eumerika - das Reiseforum für Europa, Amerika & mehr

Allgemeines => Foto & Film => Thema gestartet von: Birgit am 11. Januar 2014, 18:19:16

Titel: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Birgit am 11. Januar 2014, 18:19:16
Hi zusammen,

ja ja, auch von mir mal eine Frage zum Fotothema, obwohl ich es damit so gar nicht habe. Ist auch keine technische Frage, sondern eher eine des praktischen oder auch ethischen Vorgehens:

Gerade in Indien habe ich ja eine Menge malerischer Szenen mit malerischen Leuten gesehen.

Wie macht ihr es denn generell beim Fotografieren von Menschen?

Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?

Ist ein menschenleeres Bild an vollen Orten überhaupt realistisch und erstrebenswert?

Wenn ihr jemanden fotografieren wollt, fragt ihr ihn vorher, schießt ihr heimlich euer Foto oder ganz offen?

Zahlt ihr für ein Bild?

Gibt es für euch Tabus?

Lasst ihr ggf. auch mal jemanden posieren indem ihr ihn bittet etwas Bestimmtes zu tun?

Ich meine nun nicht die Angehörigen, die sich fett grinsend hinstellen und mit beiden Händen auf die Sehenswürdigkeit zeigen sollen ;)
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Hatchcanyon am 11. Januar 2014, 18:33:55
Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?

Wenns wichtig ist auch mal 10-15 Minuten.

Ist ein menschenleeres Bild an vollen Orten überhaupt realistisch und erstrebenswert?

Sicher nicht immer.

Wenn ihr jemanden fotografieren wollt, fragt ihr ihn vorher, schießt ihr heimlich euer Foto oder ganz offen?

Jemanden aufnehmen kommt eigentlich gar nicht in Frage, es sei denn die Person(en) sind nur kaum zu erkennendes Beiwerk. Etwas anderes ist es wenn man genau die Person(en) aufnehmen möchte, z.B. bei einem Zusammentreffen oder einer Feier. Da braucht man dann auch nicht fragen.

Zahlt ihr für ein Bild?

Die Frage hat sich noch nicht gestellt. In Ländern mit grosser Armut würden wir das aber bei entsprechenden Gelegenheiten sicher tun.

Gibt es für euch Tabus?

Armut, soziale Brennpunkte, Krankheit, Schmutz in dem Menschen leben (müssen), Gewalt auch gegen Tiere, Entstellungen, Verkrüppelungen und einiges mehr.

Lasst ihr ggf. auch mal jemanden posieren indem ihr ihn bittet etwas Bestimmtes zu tun?

Nein! Höchstens mal meine Frau oder mich wenn es z.B. als Grössenvergleich notwendig ist

Gruss

Rolf
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 11. Januar 2014, 19:27:53
Wie macht ihr es denn generell beim Fotografieren von Menschen?
Situationsabhängig.



Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?
Nicht länger als eine halbe Stunde in der Regel aber nur 15 Minuten - dann kommt die Person eben mit aufs Bild.
Oft ist ein menschenleeres Bild aber auch gar nicht das was ich haben möchte.
Im Gegenteil, eine Person kann dem Bild Tiefe geben, Größenverhältnisse vermitteln, den roten Faden einer Story weiterspinnen, oder ein Bild einfach interessanter machen da Menschen immer das interessanteste Motiv sind.



Ist ein menschenleeres Bild an vollen Orten überhaupt realistisch und erstrebenswert?
Manchmal erstrebenswert - vor allem wenn es sich um Plätze handelt die man sonst voller Menschen kennt (z.B. der Markusplatz in Venedig).
Da helfen nur Momente zu erwischen wo eben weniger Leute da sind.



Wenn ihr jemanden fotografieren wollt, fragt ihr ihn vorher, schießt ihr heimlich euer Foto oder ganz offen?
Auch das ist situationsbedingt. Leute die man per Tele heranholt sind ja in der Regel zu weit weg um sie zu fragen.
Da versuche ich mich dann auch "nicht erwischen zu lassen" (was bisher immer geklappt hat).
Bei Menschen die relativ nah sind gehe ich einfach mit der Kamera auf sie zu, so daß klar ist was ich beabsichtige und wenn sie nicht abwinken oder sich abwenden nehme ich das als Erlaubnis.
Ich habe aber auch kein Problem damit zu fragen was ich auch schon gemacht habe.




Zahlt ihr für ein Bild?
Habe ich bisher noch nie gemacht. Will ich nicht ausschließen aber ist eher unwahrscheinlich.



Gibt es für euch Tabus?
Natürlich. Außer denen die Rolf genannt hat würde ich mich vor allem aus rechtlichen Gründen in Deutschland viel mehr mit Personenaufnahmen zurückhalten.



Lasst ihr ggf. auch mal jemanden posieren indem ihr ihn bittet etwas Bestimmtes zu tun?
Müsste man öfter mal machen aber am besten sind natürliche Handlungen die man mit der Kamera festhalten kann.

Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 11. Januar 2014, 20:27:32
Rolf und Horst haben das, in meinen Augen, Wesentliche bereits gesagt. Dem möchte ich mich weitestgehend anschließen.
Zwei Punkte würde ich gerne noch ergänzen.

Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?
Wenn dem so ist, dann warte ich entsprechend (wenn die realistische Chance besteht, dass ich die Szene in endlicher Zeit menschenfrei bekomme). Bei belebten Plätzen, auf denen die Personen in Bewegung sind, kann auch eine Langzeitbelichtung (mittels Graufilter) helfen, die Menschen aus dem Bild verschwinden zu lassen. ;)

Zahlt ihr für ein Bild?
Ja, wenn das offensichtlich gewollt bzw. angeboten wird und ich dabei keinen Haken an der Sache erkennen kann, bspw. dass anderen Menschen oder Tieren dadurch Nachteile enstehen. Der Cowboy mit dem roten Hemd, der sich im Monument Valley am John Ford Point positioniert macht das i.d.R. auch nur für Cash. Ist doch o.k., wenn beide (Fotograf und Modell) was davon haben und offensichtlich keine Nachteile damit einhergehen.

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 11. Januar 2014, 21:46:56
Jemanden aufnehmen kommt eigentlich gar nicht in Frage, es sei denn die Person(en) sind nur kaum zu erkennendes Beiwerk.

