen alles immer ausschließlich toll ist, machen mich dabei misstrauisch. Reisen an sich ist nunmal auch anstrengend, wenn man sich nicht nur all inclusive an den Pool legt. Viele neue Eindrücke, die verarbeitet sein wollen, anderes Klima, ein anderer Tagesablauf, man muss sich in Fremdsprachen verständigen, die nicht immer jeder der Beteiligten beherrscht usw.
Natürlich ist es auch in Äthiopien manchmal viel gewesen trotz meiner eher beschützten Reiseform. Das muss man wissen. Allerdings wundere ich mich auch ein bisschen darüber, dass offenbar die eine oder andere Beschreibung erschreckend wirkt oder zumindest krasser als ich es erlebt habe. Da frage ich mich schon, ob ich inzwischen wirklich so cool bin oder ob ich zu eindrücklich beschreibe, was ich so erlebt und mitbekommen habe. ;)
Ich finde genau das, was du bezweckst kommt rüber - und das es vllt. an der ein oder anderen Stelle erschreckend wirkt, liegt doch immer an der Person des Lesers. Eindrücklich ist es aber und das macht den Bericht so fantastisch. Weiter bitte!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 01. Juli 2018, 18:01:24
Hmmmm, "abenteuerlich"... Ja, es war sicher ein Abenteuer!
Irgendwie wirkt jedes Ziel auf den ersten Blick abenteuerlich, wenn man es noch nicht kennt.
Und dann kommt man irgendwo an und es ist wie überall auf der Welt: Es wird einem ein Taxi angeboten, die Leute starren auf ihre Smartphones und irgendwo siehst du eine Reklame für Coca Cola, und spätestens dann merkst du, dass alles easy ist. Aber ich glaube, auf der ganzen Welt zu Hause bist du erst, wenn du das gar nicht mehr anders erwartest, was ja auch langweilig wäre. Also bewahre ich mir einfach, dass alles immer wieder ein neues Abenteuer ist.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Rainer am 01. Juli 2018, 19:20:39
Zur Sicherheit nochmal gefragt: Die Bilder seht ihr, oder??????
Nicht alle. Einige Bilder sind nicht zu sehen und da ist dann so ein Symbol wie ein "Durchfahrt verboten" Schild (Rot mit weißem Querstreifen), nur in Grau und nicht in Farbe. Keine Ahnung, warum, ich kann auch noch so oft refresh machen, es hilft nicht. Das Durchfahrt Symbol ist aber von Google Chrome, Firefox zeigt einfach gar nichts an.
Ich glaube, die betreffenden Bilder sieht keiner, es sieht nur nicht jeder den "Platzhalter". Konkretes Beispiel: wer sieht dieses Bild (s.u.)?
Zwischen hier... (https://lh3.googleusercontent.com/CkqmwblJMUdJDZBurycs-FR4ZeDdntJbB-DvXKeSHJZv27sa-5Soh-TApC4FRsjCkPCXjdjzUzIyjEbKWLKee3NE50WXs18QbwcPalZch48Jwz08H3fSHT5840r3-LdiLHWtqZhSw06o2PEfn2JigQTurreRoR2MNnexkww731jHb_0oiYr_SnHuXUl1r9y9qFzp4rYC3fF-7v5EcoBwhqjxvcoogMgjzqAjzSG0YopAjXT7IyZ8E3uR2n2sgN75kLiL3FRlmZMVeiKnaJxwdFpqunU4zu3BbZE5fwhIB6HM2ehUZJY8X0f69BYKPOnUX7G7p5b_HdZizgeMy2hdqAYiyWlw-csZLpx2M8VCeUSaIz7hPPLiRThkPBzYoNvZj_oppvGtRvPJtqiUcvrFRYawheESxhJdnbYo-zf_gytwrnfe1n_u4K4Qc1V98NDxsWWW3ZoBQ2BOeYcV5-lWehZiBLzH-QvCXBbjYb6lzZvYyGPCMGRot3UTkFAux_bF3A__JPBEaF0wUnGVaLdIitcgFE-xYeoeKWn71c2--c6qaozYAci8tz7JWwv5rCRLcjM_aPQbk4q9ZYPOEsZzvTj1HAfyPNSQWIauSGYq=w800-no) ... und hier müßte ein Bild zu sehen sein.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 01. Juli 2018, 19:42:14
Ich sehe es. Aber Firefox macht halt bei mir auch bei einigen Bildern das graue Durchfahrt verboten Schild
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Rainer am 01. Juli 2018, 20:47:39
Ich sehe es. Aber Firefox macht halt bei mir auch bei einigen Bildern das graue Durchfahrt verboten Schild
Wenn Du es siehst, aber wieder andere Bilder nicht, dann ist es leider ein undurchschaubares Problem der Google Bilderdatenbank. Vielleicht sollte Birgit (liest Du hier mit?) doch dazu übergehen, die Fotos bei abbload.de einzustellen. Da sind die Erfahrungen einschlägig und gut. Oder in unsere eigene Galerie. Aber bei Google bleiben irgendwelche Fotos aus nicht nachvollziehbaren Gründen hängen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Susan am 02. Juli 2018, 02:28:11
Uff, bin jetzt auch hinterher gekommen - bei der Reisehöhe bin ich halt nicht mehr so schnell ;)
Erstmal zu den Bildern: ich sehe fast alle, nur das Laden dauert länger und während dessen habe ich auch dieses "Durchfahrt verboten" Zeichen.
Vieles, was mir beim Lesen duch den Kopf geschossen ist, habe auch andere hier schon gesagt. Entschuldige also die Wiederholungen ;) Einige der Eindrücke sind überraschend: wie zum Beispiel Bäume und Schlösser; selbst mit den Bergen habe ich so nicht gerechnet. verflixte Vorurteile ::) Andere Eindrücke muss ich selbst nicht erleben.
Zitat
Natürlich ist es auch in Äthiopien manchmal viel gewesen trotz meiner eher beschützten Reiseform. Das muss man wissen. Allerdings wundere ich mich auch ein bisschen darüber, dass offenbar die eine oder andere Beschreibung erschreckend wirkt oder zumindest krasser als ich es erlebt habe. Da frage ich mich schon, ob ich inzwischen wirklich so cool bin oder ob ich zu eindrücklich beschreibe, was ich so erlebt und mitbekommen habe.
Ich weiß auch nicht, ob es an dem einen oder dem anderen liegt. Doch schon bei den Indienberichten fand ich es bewunderswert, wie abgeklärt (mir fällt kein besseres Adjektiv ein) du mit gewissen Erlebnissen umgehen kannst. Was ich nicht könnte... Nichtsdestotrotz interessant zu erfahren.
Die Affen jedenfalls hätten mir auch gefallen. Schade, dass die Sicht in den Bergen so trübe war. Ich stelle mir die sehr beeindruckend vor, auch den Wasserfall der grad nicht da war.
Bin gespannt auf mehr
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Paula am 02. Juli 2018, 08:17:24
Zur Sicherheit nochmal gefragt: Die Bilder seht ihr, oder??????
Ich glaube, die betreffenden Bilder sieht keiner, es sieht nur nicht jeder den "Platzhalter". Konkretes Beispiel: wer sieht dieses Bild (s.u.)?
Zwischen hier... (https://lh3.googleusercontent.com/CkqmwblJMUdJDZBurycs-FR4ZeDdntJbB-DvXKeSHJZv27sa-5Soh-TApC4FRsjCkPCXjdjzUzIyjEbKWLKee3NE50WXs18QbwcPalZch48Jwz08H3fSHT5840r3-LdiLHWtqZhSw06o2PEfn2JigQTurreRoR2MNnexkww731jHb_0oiYr_SnHuXUl1r9y9qFzp4rYC3fF-7v5EcoBwhqjxvcoogMgjzqAjzSG0YopAjXT7IyZ8E3uR2n2sgN75kLiL3FRlmZMVeiKnaJxwdFpqunU4zu3BbZE5fwhIB6HM2ehUZJY8X0f69BYKPOnUX7G7p5b_HdZizgeMy2hdqAYiyWlw-csZLpx2M8VCeUSaIz7hPPLiRThkPBzYoNvZj_oppvGtRvPJtqiUcvrFRYawheESxhJdnbYo-zf_gytwrnfe1n_u4K4Qc1V98NDxsWWW3ZoBQ2BOeYcV5-lWehZiBLzH-QvCXBbjYb6lzZvYyGPCMGRot3UTkFAux_bF3A__JPBEaF0wUnGVaLdIitcgFE-xYeoeKWn71c2--c6qaozYAci8tz7JWwv5rCRLcjM_aPQbk4q9ZYPOEsZzvTj1HAfyPNSQWIauSGYq=w800-no) ... und hier müßte ein Bild zu sehen sein.
Ich lese den Bericht am iPad und sehe dieses Bild nicht. Es sind aber nur ganz wenige Bilder die fehlen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 02. Juli 2018, 20:26:14
Die Berglandschaft ist sehr beeindruckend und die Affen irgendwie so unerwartet, bei Bergen und Wiesen denke ich automatisch an Kühe oder vielleicht Bären (in geringerer Anzahl). Deine schlechte Laune kann ich gut nachvollziehen, Regen und Matsch und wandern in der Höhe und dann umgeben von Einheimischen, für die das alles selbstverständlich ist und ohne Anstrengung gemeistert wird, da hätte ich mich sehr gestresst gefühlt.
Aber dein Zimmer war richtig hübsch und gemütlich und so eine Lodge mitten im nichts hat irgendwie immer ein besonderes Flair, da vergisst man dann den Ärger des Tages schnell wieder.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 03. Juli 2018, 08:18:06
Hallo ihr Lieben,
habe es gestern nicht geschafft den nächsten Tag einzustellen.
Dafür möchte ich euch noch mit dem Anblick meiner beiden Beschützer in den Simien Mountains von hinten erfreuen, solange ihr mit mir noch hier im Regen steht. Morgen in Axum wird das Wetter wieder besser, versprochen! :P
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 03. Juli 2018, 15:44:24
24.5.: Nach Axum
Heute soll es etwas später losgehen. Google Maps ist der Meinung, es sei nicht so sehr weit nach Axum, sodass ich mir ausrechnen kann, dass ich dort noch ein bisschen Zeit haben werde.
Vor dem Frühstück bleibt mir noch eine Stunde, in der ich ganz allein und ohne Begleitung ein bisschen um die Lodge herum spazieren gehe. Oh, das tut gut, in meinem Tempo ein bisschen herumzutrödeln, die Affen, die in Höhlen an den Abhängen hausen, schlafen offenbar leider noch.
Ein gutes Frühstück, und anschließend steht mein Scout draußen. Ich habe wohl am Vorabend gesagt, dass ich noch ein bisschen herumlaufen will, und da möchte er mich begleiten. Leider habe ich den Spaziergang ja schon hinter mir. Sorry, wusste ich nicht, dass du da bist. Aber - ganz ehrlich - ich war gerne allein unterwegs und habe mich auch nicht unsicher oder gar todesmutig gefühlt.
Am Ausgang des Parks steht wieder grüßend Mullers Vater, unverkennbar. Wir passieren den Ausgang, fahren wieder durch archaische Szenerien weiter, zunächst sehr mühsam über Pisten, sicher 2 Stunden lang. Im Grunde könnte ich alle paar Meter anhalten und fotografieren, aber ich habe irgendwie Scheu davor, aus dem Auto zu springen und einfach so Menschenbilder zu machen und beschließe einfach zu genießen.
Endlich ist Asphalt erreicht und Eshetu strahlt mich an: “Back to civilization!” Genau!
Nach 3 Stunden Fahrt hält er an: “Want drive?” Echt? Ich darf oder soll fahren? Gerne! Keine Ahnung, ob ich es einfach so darf, aber ich mache es.
An das etwas schwerfällige Reagieren des Autos beim Beschleunigen habe ich mich schnell gewöhnt. Die Straße schwingt sich kurvenreich nach oben und ebenso wieder nach unten. Ich hupe in Dörfern um Menschen zu warnen, umfahre gekonnt Kühe und Ziegen, und sobald Eshetu ein bisschen angespannt wirkt, verringere ich die Geschwindigkeit. Er kann es sicher am besten einschätzen. Das Hupen scheint ähnlich wie in Indien Kommunikation und nicht wie in Deutschland Ausdruck von Aggression zu sein: Kurzes Antippen der Hupe, Passanten weichen unmerklich zur Seite aus und ich weiß, dass sie mich wahrgenommen haben und sich in acht nehmen.
So langsam nach fast 3 Stunden Fahrt reicht es mir. In diesem Moment deutet Eshetu auf die Häuser vor uns mit der Bemerkung: “Axum.” Ich schaffe es noch nebenbei Google Maps nach dem Yeha-Hotel zu fragen und mich dorthin zu navigieren, weil Eshetu sonst zu oft fragen müsste. Ich glaube, heute habe ich den Adelsschlag erhalten. Eshetu findet ich sei “best driver”. Wir geben uns “high five”.
Axum ist fast so alt wie das Christentum und das axumitische Reich ebenso. Schnell nach dem Einchecken mache ich mich wieder auf den Weg die heute heilige Stadt zu entdecken. Bis zur Dunkelheit habe ich noch knapp 3 Stunden. Die will ich nutzen um mal alleine unterwegs zu sein, in Ruhe Leute zu gucken ohne die Aufmerksamkeit, das Gehör und den Blick immer auf einen Erklärmenschen zu richten.
Wir sind gerade schon mit dem Auto an den Stelen vorbei gekommen. Nun gehe ich zu Fuß vorbei. Die Stelen sind eigentlich Grabmale unterschiedlicher Herkunft, die teilweise nach ihrem Exil in Italien wieder hierher zurück verlegt wurden. Die Stelen sind aber nicht mein wesentliches Interesse, zumal ich auch ohne direkt zwischen den Stelen zu stehen deren Geschichte nachlesen kann.
Viel, viel interessanter finde ich die Kathedrale und das daneben liegende Kloster, in dem die Bundeslade streng bewacht wird von einem Mönch, dessen Lebensaufgabe das bis zu seinem Tod ist. Die Bundeslade ist das Behältnis, in dem die Tafeln mit den 10 Geboten aufbewahrt wurden, wie sie Moses von Gott übergeben wurden. Seit “Indiana Jones” kennen sie viele. Die Bundeslade ist heilig, und in ganz Äthiopien gibt es keine Kirche, in der sich keine Kopie der Bundeslade befindet. Kein Mensch hat sie je gesehen außer dem sie bewachenden Mönch. Und ja, ganz Äthiopien ist fest davon überzeugt, dass die Bundeslade existiert und hier gelagert wird, und so habe ich natürlich auch keinerlei Zweifel.
Und wollt ihr noch hören, wer sonst noch hier gelebt hat? Niemand geringeres als die Königin von Saba, die hier den ersten König der äthiopischen Königsdynastie gebar, die mit Haile Selassi zu Ende ging. Und das kam so: Die Königin von Saba reiste von Axum nach Jerusalem um König Salomon zu besuchen. Dieser verfiel ihr sofort und verschaffte sich mit einer List eine Affaire mit ihr. Aus dieser ging König Menelik I hervor, den die Königin von Saba in Axum gebar. Menelik selbst hat die Bundeslade später aus Jerusalem nach Axum gebracht.
Und nun wollt ihr wissen, wie man den oder die Angebetete gefügig macht? Versprich ihm oder ihr, ihn oder sie nicht anzurühren, sofern er oder sie nichts anrührt, was deins ist. Gib ihm oder ihr versalzenes Essen und stelle dein Eigentum, ein Getränk, ins Schlafzimmer des oder der Angebeteten. Nachts wird er oder sie es vor Durst nicht mehr aushalten und das Getränk - dein Eigentum - trinken. Und schon hast du, was du willst. Ganz einfach, oder?
Wieder mal gibt es ein Museum zu betrachten, in dem in nicht sehr schönen Vitrinen dicht an dicht Kostbarkeiten aufbewahrt werden: Kostbare Gewänder, Kronen, Bücher… Ich profitiere hier am meisten von dem Tipp, dass die moderne Kathedrale gleich geöffnet werde, dass ich dort dann das wertvolle Buch mit den aufwändigen Zeichnungen betrachten könne. Der Mitarbeiter kommt extra mit und aktiviert den Mönch mit der Schlüsselgewalt. Und außer mir betreten viele Pilger die Kathedrale, die bisher reglos auf den Stufen davor gelegen oder mit der Stirn an die Außenmauer gelehnt ihre Gebete verrichtet haben.
Der Mann geht mit mir zu dem kostbaren in Tücher eingeschlagenen Buch, und ich bin mir der Ehre sehr bewusst, die mir hier gerade zuteil wird. Vorsichtig berühre ich die kostbaren Seiten und wundere mich gleichzeitig, dass das überhaupt möglich und gestattet ist.
Das Haus der Bundeslade wiederum darf ich nicht betreten. Frauen sind hier tabu, hier dürfen nur Männer hinein, aber natürlich nicht bis zur Bundeslade. Von ferne schaue ich über die Mauer, die das Kloster umgibt. Vor der Mauer liegen Steine, auf denen sicher immer wieder die Neugierigen stehen um einen Blick zu erhaschen.
Es schließt sich ein Bummel durch den Ort an. Die Straßen im Zentrum sind nett gepflastert, viele Häuser sind bunt, die Atmosphäre ist ruhig, blühende Bäume säumen die Straßen. Zuerst treffe ich Eshetu, der auch noch nicht viel von Axum kennt und sich hier ebenfalls umsieht. Wir wechseln einige Worte, dann gehe ich meines Weges. Nun ist Leutegucken angesagt. Starrende und mich ansprechende Kinder werden hier deutlich unsanfter auf das hingewiesen, was sich gehört: Ein paar Jungs bekommen allen Ernstes von einem offenbar ihnen unbekannten Erwachsenen einen Tritt verpasst.