Verstehe ich nicht. Natürlich fotografiere ich manchmal auch Menschen. Und zwar als Hauptmotiv. Beispiele sind zum Beispiel Umzüge und Prozessionen. Aber auch Vorführungen wie z.B. Tänze. Manchmal auch einfach nur Typen, die mir gefallen. Gelegentlich versuche ich mich auch mal in Street-Fotografie. Meistfotografiere ich so offen, dass jeder die Chance, hat klar zu machen, wenn er das nicht will. Manchmal sind es auch Menschen in einer bestimmten Post, wobei ich dann versuche, sie so aufzunehmen, dass sie nicht zu erkennen sind.

Beispiel:
In Buenos Aires fiel mir auf, wie viele Menschen man in der Kirche tief ins Gebet versunken sah. Das wollte ich im Bild festhalten. Ich hätte es seltsam gefunden, sie anzusprechen und zu fragen, vor allem weil ich alleine damit ihr Gebet gestört hätte. Also habe ich sie so fotografiert, dass sie nicht als Person zu erkennen waren, die Situation, die ich einfangen wollte, aber rüber kam.

(http://i262.photobucket.com/albums/ii114/Urlaubsdoktor/Dies%20und%20das/20131204_DSCF0399.jpg~original) (http://s262.photobucket.com/user/Urlaubsdoktor/media/Dies%20und%20das/20131204_DSCF0399.jpg.html)

Auf der Straße reicht es m.E. offen mit der Kamera auf die Menschen zu zu gehen. Die meisten haben gar nichts dagegen.

Beispiel aus Barcelona
(http://i262.photobucket.com/albums/ii114/Urlaubsdoktor/Dies%20und%20das/20070625-_MG_5706.jpg~original) (http://s262.photobucket.com/user/Urlaubsdoktor/media/Dies%20und%20das/20070625-_MG_5706.jpg.html)

Dieser kommunikative Herr hat erst nachher mitbekommen, dass ich ihn fotografiert habe. Hat dann aber nur gegrinst und war offensichtlich einverstanden.
(http://i262.photobucket.com/albums/ii114/Urlaubsdoktor/Dies%20und%20das/_MG_9813.jpg~original) (http://s262.photobucket.com/user/Urlaubsdoktor/media/Dies%20und%20das/_MG_9813.jpg.html)

Ich bin aber auch schon auf Menschen zu gegangen und habe einfach gefragt, ob ich ein Foto machen darf, egal ob hier in D oder auf Reisen.

Bezahlt habe ich bisher nie für Fotos, würde das aber evtl. tun, wenn die Situation es richtig erscheinen lässt.






Gibt es für euch Tabus?

Eigentlich keine prinzipiellen Tabus oder zumindest nicht die, die Rolf genannt hat. Auch ein Mensch mit einer Entstellung oder Behinderung kann ein geeignetes Motiv sein, ohne dass man damit gleich seine Würde verletzt. Armut oder Schmutz gehören in manchen Ländern zum Straßenbild, natürlich darf man das auch fotografieren. Es kommt immer darauf an, wie man das tut und was man daraus macht.
Gewalt ist sicher kein Motiv aber eher weil man sich nicht daneben stellen und knipsen sondern helfen oder Hilfe holen sollte, wenn man Zeuge von Gewalt wird. 


Ein echtes Tabu fällt mir doch ein, dass offensichtlich nicht alle so sehen. Ich kriege immer wieder die Krise, wenn ich sehe, wie Menschen an Unfällen vorbei fahren und schnell mit dem Handy ein Foto machen, egal ob schon Hilfe da ist oder nicht. Zum Glück gab es noch kaum Handykameras als ich noch Notarzt gefahren bin, sonst wäre ich wahrscheinlich manchmal gar nicht mehr durch gekommen. War so schon manchmal schwierig genug, sich durch die sensationsgeilen Gaffer zu drängeln.

Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Shadra am 11. Januar 2014, 21:54:06
Zitat
Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?
Kommt darauf an. Hab ich Zeit, gibt es zwischenzeitlich noch etwas anderes zu sehen an dieser Stelle und ich will das Bild uuunbedingt menschenleer haben, dann kann das durchaus auch schon mal 30 Minuten gehen. Allerdings auch wirklich nur dann, wenn es absehbar ist, dass die Menschen auch wirklich dann aus dem Bild sind.

Zitat
Ist ein menschenleeres Bild an vollen Orten überhaupt realistisch und erstrebenswert?
Was ist ein voller Ort? Am Christkindlsmarkt ist es voll. Dort auf einen menschenleeren Moment zu warten eher unrealistisch. Und auch nicht wirklich erstrebenswert. Bei solchen Motiven gehören die Menschen einfach dazu.

Zitat
Wenn ihr jemanden fotografieren wollt, fragt ihr ihn vorher, schießt ihr heimlich euer Foto oder ganz offen?
Bis jetzt haben alle mitbekommen, wenn ich sie fotografiert habe. Aber da muss man auch dazu sagen, dass (außer o.g. großen Menschengruppen) ich relativ selten Menschen als Hauptmotiv des Bildes fotografiere. Und wenn, dann sind es zu 99% Personen, die auch fotografiert werden wollen. Auf Conventions z.B. oder bei Showveranstaltungen.

Zitat
Zahlt ihr für ein Bild?
Wenn ich das Bild haben möchte, der Preis akzeptabel ist und ich davon ausgehen kann, dass das Geld auch der Person zugute kommt: ja
Aber die Frage hat sich für mich bisher erst 2 mal gestellt. Das mag allerdings auch an Mangel an Gelgenheiten liegen.

Zitat
Gibt es für euch Tabus?
Ja. Man muss nicht alles mit der Kamera festhalten.

Zitat
Lasst ihr ggf. auch mal jemanden posieren indem ihr ihn bittet etwas Bestimmtes zu tun?
Nur Personen, die ich kenne. Fremde würde ich niemals bitten, für mich zu posieren.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 11. Januar 2014, 21:59:31
Wie macht ihr es denn generell beim Fotografieren von Menschen?

Viele Jahre gar nicht - Menschen sollte es eigentlicht irgendwie nicht geben...

Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?

Als mir das noch so wichtig war, so lange, wie es sinnvoll erschien. Man kann es nicht erzwingen und das erkennt man ja auch irgendwann. Aber meine Einstellung hat sich in den letzten zwei Jahren ziemlich geändert.

Ist ein menschenleeres Bild an vollen Orten überhaupt realistisch und erstrebenswert?

Das ist nämlich die Frage. Viele Jahre habe und hätte ich das mit "Ja" beantwortet. Aber wenn ich ehrlich bin - das sind genau die Fotos, die irgendwie alle machen. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Objekte (autofreies Bild beispielsweise). Aber wie gesagt, seit wenigen Jahren entdecke ich für mich, dass Bilder an Leben gewinnen, ohne an Qualität oder Aussage zu verlieren, wenn Menschen (oder eben auch PKWs oder so) mit darauf sind. Ich fange immer mehr an, das gut zu finden. Ich meine jetzt nicht den klassichen Blödmann, der sich 1,5m vor mir aufbaut um das gleiche Motiv zu erfassen; den versuche ich weiterhin zu vermeiden. Aber der Spaziergänger im Nationalpark stört mich heute nicht mehr, im Gegenteil, ich habe gelernt, dass es Situationen gibt, wo das Vorhandensein von Menschen nicht nur die Szene belebt, sondern auch dem Betrachter die Möglichkeit gibt, die Größenordnungen besser zu erfassen. Letzteres ist beispielswiese ein Riesenproblem bei den Sequoias, ohne Menschen auf dem Foto wirken die gar nicht so, weil es keinen Anhaltspunkt, wie irrsinnig die eigentlich sind.

Aber ich gebe zu, ich habe noch nicht sehr viel Erfahrung damit, bewusst Menschen und scheinbar fremde Objekte in das Motiv zu integrieren, aber es ist eine sehr interessante Anforderung und macht mir immer Spaß.

Wenn ihr jemanden fotografieren wollt, fragt ihr ihn vorher, schießt ihr heimlich euer Foto oder ganz offen?

Zahlt ihr für ein Bild?

Nein, ich frage nicht. Das war ja auch bis vor kurzer Zeit sowieso kein Problem. In unserem Texas Urlaub habe ich zum ersten Mal in meinem Leben gezielt einen Menschen fotografiert (und habe das Foto auch hier gezeigt). Ich gebe zu, dass ich mich nicht wohl gefühlt habe, aber ich fand den Mann so faszinierend, der passte so stimmig in diese Welt, dass ich es (gegen meine Überzeugung) einfach gemacht habe.

Gibt es für euch Tabus?

Eigentlich genau das, was ich oben gemacht habe: einen Menschen zu fotografieren, der damit auch das Motiv ist. Wenn der mich nicht darum bittet, finde ich das eigentlich schrecklich. Ich bin auch unsicher, wie ich das in Zukunft behandeln soll. Aber wenn ich im Internet lese, dass manche Menschen "Streetfotografie" betreiben, denn stelle ich mir genau diese Fragen auch und wundere mich, dass das für andere kein Problem zu sein scheint. Für mich ist es ein Problem.

Ich habe allerdings noch niemals jemanden angesprochen, für mich zu posieren - das ist dann endgültig eine Droge zu hart, das kann ich nicht.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Silke am 11. Januar 2014, 22:29:38
Hi zusammen,

ja ja, auch von mir mal eine Frage zum Fotothema, obwohl ich es damit so gar nicht habe. Ist auch keine technische Frage, sondern eher eine des praktischen oder auch ethischen Vorgehens:

Gerade in Indien habe ich ja eine Menge malerischer Szenen mit malerischen Leuten gesehen.

Wie macht ihr es denn generell beim Fotografieren von Menschen?


Ich versuche, sie es nicht merken zu lassen. Oft hilft dabei ein guter Zoom. Gerade in Indien an den Ghats war das oft hilfreich, da ja da oft sogar ein Fotografierverbot besteht.

Zitat

Wie lange wartet ihr, wenn ihr ein menschenleeres Bild wollt?


Nur ein paar Minuten. Sonst kommen sie eben mit drauf.

Zitat

Wenn ihr jemanden fotografieren wollt, fragt ihr ihn vorher, schießt ihr heimlich euer Foto oder ganz offen?


Siehe oben, wenn möglichst heimlich. Wenn das nicht möglich ist, frage ich, meist reicht eine kleine Geste oder das zeigen auf die Kamera.

Zitat

Zahlt ihr für ein Bild?


Wenn es sich ergibt, zahle ich schon mal eine Kleinigkeit. Oft ergibt sich das ja in Ländern, wo die Menschen wenig Geld haben. Da ist so was ja oft die einzige Möglichkeit für die Menschen, etwas nebenbei zu verdienen.

Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 12. Januar 2014, 00:13:14
Rainer, warum ist das ein Problem, Menschen zu fotografieren? Wenn ich offen auf sie zugehe und sie nicht heimlich mit dem Tele abschieße, können sie doch jederzeit deutlich machen, dass sie das nicht wollen. Das muss man dann natürlich respektieren.

Ich finde es viel problematischer, es so zu machen wie Silke und heimlich aus dem Hinterhalt mit dem Tele Menschen zu knipsen, die sich dessen nicht bewusst sind.
Ist kein persönlicher Angriff, Silke. Das ist ja eine Diskussion, die in vielen Fotoforen immer wieder geführt wird. Und jeder hat halt seine eigene Meinung.

Ich habe es auch schon ein paar mal erlebt, dass sich aus einem Foto, das ich gemacht habe, ein netter Kontakt ergeben hat. Zum Beispiel, weil der fotografierte das Bild sehen wollte oder einfach nur wissen wollte, warum ich das Foto gemacht habe. Daraus ergibt sich dann schon mal ein Gespräch.
Das Erlebnis wird man nie haben, wenn man heimlich knipst.

Ich bin jetzt nicht der große Street- und Menschenfotograf aber ich kann durchaus nachvollziehen, dass es Leute gibt, die Landschaften und leere Straßen völlig öde finden und nur Menschen fotografieren wollen.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 12. Januar 2014, 08:08:35
Diese Diskussion finde ich sehr interessant. Vielen Argumente, die hier genannt werden, kann ich mich auf den ersten Blick anschließen bzw. sage im ersten Moment "auf keinen Fall".

So ging es mir auch beim Lesen des Posts von Silke und dem Kommentar von Dirk.

Zuerst dachte ich bei dem Post von Silke:
Ich versuche, sie es nicht merken zu lassen. Oft hilft dabei ein guter Zoom. Gerade in Indien an den Ghats war das oft hilfreich, da ja da oft sogar ein Fotografierverbot besteht.

....

Siehe oben, wenn möglichst heimlich. Wenn das nicht möglich ist, frage ich, meist reicht eine kleine Geste oder das zeigen auf die Kamera.
Ne, auf keinen Fall, das würde ich nicht tun.

Und bei dem Post von Dirk
Ich finde es viel problematischer, es so zu machen wie Silke und heimlich aus dem Hinterhalt mit dem Tele Menschen zu knipsen, die sich dessen nicht bewusst sind.

dachte ich mir zunächst, dass ich das genau so sehe und entsprechend handele.