Ich halte mich noch eine Weile auf dem Gelände vor der Kathedrale auf: Ein umgekippter Rollstuhl liegt mitten auf dem Weg. Der Besitzer humpelt an Krücken hinter einem Priester her, der kaum vorwärts kommt, da immer wieder Pilger sich an seine Beine klammern. Das Gelände füllt sich mit überwiegend weiß gekleideten Pilgern, die auf die nahende Messe warten.
Unter dem großen Baum auf dem Platz vor dem Gelände mit der Kathedrale sitzen Menschen: Bettler, in der Bibel Lesende, Kinder, Familien. Mich erschreckt der Anblick des Mannes, der an eine alte Frau gekettet ist. Alle sind lieb zu ihm, er ist friedlich, aber offenbar weiß die alte Frau sich nicht zu helfen ohne die Ketten. Kinder spielen, betteln mich an, sprechen mich an. Zwei alte Männer sitzen ins Gespräch und ein Buch (die Bibel?) vertieft nebeneinander. Anderswo sitzt eine junge Frau unter einem Baum und bietet Buna, den starken und aromatischen äthiopischen Kaffee an.
An der Stelle: Noch eine Ähnlichkeit zu Indien: Es duftet immer nach irgendetwas. Hier duftet es oft nach Weihrauch, der beim Kaffee immer eine Rolle spielt, in Indien duftet es hingegen nach Räucherstäbchen.
Mir gefällt Axum gut. Die Stadt ist klein und übersichtlich, und ich bin froh, hier in Ruhe etwas herumwandern zu können. Warum Axum bei meinen Recherchen von mehreren als eher unspektakulär beschrieben wurde, erschließt sich mir nicht, ich mag die Stadt mehr als Gondar.
Zurück im Hotel esse ich gut auf der Terrasse mit Blick auf den Stelenpark und chatte ausgiebig. Mein Papaya”Saft” ist so dickflüssig, dass er mit Berg auf dem Glas bei mir ankommt. Das Bier hingegen ist angenehm flüssig und kühl. Meine Mahlzeit wird von der nicht enden wollenden Übertragung des Gottesdienstes in Blickweite unter mir begleitet.
Muller meldet sich, wie der Tag gewesen sei und auch Yihenew aus Bahir Dar fragt per Whats App. Ich schreibe ihm, der Tag sei toll gewesen, die Stadt selbst zu erkunden angenehm für mich. Yihenew fragt: “Aber warum, Birgit? Warum magst du keine Guides?” Ja, er hat Recht, es geht bei Guides nicht darum hinter jemandem herzutrotten, es geht darum, deren Kompetenz zu nutzen und bequem alle Fragen klären zu können, Sprachbarrieren zu überwinden, sympathische Begleitung zu haben, die die eigene Stadt kennt. Die gesunde Mischung macht es aber: Es muss Zeit und Raum bleiben für eigene Entdeckungen. Und ich denke an Elke, die letztlich in Berlin auch “Guide” ist und mir bei einem Treffen mal ihre bevorzugte Ecke gezeigt hat, was ein ebenso schöner und erlebnisreicher Tag gewesen ist wie hier beispielsweise der Tag mit Yihenew.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 03. Juli 2018, 18:04:30
Ein sehr interessanter Tag. Ich kann mich noch an die Bundeslade aus dem Religionsunterricht erinnern, ob dabei Äthiopien erwähnt wurde? Ich kann mich nicht erinnern. Axum macht einen ruhigen und friedlichen Eindruck, ich kann mir gut vorstellen, dass du dort, gerade nach dem eher unruhigen Tag davor, wieder etwas zur Ruhe gekommen bist.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 03. Juli 2018, 20:25:38
Ein sehr interessanter Tag. Ich kann mich noch an die Bundeslade aus dem Religionsunterricht erinnern, ob dabei Äthiopien erwähnt wurde? Ich kann mich nicht erinnern. Axum macht einen ruhigen und friedlichen Eindruck, ich kann mir gut vorstellen, dass du dort, gerade nach dem eher unruhigen Tag davor, wieder etwas zur Ruhe gekommen bist.
Wow, im Religionsunterricht habe ich von der Bundeslade noch nix gehört! Nun ja, ich stelle nicht infrage, dass diese selbstverständlich keine 100 Meter von meinem Aussichtspunkt entfernt in Axum in diesem Kloster liegt. Aber ich vermute mal, du hast eher gelernt, dass die Bundeslade verschollen ist ;)
Die Äthiopischen Legenden sind auch insgesamt ein bisschen anders als "unsere" Legenden.
Beispielsweise weißt du sicher auch, dass einer der heiligen drei Könige (Caspar) schwarz war. Der war Äthiopier. Da sind sich seine Landsleute sicher!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 03. Juli 2018, 21:29:06
Ich wollte euch noch ein bisschen an meinem Beisammensein mit den Affen teilhaben lassen:
https://youtu.be/N28Z3lEilXU
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 04. Juli 2018, 07:39:54
Ich wollte euch noch ein bisschen an meinem Beisammensein mit den Affen teilhaben lassen:
https://youtu.be/N28Z3lEilXU
Schade, das sehe ich leider nicht. aber ich konnte durch die Zitierfunktion an den Link kommen und ihn in einem gesonderten Fenster aufrufen. Man sieht gut, dass du scheinbar total uninteressant für die Tiere bist. Erstaunlich, denn ich dachte, die seien immer total neugierig.
Dass du selbst fahren konntest ist ja nett, wobei ich denke, dass man als Beifahrer bestimmt besser die Gegend wahrnimmt. Aber so eine kleine Herausforderung muss ja auch mal sein ;)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 04. Juli 2018, 08:03:01
Och, das Fahren war schon ganz OK und hat Spaß gemacht. Jeden Tag die ganze Strecke wäre mir zu viel gewesen, inzwischen kenne ich die Vorteile des Kutschiertwerden schon ganz gut und mag sie auch. In Indien habe ich auf eher langweiligen Strecken auch ab und an im Auto gepennt, das habe ich in Äthiopien nur zwei Mal getan oder so...
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 04. Juli 2018, 08:16:26
25.5. Nach Mekele
Als ich zum Frühstück gehe, höre ich ein Schwirren über mir und eine Schwalbe fliegt mehrfach gezielt meinen Kopf an. Das Hotel hat zwar ein super Restaurant, aber die Zimmer sind eher oll, sodass ich einen kurzen Moment darüber nachdenke, dass es doch hoffentlich nur eine leckere Mücke ist, die sich auf dem Weg vom Zimmer zum Frühstück in meinen Haarschopf verirrt hat als irgendwelche ungewöhnlicheren Delikatessen, die den Weg ans Licht normalerweise scheuen. Und überhaupt fiel die Dusche heute morgen aus. Aus irgendeinem Grund lässt die Dusche nicht mit sich reden und gibt kein Wasser her. Am Waschbecken geht es, aber darin kann man eben nicht duschen.
Pünktlich geht es los. Das Warm Up mit Eshetu ist nun auch endgültig abgeschlossen, und so sitzen wir einträchtig Seite an Seite, zwischen uns unsere Handys, die über das Auto geladen werden. Und immer, wenn Eshetu eins seiner häufigen Telefonate (Mulushewa=Muller, mother, brother, friend, Mulushewa, brother…) beendet hat, ist es mein Job es wieder anzustöpseln.
Während es vorher schon immer wieder offizielle “Checkpoints” mit über die Straße gespanntem Drahtseil gegeben hat, die ein bisschen aussahen wie die Rip-Off-Points in Mexiko, gibt es diese hier nicht mehr. Dafür winkt ein Verkehrspolizist. Eshetu hält an, es entspinnt sich ein Gespräch, in dessen Verlauf Notizen gemacht und Handys gezückt werden. Nanu, hat er was angestellt? Irgendwie scheint der Polizist sein Notizbuch zu vergessen, Eshetu schließt das Fenster und fährt weiter.
Auf meinen fragenden Blick deutet Eshetu auf das Notizbuch, zuckt die Schultern und sagt “message” und “Adigrat”. Nee, echt jetzt? OK, andere Länder, andere Sitten! Nach 2 Stunden Fahrt in Adigrat telefoniert Eshetu kurz und einen Augenblick später streckt der nächste Polizist Hand und Kopf zum Fenster rein und nimmt das Notizbuch entgegen…
Der Weg nach Mekele ist ziemlich weit, die letzte Etappe bis zum größten Abenteuer der Reise. Dennoch bleibt Zeit in der Tigray-Region noch eine Felsenkirche anzusehen. Wir finden mit Google Maps und vereinten Kräften den Weg nach Hawzien, wo wir eine Felsenkirche ansehen wollen, die Bejte Tekle Haimanot.
Diese steht inmitten eines alten Friedhofs mit Euphorbien und ist umgeben von einigen bunt bemalten modernen Gebäuden. Eshetu muss erst einmal ausfindig machen, wer hier aufschließen kann. Die Kirche selbst ist eher unspektakulär. Hmmm, da muss es besseres hier geben, aber das ist mühsam und mit Zeitaufwand und Wegen verbunden, sodass das vielleicht eher eine Möglichkeit gewesen wäre mit einer Übernachtung hier in der Nähe.
Auf dem Weg begegnet uns eine Gruppe junger Männer, offensichtlich Spätpubertät. Um es mit Loriot auszudrücken, einer von denen hielt es für notwendig mich “von hinten zu berühren”, was ich mit einem erbosten Blick quittiere und hoffe, der träumt noch mindestens drei Nächte von den tödlichen Pfeilen, die meinem Blick entspringen.
Nach Mekele sind es keine 2 Stunden Fahrt mehr. Ich gebe zu, einen Teil der Fahrt verschlafe ich.
Mekele ist auf den ersten Blick bei der Anfahrt nicht sehr anheimelnd: Wüste, Industrie, beige-grauer Sand. Ich checke im guten Axum-Hotel ein und sortiere mich erst einmal ein bisschen.
Mit zugegeben nicht sehr hohen Erwartungen gehe ich in Richtung Stadt und ich erlebe eine sehr angenehme Überraschung. Sehenswürdigkeiten im engeren Sinne gibt es hier nicht, aber einen überraschend gemütlichen und von Kneipen übersäten Stadtkern: Ausreichend ruhig, sauber, dennoch belebt. Sehr schön! Neben modernen und älteren Häusern gibt es Schatten spendende Bäume, bunt angemalte Häuser, großzügige Plätze in dieser boomenden Unistadt, in der an jeder Ecke gebaut wird.
Der Hunger nach Bildung scheint groß zu sein. An einigen Stellen der Stadt werden Bücher verkauft, diese sind wirklich umringt von Interessenten.
Ich bummele kreuz und quer, lasse mich ansprechen oder auch nicht, setze mich hier und da ein bisschen hin. “Ferenji, ferenji”, “I love you” und natürlich “money” höre ich wieder alle 5 Meter. Meistens lache ich und gehe weiter, die Betreffenden lachen auch.
Ich esse irgendwo noch Pizza und trinke Limo. Hier ist es schon recht warm, sodass ich auch viel Durst habe.
Recht früh bin ich am Hotel zurück. Morgen um 9 Uhr soll es losgehen in das größte Abenteuer von allen ans Ende der Welt. Die Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht: Online und “im echten Leben” habe ich einige Menschen nach dem Sicherheitsaspekt gefragt, die (teilweise auch länger) vor Ort waren und versucht mir mit Hilfe von Berichten im Internet einen Überblick zu verschaffen. Das Problem: Wie bei vielen Themen spielt hier Halbwissen und Hörensagen eine Rolle und manch einer vertritt vehement eine Meinung, die aber nicht durch Fakten fundiert ist. Das ist manchmal nicht leicht zu unterscheiden.
Heute stellt es sich mir so dar: Die Afar werden von den Äthiopischen Reiseveranstaltern respektiert und als Partner geschätzt. Man holt deren Genehmigung ein in das Afargebiet zu reisen, was auch durchaus etwas kostet. Die Afar stellen die Kamele und das Begleitpersonal und verdienen somit auch das benötigte Geld. Es gab 2012 und Ende 2017 jeweils Vorfälle, bei denen Touristen am Erta Ale zu Schaden kamen. Vermutlich waren das Deserteure oder aus Eritrea über die Grenze nach Äthiopien gelangte Rebellen. Seit dem Vorfall 2012 ist der Begleitschutz nötig, und Äthiopien legt darauf Wert, damit niemandem etwas passiert und damit das Land durch diese Vorfälle nicht in Misskredit gebracht wird.
Ich will mein großes Gepäck hier im Hotel lassen und brauche noch einige Zeit um meinen kleinen Rucksack zu packen, die Wanderschuhe bereit zu stellen, alles andere so in meiner Tasche unterzubringen, dass diese dann 2 Tage im Hotel bleiben kann. Es dauert eine Weile, bis ich das Chaos der auf meinem Bett ausgebreiteten Habseligkeiten sortiert habe und alles seinen Platz hat.
Mit in die Afar kommen: Wasch- und Zahnputzzeug inklusive eines kleinen Handtuchs, mein Seidenschlafsack und mein aufblasbares Reisekopfkissen, die Wanderschuhe, meine Crocs-Latschen, ein paar Riegel und Elektrolytbrausepulver, jede Menge trockene und feuchte Tücher mit und ohne desinfizierende Wirkung, die Stirnlampe, eine kleine Taschenlampe extra, Ohropax, Paracetamol, Imodium, Pflaster, Wundschutzcreme, Sonnencreme und Labello mit Sonnenschutz, ein großes Tuch und mein Buff gegen die Sonne und die Ausdünstungen des Vulkans, ein Haarband, das auch gut ist als Schlafbrille beim Schlafen, einige T-Shirts und Wäsche zum Wechseln, sowie meine solaraufladbare Powerbank.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 04. Juli 2018, 14:18:52
Oh ich bin schon ganz gespannt auf die Tour :happy:
Danke für die Videos. Die Affen dabei zu beobachten ist nochmal ganz was anderes als nur die Photos. Die Autovideos kann ich leider nicht so richtig genießen, da wirds gern ... :kotz: ... viel schlimmer als wenn ich selbst im Auto sitze
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 04. Juli 2018, 18:13:51
Die Studenten in Mekele scheinen überwiegend männlich zu sein, zumindest sind auf den Fotos im Gegensatz zu dem Tag davor, fast keine Frauen zu sehen.
Das Holzgerüst am Hochhausbau ist interessant, zeigt aber wohl auch, wie arm das Land ist, dass man nicht mal Eisen (Metall?)gerüste zur Verfügung stehen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 05. Juli 2018, 08:24:47
Ja, das stimmt, es sind oft mehr Männer als Frauen unterwegs...
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 05. Juli 2018, 20:18:40
26.5. In die Dallol - the adventure begins
Mit einer geringen Verzögerung geht es heute los. Ich stehe mit Rucksack und einem Beutel mit meinen Wanderschuhen, mit voll aufgeladenen Akkus und jeder Menge Angespanntheit bereit.
Das Büro von World Sun Ethiopia Tours, mit denen Muller zusammen arbeitet, ist direkt gegenüber des Axum-Hotels. Ich sehe dort eine kleine Gruppe Leute stehen, sicher meine Gruppe. In unseren Kofferraum wandern dutzende Flaschen Wasser. Puh, eine Sorge weniger, ich werde wohl nicht verdursten.
Zwei weitere Autos werden beladen mit den anderen Mitreisenden. Ob sie wohl irgendwie zusammen gehören? Keine Ahnung! Bei uns steigt Gere ein, unser Guide: Vor Energie und Lebensfreude strotzend, strahlende Augen, in alle Richtungen abstehende lustige Rastas, eine Mischung aus unumstößlicher Zuversicht, Leichtigkeit und Gelassenheit.
Er lacht gerne, das sieht man. Im Verlaufe der beiden folgenden Tage wird er unzählige Male den einen Handrücken in die Handfläche der anderen Hand hauen, dabei fast zusammenbrechen vor Lachen um dann wieder mit blitzenden Augen unter seinen Rastas aufzutauchen.
In diesem Moment ruft Muller an. Er weiß von mir, dass ich Schiss vor der Tour habe und hat alles dazu getan, dass ich mich wohl fühle. Er hat mir alles erklärt, hat mich nochmals wegen der Sicherheit beruhigt und will mir nun noch viel Spaß an den kommenden beiden Tagen wünschen. Und ich kann ihm nach 2 Minuten Kontakt mit Gere sagen, dass ich mich sehr, sehr freue, dass er hier ist und dass ich mich spätestens jetzt absolut geborgen fühle auf der Tour. Allerdings: Dieses energiegeladene Paket Mensch mit dem Körperbau eines Langstreckenläufers und der Agilität eines Derwischs wird uns und besonders mir ganz sicher davonrennen und vermutlich innerhalb von 1:30 auf dem Vulkan stehen!
Dass Gere nicht nur ein humorvoller Spaßvogel ist, sondern auch geistig was auf dem Kasten hat, finde ich in der ersten viertel Stunde Gespräch heraus. Er erzählt mir schon einmal, wie die beiden Tage ablaufen werden und beschreibt mir die Strecke zum Erta Ale und die zu erwartenden Temperaturen. Er schaut erschrocken auf meine Füße in den Crocs und fragt, ob ich andere Schuhe dabei habe und inspiziert offenbar mit gutem Ergebnis meine Wanderschuhe. Aha, du hast immer alles im Blick, Gere? Das ist gut so! OK, alles in Ordnung, chiger yelem (kein Problem).