Allerdings, und das finde ich das interessante daran, lässt sich das im richtigen Leben nicht so einfach umsetzen.
Bei dem Bolas-Spieler in Llastres war es noch einfach: Zuerst ein wenig zugeschaut, dann nett gefragt und schließlich die Erlaubnis bekommen, ihn zu fotografieren:
(http://www.michaels-pictures.net/ftrans/EU/EU_RB_011.jpg)

Ebenso eindeutig war die Situation bei der spanischen Großmutter, die hat richtigen Spaß daran gehabt in die Kamera zu lächeln:

(http://www.michaels-pictures.net/ftrans/EU/EU_RB_021.jpg)

Gar nicht mehr so eindeutig und gar nicht so kompatibel mit dem was mir auf den ersten Blick richtig und gut erscheint, ist dann aber bspw. diese Szene:

(https://www.eumerika.de/abload.de/img/eurbny13-29moobk.jpg)

Die beiden Herren unten rechts sind klar zu erkennen und mehr als nur Beiwerk in der Aufnahme. Eine Möglichkeit die beiden zu Fragen hätte wohl, zumindest theoretisch, bestanden. Allerdings dauerte diese Szenerie nur wenige Sekunden und die Chancen wären hoch gewesen, dass die beiden schon wieder ihre Positionen verlassen hätten, bis ich überhaupt bei ihnen gewesen wäre. Noch während ich eine zweite Aufnahme machte, gingen die beiden weiter und ich verlor sie aus den Augen, so dass ich mir auch nicht mehr nachträglich ihr 'o.k.' zu der Aufnahme erfragen konnte.

Gar nicht so einfach, ich weiß schon, warum ich meine Motive am liebsten in der Natur suche...  ;)

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 12. Januar 2014, 10:25:39
Das letzte Bild ist sicher ein Grenzfall, was diese Diskussion angeht. Auf der einen Seite unproblematisch, weil Du die ganze Szene fotografiert hast und die nicht die beiden Herren als Einzelpersonen. Auf der anderen Seite werden sie dadurch zum Hauptmotiv, dass sie als einzige klar zu erkennen sind, weil sie inmitten des Gewusels still stehen.

Die reine Lehre gibt e also sicher nicht.


Ich bezog mich eher auf Bilder, weil das der spanischen Großmutter. So ein Bild aus der Ferne mit dem Tele zu machen, fände ich nicht in Ordnung.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 12. Januar 2014, 10:33:44
Hallo Dirk,

Die reine Lehre gibt e also sicher nicht.
genau darauf wollte ich raus. ;)

Ich bezog mich eher auf Bilder, weil das der spanischen Großmutter. So ein Bild aus der Ferne mit dem Tele zu machen, fände ich nicht in Ordnung.
Ja, das sehe ich absolut genau so.

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 11:35:19
Rainer, warum ist das ein Problem, Menschen zu fotografieren? Wenn ich offen auf sie zugehe und sie nicht heimlich mit dem Tele abschieße, können sie doch jederzeit deutlich machen, dass sie das nicht wollen. Das muss man dann natürlich respektieren.

Es ist für mich ein grundsätzliches Problem, weil es ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt. Sicher gibt es Graduierungen, bei einem Fussballspiel sind sich die Spieler sicherlich bewusst, dass sie implizit einem Foto zustimmen. Der Mann mit dem Handy hat nur noch hilflos gegrinst - ist das wirklich eine Zustimmung oder nur die Resignation vor der Tatsache, dass eine Diskussion zu einem Streit führen kann, auf den er jetzt einfach keinen Bock (und keine Zeit) hat? Wieviele dieser "impliziten" Zustimmungen wären real auch erfolgt, wenn man (wie es eigentlich selbstverständlich wäre) vorher gefragt hätte, anstatt einfach vollendete Tatsachen zu schaffen?

Ich finde es viel problematischer, es so zu machen wie Silke und heimlich aus dem Hinterhalt mit dem Tele Menschen zu knipsen, die sich dessen nicht bewusst sind.

Und wo ist der Unterschied zu dem betenden Mann? Der hat doch zu 100% auch nicht gewusst, dass er da fotografiert wird. Spätestens dieses Foto könnte ich nicht machen. Das ist ein ganz intensiver Eingriff in die Intimsphäre, der Stuhl steht nicht aus Versehen so einsam und plakativ vor dem Bildnis, da möchte ein Mensch an diesem sakralen Ort mit sich und Gott alleine sein und mit einiger Sicherheit nicht beobachtet werden, geschweige denn fotografiert werden. Gerade wenn auch noch so schwierige Themen wie Glaube und Religion ins Spiel kommen, dann verhalte ich mich so zurückhaltend wie möglich.

Die Argumentation, man könne ihn ja nicht erkennen, verfängt nicht: erstens würde ich ihn auch nicht erkennen, wenn das Gesicht mit abgebildet wäre (ich kenne ihn ja nicht), zweitens würden ihn gute Bekannte oder Freunde mit erheblicher Sicherheit erkennen, dafür sind einfach viel zu viele Attribute zu sehen. Wenn Du dort kniehen würdest und ich würde Dich entsprechend religiös einschätzen und Du hättest so eine markante Tasche um dann würde ich Dich mit erheblicher Sicherheit an der Erscheinung erkennen. Mich stört fotografieren an solchen Orten so sehr, dass ich ja selbst auf meiner eigenen Hochzeit filmen und fotografieren in der Kirche verboten habe. Und dann gehe ich davon aus, dass Menschen, die ggf. noch erheblich religiöser eingestellt sind als ich (und damit muss ich in jedem Fall rechnen, wenn er da so einsam kniet), dass dieser Mensch das auch ganz sicher nicht will.

Und jeder hat halt seine eigene Meinung.

Das Grundproblem ist immer das gleiche und das können diese Foren nicht klären, wieweit stört man den Fotografierten in seiner Privatsphäre, wie verletze ich seine Würde und inwiefern ist eine nicht explizite Ablehnung (die ja auch ein erhebliches Aggressionspotential beim Betroffenen voraussetzt, wozu viele überhaupt nicht der Lage sind) eine explizite Zustimmung? Es ist ein Überrumpeln und Hoffen, dass es gut geht.

Fotografiere doch mal die Menschen in den USA am Flughafen, wenn sie beim Immigrationofficer vorsprechen. Ist doch eine interessante und plakative Szene. Würdest Du das machen?

Ich habe es auch schon ein paar mal erlebt, dass sich aus einem Foto, das ich gemacht habe, ein netter Kontakt ergeben hat.

Das hättest Du aber auch bekommen, wenn Du vorher fragst. Dann will dieser Mensch das. Aber einfach machen und implizit hinterher die fehlende Ablehnung als Einverständnis zu interpretieren geht mir zu weit.

Ich bin jetzt nicht der große Street- und Menschenfotograf aber ich kann durchaus nachvollziehen, dass es Leute gibt, die Landschaften und leere Straßen völlig öde finden und nur Menschen fotografieren wollen.

Ja, aber diese Menschen müssen ihrerseits respektieren, dass anderen Menschen eine Würde besitzen und ein Persönlichkeitsrecht. Landschaften haben das nicht.

Nicht problematisch finde ich im übrigen das letzte Foto von Michael: es ist für mich ein erheblicher Unterschied, ob ich einen bestimmten Menschen darstelle, oder ob ich eine Szene darstelle, zu der Menschen (als Masse) dazu gehören. Menschen (als Gesamtheit) gehören zu unserem täglichen Leben, aber das Individuum hat ein Recht auf seine Intimsphäre, die man stört, wenn man ihn gezielt zu einem Motiv macht.

Im Prinzip mag ich solche Diskussionen übrigens nicht besonders (hier dürfte es das erste Mal sein, dass ich überhaupt dazu schreibe), denn das ist ein sehr schwieriges Thema und mich graust es oftmals, wenn ich in Fotoforen lese, wie respektlos man damit umgeht. Die meisten machen sich da ihre eigenen "Regeln", ohne wissen zu können, wie der Einzelfall aussieht. Ich tue mir jedenfalls sehr sehr schwer damit, Menschen als Motiv abzulichten ohne das Einverständnis vorher eingeholt zu haben.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Silke am 12. Januar 2014, 11:51:22

Ich finde es viel problematischer, es so zu machen wie Silke und heimlich aus dem Hinterhalt mit dem Tele Menschen zu knipsen, die sich dessen nicht bewusst sind.
Ist kein persönlicher Angriff, Silke. Das ist ja eine Diskussion, die in vielen Fotoforen immer wieder geführt wird. Und jeder hat halt seine eigene Meinung.


Ich sehe es so, dass ich versuche, mich in die Position des Fotografierten hineinzuversetzen. Ich stelle mir also die Frage: würde es mich stören, in der Situation fotografiert zu werden? Und die beantworte ich für mich, dass es mich nicht stören würde, wenn ich es nicht merke.
Wir sind gerade in Indien auch oft fotografiert worden, manchmal wurden wir gefragt, manchmal haben es die Fotografen versucht, heimlich zu machen, manchmal haben wir es trotzdem gemerkt (und dann unser Zeichen gegeben, dass es o.k. ist).

Aber oft ergibt es sich auch so, dass man die Menschen fragen kann und das machen wir dann auch. Ablehnungen gibt es dann eigentlich selten.

Aber eine allgemeingültige Regel gibt es dazu sicher nicht. Das muss Jeder für sich selbst entscheiden.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 13:13:02
Die meisten machen sich da ihre eigenen "Regeln", ohne wissen zu können, wie der Einzelfall aussieht. Ich tue mir jedenfalls sehr sehr schwer damit, Menschen als Motiv abzulichten ohne das Einverständnis vorher eingeholt zu haben.
Das hat sich eben so "eingebürgert" und das weltweit.
Wenn Du Dir die ganzen Online-Zeitungen ansiehst - was da letztendlich Leute (sicher oft ungefragt) irgendwo auf der Welt als Randnotiz auf ein Bild kommen ... oder guck Dir eine Doku im Fernsehen z.B. über irgendein Land an - ob da vorher jeder gefragt wurde der erkennbar durchs Bild läuft ....
Die Menschen sind heute ja selbst nicht mehr so zurückhaltend mit ihren Daten und Bildern ... denk an Facebook - was da nicht alles an Privatkram geschrieben und an Bildern hergezeigt wird.
Mir persönlich ist es eigentlich egal ob ich auf einem Foto drauf bin daß ein Japaner in seinem Freundeskreis oder einem japanischem Forum zeigt.
Ich bekomme es in der Regel ja nicht mit und somit stört es mich nicht.
Heutzutage wo jeder mit seinem Handy oder Tablet unterwegs ist fotografiert ja eigentlich an öffentlichen Plätzen immer irgendjemand irgendwen - lässt sich kaum mehr verhindern da nicht auch mal auf einem Foto zu landen.
Prinzipiell sehe ich einen Unterschied ob ich Leute fotografiere und das Foto veröffentliche die dann vom zu erwartenden Klientel erkannt werden können.
Also auf hier bezogen, Fotos/Film die in D aufgenommen und hergezeigt werden. Da achte ich darauf kein Bild zu veröffentlichen bei dem jemand hier drauf ist für den das nicht ok sein könnte.
Bei Leuten irgendwo sonst in der Welt tut es IMO niemandem weh.
Ich respektiere es allerdings wenn es mir bekannt ist, daß eine bestimmte Gruppe Menschen nicht fotografiert werden möchte (sei es aus religiösen oder anderen Gründen).
Das wäre eines der Tabus die ich immer einhalte.

Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Hatchcanyon am 12. Januar 2014, 13:20:45
Diese Diskussion finde ich sehr interessant. Vielen Argumente, die hier genannt werden, kann ich mich auf den ersten Blick anschließen bzw. sage im ersten Moment "auf keinen Fall".

So ging es mir auch beim Lesen des Posts von Silke und dem Kommentar von Dirk.

Zuerst dachte ich bei dem Post von Silke:
Ich versuche, sie es nicht merken zu lassen. Oft hilft dabei ein guter Zoom. Gerade in Indien an den Ghats war das oft hilfreich, da ja da oft sogar ein Fotografierverbot besteht.

....

Siehe oben, wenn möglichst heimlich. Wenn das nicht möglich ist, frage ich, meist reicht eine kleine Geste oder das zeigen auf die Kamera.
Ne, auf keinen Fall, das würde ich nicht tun.

Schliesse mich dem letzten Satz an.

Was gar nicht geht ist das heimliche Abschiessen mittels Tele. Ich bin doch weder Paparazzo noch bei der Stasi. (Warum fällt mir jetzt die NSA ein?  :gruebel: ) In Deutschland ist sowas ja sogar strafbar. Und das ist gut so.

Man kann auf Bildern auch noch nachträglich Personen/Nummernschilder etc. unkenntlich machen wenn es denn sein muss.

Gruss

Rolf
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 13:57:33
Das hat sich eben so "eingebürgert" und das weltweit.

Selbst wenn es so ist (aber sicher nur einen geringen Prozentsatz von Menschen betrifft, die sich dieses Recht herausnehmen), ich kann es nur schlecht. Das ist eben so und ob es eingebürgert ist oder nicht - spätestens wenn es an die Veröffentlichung geht, ist die Rechtslage mindestens in Deutschland eindeutig.