Bei einer Pause nach einer Stunde Fahrt stellen die Insassen der anderen beiden Autos und ich uns einander vor: Ein deutsches Pärchen, das in Addis für einige Zeit arbeitet, ihre beiden Schwestern, was man auf den ersten Blick sieht. eine Französin und eine Amerikanerin, die die vier Deutschen auch irgendwie kennen, eine junge Frau aus Singapur, die in Addis als Ingenieurin arbeitet und ein US-Amerikaner mit indonesischen Wurzeln, der in Dubai lebt und arbeitet: Alle nett und umgänglich, das wird schon!
Mittagspause unterwegs bei mittlerweile schon 38 Grad, es gibt Reis mit Gemüse. Ein viertes Auto schließt sich an, und es geht weiter bergab in die Salzwüste, in die Dallol. Die Landschaft wird karger. Auf immer noch guter Straße geht es zwischen beigebraunen Bergen hindurch, wir verlassen die Hochebene und sind irgendwann an einer der tiefsten Stellen der Erde, 115 Meter unter dem Meeresspiegel.
Gere springt aus dem Auto und läuft an einer Forschungsstation, einem Camp aus Containern, um die herum Hütten stehen, von Hütte zu Hütte auf der Suche nach den beiden Bewaffneten, die uns ab hier in die Dallol begleiten müssen. Endlich sind sie gefunden.
Es geht nun über eine schwarze Schotterpiste weiter, rechts und links breitet sich die Salzwüste aus. Irgendwann geht es ohne Piste über das trockene Salz.
In der Ferne eine Reihe schwarzer Punkte, sicher irgendwelche Felsen oder so. Aber nein, wir nähern uns den Punkten, und diese bewegen sich. Es handelt sich um eine endlos erscheinende Karawane. Kamele, Esel, Kamelführer ohne Ende. Ich kann es kaum fassen und quietsche völlig aus dem Häuschen auf. Begeistert springen wir aus den Autos, und Eshetu ist der einzige der Fahrer, der hieran ebenfalls Interesse hat und auch aussteigt.
Der heiße Wind, die Geräusche der laufenden Menschen und Tiere, die weite Sicht, die Kamelführer, die teilweise trotz der Hitze springen, scherzen, singen und uns auch manchmal nach Geld fragen, die Rufe, mit denen die Tiere gelenkt werden, wenn sie nicht brav in einer Reihe gehen wollen.
Ich kann die Zeit nicht schätzen, die wir hier stehen und Kamele und Esel aus allen möglichen Perspektiven fotografieren. Gere sagt hinterher, er habe sich erkundigt. Es habe eine gewisse Wahrscheinlichkeit gegeben eine Karawane zu treffen, aber es gehöre auch viel Glück dazu. Wir haben Glück gehabt. Egal, wie es heute und morgen weiter geht, alles andere kann doch nur noch Bonusmaterial sein!
Denkste! Bonusmaterial? Das war erst der Vorfilm. Wir heizen in Kolonne wieder über die endlos erscheinende Salzwüste. Plötzlich färbt der Untergrund sich ockergelb. Wir halten.
Gere ist plötzlich recht streng und gibt klare Anweisungen: “Walkingshoes, sunprotection and at least one bottle of water! We walk about 15 minutes, we can stay up to one hour depending on the temperature.” Gere inspiziert sorgfältig alle Schuhe und, wie er mir später verraten wird, hat er genau einen Blick darauf, wer hier wie zurecht kommt um abzuchecken, wer mangels Fitness “Kamelkandidat” für den Aufstieg zum Erta Ale ist.
Einige im eher amerikanischen Stil mit Basecap und einige im Stil “Lawrence von Arabien” mit Tuch über dem Kopf, alle miteinander gehen wir los, ganz leicht aufwärts. Um uns herum die beiden Bewaffneten und Gere. Wir sollen unablässig trinken. Soooo heiß ist es aber heute nicht mit “nur” 47 Grad und heißem Wind wie unter einem Fön.
Im eher dürftigen Schatten eines Felsens erhalten wir noch ein kurzes Intro zu dem, was uns erwartet: Nur auf den trockenen Stellen bleiben, denn die ohnehin schon giftig aussehende Flüssigkeit sei Säure und nicht sehr gesund, alle bleiben zusammen.
Die Jüngste der drei Schwestern schwächelt. Es ist wohl die Hitze, sie hat “Kreislauf”, und sie will wieder zu den klimatisierten Autos. Ihre Schwester nimmt sie an die Hand, Gere will einen der Bewaffneten mitschicken, das wollen die beiden nicht zwingend, ich gebe ihr noch ein Päckchen Elektrolyte mit. Wir machen uns mit Gere auf den Weg zum Mars mit den Pools und den bunten Gesteinsformationen in giftgrün, schwefelgelb und rostbraun.
Auch mich haut es um, zum Glück nicht wegen der Hitze, sondern weil ich so schwer beeindruckt bin von dieser unwirklichen Umgebung, dass ich heute schon das Gefühl habe, es ist gar nicht wahr gewesen, dass ich dort gewesen bin!
Gere lässt es keine Ruhe, er geht nach den beiden Mädels schauen, die beiden Bewaffneten weisen uns währenddessen den Weg zu den etwas abgelegeneren Stellen. Auch Miss Singapore geht zurück, sie hält den berühmt-berüchtigten Geruch nach faulen Eiern nicht aus. Und als später noch Miss France den Rückzug antritt, schließe ich mich an. Die anderen bleiben noch ein paar Minuten.
Eshetu ist wirklich lieb. Er kommt mir schon mit einer frischen Wasserflasche entgegen. Ich muss inzwischen aussehen, als ob ich gleich explodiere, aber mit meinem wassergetränkten Buff auf dem Kopf kühle ich mich so langsam wieder runter.
Alle sind wieder da. Gere schaut, ob es allen gut geht und weiter geht es. Unsere Jüngste hat sich auch wieder bekrabbelt und berichtet, dass alle sich sehr lieb um sie gekümmert haben.
... und fahren dann abschließend noch zu einem Salzsee, während das Licht sich schon nachmittäglich rosa färbt und sich in den Wasserlachen spiegelt. Hier wird Wasser aus dem Roten Meer hochgedrückt.
Es geht auf zu einer längeren Fahrt in einem Dorf, das schon wieder etwas höher gelegen und somit kühler ist. Wir übernachten dort in einem “Homestay”. Wir freuen uns darüber, dass es nochmals eine richtige Toilette gibt und sogar eine Dusche, yippieh! Die Tour Company hat alles dabei: Matratzen, Decken, Tische und Hocker für uns alle, eine Köchin, Geschirr, sämtliche Lebensmittel, jeden Tropfen Trink- und Nutzwasser.
Als wir ankommen und alle vier Autos im abgeschlossenen Hof geparkt sind, erwarten uns schon ein hergerichteter großer Raum für uns 9 Touristen mit Matratzen und das Abendessen mit Suppe, Injera mit vegetarischen Soßen und Obst zum Nachtisch. Und das erste Mal seit der Uni übernachte ich mit Fremden in einem Raum, aber zwischen uns ist die Stimmung gut und freundschaftlich. Jeder quatscht noch ein bisschen mit jedem, vorwiegend auf Englisch.
Ich mache es mir nach einer Dusche gemütlich mit meinem Schlafsack und dem Kopfkissen, mit Ohropax und meinem Haarband als Schlafmaske und bin sehr, sehr schnell eingeschlafen, während einer nach dem anderen duschen geht, Miss Singapore noch eine Feuchtigkeitsmaske auflegt und Miss America ihre frisch gewaschenen Haare entwirrt. Einer nach dem anderen kommt zur Ruhe. Wir sind alle voll von Erlebnissen und wissen, dass es morgen anstrengend wird, sodass wir alle uns auf nochmals eine recht komfortable Nacht freuen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: soenke am 05. Juli 2018, 20:31:35
Weiterhin interessante Eindrücke aus Äthiopien. Nach der vielen Fahrerei bin ich jetzt echt gespannt auf das grösste Abenteuer dieser Reise. :)
Ich habe mal gegoogelt mit Erta-Ale-Vulkan, wo du wahrscheinlich hingehst. Dort gab es in der Vergangenheit einige Angriffe von Touristen, auch mit Toten. Soll aber in der jüngsten Vergangenheit ein eher sicherer Ort geworden sein.
Bin sehr gespannt auf die Landschaft und wie es dir dort ergangen ist.
Jetzt warst du schneller. :(
Wie schon auf Google Bildern vorher gesehen. Eine absolut bizarre und unfassbare Landschaft. Diese Farben sind echt genial und du hast es live miterleben und sehen dürfen. Ich beneide dich sehr. 8) 8)
Befremdlich sind trotzdem deine Schilderungen mit dem bewaffnetetn Geleitschutz. Ich wüßte nicht, ob ich so entspannt hätte alles geniessen können. Aber Sicherheit geht vor. Die Hitze hast du auch überstanden.
Die Übernachtung im Homestay kam bei dir gut an mit einer Dusche. :D
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 05. Juli 2018, 20:40:14
Ich war zwar schon im Yellowstone und der bietet ja auch schon Wahnsinnsfarben. Ich war im Death Valley in Badwater und kenne das Gefühl von oben bis unten einen wirklich heißen Fön zu spüren. Aber das hier,was du uns zeigt, ist der Oberhammer! Bis jetzt hätte ich alles so mitgemacht. Aber den Aufstieg zum Erta Ale, da habe ich echten Respekt vor. Ich bin sehr gespannt!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 05. Juli 2018, 20:48:04
Zitat
Befremdlich sind trotzdem deine Schilderungen mit dem bewaffnetetn Geleitschutz. Ich wüßte nicht, ob ich so entspannt hätte alles geniessen können. Aber Sicherheit geht vor.
Och, weißt du, da sind ein paar mehr freundliche Menschen (Afar) um dich herum, die dich neugierig ansehen und dir ab und zu mal einen Tipp geben. Der einzige Unterschied ist, dass die eben eine Wumme dabei haben.
Wenn du bei irgendeinem Event in Deutschland bist, beispielsweise auf einem Stadtfest, einem Konzert oder einer Sportveranstaltung, sind da auch in aller Regel Polizisten. Und die tragen, wenn ich mich recht erinnere, zumindest manchmal auch Waffen. Machst du dir da dann auch Gedanken oder findest es gar unheimlich?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 05. Juli 2018, 20:56:22
Andrea, ich hatte sooooo einen Respekt vor dem Erta Ale.
Gere meinte hinterher auf der Rückfahrt, ich sei zu Beginn für ihn Kamelkandidatin gewesen. An der Dallol sei ich aber so ausgeschritten, dass er keinerlei Zweifel mehr gehabt habe, dass ich da oben auch zu Fuß ankomme. Der hat den Tag echt genutzt um abzuchecken, ob da jemand Probleme bekommen würde.
Manch einer beschreibt das als das Anstrengendste, was er in seinem Leben getan habe. Ich fand den Aufstieg letztlich schon anstrengend, aber zumindest bei Gere wurde Rücksicht genommen. Ich durfte das Tempo vorgeben. Und dreimal etwas geschnauft innerhalb einer Minute, und er hielt an und meinte, ob ich eine Pause wolle.
Keine Ahnung, ob es bei den großen Massenveranstaltern, die in Gruppen mit 40 Leuten da hochgehen, auch so ist, bei World Sun Ethiopia und ganz sicher auch, wenn Muller Marelign selbst mit Gruppen geht, kannst du sicher sein, dass du nur hochgeschickt wirst, wenn du eine Chance hast anzukommen.
Rückblickend: Ich würde jederzeit wieder hochmarschieren und habe es durchaus auch tatsächlich vor. Der Vulkan präsentiert sich wohl immer mal auch in verschiedenen Zuständen, das will ich sehen! Und als ich dort hoch bin, war ich wirklich in einer meiner bedenklichsten körperlichen Verfassungen!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 05. Juli 2018, 21:01:23
Weißt du zufällig, wie viele Höhenmeter es dort hoch waren?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 05. Juli 2018, 21:08:18
Weißt du zufällig, wie viele Höhenmeter es dort hoch waren?
Die Angaben sind unterschiedlich. Sie schwanken zwischen 500 und 700 Metern. Ich denke, man ist am Basecamp zwischen 100 und 200 Metern hoch, der Vulkan selbst ist 700 Meter hoch. Man geht knapp 10 km (9,7 km). Die ersten 1 bis 1,5 km sind etwas anstrengend, weil es (flach) durch Sand geht. Dann geht es mehr oder weniger ohne oder mit nur unwesentlicher Steigung über felsigen Untergrund. Die letzte vielleicht dreiviertel Stunde geht es dann erst ziemlich aufwärts.
Meine Horrorvorstellung war, dass ich von den 2,5 bis 3 Stunden vorher KO sein würde und dann schwächele und nicht mehr hoch komme, aber man darf auch nicht unterschätzen, wie motivierend es auch in der Gruppe war und vor allem, welchen Antrieb der zu erwartende Anblick gegeben hatte.
Ich war echt erstaunt, dass ich mich die ganze Tour durch ziemlich frisch und körperlich fit gefühlt hatte und auch keinen Muskelkater hatte.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: soenke am 05. Juli 2018, 21:12:14
Zitat
Wenn du bei irgendeinem Event in Deutschland bist, beispielsweise auf einem Stadtfest, einem Konzert oder einer Sportveranstaltung, sind da auch in aller Regel Polizisten. Und die tragen, wenn ich mich recht erinnere, zumindest manchmal auch Waffen. Machst du dir da dann auch Gedanken oder findest es gar unheimlich?
Ja, da hast du recht. Garantierte Sicherheit gibt es nirgendwo mehr auf der Welt.
Wahrscheinlich ist man in dieser phantastischen Landschaft dann doch abgelenkt und man nimmt den Geleitschutz gar nicht mehr wahr.
Bin gespannt auf den Anstieg zum Erta Ale.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 05. Juli 2018, 21:14:50
Ich habe neulich 300 Höhenmeter bewältigt, teilweise recht steil. Da habe ich öfters mal pausieren müssen. Und da waren es vielleicht 20-25 Grad... Respekt, Birgit!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Rainer am 05. Juli 2018, 22:32:21
Und da waren es vielleicht 20-25 Grad... Respekt, Birgit!
25 Grad? Mit Verlaub, das schaffst Du nicht. Das ist OBERMEGASTEIL. Das entspricht auf einer Entfernung von 100m ca. 45m Höhe. Bei uns wird die Steigung in Prozent angegeben, 100% heißt auf 100m Entfernung auch 100m Höhe, in Grad sind das 45 Grad Steigung. 25 Grad ist irrsinnig steil.
Bei 300m Höhe bedeutet das, die zu laufende Strecke wäre ca. 710m weit gewesen, das sind 25 Grad.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 05. Juli 2018, 22:33:26
Ich meinte die Temperatur, sorry. :o
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 05. Juli 2018, 22:38:02
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Rainer am 05. Juli 2018, 22:42:09
Auch gut.... :totlach:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 06. Juli 2018, 10:24:08
:happy: Hammer :sabber: Diese Farben :toothy9: Diese Landschaft :frech: .... ehrlich gesagt fehlen mir grad die Worte ... außer. ICH WILL DA HIN!!! :sabber:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 06. Juli 2018, 10:39:38
:happy: Hammer :sabber: Diese Farben :toothy9: Diese Landschaft :frech: .... ehrlich gesagt fehlen mir grad die Worte ... außer. ICH WILL DA HIN!!! :sabber:
Ja, das ist jeden Schweißtropfen und jede Unbequemlichkeit wert.
Und als ich zurück war, habe ich mich gefühlt, als könnte ich Bäume ausreißen: "Raus aus der Komfortzone" war eine gute Entscheidung!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 06. Juli 2018, 12:01:17
27.5. Zum Erta Ale - the adventure continues
Miss Singapore und ich sind als erste schon gegen 6 Uhr wach und setzen uns nach draußen und quatschen. Vielmehr: Sie hat ein großes Mitteilungsbedürfnis. Aber wie sie in Addis Abeba gelandet ist und wie das Leben dort ist, ist ja auch interessant. Alle anderen schlafen noch, die fünf Jungs (Gere und die Fahrer) liegen in Schlafsäcken unter freiem Himmel und fanden es dort kalt. Miss Singapore und ich sind uns einig, dass es da sicher sehr angenehm war im Vergleich zu dem etwas warmen Zimmer, in dem wir geschlafen haben. Erst gegen 8 Uhr stehen die anderen auf, die scheinen allesamt einen gesegneten Schlaf zu haben!
Ach ja, und die Köchin ist auch schon eine Weile aktiv, sodass es kurz nach 8 Uhr Frühstück gibt mit leckeren Pfannkuchen mit süßen Aufstrichen, Rührei und Obst.
Es dauert noch eine Weile, bis es losgeht. Die Autos müssen erst mit der ganzen Ausrüstung beladen werden. Währenddessen stehen wir im Hof herum und lassen uns von den Kindern des Dorfes bewundern und bewundern unsererseits wiederum diese. Besonders ein Mädchen hat es mir angetan, die sich mit ihren anmutigen Zügen und grazilen Bewegungen zu einer wahren Schönheit entwickeln wird. Der King ist aber unser amerikanischer Mitreisender, der einen kleinen Fotodrucker dabei hat und jedem Kind ein aktuell geschossenes Foto überreicht.