Versicherungsbetrug und Steuerhinterziehung sind auch seit Jahren Volkssport, trotzdem tue ich mich auch schwer damit. Etwas, was eigentlich Unrecht ist, wird nicht zu Recht, nur weil sich viele nicht daran halten.

Wenn Du Dir die ganzen Online-Zeitungen ansiehst - was da letztendlich Leute (sicher oft ungefragt) irgendwo auf der Welt als Randnotiz auf ein Bild kommen ... oder guck Dir eine Doku im Fernsehen z.B. über irgendein Land an - ob da vorher jeder gefragt wurde der erkennbar durchs Bild läuft ....

Da ist aber eben auch die Frage des Grads, wie sehr die jeweilige Person wirklich betroffen ist oder eben nur mal "durch das Bild läuft". Das ist nicht alles das gleiche für mich.

Ich respektiere es allerdings wenn es mir bekannt ist, daß eine bestimmte Gruppe Menschen nicht fotografiert werden möchte (sei es aus religiösen oder anderen Gründen).

Oder eben ein einzelner Mensch, der sich zum Gebet hinkniet. Das Foto ist für mich absolut jenseits aller Interpretationsmöglichkeiten, das hätte ich nicht machen können.

Würdest Du denn (s.o.) auch, wie von mir vorgeschlagen, Menschen bei der USA Immigration fotografieren (am besten inkl. Officer)?
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: sh3t0r am 12. Januar 2014, 14:40:09
Ich frage - wenn möglich - immer nach. Einerseits um mir rechtliche Probleme zu ersparen, andererseits aus Höflichkeit. Ich habe im letzten Urlaub die Bikinimädels bei Fatburger in Vegas fotografiert, um das Bild als Postkarte meinem 16jährigen Neffen zu schicken. Da habe ich die beiden natürlich um Zustimmung gebeten, sonst wäre mir das irgendwie schmierig vorgekommen.

Bei den Sicherheitsleuten von Area 51 war das anders - die sind zu weit weg und reden auch sonst nicht mit den Leuten. Also habe ich sie ungefragt fotografiert und vor der Veröffentlichung der Fotos ihre Gesichter unkenntlich gemacht.

So vorzugehen wäre mir persönlich unangenehm:

http://youtu.be/kkIWW6vwrvM
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 12. Januar 2014, 15:15:55
Würdest Du denn (s.o.) auch, wie von mir vorgeschlagen, Menschen bei der USA Immigration fotografieren (am besten inkl. Officer)?

Rainer, das wäre keine gute Idee, denn dort herrscht absolutes Fotografierverbot - ganz egal ob das einzelne Officer und/oder Einreisende nun stören würde oder nicht.
Das weist Du aber bestimmt selber, deswegen frage ich mich jetzt auf was der Rainer mit der Frage hinauswill?  :gruebel:

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 15:44:19
Das weist Du aber bestimmt selber, deswegen frage ich mich jetzt auf was der Rainer mit der Frage hinauswill?  :gruebel:

Ne, ich weiß es eben nicht - aber ich habe es mir einfach mal gedacht. Bewusst gesehen habe ich das noch nicht (vielleicht unbewusst). Aber im Prinzip will ich genau darauf hinaus, dass man an bestimmten Orten zumindest "erwartet", dass man dort besser nicht fotografiert.

Bei der Immigration droht zumindest unangenehme Gewalt von Seiten der Einreiseoffiziere.

Gut, ich kann es auch anders formulieren. Würdest Du ungefragt einen Polizisten fotografieren, der Dich kontrolliert? Würdest Du im Flugzeug ungefragt die Flugbegleiter fotografieren? Wahrscheinlich alles eher nicht. Und warum nicht? Weil man unangenehme Konsequenzen befürchtet. Nichtsdestotrotz ist es ja genauso "erlaubt"oder "verboten", diese Menschen zu fotografieren.

D.h. doch also in letzter Konsquenz und Logik, man nimmt sich dieses Recht immer dann heraus, wenn sich "sicher" fühlt und keine Konsequenzen befürchtet - dabei ist die Rechtslage doch stets die gleiche. Und wenn es so ist, ist es inkonsequent. Wenn "es sich eingebürgert" hat, dass man einfach Menschen fotografiert, dann sollte es doch keine Rolle spielen, wie und wo man das tut. Und diese Beispiele haben ja nicht einmal einen religiösen Hintergrund. Sehr wohl haben sie den Hintergrund, dass die Betroffenen erhebliche Mittel haben, sich ihr Persönlichkeitsrecht zu erkämpfen.

Und dann bedeutet das insgesamt doch, dass man sich selbst diese Regeln macht, einfach weil man es kann - weil nicht viel passieren kann. Und nicht, weil es richtig ist. In dem Moment, wo es vermeintlich gefährlicher wird, läßt man es bleiben. D.h. doch, man ist sich grundsätzlich doch durchaus im Klaren, dass das nicht ganz korrekt ist, was man macht. Es ist nur so einfach, sich nicht daran zu halten. Für mich ist es aber nicht einfach, ich tue mir immer schwer damit.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 16:31:19
Und dann bedeutet das insgesamt doch, dass man sich selbst diese Regeln macht, einfach weil man es kann - weil nicht viel passieren kann. Und nicht, weil es richtig ist. In dem Moment, wo es vermeintlich gefährlicher wird, läßt man es bleiben. D.h. doch, man ist sich grundsätzlich doch durchaus im Klaren, dass das nicht ganz korrekt ist, was man macht. Es ist nur so einfach, sich nicht daran zu halten. Für mich ist es aber nicht einfach, ich tue mir immer schwer damit.
Ist ja auch keine Pflicht daß man Menschen fotografieren muss.
Dramatisch finde ich es aber nicht auch wenn man mal ein doch so kleines "Persönlichkeitsrecht" damit verletzt wird und das dann ohne daß der Betroffene es überhaupt mitbekommt. Das mein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird passiert immer wieder jeden Tag und wenn mir nur jemand in der U-Bahn auf den Fuß tritt oder mich anrempelt weil er es eilig hat.
Was ist jetzt schlimmer?
Man tut immer mal etwas im Leben was "unkorrekt" ist.
Die Grenze und Schwelle (bzw. Hemmschwelle) ist fließend - aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Das sind ja keine Straftaten.
Vielleicht hast Du auch schon mal jemand eine Kopie einer Kaufdatei weiter gegeben, bist mit dem Auto um 10 km/h zu schnell gefahren, hast etwas nicht in die dafür vorgesehene Tonne geworfen usw...
Alles Dinge die halt mal vorkommen und IMO sogar gravierender sind als so ein Foto (Ansichtssache).