Wir lernen noch ein bisschen Dorfleben kennen und gehen zu Fuß zu einem Café im Ort. Sinn davon ist zwei weitere Mitreisende zu treffen, die heute erst in Mekele eingetroffen sind. Die beiden sitzen schon da, dummerweise Dummschwätzer, besonders einer der beiden, beginnt jeden Satz mit “Hey, maaaaaan…” und hat so ein dämliches Dauergrinsen im Gesicht wie aus einem satirischen US-Comic. Der andere ist eine Mischung aus Naturbursche und Partylöwe und scheint immerhin etwas mehr Einfühlungsvermögen zu haben.
An der Stelle spaltet sich die Gruppe innerhalb von Minuten. Während die amerikanischen Mitreisenden das ertragen oder vielleicht auch gerne mitmachen, Miss France sich denen anschließt und sogar ein Krausnäschen zieht und flirtet, wende ich mich meinen Landsleuten zu, die ebenfalls auf dem Rückzug sind, Miss Singapore pendelt so ein wenig zwischen beiden Polen hin und her, schließlich sitzt sie mit allen anderen, die nicht deutsch sind, in einem Auto.
Nun ja, zunächst geht es noch sicher 2 Stunden über die geteerte Straße und ich habe mein Auto mit Gere für mich. Gere kennt kurz vor dem Abzweig auf die Piste genau die beiden Bäume, die bei den hier schon mehr als 40 Grad Schatten spenden für die Mittagspause. Die Köchin hat schon Nudeln und Gemüse vorbereitet, und direkt nach dem Essen geht es weiter.
Miss France meint auf dem Dach sitzend weiter reisen zu müssen. Gere wird sehr streng und fordert den Fahrer des Autos mehrfach per Walkie Talkie auf sie sofort ins Auto zu holen. Nach 5 Minuten gehorcht er endlich und Gere ist wieder ruhig.
Zunächst geht es über recht ordentliche Pisten durch Sand und zwischen kilometerweiten Lavafeldern hindurch. Nach einer Stunde sind wir bei einem Militärcamp aus Containern angekommen, in dem wieder die Suche nach dem lokalen Guide beginnt und wieder zwei Bewaffnete der Afar Police zusteigen. Es ist inzwischen brütend heiß, wieder um 45 Grad, und ich habe etwas Sorge, ob ich die knapp 10 Kilometer Wanderung zum Krater bei der Hitze schaffe.
Vor uns liegt eine abenteuerliche Fahrt zum “Basecamp”, quer über Lavafelder, teilweise steil und stufig wie Treppen. Hier hat das Fotografieren aus dem fahrenden Auto so gar keinen Sinn. Ich frage mich unterwegs, warum ich Eshetu nicht engagiere um mich in Erfurt in meinen vierten Stock zu fahren. Manchmal halte ich mir aus Spaß die Hände vor die Augen. Aber Eshetu, der selbst noch nie hier war, fährt wie der Teufel. Und Gere hat irgendwo ein paar Zweige Khat aufgetrieben und gibt mir ein paar Blätter zum Probieren, was ich aber zur Belustigung aller nach 2 Minuten angeekelt ausspucke.
Es steigen aber zunächst im Militärcamp der Afar-Mann mit warmen, wachen und neugierigen Augen bei uns ein, ein schweigsamer “local Guide” (Gere: "Don’t expect him to speak english. Of course we know the way, but we have to accept him, because they need the business”) und zu meiner Verwunderung ein Kind, meiner Schätzung nach vielleicht 3 Jahre alt, aber angeblich schon fast 5 Jahre alt. Das ist das Alter, in dem Kinder in Äthiopien üblicherweise zu arbeiten beginnen. Und es ist offenbar das Alter, in dem Kinder sich allein auf Reisen machen.
Niemand weiß, wie der kleine Mann vom Basecamp, in das wir nun fast 2 Stunden offroad fahren werden, hierher gekommen ist. Er sitzt erst wach, dann schlafend zwischen Gere und dem local Guide und reagiert nicht, sagt kein Wort, zeigt weder Angst noch Neugier, egal ob Gere versucht ihn ein bisschen zu provozieren, zu necken oder lieb mit ihm zu reden. Auch auf meine Handvoll für alle nach hinten gereichten Bonbons reagiert er nicht, nicht einmal, als Gere fragt, ob er nicht zu mir Ferenji “amasegenallu” (danke) sagen will. Kurz vor der Ankunft sagt Gere noch zu ihm, das sei gefährlich, was er gemacht habe, er solle es bitte nicht wieder tun. Und dann spricht der Kleine den einzigen Satz der Fahrt: “Ich werde es wieder machen” und wackelt davon. Ich habe ihn nicht wieder gesehen und auch nicht die Mutter, die angeblich hier im Basecamp lebt.
Das Basecamp besteht aus einer Reihe einfacher Hütten, bei denen Steine zu Mauern aufgeschichtet wurden und eine Plane als Dach darüber gebreitet wurde. Toiletten? Lauf einfach 90 Sekunden dort hinten hin hinter die Bäume. Wir setzen uns in den Schatten. Die Köchin stellt uns Melone hin, die beiden amerikanischen Dummschwätzer schwatzen dumm, wir warten auf das Abendessen und alle packen ihre Sachen zusammen, die sie für die Nacht am Krater brauchen. Die Kamele werden beladen mit Matratzen, Decken und Wasser.
Nach dem Abendessen (Suppe, Nudeln mit würziger Soße und Gemüse, Obst) geht es kurz vor Sonnenuntergang los. Jeder soll 2 bis 3 Liter Wasser mitnehmen und ein Tuch um die Ausdünstungen des Vulkans nicht direkt einzuatmen. Eshetu geht als einziger der Fahrer mit. Ich habe ihn gefragt bzw. fast darum gebeten. Er kennt den Vulkan noch nicht. Und während ich Ferenji in meinen knöchelhohen Wanderschuhen wieder 3 Flaschen Wasser, meine Stirnlampe und jede Menge unnützen Kleinkram mit mir herumtrage, steht das Naturkind kraftstrotzend in seinen stylischen Sneakern und mit einer angebrochenen Wasserflasche in der Hand und dem Handy in der Hosentasche schon da und will los. Taschenlampe? Ach wo, der Mond scheint doch! Gere tauscht Eshetus angebrochene Flasche gegen eine volle aus, und Eshetu geht mit Gere vorweg und erkennt den Weg, wo ich nur Felsen erkenne, die einer wie der andere aussehen.
Der Weg ist knapp 10 Kilometer lang. Die Temperaturen sind übrigens wirklich gut auszuhalten. Es ist warm, aber nicht heiß, angeblich zwischen 25 und 30 Grad, es geht Wind, sodass niemand übermäßig ins Schwitzen kommt. Die ersten etwa 20 Minuten geht es etwas anstrengend durch Sand, dann geht es mehr oder weniger flach oder nur unmerklich ansteigend über felsigen Untergrund, erst die letzte vielleicht dreiviertel Stunde geht es merklich bergauf zum Kraterrand, insgesamt sind es wohl 600 Höhenmeter. Eigentlich braucht man 3 bis 3,5 Stunden. Aber da ich derzeit leider mal wieder Lebendhöchstgewicht aufweise und nicht sehr fit bin aufgrund von etlichen Infekten innerhalb des letzten halben Jahres darf ich das Tempo vorgeben. Wir brauchen länger und sind nach knapp 4 Stunden oben mit 4 oder 5 Pausen zwischendurch. Dass man irgendwann auf etwa halber Strecke einen feuerroten Lichtschein am nächtlichen Himmel sieht, motiviert jedoch ohne Ende, auch wenn es so aussieht, als ob es noch mindestens 20 Kilometer weit sei.
Der Partylöwe-Dummschwätzer schwächelt mehr als ich. Offensichtlich hat er gestern Abend durchgesoffen und ist dann gleich ins Flugzeug gestiegen. Unsere Jüngste muss gekümmert werden. Sie ist gestürzt und hat eine kleine Schürfwunde an der Hand. Und ich bin irgendwie die Mama der Nation und darf Traubenzucker, Elektrolyte und Pflaster verteilen.
Endlich sind wir oben in einem “Militärlager”. Dieses besteht aus vielen etwa 30 cm hoch mit aufgeschichteten Steinen abgeteilten Parzellen und einer Art erhöhtem Ausguck. Die Toiletten? Da hinten, geh einfach irgendwie in diese Richtung dort...
Vor uns liegen nur noch ein paar Minuten, in denen wir erst abwärts in den Krater gehen und dann über erkaltete Lava bis zum Höllenschlund. Jede Müdigkeit ist in diesem Moment wie weggeblasen, es liegt eine angespannte und erwartungsvolle Stille über uns allen. Vor uns liegt roter Nebel, der aus dem Krater aufsteigt. Gere gibt sehr, sehr klare Anweisungen und zählt offenbar unablässig durch, ob noch alle da sind.
Außer unserer Gruppe ist nur noch ein japanisches Paar unterwegs, das jedoch offenbar schon schläft. Die sind auch etwa 1 Stunde vor uns im Basecamp gestartet.
Der Vulkan ist ein intensives Erlebnis für alle Sinne. Wir nähern uns vorsichtig der Kante und stehen direkt vor dem Tor zur Hölle. Die Lava ist rot-orange, beißende saure Dämpfe steigen auf und nehmen uns buchstäblich die Luft zum Atmen. Der Vulkan kann sich in verschiedenen Zuständen präsentieren, heute schauen wir in kochende Lava, nur leider liegt meistens Rauch darüber.
Gere schießt los und sucht eine rauchfreie Stelle, an der man die vulkanische Aktivität sehen kann und findet eine. Er warnt vor den beißenden Dämpfen, die schwallweise aufsteigen und die Luft abschneiden. Er sagt Bescheid, wenn eine solche Wolke kommt. Dann sollen wir uns abwenden und nahe an den Boden kauern, dass die Dämpfe über uns hinwegziehen und ein Tuch vor Mund und Nase nehmen. Nicht rennen, den Gasen kann man ohnehin nicht entgehen und die Unfallgefahr ist auf der brüchigen, porösen, löchrigen Lava mit den scharfen Kanten groß.
Mir bleibt aber vor allem von dem Anblick der Atem weg. Gelbe Linien schießen durch die Lava. Leider kann man es kaum fotografieren, selbst mit einer ordentlichen Kamera nicht. Ohnehin bin ich in diesem Moment so intensiv dabei, so fasziniert und aufgeregt, dass das Fotografieren sowieso keine Option ist für mich. Ich habe das Aufregendste erlebt, was die Erde zu bieten hat, ich kann aufhören zu reisen.
Eshetu scheint es ähnlich zu gehen. Wir stehen ergriffen gemeinsam am Krater nur etwa einen Meter vor der Abbruchkante und starren in die unheimliche Tiefe und beobachten das krasse Schauspiel, das sich uns bietet. Er passt gut auf mich auf, fasst mich an der Hand, “careful, careful!” Mein Gott, in Deutschland würde man nie, nie, nie im Leben so nah herangehen dürfen!
Ich wurde hinterher gefragt, ob es nicht unerträglich heiß dort war. Ich erinnere mich nicht, zu viel Input! Aber ich glaube, es war nicht heiß. Ich frage im Nachhinein zur Sicherheit Gere, warum es nicht heiß gewesen ist: Der Krater ist zu tief, die Hitze verflüchtigt sich, bis sie oben ist.
Wir verlassen gemeinsam den Krater und gehen zurück zum Lager, wo inzwischen Matratzen und Decken ausgebreitet sind. Wir hauen uns hin, so wie wir sind, es wird mehr ein Nickerchen unter freiem Himmel als ein richtiger Nachtschlaf. Die Decke braucht man hier oben schon, denn bei etwa 20 Grad geht auch Wind, zu frisch, wenn man nur da liegt.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 06. Juli 2018, 15:06:19
(http://gifwelt.info/wp-content/uploads/s-happy-cheesy.gif) Einfach nur Wahnsinn!!! (http://gifwelt.info/wp-content/uploads/s-reaktionen-ohnmacht02.gif)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 06. Juli 2018, 18:04:33
Ein wirklich sehr beeindruckendes Erlebnis! Aber ich gebe ehrlich zu, dass mich das trotz deiner mitreißenden Schilderung nicht reizen würde. Ich wandere ja super gerne, aber bei normalen Temperaturen und möglichst nicht in der Gruppe. Auch die vorherige Übernachtung im Homestay wäre gar nichts für mich gewesen. Da würde ich mich einfach nicht wohlfühlen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 06. Juli 2018, 19:04:44
Ein wirklich sehr beeindruckendes Erlebnis! Aber ich gebe ehrlich zu, dass mich das trotz deiner mitreißenden Schilderung nicht reizen würde. Ich wandere ja super gerne, aber bei normalen Temperaturen und möglichst nicht in der Gruppe. Auch die vorherige Übernachtung im Homestay wäre gar nichts für mich gewesen. Da würde ich mich einfach nicht wohlfühlen.
Hm, ja, ich hatte genau wegen solcher Sachen vor der Reise Bedenken und fast schon überlegt, ob ich die Tour abblase und die übrige Zeit anders im Land verbringe...
Letztlich war es kein Problem und - wie gesagt - das Herauskommen aus der Komfortzone hatte ungeahnte Effekte auf mich. Das Ganze war in gewisser Weise eine Challenge, bei der die Mischung aus Adrenalin und dem Gefühl wieder mal eine persönliche Grenze geknackt zu haben, bei mir zu völlig ungeahnten und unerwarteten Höhenflügen geführt hatten.
Und nichts hat mir mehr vor Augen geführt, was für ein verwöhntes und im Grunde lebensuntüchtiges Menschenkind ich bin mit dem Effekt, dass ich tatsächlich auf der Reise wieder mal ein Stück Genügsamkeit gelernt habe und mich seither wieder ausdrücklich um mehr Fitness bemühe.
Ich habe unterwegs gar nicht mehr über Komfort und Wohlfühlen nachgedacht. Man ist müde, eine andere Option gibt es nicht. Da haut man sich einfach hin und pennt, so wie man auch im Flugzeug keine andere Möglichkeit hat als nahezu an Wildfremde gekuschelt im Flieger oder in irgendwelchen Abflugbereichen beim Umsteigen zu pennen, wenn man eine lange Reise vor sich hat.
Die Wanderung ist tatsächlich kein Genuss, schließlich geht man bei Dunkelheit hoch. Sie dient einzig dazu auf den Vulkan zu kommen, und die Lust diesen zu sehen treibt dich hoch. Auf dem Rückweg hat man schon Zeit der eher bizarren Landschaft einen Blick zu schenken, aber auch da geht es darum vor der Hitze wieder unten zu sein und nicht darum Ausblicke zu bestaunen und "haaaach, ist das schööööön" zu seufzen.
Dass es nicht zwei Nächte lang keine Dusche und kein Klo gab, hat mich eher angenehm überrascht, es war anders angekündigt.
Was mich - offen gestanden - mehr bedrückt hatte, war die Frage, wie es mit den inneren Zwängen und dem, was Frauen so immer mal ereilt, laufen würde. Irgendwie haben dann wir alle, obwohl einander völlig fremd, völlig ungeniert entsprechende Themen miteinander besprochen. Aber offenbar hatten mein Körper und meine Psyche da noch mehr Bedenken als mein Geist und vorsorglich fast alle Funktionen eingestellt... Okay, wahrscheinlich mehr Informationen als ihr so wollt, aber das war echt ein Thema dort!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 07. Juli 2018, 09:57:42
28.5. Mehr Erta Ale und zurück nach Mekele
Wecken ist um 4.30 Uhr. Wir gehen noch einmal zum Krater in der Hoffnung auf eine bessere Sicht hinein. Die drei Schwestern bleiben gleich liegen, der Party-Dummschwätzer und Miss Singapore drehen schon am Kraterrand um, worauf Gere ein wenig verzweifelt reagiert, kehrt macht und sich davon überzeugt, dass sie wieder angekommen sind, da verlässt er sich nicht auf die Info der anderen in der Gruppe. Das kapiere ich nicht: Da stolpert man nachts 10 Kilometer hier hoch, zahlt eine Menge Geld dafür, ist bei 45 Grad Hitze länger als 24 Stunden ungeduscht, um dann lieber noch eine halbe Stunde zu schlafen, obwohl man nur noch 5 Minuten Weg hat?
Heute geht es mit dem Wind und dem Gestank. Man kann besser in die Lava schauen und auch die Ausdünstungen aus dem Höllenschlund halten sich in Grenzen. Wieder stehen Eshetu und ich gebannt Hand in Hand am Kraterrand. Toll ist auch zu beobachten, wie es langsam hell wird.
Die Japaner haben offenbar einen weniger versierten Guide und Gere geht extra los um sie zu der Stelle zu holen, wo man viel sieht. Der Mann kommt in unsere Nähe, Eshetu greift zur Vorsicht auch nach seiner Hand. Wir erwarten, dass er ebenso verzückt und fasziniert wie wir in die Lava schaut. Er sagt “yes”, wirft einen kurzen Blick in den Krater und wendet sich nach einer Sekunde mit einem “Thank you” und einem höflichen Lächeln ab. Eshetu und ich können uns nur erstaunt und kopfschüttelnd ansehen.
Leider ist die Zeit viel zu schnell vorbei. Gere drängt zum Aufbruch, damit wir wieder unten sind, bevor die große Hitze kommt. Er macht ziemlich Action mit dem Aufräumen und Zusammenräumen. Er nimmt gewissenhaft alle unsere leeren Wasserflaschen mit und auch alle anderen, die hier noch herumliegen und in den Müllsack passen. Es gibt für jeden noch einen halben Liter Mangosaft und ein Päckchen Kekse - Kohlenhydrate für den Abstieg - und eine Flasche Wasser für unterwegs. Und wir gehen um 6 Uhr runter, ich vorneweg mit Eshetu, der wieder einen Weg sieht, wo ich nur Steine vor Augen habe.
Im Laufe des Weges werde ich langsamer. Erstens geht es nicht mehr so schön bergab, dann wird es wärmer, die letzten 20 Minuten durch den anstrengenden Sand in der schon ziemlichen Hitze werfen mich zurück, bis alle dann kurz nach 8 Uhr im Basecamp angekommen sind. Nach Kaffee, Pfannkuchen, Rührei und Obst ist wieder Action angesagt, alles wird verpackt, auch die Touristen, und wir fahren zurück zum Containerdorf und geben unsere Afar-Begleitung ab.
Unterwegs neben der Piste ein LKW, der hat eine Panne. Sich hier in dieser lebensfeindlichen Umgebung zu helfen, ist eine Selbstverständlichkeit. Weil aber nicht immer Hilfe da ist, es keinen Handyempfang gibt, fährt man hierher normalerweise nicht allein, sondern immer im Konvoi. Die Jungs beraten sich, zwei von ihnen legen sich unter den LKW und zurren etwas fest. Da hat sich beim Fahren der Tank oder die Ölwanne locker gerüttelt und muss befestigt werden.
Wir sind wieder auf Asphalt und fahren noch ein kurzes Stück in die “falsche” Richtung. Unser Ziel ist ein großer See mit einem Salzgehalt fast wie das Tote Meer. Vorher wird aber im Nachbardorf die Köchin abgeladen, die das MIttagessen vorbereitet.
Am Salzsee sind wir alle erst einmal unentschlossen. Badesachen hat eigentlich niemand dabei. Auch steht ein Einheimischer da, der mit dem Handy fotobereit sehr, sehr interessiert wirkt an den Ferenji, die halbnackt ins Wasser steigen. Aber nach und nach macht jeder sich auf in das “kühle” Nass, das fast Badewannentemperatur hat. Ich lasse Leggings und Shirt an, alles andere wäre Peep-Show, und ähnlich machen es die meisten. Ich habe ja noch eine Garnitur frischer Sachen dabei.
Um das Salz loszuwerden kann man in eine heiße Quelle direkt daneben gehen. Hier kann ich - wenn auch ohne Shampoo - Salz und Staub aus meinen Haaren waschen und hoffe, auch diese Vulkanausdünstungen, die sich offenbar in meinem Körper angesammelt haben, ebenfalls loszuwerden, aber natürlich verschwindet dieser sehr spezifische sauer-scharfe Vulkangeschmack nicht von meiner Zunge…
In Holzverschlägen am See kann man sich umziehen. Und los geht es ein paar Minuten Fahrt ins nahe Dorf zum Essen. Nach 2 Tagen nur mit teewasserwarmem Wasser gibt es superluxuriös eine richtig kalte Coke, das zischt! Um mich herum nur glückliche Gesichter. Und superschnell trennen sich nach dem Essen unsere Wege. Einige von uns müssen heute noch von Mekele aus abfliegen, nur die beiden Dummschwätzer und ich bleiben in Mekele.
Aber Gere bleibt uns noch bis Mekele erhalten. Er erklärt mir nochmals die Besonderheiten der äthiopischen Zeitrechnung: “You guys call it 7, we call it 1, you guys call it 12, we call it 6, and we are on the 2010, but you guys are 2018, so we are 8 years back. And we celebrate Ethiopian new year on the 11th or 12th September. It is too complicated, right?” Aber nach fast 2 Wochen in Äthiopien habe ich mich schon längst an die “falsch gehenden” Uhren gewöhnt und finde es auch cool, dass ich hier 8 Jahre jünger bin.
Der Abschied ist herzlich, und im Hotel schicke ich ihm sofort das Selfie von ihm, Eshetu und mir.
Und dann kommt der zweitbeste Luxus des heutigen Tages nach der Coke zum Mittag: Eine echte Dusche im Hotel mit gut duftendem Shampoo und Seife und eine Stunde auf dem komfortablen Bett!
Die beiden vergangenen Tage haben aus Eshetu und mir Freunde gemacht, und so verabreden wir uns für abends zum Bier. Wir können zwar nicht viel miteinander reden, aber wir sehen gemeinsam unsere Fotos an.
Ich bin völlig happy, es gibt nichts, was ich mir heute noch wünschen könnte! Lieber Gere, du hast einen riesengroßen Fan in mir gewonnen. Großen Respekt vor allem, was du bist und vor allem, was du machst!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 07. Juli 2018, 10:08:36
Ich glaube, Eshetu ist richtig froh, dass du ihn mit auf den Vulkan genommen hast. Kein Wunder, dass ein solches Erlebnis euch verbunden hat!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 07. Juli 2018, 10:23:14
Er wurde auch von Gere sehr gelobt, dass er nicht so faul und desinteressiert ist wie die anderen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 07. Juli 2018, 11:47:16
Hallo Birgit,
bis hierhin ein toller Bericht einer sehr intensiven Reise, bei der man als Leser beim Mitverfolgen auch sehr intensive Eindrücke bekommt. Ich denke für jeden wäre es bei der letzten Etappe im Vorfeld zu entscheiden, ob man sich die Strapazen antut und ob der eigene Körper da mitspielt. Altersbedingt auch nicht jeden Tag gleich. Wenn der Kreislauf schlappmacht kann man nichts machen. Man muss sich selbst gut kennen und einschätzen ob man mit der Hitze klar kommt. So ungewöhnlich die Umstände um so ungewöhnlicher, ja sensationeller die Gegend. Wären die Umstände einfacher wären da sicher ein Heer von Asiaten mit Selfiesticks unterwegs ....
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 07. Juli 2018, 12:09:55
Die drei Schwestern bleiben gleich liegen, der Party-Dummschwätzer und Miss Singapore drehen schon am Kraterrand um. Das kapiere ich nicht: Da stolpert man nachts 10 Kilometer hier hoch, zahlt eine Menge Geld dafür, ist bei 45 Grad Hitze länger als 24 Stunden ungeduscht, um dann lieber noch eine halbe Stunde zu schlafen, obwohl man nur noch 5 Minuten Weg hat?
Die Japaner haben offenbar einen weniger versierten Guide und Gere geht extra los um sie zu der Stelle zu holen, wo man viel sieht. Der Mann kommt in unsere Nähe, Eshetu greift zur Vorsicht auch nach seiner Hand. Wir erwarten, dass er ebenso verzückt und fasziniert wie wir in die Lava schaut. Er sagt “yes”, wirft einen kurzen Blick in den Krater und wendet sich nach einer Sekunde mit einem “Thank you” und einem höflichen Lächeln ab. Eshetu und ich können uns nur erstaunt und kopfschüttelnd ansehen.
Ich glaube einfach, das viele Menschen das Staunen verlernt haben :'(
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 07. Juli 2018, 13:28:49
bis hierhin ein toller Bericht einer sehr intensiven Reise, bei der man als Leser beim Mitverfolgen auch sehr intensive Eindrücke bekommt. Ich denke für jeden wäre es bei der letzten Etappe im Vorfeld zu entscheiden, ob man sich die Strapazen antut und ob der eigene Körper da mitspielt. Altersbedingt auch nicht jeden Tag gleich. Wenn der Kreislauf schlappmacht kann man nichts machen. Man muss sich selbst gut kennen und einschätzen ob man mit der Hitze klar kommt. So ungewöhnlich die Umstände um so ungewöhnlicher, ja sensationeller die Gegend. Wären die Umstände einfacher wären da sicher ein Heer von Asiaten mit Selfiesticks unterwegs ....
Danke, Horst! Du weißt ja sicher, dass das mit den Fotos nichts ist, wo ich Talent oder Ehrgeiz entwickelt hätte, insofern hoffe ich immer sehr mit Worten vermitteln zu können, wie es sich dort anfühlt...
Und ja, mit der letzten Bemerkung hast du absolut Recht. Insofern kann ich froh sein, dass die Messlatte hoch hängt und ich die Ecke so relativ exklusiv erlebt habe.
Angeblich sind es auch die Afar, die bisher verhindert haben, dass echte Lodges bzw. Hotels dort gebaut wurden und mehr Komfort möglich ist... Als dort in der Nähe der Dallol ein Containercamp gebaut wurde, in dem Geologen Bodenproben analysieren usw., wurde übrigens dort ein Sendemast aufgestellt um zu ermöglichen, dass die Expats dort bei ihren Aufenthalten Internet und Telefon zur Verfügung haben. Das hat einerseits mir ermöglicht von der Dallol aus eine SMS zu verschicken nach Hause, dass alles OK ist, andererseits hat es wohl merklich das Zusammenleben der Afar beeinflusst, bei denen nun auch Smartphones eingezogen sind.
Das Einschätzen, ob ich mir das zutraue und das Herausfinden, was dort wie abläuft, war im Vorfeld übrigens gar nicht so einfach. Deshalb meine recht ausführliche Schilderung der genauen Abläufe. Ich hoffe, wer so etwas sucht, stolpert über diesen Reisebericht und findet die gesuchten Infos.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 07. Juli 2018, 13:33:55
Silvia, bei den Japanern, die für ihre Tour ohne Gruppe sicher etwa 1500 USD hingelegt haben, ging es möglicherweise nur um das Abhaken, dass sie dort gewesen sind...
Bei denen aus unserer Gruppe kapiere ich es überhaupt nicht. Die Jüngste der drei Schwestern war ein bisschen zart besaitet. Warum dann alle drei liegenblieben, erschließt sich mir nicht, obwohl die auch sonst immer zusammen saßen, sogar Hand in Hand geschlafen haben...
Die drei haben übrigens beim Aufstehen den Schreck ihres Lebens bekommen: Es ist wohl sehr ungewöhnlich, dass Touristen dort "unbeschützt" alleine liegen. Als die aufgewacht sind, standen vor ihnen 4 ratlose Soldaten und gucken sie an :lach:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: soenke am 07. Juli 2018, 20:01:54
Deine Besteigung des Erta Ale ist bestimmt ein unvergessliches Erlebnis gewesen. Deine Schilderungen können gut vermitteln, wie intensiv, aufregend und emotional du dich gefühlt hast.
Einen aktiven Vulkan kann man natürlich auch einfacher auf Hawaii erleben, aber die Begleitumstände und das unbekannte Äthiopien lassen diesen Vulkanbesuch wohl einzigartig wirken und das ohne viele andere Touristen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 08. Juli 2018, 09:53:07
29.5. Nach Lalibela
Beim Frühstück genieße ich noch einmal das Internet, das ich nun 2 Tage lang nicht hatte. Nicht zu fassen, wie sehr ich mich in den letzten Jahren davon abhängig gemacht habe. Umso besser, dass es hier einfach nicht immer verfügbar ist. An so ziemlich allen Orten gibt es gute und schlechte Zeiten und Tageszeiten, zu denen im Hotel WLAN zur Verfügung steht. Und mein GlocalMe funktioniert hier auch nicht. Gut, dass es noch so geht ohne jede Minute online zu sein...
Die Fahrt ist lang. Wir werden nahezu den ganzen Tag unterwegs sein. Auf der Fahrt werde ich ganz still und bin so froh, dass ich so unsagbar Schönes erleben darf, dass ich aus einem Land komme, in dem ich mir das Reisen leisten kann, dass mein Pass einer der mächtigsten Pässe der Welt ist und mir das Reisen in so viele Länder problemlos ermöglicht. Eine tiefe Dankbarkeit breitet sich in mir aus. Eshetu, so still er auch oft ist, scheint das zu spüren und dreht die Musik zwischendurch nicht ganz so laut auf. Dass mir zwischendurch immer noch von Ergriffenheit über die Erlebnisse der letzten Tage die Tränen laufen, bekommt er jedoch nicht mit...
Zwischendurch eine Kaffeepause in einem kleineren Ort. Hier gibt es den Kaffee, wie es sich gehört mit Weihrauch dazu und mit Gras auf dem Boden.
Das Kaffeetrinken ist ohnehin hier im Land von großer sozialer Bedeutung. Man besucht sich gegenseitig, der Kaffee wird nach bestimmten Regeln zubereitet und nach bestimmten Regeln getrunken. Ausreichend Zeit, Grashalme, Weihrauch und die typische Kanne gehören immer dazu, oft wird Popcorn dazu gereicht. Übrigens gehört der Weihrauch selbst im Café im Terminal eines Provinzflughafens dazu.
Und so besucht man sich in seiner festen Kaffeerunde in den Dörfern reihum und trinkt überall Kaffee, bespricht die großen und kleinen Probleme des Alltags. Und so wird das Kaffeetrinken quasi zum Therapieersatz und zur Selbsthilfegruppe.
Die Landschaft wird grüner, doch leider ist es ziemlich diesig. Wir fahren durch sehr ländliche Gegend, besonders auf der letzten Stunde fahren wir durch Dörfer. Kinder laufen neben dem Auto her. Mein Gott, wie die rennen können! Der eine oder andere wird dann vielleicht der nächste berühmte Langstreckenläufer. Ich kann meine Amharisch-Kenntnisse aufpeppen: “Caramella” (Bonbon) und “Scribito” (Kugelschreiber) werden verlangt und natürlich “money”, aber ich bleibe hart.
Auch Kinder der Dritten Welt sollen zur Schule gehen und nicht so früh schon lernen, dass man anders ein bequemes Leben haben kann. Und so finde ich es wichtiger vertrauenswürdige Organisationen vor Ort zu unterstützen, die dafür sorgen, dass die Spende dort landet, wo sie hilfreich ist. Übrigens führt auch Muller einen gewissen Prozentsatz seines Gewinns an ein Dorf in den Simien Mountains ab um die dortige Schule zu unterstützen. Das finde ich großartig und unterstützenswert. Leider habe ich bisher keine Möglichkeit gefunden mich dort dranzuhängen, außer mit sehr teuren Überweisungen aus dem Ausland ist da leider derzeit nichts möglich.
Und da wir gerade bei schwierigen Themen sind: Nicht, dass bei meinen schwärmerischen Beschreibungen der Eindruck entsteht, dass Äthiopien das bisher unentdeckte Paradies ist. Natürlich hat das Land Probleme.
In so manchem Dorf liegen bergeweise Plastikflaschen, die mit Sicherheit nicht fachkundig entsorgt werden. Am Erta Ale warf einer der Einheimischen vor unser aller Augen seine leere Flasche in hohem Bogen in die Landschaft, und auch Eshetu ließ das eine oder andere Mal sein Bonbonpapier aus dem Fenster flattern.
Laut Statista konnte 2015 etwa die Hälfte der Erwachsenen Äthiopier nicht lesen und schreiben, während mir andererseits so strebsame und gebildete Menschen begegnet sind, und eine gute Arbeitsstelle nach deren Auskunft auch für Gebildete nicht selbstverständlich ist.
Das Land hat ein riesengroßes Trinkwasserproblem. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung hat Zugang zu sauberem Trinkwasser, und der Tourist (auch ich) mosert, wenn mal kein ausreichender Wasserdruck auf der Leitung liegt.
Dürre, Wasserknappheit, Armut, Bettelei, Hunger, Krankheiten sind keine Themen, mit denen man sich gerne konfrontiert sieht, aber dennoch sind sie hier Realität und können und dürfen nicht ignoriert werden und dürfen gerne auch hier ihren Platz haben. Dennoch sind sie nicht das ganze Land, auch wenn diese Themen das Bild vieler von diesem Land prägen.
Das Land braucht - wie so viele Entwicklungsländer - das Geld, das unter anderem auch Touristen ins Land bringen, und die Menschen vor Ort brauchen auch Geld. Daher ist mir schon klar, dass ich für den einen oder anderen ein ATM auf zwei Beinen bin, dass ich mit Sicherheit nahezu durchgehend Preise genannt bekomme, die um ein Vielfaches höher sind als ein Einheimischer sie zahlt. Und natürlich ist das anstrengend sich immer wieder Gedanken machen zu müssen, ob ich hier oder da genügend oder unangemessen viel Trinkgeld gegeben oder für etwas zu viel bezahlt habe. Aber immerhin kann ich mir durch meinen Reisestil und meine Reiseorganisation ein “hasslefreies” Reisen ermöglichen und mich somit voll auf das Land einlassen, es in mich aufsaugen und aus vollem Herzen ein gutes Wort für das Land einlegen um andere zu ermutigen es ebenfalls zu besuchen, sodass dem Land auch dadurch wieder etwas Gutes getan wird.
Meine persönliche Meinung: Unterstütze ich lokale Unternehmer statt großer deutscher Reiseveranstalter, gebe ich im Land mein Geld aus, zudem deutlich weniger als wenn ich die großen deutschen Agenturen beauftrage. Lasse ich mich einerseits nicht übers Ohr hauen und setze mein Geld so ein, dass es mir das bestmögliche Reiseerlebnis gibt und möglichst viel von dem Geld, das es mich kostet, ins Land bringt, entsteht eine Win-Win-Situation. Danach handele ich seit Jahren, egal, ob es um Asien, die Karibik oder jetzt auch Äthiopien geht. Und wieder mal bin ich gut damit gefahren! Voraussetzung ist natürlich eine vernünftige Recherche, damit ich auch Qualität bekomme und nicht vor Ort im Stich gelassen werde.
Und mit diesen Überlegungen komme ich in Lalibela an. Das Hotel Tukul Village liegt an einer Straße, wo es ein paar wenige Restaurants und sogar eine nette Kneipe gibt, etliche Souvenirshops. Ich gehe ein wenig durch den Ort und kaufe weiße Webschals als Souvenirs.