Meiner Meinung nach kann es sein, daß man sich in Zukunft sowieso wohl oder übel daran gewöhnen muss nicht mehr Herr über seine persönlichen Daten zu sein.
Dazu gehört auch die eigene Abbildung im Internet ohne daß man es will.
Das mag trotz NSA nicht Stand 2014 sein aber in 10-20 Jahren wird es da nicht einmal mehr den Ansatz solcher Bedenken geben können weil die Realität die Gesellschaft schlichtweg überrollt hat.



Würdest Du denn (s.o.) auch, wie von mir vorgeschlagen, Menschen bei der USA Immigration fotografieren (am besten inkl. Officer)?
Na klar - wenn es nicht verboten wäre würde ich es vielleicht tun wenn eine Situation mir interessant genug erscheint.
Das hatte ich ja weiter oben übrigens schon geschrieben:
Zitat von: Horst
Ich respektiere es allerdings wenn es mir bekannt ist, daß eine bestimmte Gruppe Menschen nicht fotografiert werden möchte (sei es aus religiösen oder anderen Gründen).
Bei der Immigration gibt es ein entsprechendes Hinweisschild - somit ist das klar, daß es unerwünscht ist und man auch nicht Fragen braucht.

Es ist ja meines Wissens nicht verboten Menschen zu fotografieren zumindest nicht in Deutschland - das mag anderswo anders sein.
Es ist verboten Bilder zu veröffentlichen auf der eine Person klar zu erkennen ist und der Mensch auf dem Bild nicht will dass sie veröffentlicht werden.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 17:05:22
Alles Dinge die halt mal vorkommen und IMO sogar gravierender sind als so ein Foto (Ansichtssache).

Natürlich ist das so und letztendlich habe ich ja auch auf den Auslöser gedrückt und das Foto des urigen Texaners auch hier gezeigt - aber ich kann nicht über meinen Schatten springen und empfinde das "schlecht". Mir war nicht wohl zumute, als ich das getan habe.

Der Unterschied zum "aus Versehen auf die Füße latschen" ist ja auch eben das fehlende "aus Versehen" - ich habe den Texaner beileibe nicht aus Versehen fotografiert, sondern entgegen meiner persönlichen Einstellung. Aber vielleicht muss ich mich daran gewöhnen, dass das heute "normal" ist.

Es ist ja meines Wissens nicht verboten Menschen zu fotografieren zumindest nicht in Deutschland - das mag anderswo anders sein.

Es muss ja nicht einmal per Gesetz verboten sein - ich muss ehrlich zugeben, wenn ich irgendwo stehen würde und bekäme mit, dass mich jemand mit voller Absicht fotografiert (und zwar nicht "als Beiwerk" zum Geschehen), dann fühle ich mich auch unangenehm beobachtet - warum macht der das?!

Und bei dem betenden Menschen bin ich nicht dabei gewesen - aber ich habe schon viele (sehr viele) Kirchen besucht. In einigen ist Fotografieren so oder so komplett verboten, in fast allen ist es mindestens "unerwünscht", die anwesenden Gläubigen bei ihrem Gottesdienst, Gebet o.ä. zu fotografieren. Und selbst wenn es nicht explizit irgendwo angeschlagen ist, ich könnte es nicht.

Im nachhinein fällt mir übrigens ein, dass wir (sprich eigentlich Sylvia) doch schon mal entgeltlich Menschen fotografiert haben (und würde fast raten, Dirk (DocHoliday) ebenso). Das war nämlich auf der Karibikkreuzfahrt, die übrigens jetzt bald 10 Jahre her ist - schrecklich, wie die Zeit rast, da habe ich nur wenige Landausflüge mitgemacht und Sylvia ist meistens mit Dirk zusammen losgezogen. Und auf irgendeiner dieser Inseln (ich glaube auf Grenada) hatte zumindest Sylvia ein Foto auf der Speicherkarte von einer traditionell gekleideten Einheimischen mit einem großen Blumenkorb o.ä. auf dem Kopf - und das Foto mußte sogar bezahlt werden. Einmal ist keinmal...

Und in Taos bezahlt man implizit, da kostet es einfach 5$ extra, wenn man eine Kamera mit sich führt. Wobei ich nicht mehr genau weiß, ob man dort nicht sogar noch gebeten wird, auf Fotografien der Einwohner ganz zu verzichten. Sicher ist, dass man auch dort die Kirche nicht von innen fotografieren durfte.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Flicka am 12. Januar 2014, 17:17:55
Ich habe mir vorhin, als ich kurz in den Thread geschaut habe, schon gedacht, dass hier relativ viel vermischt wird:

1) Fotografiere ich Sehenswürdigkeiten mit oder ohne Personen, weil das Bild damit besser / schlechter ist?

Das ist eine Frage, die eher unter das Thema Fotodiskussion fällt. Manchmal will man nur das Bild der Sehenswürdigkeit haben, manchmal hat das Bild viel mehr Aussagekraft, wenn man die Menschenmassen ablichtet, die sich dort aufhalten oder eine Person als Größenmaßstab fotografiert usw.


2) Darf ich einfach so Menschen fotografieren?
3) Darf ich Fotos von Menschen veröffentlichen (auch im Internet)?

Zu beiden Fragen sollte man sich mal den folgenden Wikipedia-Eintrag anschauen. Das Fotografieren selbst ist meistens nicht das Problem, wenn man nicht gerade in fremde Wohnungen hineinknipst, sondern das Veröffentlichen der Bilder. Bei letzterem verstößt man zumindest in Deutschland relativ schnell gegen geltendes Recht, gerade wenn es um Portraitaufnahmen geht. Andererseits ist es aber unproblematisch, Bilder von Sehenswürdigkeiten zu veröffentlichen, auf denen als "Beiwerk" auch Menschen abgebildet sind.

http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 17:25:30
Der Unterschied zum "aus Versehen auf die Füße latschen" ist ja auch eben das fehlende "aus Versehen" - ich habe den Texaner beileibe nicht aus Versehen fotografiert, sondern entgegen meiner persönlichen Einstellung. Aber vielleicht muss ich mich daran gewöhnen, dass das heute "normal" ist.
Du musst nicht aber Du kannst.
Dem Texaner hast Du damit kein Leid angetan aber Deinen Bericht dadurch einfach noch interessanter gestaltet.
Nur Bilder von Leuten fände ich dann auch wieder langweilig aber immer wieder auch mal dazwischen Personen vermitteln eben Lebendigkeit und damit zumeist auch größeres Interesse beim Betrachter.