Bei meiner Rückkehr zum Hotel sitzt Eshetu dort und bei ihm der Guide Masresha, der mir morgen Lalibela zeigen wird. Das Restaurant des Hotels ist laut Masresha gut. Ich bestelle mir etwas zu essen und lade ihn und Eshetu zu einem Bier ein, aber Masresha will kein Bier und geht nach Hause. Eshetu und ich sitzen einträchtig einander gegenüber. Das Essen hier ist wirklich super, das Internet gut. Was will ich mehr?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Susan am 08. Juli 2018, 12:42:32
Wow, was für ein tolles Erlebnis dieser Vulkanbesuch. Wie Sönke schon schreib , konnten wir das auf Hawaii etwas einfacher erleben. Allerdings kann ich mir umso lebhafter vorstellen, wie es da oben wohl sein mag. Die Wanderung hört sich dagegen sehr anstrengend an :respekt: dass du die gemeistert hast. Hatte mich schon gewundert, wie man bei den Temperaturen auf nen Berg steigen kann, nachts geht es natürlich 8)
Die Salzwüste finde ich auch sehr interessant, Höhepunkt war da natürlich die Karawane. Diese Landschaft der letzten Tage entspricht eher dem, was ich von Äthiopien erwartet hätte.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Paula am 08. Juli 2018, 21:51:35
ich bin ja ein totaler Vulkanfan, in Japan war ich mal auf einem aktiven Vulkan oben (leider bei strömendem Regen) aber bei 45 Grad bringen mich keine 10 Pferde vor die Tür, egal was es draußen zu sehen gibt. Ich bewundere deine Physis! Irgendwann fahre ich nach Hawaii und schau mir Vulkane für Schlaffis an ;) im Dunkeln in die rote Glut zu schauen stelle ich mir total faszinierend vor. Wenn man schon oben ist und dann im Schlafsack liegen bleibt kann ich mir auch agr nicht vorstellen. manche Touris sind schon seltsam. Von Äthiopien kannte ich bisher keine Vulkanbilder sondern so Schluchtenbilder von einem Graben, da gibt es doch eine Stelle wo Äthiopien vom afrikanischen Kontinent abbricht. Ist das da in der Nähe?
Die "weiblichen" Probleme kann ich mir gut vostellen. In China konnte man tagsüber meistens auch nicht auf eine richtige Toilette gehen, da muss man den Darm "abschalten". Aber 2 Tage ist schon hart. Gibt es da denn nicht mal Dixi Klos? das finde ich schon seltsam wenn nicht mal ein Minmum an Infrastruktur installiert wird an so einem touristischen Hotspot...
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 08. Juli 2018, 22:02:30
Ich glaube, in ganz Äthiopien wirst du kein einziges Dixi-Klo finden... Äääääh, ob es wohl Dixi-Hockklos gibt? Man kann oft froh sein überhaupt ein Klo zu finden. Wenn es dann noch eine verschließbare Tür und Licht drin und fließendes Wasser hat, ist das schon etwas Besonderes.
Man könnte ja im Grunde auch in Europa einen aktiven Vulkan besuchen, den Stromboli.
Ich muss mich mal in Sachen Vulkane genauer belesen. Die sind wohl alle ganz unterschiedlich. Der Erta Ale ist ein Schildvulkan, der wohl 2017 irgendwann das letzte Mal übergekocht ist. Ansonsten ist es einer der wenigen (oder der einzige, bei dem eine Besichtigung möglich ist) permanente Lavasee der Welt, und zwar schon seit 100 Jahren oder so...
Die 45 Grad habe ich mir schlimmer vorgestellt übrigens. Man sitzt einen Großteil der Zeit im klimatisierten Auto. Und wenn man draußen ist, geht Wind. Ich habe so Situationen im Kopf, bei denen ich schon mal dachte, die Sonne schmilzt mir das Hirn weg und es bleibt nichts als ein etwas schmieriger Ascheklecks zurück auf dem Boden, wenn das dann irgendwann von oben nach unten durchgeglüht ist. Das war auf Puerto Rico. Und in Kochi war es so dermaßen feuchtheiß, dass ich nach 10 Minuten Besichtigung jeweils wieder ins Auto geflüchtet bin. Aber am Vulkan war es für die etwas kürzeren Momente auszuhalten.
Gere hatte aber vor ein paar Tagen per Whats App berichtet, er sei dann noch einmal bei 53 Grad und einmal bei 56 Grad dort gewesen. Das war selbst ihm zu heiß!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 11. Juli 2018, 22:36:16
30.5. Lalibela
In Lalibela wurden vor fast 1000 Jahren, veranlasst durch König Lalibela, 11 Kirchen in den Fels gehauen. Und das haben nicht nur Menschen getan, auch Engel haben geholfen und nachts heimlich weiter gearbeitet. Lalibela wollte ein afrikanisches Jerusalem nachbauen, und so ist das gesamte Ensemble voll von Symbolik. Es gibt eine Grabeskirche, den Jordan und einen Ölberg. Ich bin wahnsinnig gespannt, denn so ziemlich das erste, was man zu sehen bekommt, wenn man sich über Reiseziele in Äthiopien informieren will, sind Bilder der Georgskirche in Lalibela.
Masresha hat gesagt, es geht um 8.30 Uhr los. Also stehe ich um 8.30 Uhr parat, und wir fahren ein paar Minuten zur westlichen Kirchengruppe. Das ist auch die Gruppe, die älter ist. Wir folgen also der Historie.
Die Kirchen wurden von oben nach unten aus dem Fels herausgearbeitet, erst das Äußere, dann auch das Innere, wobei kunstvolle Gewölbe aus dem Stein herausgearbeitet wurden.
Ich bewundere die unterschiedlichen Kreuzformen und wundere mich, dass man ein Kreuz auf unzählige Arten und Weisen darstellen kann.
Die Kirchen hier haben wie alle Kirchen in Äthiopien drei Bereiche: Einen Bereich für alle zum Chanten, einen, in dem die heilige Kommunion ausgegeben wird und einen inneren Bereich, der nur den Priestern, Mönchen und Diakonen vorbehalten ist. Auch gibt es drei Türen: Eine Tür für Männer, eine Tür für Frauen und eine für die Priester.
Wir halten uns lange in der ersten Kirche auf, der Bete Medhane Alem, und Masresha lässt mich nach seinen Erklärungen ausgiebig alleine in der Kirche schauen und zieht sich zurück, Ich will die Atmosphäre des Ortes auf mich wirken lassen. So halten wir es übrigens auch bei den anderen Kirchen. Ich brauche Zeit für mich und will nicht jede Sekunde unter Beobachtung stehen. Und da ich nicht in einer Gruppe reise, kann ich das so für mich entscheiden.
Es ist aber auch absolut sinnvoll einen Ortskundigen dabei zu haben. Natürlich kann ich auch alles im Reiseführer nachlesen, aber der Reiseführer beantwortet mir keine Fragen. Und vor allem kann ein Guide, und das erlebe ich hier nicht zum ersten Mal, den Weg ebnen für das, was allein vielleicht an Sprachbarrieren gescheitert wäre:
Ich höre von Ferne Chanten und unterbreche Masresha in seinen Ausführungen und will wissen, woher das kommt. Masresha fragt einen Mönch oder Priester, der ihm erklärt, wo das Chanten gerade stattfindet. Es handelt sich um eine Kirche, die für Touristen eigentlich nicht zugänglich ist. Und schon geht es auf und ab über Felsen, Treppen, durch schmale in den Felsen gehauenene Gänge und unter Baugerüsten hindurch direkt zu der Kirche, wo es stattfindet. Ich bekomme eine kurze Instruktion, wohin ich mich stellen kann und dass ich auch Fotos machen darf, und ich fühle mich wie unsichtbar. In diesem Moment hat Masresha bei mir gewonnen. Das wäre ohne ihn allein oder auch in einer größeren Gruppe nicht möglich gewesen.
Wir lassen uns ausreichend Zeit in diesem Komplex. Außer uns ist noch eine deutsche Gruppe unterwegs in cremefarbenen Westen und praktischen khakifarbenen Hosen und mit Hüten auf dem Kopf. Die lasse ich gerne vorgehen, während ich irgendwo sitze und Leute ansehe: So viele Gläubige sitzend oder stehend mit der Bibel in der Hand!
Vor dem Mittag kommt die bekannteste der Kirchen, die Bete Kiddus Georgiys, die einzige der Kirchen in Kreuzform, ebenfalls ohne moderne Hilfsmittel aus dem Fels herausgeschnitten und ausgehöhlt. Diese symbolisiert die Arche Noah, und steht man unten vor der Kirche, sieht man oben einen Olivenbaum, der den Ölzweig symbolisiert, den die Taube vom Berg Ararat brachte, nachdem die Sintflut beendet war.
In Nischen im Fels rund um die Kirche liegen völlig ungeschützt menschliche Skelette, Nonnen und Mönche, die als Pilger kamen und hier starben.
Es ist Mittag und Masresha parkt mich für 2,5 Stunden in einem Restaurant hoch über den umgebenden Hügeln mit einem super Rundum-Blick. Leider ist es wieder diesig, aber ich kann Raubvögel beobachten, die auf meiner Höhe über der Landschaft kreisen.
Warum soll ich hier 2,5 Stunden sitzen? Dass die Kirchen mittags schließen, hätte ich ganz gern vorher gewusst. Aber in diesem Lokal gibt es nicht nur den Ausblick, sondern auch WLAN, insofern ist alles OK.
Gestärkt und erholt geht es zur östlichen Kirchengruppe. Bevor wir diese betreten, erklärt Masresha mir den symbolischen Ölberg und den symbolischen Jordan, die das Stadtbild von Lalibela prägen. Und auf geht es durch noch viel mehr Gänge und Schluchten um die hiesigen Kirchen anzusehen.
Am Nachmittag nutze ich nochmals die Gelegenheit durch die Shops zu streifen. Ich treffe nochmals Eshetu, mit dem ich Bier trinken gehe in eine ordentlich aussehende Kneipe. Für die 5 Bier zu je 0,33 Litern zahlt er keine 100 Birr, also keine 3 Euro.
Eshetu erhält sein hoffentlich angemessenes Trinkgeld, und ich schenke ihm den Anschluss mit den 2 USB für den Stromanschluss im Auto. Dann kann er immer gleichzeitig von seinem Stick Musik hören, das eigene Handy laden und auch ein Gast kann sein Handy ebenfalls laden. Irgendwie ist er mir ja doch ans Herz gewachsen, damit hätte ich zu Beginn der Tour nicht unbedingt gerechnet. Wer weiß, vielleicht sehen wir uns bei einer weiteren Reise wieder.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 12. Juli 2018, 07:44:09
Wow!
Ich bin ja eigentlich nicht der Typ für Kirchenbesichtigungen. Aber diese hier beeindrucken mich sehr.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 12. Juli 2018, 18:22:03
Diese in den Fels gebauten Kirchen sind ja sehr interessant und auch die Idee dahinter, Jerusalem bzw. die dortigen heiligen Stätten nachbauen zu wollen. Toll, dass du dir das Chanten anhören konntest, das ist dann tatsächlich ein Vorteil, wenn man für sich alleine einen Guide hat.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 12. Juli 2018, 19:54:52
:happy: Absolut fantastisch!!! :beifall: Ich finde es immer wieder erstaunlich, was die Menschen vor sooooo langer Zeit mit einfachsten Mitteln erschaffen haben. :respekt:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Susan am 13. Juli 2018, 00:27:34
Mir war gar nicht bewusst, wie früh Äthiopien mit dem Chrsitentum verbunden war. Halt typisches Vorurteil über Afrika ::) Und die Religion schint ja auch noch fest verankert im Alltag zu sein.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, was die Menschen vor sooooo langer Zeit mit einfachsten Mitteln erschaffen haben. :respekt:
Da schließe ich mich an, sehr beeindruckend die Felskirchen
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 13. Juli 2018, 09:01:00
31.5. Nach Harar
Ich denke, da es erst gegen 10.30 Uhr mit einem Hotelshuttle zum Flughafen geht, kann ich ausschlafen. Na ja, das dachte ich nur. Heute ist Feiertag des heiligen Georg, und so schallt ab 6 Uhr oder vielleicht schon ab 5 Uhr der Gottesdienst von der gegenüber liegenden Georgskirche zu mir herüber. Aus anderen Reiseberichten wusste ich, dass Gottesdienste teilweise laut übertragen werden. Und auch in Axum war ein langer, langer Gottesdienst ja meine Lautuntermalung beim Abendessen. Ich stelle mich auf den Balkon. Und während man normalerweise sagt, ein Platz sei schwarz vor Menschen, ist das, was ich sehe, weiß vor Menschen: Wie die Ameisen wuseln weiß gekleidete Kirchgänger den Anhang hoch zur Georgskirche.
An der Stelle: Falls sich jemand über die langen Stöcke gewundert hat, die auf den Kirchenbildern von gestern so ziemlich jeder in der Hand hält: Gottesdienste dauern locker mal 2,5 bis 3 Stunden und werden im allgemeinen im Stehen abgehalten. So ein Stock ist da schon sehr praktisch: Man kann ihn schräg vor sich in den Boden stemmen und sich dann ganz gemütlich zum Ausruhen für ein Nickerchen darauf ablegen.
Auch an anderen Stellen sind Stöcke immer sehr hilfreich und oft dabei, alternativ auch mal die Knarre statt eines Stocks: Man kann damit das Vieh vor sich hertreiben, sein Gepäck daranhängen oder sich das Teil waagerecht in den Nacken legen und die Handgelenke locker und entspannt darüber baumeln lassen...
Schreck in der Morgenstunde. Ich realisiere, dass das Datenroaming an meinem Telefon nicht ausgeschaltet ist! Irgendwie ist der Tag gelaufen bei der Vorstellung, dass ich nun unter Umständen den Gegenwert eines Gebrauchtwagens zahlen soll für ein paar Nachrichten und hochgeladene Fotos. Zum Glück kann ein Anruf per Skype bei der Telekom mich beruhigen. Das Datenroaming einfach einzuschalten, reicht nicht, es muss von mir extra per SMS beauftragt werden, zudem ist der Betrag gedeckelt. Puuuuuh!
In einem Shuttle mit ein paar einheimischen Reisenden geht es zum Flughafen Lalibela. Auch dieser ist winzig. Dennoch gibt es einen ausführlichen Check von Pass und Ticket bei der Zufahrt, nochmals vor Betreten des Flughafens mit vollständigem Check des Gepäcks. Das ist hier immer so, ähnlich wie in Indien.
Ich fliege über Addis nach Harar. Das Fliegen hier ist easy, nur werden Flugzeiten gerne mal geändert. Ich sitze in einer nur halbvollen Maschine nach Addis und dann geht es auch schon weiter. Kurzfristige Flugzeitenänderung, Mittagessen fällt aus!
Der Flieger nach Dire Dawa, dem nächstgelegenen Flughafen zu Harar, geht weiter nach Dschibuti. Hier sitze ich neben Alex aus Dschibuti, einem aufgeweckten Kerlchen, Geschäftsmann, Mischung aus einem jüngeren Denzel Washington und Eddie Murphys Agilität, nur nicht ganz so wie auf Speed. Echt nett mit ihm. Wir quatschen die ganze Stunde des Fluges. Das erste Mal im Leben verabschiede ich mich mit einer Umarmung von einer Zufallsbekanntschaft, und kaum angekommen, tauschen wir unsere Erinnerungsselfies aus.
Ich werde am Flughafen wieder zuverlässig abgeholt, nur dauert es ein wenig, bis ich herausgefunden habe, dass nur bestimmte Fahrzeuge auf den Parkplatz direkt vor dem Terminal kommen dürfen. Und so muss ich ein paar Meter weiter. Die ganzen Taxi-Fahrer und anderen hier herumstehenden Menschen stehen schon Spalier bis zu “meinem “ Fahrer, offenbar wurde die Ferenji schon vermisst. Er nimmt mir meine Tasche aus der Hand und geleitet mich zu einem viel zu großen Minibus. Aber halt, soooo schnell geht das nicht. Ich will zunächst wissen, ob ich bei ihm richtig bin, bevor ich selbstverständlich einsteige. Er versteht das sofort und hält mir das Schild mit der Aufschrift “Simien Eco Trek” unter die Nase. Also alles OK!
Die Sonne scheint nachmittäglich golden auf Berge. Das sieht toll aus! Leider bin ich zu faul einen Fotostopp einzufordern. Wir durchqueren eine überfüllte und agile Kleinstadt, in der gleich mehrere Menschen in das Auto nach meinem Unterarm greifen, der im geöffneten Fenster liegt. Es wird mir zu viel und sich schließe das Fenster. Neugierige Blicke verfolgen mich natürlich trotzdem. Überall tragen die Menschen riesige Bündel mit Zweigen von Khat mit sich herum.
Als wir uns dem Ras-Hotel in Harar nähern, sehe ich sofort, dass ich erwartet werde. So, wie ich Muller kenne, ist der Mann dort, der lässig an einem Rondell vor dem Hotel lehnt, mein Guide. Und klar, das ist Biniyam. Ein großer Rastaman kommt auf mich zu, heißt mich willkommen, checkt mich ein, trägt mir das Köfferchen ins Zimmer, gibt mir seine Karte nebst der Aufforderung ihn jederzeit bei Fragen von der Rezeption aus anzurufen und verabredet sich mit mir für morgen nach dem Frühstück.
Ich habe Kohldampf, schließlich ist das Mittagessen ausgefallen. Im Hotelrestaurant gibt es Doro Wot, das ist Hähnchen und ein ganzes Ei in scharf gewürzter Soße und mit Injera.
Und nun ist es dunkel, in der islamisch geprägten Stadt Harar hat das Fastenbrechen jetzt im Ramadan begonnen, und ich will zu einem ersten Erkundungsgang in die Altstadt aufbrechen.
Harar ist nochmals völlig anders, besonders jetzt in der Dunkelheit: Wild und atemberaubend! Ausdrucksvolle Gestalten begegnen mir, einige sichtlich gezeichnet von der lokalen Droge Khat, einige gezeichnet von Armut. Einige wirken indisch angehaucht, andere wirken biblisch, wieder andere in dem Ausdruck ihres Schicksals fast gruselig. Fröhliche Menschen, geschäftige Menschen, Blinde, Kinder, Alte, Familien. Öfter als anderswo werde ich angebettelt, offener als anderswo werde ich angestarrt. Öfter als anderswo werde ich angesprochen.
Ich stehe mit offenem Mund vor den vielen Haufen mit ausgebreiteten Khat-Zweigen, die auf Plätzen angeboten werden und von den potenziellen Käufern sorgfältig geprüft werden.
Hier ein Bild des Khat, was ich mir am nächsten tag habe mitbringen lassen. Leider habe ich an diesem Abend fast gar keine Bilder gemacht.
Zwei junge Frauen begegnen mir. Eine trägt einen Stock ähnlich wie Blinde einen Stock in der Hand haben um den vor ihnen liegenden Untergrund abzutasten. So ganz kann ich das nicht einordnen und hüpfe zur Sicherheit vom Gehweg auf die Straße. Das finden die beiden lustig. Sie denken, ich habe Angst und sprechen mich an. Wenn ich die Gesten der einen richtig verstehe, fragen sie mich, ob ich wirklich Angst vor ihnen habe. Wir lachen gemeinsam, ich gehe weiter meines Weges.
In die schmalen dunklen Gassen mag ich allein nicht gehen, und ohnehin ist es ziemlich spät geworden. Ich mache mich somit auf den Rückweg und darf noch einen echten “Bodycheck” erleben, offenbar eine Mutprobe oder was auch immer. In diesem Fall nicht soooo angenehm, weil ich mich auf dem begrünten Grünstreifen auf der breiten Straße bewege, um mich herum nur fahrende Autos, Fußgänger sind gerade nicht in der Nähe. Es ist dunkel.
Nun denn, ich komme wohlbehalten am Hotel an und trinke noch etwas auf der Terrasse vor dem Hotel: Gin-Tonic und ein großes Glas von dem tollen Papayasaft. Ich bin wahnsinnig gespannt auf morgen, habe meine Guide-Phobie abgelegt und bin sicher, dass ich einen tollen Tag mit Biniyam haben werde.
Ich nehme noch vorweg, dass das Hotel zwar insgesamt gut ist, besonders die Lage, dass aber das Bad in meinem Zimmer unter aller Kritik schlecht und verkommen ist: Winzig klein und so eng, dass ich alle paar Sekunden an die verkeimten Wände stoße. Der Abfluss funktioniert nicht ordentlich, das Ding ist veraltet und vergammelt. Ich passe beim Duschen abends sorgfältig auf, bloß nichts zu berühren und auch nichts von dem, was meins ist, fallen zu lassen oder irgendwo abzulegen.
Am nächsten Morgen werde ich Rabbatz machen und ein neues Zimmer verlangen, denn offen stehende Türen hier im Hotel haben mir gezeigt, dass es sehr wohl angenehmere Bäder hier gibt. Normalerweise wäre ich zur Rezeption gegangen, aber da ich nicht selbst gebucht habe, geht das hier nicht. Und außerdem, lieber Muller, verzeih mir, falls du das liest: Es ist ein Test, denn die Qualität eines Unternehmens erkennt man an dessen Umgang mit Reklamationen. Ich werde also morgen nach dem Frühstück nachdrücklich ein neues Zimmer verlangen. Test bestanden: Eine viertel Stunde nach dem Absenden einer entsprechenden Nachricht steht jemand vom Management in Begleitung einer jungen Frau in meiner Zimmertür und bittet mich ein anderes Zimmer anzusehen. Ob ich damit einverstanden sei? Ja? Gut, das neue Zimmer ist in 10 Minuten fertig, hier ist schon mal der Schlüssel, ich kann gerne umziehen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 13. Juli 2018, 18:33:38
Leider kann ich von diesem Tag überhaupt keine Bilder sehen. Aber du beschreibst so ausführlich, dass ich mir alles ganz gut vorstellen kann. Wieder ein Tag voller neuer Eindrücke und wieder sehr mutig von dir, dass du dich so alleine am Abend durch die Stadt bewegt hast, leider auch hier nicht ganz ohne unangenehmes Erlebnis.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Paula am 14. Juli 2018, 15:38:38
Ich sehe leider auch keine Bilder Birgit (am IPad)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 15. Juli 2018, 08:22:23
Hmmm, das ist nicht so schlimm, das war eh nix Dolles... Aber doof ist es schon!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 15. Juli 2018, 11:41:43
Vor 2 Tagen konnte ich Fotos vom letzten Tag sehen, heute nicht mehr :gruebel:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 15. Juli 2018, 14:56:49
Ich sehe auch nix.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 15. Juli 2018, 18:44:59
Ja, ich weiß. Falls ich weiter Reiseberichte schreibe, muss ich mir etwas Anderes überlegen... Für den Rest dieses Reiseberichtes riskiere ich es und hoffe, dass das beim nächsten Reisetag (dem letzten mit Bildern) nicht - oder zumindest nicht in dem Ausmaß - passiert.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 15. Juli 2018, 18:51:36
Es liegt übrigens nicht an Eumerika. In zwei anderen Foren geht es mir genauso.
Was aber gar nicht soooo viel macht, denn du beschreibst alles so wunderbar, dass mir die Bilder gar nicht so sehr fehlen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 15. Juli 2018, 18:57:30
Nee, das ist leider irgendein Mist, bei dem Google wohl schon länger Quatsch macht... Ziemlich doof, dass die das nicht wieder hinbekommen, früher lief es einwandfrei...
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 15. Juli 2018, 21:27:28
Vielleicht lädst Du Deine Bilder hier hoch: http://abload.de
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 15. Juli 2018, 23:48:03
Kenne ich doch schon lange, Horst, danke. Rainer hat das vor einigen Tagen ebenfalls hier im Thread schon vorgeschlagen.
Vielleicht können wir uns für die restlichen Tage des Reiseberichtes nun einfach den Inhalten widmen, bitte?
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 16. Juli 2018, 17:42:59
Gerne
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 16. Juli 2018, 22:18:58
Falls jemand Lust auf mehr hat, obwohl ich gerade ein wenig "hänge": Morgen kommt um 20.15 Uhr auf Phoenix eine Reportage, die auch noch mehrfach bis Mittwoch wiederholt wird:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 22. Juli 2018, 12:16:04
1.6. Harar
Und los geht es. Muller hat mir ein Auto angeboten, aber das will und brauche ich nicht. Die Wege sind kurz, und so habe ich mir gewünscht mit dem Tuk Tuk unterwegs zu sein, das habe ich seit Indien nicht mehr gemacht.
Und so steigen Biniyam und ich in das bereitstehende Tuk Tuk und fahren eine kurze Strecke auf einen Hügel außerhalb der Stadt, von dem aus man die Altstadt Harars bewundern kann. Diese ist geschütztes Unesco Weltkulturerbe und umrahmt die gesamte Altstadt (Jugol). Und daher ist auch die Altstadt optisch so scharf vom grünen Umland abgegrenzt. Harar gehört zu den heiligen Städten des Islam nach Mekka, Medina und Jerusalem.
Es geht weiter auf den bunten Markt. Es macht Spaß mit Biniyam hier entlangzulaufen. Und wieder ist es völlig stressfrei, weil jede Unsicherheit, ob Fotos OK sind oder nicht, von vornherein nicht existiert: Bist du so nah an jemandem dran, dass du ihn anfassen kannst, musst du fragen. Ansonsten kannst du fotografieren. Die Leute mögen Kontakt, insofern ist es immer gut vor einem Foto ein paar Worte zu wechseln.
Die Zahl 5 ist im Islam bedeutsam. Die Stadttore sind symbolisch angeordnet, es gibt daher 5 Tore, die früher nachts verschlossen waren.
Wir streifen kreuz und quer durch die Gassen. Und während ich gestern noch dachte, dass ich unbedingt allein hier durchgehen möchte, freue ich mich über meine lustige und durch und durch sympathische und angenehme Begleitung mit Ortskenntnis, die mich auch davor schützt, immer wieder andere Menschen abschütteln zu müssen. Biniyam kennt jeden und jeder kennt ihn. Da man mich mit ihm hier den ganzen Vormittag gesehen hat, werde ich auch nachmittags allein sicher sein keine lästigen falschen Guides abschütteln zu müssen.
Wir gehen in ein traditionelles Hararihaus, und auf den ersten Blick denke ich, ich muss in einem Museum sein. Aber nein, hier lebt eine Familie. Biniyam und ich sitzen auf einer der 5 Ebenen, die in jedem Harari-Haus eine Rolle spielen, also wieder die Zahl 5! Er erklärt mir viel über das Familienleben, Heiratsrituale und auch beispielsweise, dass die beiden aufgerollten Teppiche über der Tür bedeuten, dass zwei heiratsfähige Mädchen im Haus sind.
In einer Ecke steht ein großes Ehebett, und nachdem ich weiß, wie viele Menschen hier wohnen und schlafen, wundere ich mich doch, wie hier für Nachwuchs gesorgt wird. Auf meine vorsichtige Rückfrage hinsichtlich der Frage nach Privatsphäre grinst Biniyam: “We are in Africa. In Africa, there is no privacy, but for jiggy jiggy of course they are alone.” Nun gut, unter “Jiggy Jiggy” kann ich mir glatt etwas vorstellen. Ich bin beruhigt und beschließe, das Wort “Jiggy Jiggy” in meinen aktiven Wortschatz aufzunehmen.
Wir gehen weiter, schauen hier in einen Shop, dort macht er mich auf eine der fast 100 kleinen Moscheen der Altstadt aufmerksam. An vielen Stellen sind kleinere Märkte aufgebaut. Die Frauen, die hier sitzen um 3 Bund Möhren und 20 Zwiebeln zu verkaufen, sind hiermit teilweise 30 Kilometer zu Fuß in die Stadt gelaufen.
Es gibt hoch herrschaftliche Häuser, fast schon Paläste, unter anderem das Elternhaus von Haile Selassie, die heute zu Museen umgestaltet sind. Eins ist geöffnet und ein privates Museum wird vielleicht heute noch geöffnet, vielleicht!. Wann ist ungewiss, aber vielleicht um 14.30 Uhr. Das offizielle Museum sehe ich mir an.
Wir gehen kreuz und quer durch die Stadt und ich bewundere die bunten Häuser, die bunten Gestalten, die schmalen Gassen, in denen man teilweise echt miteinander reden muss, wer zuerst gehen darf, wenn Gegenverkehr kommt.
Ich mache unzählige Fotos und auch eins von mir muss gemacht werden: “Come on, just one photo, chiger yellem, no problem!”
Wir kommen an einem traditionellen Hararihaus vorbei, in dem unzählige Frauen damit befasst sind eine Art Brot oder Pfannkuchen zu backen. Es sieht aus wie auf einem mittelalterlichen Gemälde. Ob man das mal ansehen darf? “We will try. We have to make contact, then maybe they allow to take photos.”
Wir gehen hinein, Biniyam redet mit den Frauen. Sie erklären, dass sie dieses Gebäck als Spende für einen Schrein herstellen. “If you have 50 birr, you can give it to them and they will bless you.” Na klar, kein Problem. Der Schein wird zur ältesten, offenbar fast schon blinden Frau ganz hinten durchgereicht. Ich werde hingelotst und die Frauen beginnen “amen, amen” zu rufen mit geöffneten Händen. Und ich soll auch die Arme angewinkelt mit nach oben geöffneten und ausgestreckten Händen nach vorne halten und “amen” sagen.
Zum Dank geben sie uns so ein ganzes Brot mit. “We eat a small piece to show respect and give the rest to a beggar.” Und genau so geschieht es.
Biniyam und ich gehen noch gemeinsam zum Mittagessen und verabreden uns für abends zur Fütterung der Hyänen. Ich setze meinen Spaziergang durch die Stadt fort. Und am Nachmittag habe ich keine Lust mehr, gehe ins Hotel und ruhe mich aus.
Biniyam und das Tuk Tuk sind pünktlich. Es geht zu einem Platz außerhalb der Stadt, an dem schon seit Jahrhunderten die Hyänen gefüttert werden. Die Hyänen entern nachts die Stadt und fressen alles, was das Leben am Tag ihnen so übrig ließ: Reste aus Schlachtereien, tote Tiere, Ratten… Hier holen sie sich ihren Appetizer.
Der Hyänenmann, mittlerweile schon der der nächsten Generation, lockt die Tiere durch Pfeifen herbei. Hyänen leben im Matriarchat, und so muss der Hyänenmann zunächst das weibliche Leittier rufen und ihm zu fressen geben. Erst dann sind die anderen dran. Das Licht von drei Tuk Tuks leuchtet die Szenerie aus, als der Hyänenmann den Tieren Knochen hinwirft und dann beginnt, mittlerweile von mindestens 10 Tieren umrahmt, kleine Fleischstückchen auf ein Stöckchen zu legen, dieses in den Mund zu nehmen und den knuddeligen Tierchen anzubieten.
Und nun bin ich dran, oh ha! Ich darf auf dem anderen Stein neben dem Hyänenmann Platz nehmen, bekomme das Stöckchen in die Hand, darf es der Hyäne anbieten. Dann heißt es “grip it with your teeth!” Oh weia, eine Hyäne könnte mir mit Leichtigkeit mein zartes Beinchen abbeißen, wenn sie wollte. Und irgendwie denke ich an den Film “die Götter müssen verrückt sein”, in dem dem kleinen Buschmannjungen gesagt wird, er müsse größer sein als die Hyäne um vor ihr sicher zu sein, sodass er ein großes Stück Rinde über seinen Kopf hält, was ihn 30 cm größer macht, das dann aber abbricht, sodass er Fersengeld geben muss um vor dem Tier zu flüchten.
Aber irgendwie scheinen die Teddys mit den runden Ohren vor mir dennoch Respekt zu haben. Und auch, als mir eine auf den Rücken steigt um das über meinen Kopf gehaltene Leckerli entgegenzunehmen, bin ich ganz ruhig.
Das Spektakel ist schnell beendet. Ich fahre zum Hotel zurück und Biniyam will morgen um 5 Uhr, wenn ich zum Flughafen muss, da sein. Er hat mir Khat mitgebracht, sehr gutes Khat, wie er beteuert, nebst der Instruktion mir eine Seite zum Kauen auszusuchen, so viel wie möglich in eine Backe zu stopfen, es ganz auszukauen um den Wirkstoff herauszulösen und nach frühestens 15 Minuten die Blätter auszuspucken. Und somit kenne ich das restliche Abendprogramm.
Ich esse zum Abendessen heute wieder mal Spaghetti und lege dann mit dem Khat los. Dieses soll stärker als Koffein wirken, ähnlich wie Amphetamin. Doch erstens schmeckt es eklig, zweitens habe ich Angst die Blätter zu verschlucken, sodass ich nach so einer kleinen Portion und nur 2 Minuten keinerlei Wirkung spüre. Aber nett, dass Biniyam mir das mitgebracht hat.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 22. Juli 2018, 12:25:21
Was für tolle Bilder aus Harar. :beifall:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 22. Juli 2018, 14:01:38
Ich bin wieder einmal begeistert. Ich glaube ja, dass das nicht nur an den so offenen und freundlichen Menschen um dich herum liegt. Ich denke, du trittst ihnen genau so offen und freundlich entgegen. Und vor allem respektvoll.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 22. Juli 2018, 23:34:40
Die Story mit dem Hyänenmann hatte ich schon mal gehört. Das Du Dich da daneben setzt nötigt mir allen Respekt ab. Das Gebiss soll ja eines der kräftigsten im gesamten Tierreich sein. Ich hab diese wirklich beeindruckenden Tiere schon öfter im Busch in ihrem Element erlebt ... da bleibt nicht viel übrig wenn die loslegen.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 23. Juli 2018, 07:30:27
Ja, der Hyänenmann ist eine jahrhundertealte Tradition. Und selbst Haile Selassie hat die Hyänen schon gefüttert.
So schnell, wie ich neben ihm saß, konnte ich gar nicht denken. Biniyam hat mich mit sanfter Gewalt dorthin gedrückt. Ich konnte ihm so gerade eben noch das Handy in die Hand drücken. Man hört ihn ja mit seinen "Anweisungen" auf dem Video.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 23. Juli 2018, 07:57:56
2.6. Über Addis zurück nach Deutschland
Ich stehe pünktlich um 5 Uhr vor dem Hotel und genieße, dass zu so früher Stunde das WLAN noch nicht zusammengebrochen ist. Der Fahrer steht auch da. Wer nicht dort steht, ist Biniyam. Hmmm, und er sollte doch noch sein Trinkgeld bekommen?
Nun gut, also geht es ohne ihn zum Flughafen. Unterwegs wird er sich melden und zerknirscht mitteilen, dass er verschlafen habe. Nun gut, sein Trinkgeld gebe ich Muller, der wird es ihm dann weitergeben.
Auch so früh ist schon viel los. Wieder wird Khat verkauft, auf Fußballplätzen wird gespielt, was ich jetzt im Ramadan nach Tagesanbruch so gar nicht verstehen kann, schließlich dauert es noch viele Stunden bis der Durst gelöscht werden kann.
Unterwegs treffen wir auf eine riesige Pavianhorde und nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem der Fahrer doch kurz halten muss, auch wenn die Fotos aus dem Auto kaum gelingen.
Am Flughafen frühstücke ich erst einmal, und obwohl es so ein winziger Flugplatz ist, gibt es Rührei, Kaffee mit Weihrauchduft und Kekse zum Frühstück.
Den Rückflug verschlafe ich nahezu, und als ich in Addis lande, ist auch schon eine Nachricht von Muller da. Er wartet mit dem Fahrer auf dem Parkplatz. Ich freue mich sehr Muller zu sehen, und ob er will oder nicht, er muss erst einmal gedrückt werden.
Wir fahren zu einem netten Hotel nahe beim Flugplatz, wo ich ein Tageszimmer habe. Ich darf mich erstmal ausruhen und etwas essen, packe auch meine ganzen Sachen um und überlege, was ich für den Rückflug brauche und was hier ins aufgegebene Gepäck kann.
Muller und der Fahrer Haile holen mich ab. Wir fahren in eine Kirche im westlichen Stil, also mit Kirchenschiff usw. Hier wurde Kaiser Haile Selassie gekrönt. Und neben den Heiligenbildern, die man in Kirchen erwartet, finden sich hier Bilder mit eindeutig modernen politischen Szenen an der Decke. Warum habe ich hier nicht fotografiert? Ich weiß es nicht!
Es geht noch in die Stadt zu Tomoca-Kaffee zum Kaffeetrinken. Ich bekomme zwei Päckchen Kaffee von Muller zum Mitnehmen. Amasgenallu! Viel mehr an Unternehmungen ist leider wirklich nicht möglich, denn es gießt ohne Ende. Und so führt der nächste Weg wieder zum Hotel zurück.
Muller fragt ausdrücklich, ob es Verbesserungspotenzial aus seiner Sicht gebe. Das einzige, worauf ich hinweisen kann, ist, dass es doch gut wäre, gerade als Einzelperson, ab und zu auch unaufgefordert ein Briefing zu bekommen statt irgendwo “abgestellt” zu werden.
Warum habe ich Fotos von allen, die mich im Laufe der letzten beiden Wochen so angenehm und fürsorglich begleitet haben, nur von ihm nicht? Keine Ahnung! Ich bitte ihn schon wieder aus Deutschland, mir nochmals ein Foto zu schicken. Er sagt, ein anderes hat er nicht, dabei kann er so schön lachen. Aber gut, ein Bild von ihm gehört hier definitiv hinein. Und eine gewisse Ernsthaftigkeit ist absolut typisch für ihn.
Der Fahrer wird mich abends um 19.30 Uhr abholen, der Rückflug soll um 23 Uhr starten. Muller wird nicht mitkommen zum Flughafen, er hat zu tun. Schade. Schweren Herzens verabschiede ich mich von ihm und er muss sich noch zweimal von mir drücken lassen.
Haile fährt mich pünktlich zum Flughafen und wir quatschen ein bisschen. Er nennt mich “Madam”, was ich mir verbitte. “OK, … sister?” “Sister” ist OK, und auch Haile verabschiedet sich sehr herzlich von mir, will meine Hand nicht loslassen und küsst sie schließlich.
Bei der Passkontrolle verspreche ich dem Beamten wieder zu kommen und meine das Versprechen ernst. Es beginnt eine nahezu endlose Warterei auf den Abflug. Der Abflugbereich ist eng und gestopft voll, der Flieger ist auch voll. Dennoch wird es ein angenehmer Rückflug. Das Essen ist eine Frechheit, zum ersten Mal lehne ich das Flugzeugessen ab. Es gibt harte Bohnen als Salat und noch mehr harte Bohnen als Gemüse und trockenes Hähnchen und trockenen Reis. Ich verschlafe so ziemlich den gesamten Flug.
Zunächst geht es mit der S-Bahn nach Frankfurt zum Hauptbahnhof und dort zum Frühstück zu Mc Donalds.
Und hier erlebe ich den tatsächlichen Kulturschock als ich realisiere, dass ich wieder in der anderen Welt bin, in meiner Welt, in der so viel Sonne und Leichtigkeit und Lebensfreude fehlt, und für die ich dennoch zutiefst dankbar sein kann, weil alle meine kleinen Malässen und Problemchen hier angesichts dessen, was Äthiopien mir trotz aller tollen Eindrücke gezeigt hat, hier zu einem fliegenschissgroßen Nichts zusammenschmelzen. Die letzten beiden Wochen waren so voll von Erlebnissen, Begegnungen, Eindrücken. Ich habe gar nicht realisiert, wie ich wieder nach Deutschland gebeamt wurde. Bei jedem Schritt frage ich mich, wie wohl die Menschen, die mich in Äthiopien so sehr beeindruckt haben, das alles hier erleben würden.
In Erfurt angekommen, werde ich von K. am Bahnhof abgeholt. Und auf seine Frage, wie es war, muss ich erst einmal losheulen und kriege mich eine ganze Stunde nicht wieder ein. Mir ist das Herz so voll. “Was ist denn los? Hast du dich verliebt?” Ja, habe ich, in das Land, in die Menschen, aber irgendwie in alle. Ich kann es gar nicht beschreiben. All die Rührung, alle Eindrücke, all die lustigen, rührenden, eindrücklichen, spannenden und manchmal auch beängstigenden, die hellen und die dumpfen Momente wollen ans Licht und zucken wie Blitzlichter durch meinen Kopf wie in diesen Filmen, die es auf Youtube gibt, in dem jeweils Sekundenaufnahmen von einzelnen Tagen zu einem Filmchen zusammengeclipt werden.
Noch Tage später und auch Wochen später, nun beim Schreiben, vier Wochen nach der Rückkehr, kommen mir die Tränen, wenn ich alles noch einmal durchlebe.
Es bleibt eine tiefe Dankbarkeit. Dankbarkeit an das Land gerichtet, das mir auf ureigenste Art ebenso eindringlich und freundlich und behutsam wie schon Indien gezeigt hat, wie dankbar ich für mein Luxusleben sein kann und dass ein bisschen mehr Bescheidenheit und Gelassenheit und weniger Gejammer mir gut stehen würden. Du hast mir gezeigt, dass Herz und Klugheit nichts damit zu tun haben, in welchem Land man groß geworden ist, dass das Herauskommen aus der Komfortzone wichtig ist. Und du hast mich zu der Einsicht gebracht: Ich will kein Zivilisationskrüppel mehr sein, zumindest nicht mehr einer erster Ordnung...
Dankbarkeit an die Menschen gerichtet, an den besonnenen und vernünftigen und doch lebensfrohen Yihenew aus Bahir Dar, an das stille Wasser Eshetu, der im Laufe der Zeit auch ohne Worte gespürt hat, wonach ich gerade wieder mal im ganzen Auto suche und es schneller fand als ich, an den lustigen, energie- und lebenssprühenden Gere, der in der lebensfeindlichen Danakil so ernsthaft und vernünftig und doch so federleicht seinen tollen Job macht, an Biniyam, der mich nach kaum mehr als 3 Minuten “Warm up” in Harar begleitet hat wie ein guter Freund und Dankbarkeit auch an Mulat und Masresha, die dafür gesorgt haben, dass ich an deren Orten so viel gesehen und gelernt habe. Dankbarkeit für jeden einzelnen dort unten, der mir durch Lächeln und kleine Gesten gezeigt hat, wie wichtig es ist das Gegenüber in seiner Gänze und seinen Details zu sehen,offen zu sein, vertrauensvoll und neugierig in die Welt zu gehen.
Und den allerletzten riesen-, riesengroßen Dank an Muller Marelign, der mit all meinen Fragen Geduld hatte, auf sonnige, humorvolle und besonnene Weise so verlässlich und engagiert alles Notwendige getan hat und einiges darüber hinaus, der mir ein riesiges Vertrauen in sein Land gegeben hat. Du repräsentierst dein Land durch die Liebe zu deiner Heimat und allem, was in ihr ist, auf allerbeste Weise. Ich habe einen winzigen Einblick in dein Leben und deine Welt bekommen und bin mir sicher, dass du alles erreichen kannst, was du willst. Du hast meinen allergrößten Respekt und ich freue mich, dich als Freund gewonnen zu haben!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silvia am 23. Juli 2018, 09:59:26
Vielen herzlichen Dank für diesen tollen Reisebericht aus einer so selten besuchten Ecke. Ich finde es auch toll das du deine Emotionen so gut beschreiben kannst, mir fehlen da immer die Worte, aber bei dir kommt das so gut rüber :herz:
Und hier erlebe ich den tatsächlichen Kulturschock als ich realisiere, dass ich wieder in der anderen Welt bin, in meiner Welt, in der so viel Sonne und Leichtigkeit und Lebensfreude fehlt, und für die ich dennoch zutiefst dankbar sein kann, weil alle meine kleinen Malässen und Problemchen hier angesichts dessen, was Äthiopien mir trotz aller tollen Eindrücke gezeigt hat, hier zu einem fliegenschissgroßen Nichts zusammenschmelzen.
:thumb: So ging es mir als ich aus Südindien zurück kam.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Andrea am 23. Juli 2018, 10:53:30
Boah, jetzt heule ich auch... Und das schreibe ich nicht nur so.
Ein dickes fettes Dankeschön!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 23. Juli 2018, 11:49:18
Boah, jetzt heule ich auch... Und das schreibe ich nicht nur so.
Ein dickes fettes Dankeschön!
Ich auch schon wieder... :herz: :herz: :herz:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 25. Juli 2018, 17:34:53
Danke Birgit, dass Du uns auf Deine Reise nach Äthiopien mitgenommen hast. Ein außergewöhnliches Land mit ganz offensichtlich wundervollen Menschen und mit dem "Tanz auf dem Vulkan" einem Spektakel der Natur, das ich auch gerne mal erleben würde.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 25. Juli 2018, 22:03:22
Oh ja, der Vulkan schreit nach Wiederholung.
Dummerweise wird bei mir gerade spontan ein neues Auto fällig :(
Wenn es dann noch (bzw. wieder) drin ist, will ich im März wieder hin, will auch nochmal zum Vulkan, aber nur, wenn Muller mir verspricht, dass er selbst oder Gere mitgehen.
Kannst gerne mitkommen, Horst :) :) :)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: serendipity am 26. Juli 2018, 06:22:29
Vielen, vielen Dank für diesen Bericht, Birgit!
Die Menschen, die Farben, der Vulkan - du hast es so eindrücklich beschrieben und die Bilder sind wunderschön. Ich bin froh, dass du die Reise unternommen hast und wir jetzt auch davon profitieren durften. Ich lese soviel Begeisterung, ja fast Liebe zu diesem Land und seinem Menschen aus deinem Bericht, dass er mich sehr berührt hat.
Nach meinen Erfahrungen glaube ich auch, dass das Alleinreisen viele Eindrücke verstärkt, da man sie ja erst einmal mit sich selbst ausmachen muss - es wird nicht gleich alles besprochen oder sogar manchmal "zerredet".
Ob ich den Mut aufbringen würde, ich weiß es nicht - ich arbeite daran ;)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 26. Juli 2018, 06:57:13
Danke Gabi, gern geschehen! Über das Reisen in manchen Ländern erfährt man so wenig, dass ich einfach hoffe denen zu helfen, die gerne mal in das Land wollen. Vielleicht hilft es eine Vorstellung zu entwickeln, wie eine Reise in Äthiopien ablaufen kann.
Zitat
Nach meinen Erfahrungen glaube ich auch, dass das Alleinreisen viele Eindrücke verstärkt, da man sie ja erst einmal mit sich selbst ausmachen muss - es wird nicht gleich alles besprochen oder sogar manchmal "zerredet".
Das mag sein, ist aber sicher auch eine Typfrage. Ich bin eh kein Plappermaul und mache vieles mit mir allein aus, was nicht immer gut ist.
Jedenfalls ist das Schreiben für mich eher ein Verarbeiten als es unbedingt sofort im Gespräch loszuwerden.
Hmmmm, letztlich waren aber auch gerade die Menschen vor Ort diejenigen, die mit oder ohne Worte zur Verarbeitung beigetragen haben.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Susan am 26. Juli 2018, 11:31:56
Liebe Birgit,
auch von mir herzlichen Dank für diesen tollen Reisebericht über ein ungewöhnliches Ziel. Von Äthiopien hatte ich nur wenig Vorstellungen, deine farbigen Schilderungen und Bilder zeigen ein äußerst interessantes Land mit offenbar sehr netten Menschen.
:danke:
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Horst am 26. Juli 2018, 23:39:40
Führet ihn nicht in Versuchung .... ;) Na ja wer weiß ...kannst Dich ja vorher mal melden.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 27. Juli 2018, 07:38:59
Susan, ich hoffe ja sehr, einen mittelheftigen Äthiopienboom auszulösen. Zu viel Tourismus ist nicht gut, aber ein bisschen bekannter darf das Land gerne als Reiseland werden!
Horst, na klar melde ich mich, wenn ich so weit bin, egal ob 2019 oder später.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Paula am 27. Juli 2018, 08:39:58
Liebe Birgit,
Vielen Dank für den hochinteressanten Reisebericht. Du hast alles so plastisch beschrieben, ich hatte regelrecht einen Film vor Augen. Den Vulkan mit seinem Lavasee würde ich ja zu gern mal sehen aber die äußeren Umstände, vor allem die heißen Temperaturen, schrecken mich doch ziemlich ab. Insgesamt ist Äthiopien wahrscheinlich nicht das richtige Reiseland für mich, das ist zu sehr dritte Welt als dass ich mich da wohl fühlen würde, aber aus der Ferne betrachte ich das gerne. Mir sind vor allem am letzten Tag die bunten Farben aufgefallen, das hätte ich gar nicht erwartet. Wenn du noch mal nach Äthiopien reist wirst du bestimmt noch exotischere Dinge sehen, denn die Hauptsehenswürdigkeiten die man einem Touristen typischerweise zeigt hast du ja wahrscheinlich bei dieser Reise alle gesehen. Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung :)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Christina am 29. Juli 2018, 14:07:16
Vielen herzlichen Dank Birgit für deine so intensiv und ausführlich geschilderten Erlebnisse in einem mir bis davor völlig unbekannten Land. Wie Paula kann ich mir wohl eher keine Reise dorthin vorstellen, so virtuell am PC bin ich aber begeistert dabei.
Ach ja, zu den Hyänen hätte ich mich niemals hingetraut und schon gar nicht sitzend mit einem Fleischstückchen am Stab.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: soenke am 29. Juli 2018, 20:28:40
Auch von mir herzlichen Dank für diesen interessanten und emotionalen Reisebericht. :danke:
Die Einblicke in ein mir unbekanntes Land fand ich echt toll. Ich glaube aber, dass ich dort niemals hinfahren werde, umso schöner war es bei deiner Reise virtuell dabei sein zu dürfen.
Und Teil 2 wird vielleicht noch folgen. 8) 8)
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 31. Juli 2018, 08:29:51
Danke euch sehr!
Ja, es ist doch toll, dass man durch das Internet die Möglichkeit hat Länder ganz bequem virtuell kennenzulernen, die man in der Realität eher nicht besuchen würde. Und ich freue mich, wenn nicht nur sachliche Infos und Abfolgen, sondern auch Emotionen rübergekommen sind.
Ohnehin hat das Internet auch erheblich dazu beigetragen, dass ich mich aufgrund der Infos und der Kommunikationsmöglichkeiten dann entschieden habe Äthiopien zu "wagen". Mit dem Reisebericht möchte ich demnach auch einfach realistisch zeigen, wie eine Äthiopienreise aussehen kann, denn sooooo viel findet man über das Land dann doch nicht...
Und wenn doch jemand über diesen Bericht stolpert, der oder die das Land besuchen will, ich bin natürlich auch immer für einen weiteren persönlichen Austausch dazu zu haben!
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Silke am 31. Juli 2018, 10:33:50
Susan, ich hoffe ja sehr, einen mittelheftigen Äthiopienboom auszulösen. Zu viel Tourismus ist nicht gut, aber ein bisschen bekannter darf das Land gerne als Reiseland werden!
Horst, na klar melde ich mich, wenn ich so weit bin, egal ob 2019 oder später.
Wenn später und nicht unbedingt März würde ich dich auch gern begleiten.
Du hast mit deinem Bericht und den Fotos das Land sehr weit nach oben geholt auf meiner Wunschliste. Danke dafür.
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Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Rainer am 10. August 2018, 20:24:58
Auch wenn dieser Reisebericht schon beendet ist, ich habe hier bei Youtube ein wunderbares Video gefunden von einem "Essenverrückten". Der Autor (Filmer) ist in der ganzen Welt unterwegs und schlemmt sich durch die nationalen Speisen.
Hier ist er in Äthiopien, ich will gar nicht viel verraten, ich finde es eine schöne Ergänzung zu diesem Reisebericht, vielleicht motiviert es diesen oder jenen jetzt erst Recht, mal nach Äthiopien zu fahren.
Titel: Re: Äthiopien: Big Smile in the “Land of Origins”
Beitrag von: Birgit am 11. August 2018, 12:24:07
Danke, Rainer, ich gucke gerade und bin mitten drin...
Ich habe mir nach der Szene bei Tomoca Kaffee einen Kaffee gemacht noch von meinem mitgebrachten Tomocakaffee.
Aaaaaaah, dieses tolle bunte Essen! Sooooo viel Kaffee!
Allerdings: Die Varianten mit rohem Fleisch - es gibt auch eine Art Tatar - würde ich sicherheitshalber lieber sein lassen...