Und in Taos bezahlt man implizit, da kostet es einfach 5$ extra, wenn man eine Kamera mit sich führt. Wobei ich nicht mehr genau weiß, ob man dort nicht sogar noch gebeten wird, auf Fotografien der Einwohner ganz zu verzichten. Sicher ist, dass man auch dort die Kirche nicht von innen fotografieren durfte.
Nur 5$ ?
Ich dachte das wäre deutlich teurer.
Bei Indianern ist deren Bereitschaft sich fotografieren zu lassen generell eher gering - da wäre ich immer vorsichtig bzw. würde entweder fragen oder es lassen.
Außer man ist bei einem PowWow - da fotografieren dann sowieso wieder alle.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 17:53:36
Nur 5$ ?
Ich dachte das wäre deutlich teurer.

Äh ja - Stand: 2006. Einen aktuelleren habe ich (noch) nicht. Vielleicht im April?!
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 12. Januar 2014, 18:36:16
Hallo Flicka,

2) Darf ich einfach so Menschen fotografieren?
3) Darf ich Fotos von Menschen veröffentlichen (auch im Internet)?

Zu beiden Fragen sollte man sich mal den folgenden Wikipedia-Eintrag anschauen. Das Fotografieren selbst ist meistens nicht das Problem, wenn man nicht gerade in fremde Wohnungen hineinknipst, sondern das Veröffentlichen der Bilder. Bei letzterem verstößt man zumindest in Deutschland relativ schnell gegen geltendes Recht, gerade wenn es um Portraitaufnahmen geht. Andererseits ist es aber unproblematisch, Bilder von Sehenswürdigkeiten zu veröffentlichen, auf denen als "Beiwerk" auch Menschen abgebildet sind.

http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild

Einspruch!  :)  Wenn ich mir in dem von Dir verlinkten Wiki-Artikel den Abschnitt "Erstellen von Bildern (http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild#.28Blo.C3.9Fes.29_Erstellen_von_Bildern)" anschaue, kann ich Deine Interpretation, wonach das Fotografieren selbst meist nicht das Problem sein soll, nicht nachvollziehen.

Tatsächlich benötigt man (in D) bereits zum Erstellen der Fotografie (also auch ohne Veröffentlichungsabsicht) die Zustimmung der Person. An einschlägiger Stelle habe ich dazu folgende Erklärung gefunden:
Zitat
Ausgangspunkt ist hier § 22 KUG. Liest man sich den Paragrafen durch, wird einem auffallen, dass die Herstellung der Fotografie allerdings nicht erwähnt wird. Man könnte also meinen, das Fotografieren von Personen auf der Straße sei zulässig. Dies ist aber nicht der Fall. Diese Gesetzeslücke wurde im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung ausgefüllt. Obzwar das Herstellen eines Fotos nicht gegen den Gesetzestext des § 22 KUG verstößt, kann aber das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten betroffen sein.

Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass durch die Herstellung der Fotografie das Bildnis des Betroffenen von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsgewalt entzogen wird. Einfach gesagt, soll niemand mit dem Gefühl leben, dass irgendjemand irgendwelche Fotos von einem besitzt, die irgendwann veröffentlicht werden könnten.

Für den Fotografen ist daher zu beachten, stets die Einwilligung der Person einzuholen, die fotografiert werden soll. Einwilligung bedeutet übrigens die *vorherige* Zustimmung. Die Einwilligung muss nicht schriftlich, sondern kann auch mündlich erteilt werden. Da der Fotograf jedoch die Beweislast dafür trägt, dass eine Einwilligung vorliegt, ist er gut damit beraten, sich diese schriftlich geben zu lassen.
Der vollständige Text , aus dem dieses Zitat stammt, ist hier nachzulesen. (http://kwerfeldein.de/2009/02/24/darf-ich-darf-ich-nicht-ein-interview-mit-rechtsanwalt-philipp-dorowski-zum-fotografieren-auf-der-strasse/)

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 18:41:56
Nur 5$ ?
Ich dachte das wäre deutlich teurer.

Äh ja - Stand: 2006. Einen aktuelleren habe ich (noch) nicht. Vielleicht im April?!
Dann fang schon mal an zu sparen - es sind jetzt 6$ (http://www.taospueblo.com/community/taos-pueblo-community-photos).  :))

Übrigens:"Always be polite and ask before photographing community members on the pueblo."
Also fragen - dann ist es u.U. ok.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Birgit am 12. Januar 2014, 18:46:46
Oh jemine, was habe ich hier denn angezettelt?

Eigentlich dachte ich immer, ich könnte mich zum Thema des Fotografierens ganz gut auf meinen gesunden Menschenverstand verlassen, aber in der letzten Zeit geht es mir eben so, dass ich gar nicht mehr so auf die ganz menschenleeren Fotos stehe. So hat beispielsweise mein Freund Fotos vom Sonnenuntergang am Delicate Arch nicht toll gefunden. Erst, nachdem er eins mit Leuten gesehen hatte, die drunter standen, war das anders. Erst da hat er kapiert, wie riesig der Arch ist.

Natürlich hatte ich in Indien immer lieber indische Gläubige in malerischen Gewändern auf Tempelfotos als europäische Touristen in praktischer Wanderhose, Mottoshirt und dickem Bauch mit Kamera davor, aber auch die ließen sich nicht immer meiden. Dann habe ich die halt hingenommen, auch wenn ich schon immer gewartet hatte, bis die Schlange stehenden Touris aus aller Welt fertig damit waren sich gegenseitig zu knipsen.

Da fand ich es eigentlich ganz dankbar und letztlich auch fair, dass ein Foto ein Geschäft sein kann und mit einem Trinkgeld belohnt wird. Dann ist es eben eindeutig und ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben.

Menschen als Motiv finde ich superspannend inzwischen. Ich habe auch eine Bekannte, die meines Erachtens unangemessen gnadenlos drauf hält und die Bilder dann auf ihre Website stellt. Ist das schon Kunst, wenn jemand begabt ist, durchaus schöne Fotos macht, diese veröffentlicht und somit rechtlich OK? Ich hätte so massiv durchaus meine Probleme damit.

Ich erinnere mich an eine Gelegenheit, bei der ich mal jemanden gefragt habe, ob ich fotografieren darf. Er war stolz wie Oskar, aber hatte sich leider in Szene gesetzt für das Bild, sodass das Bild dann ganz anders aussah, als wenn er einfach mit dem weiter gemacht hätte, was er gerade getan hat.

Dass das ein Problem sein könnte, ist mir lange nicht bewusst gewesen. Dann war ich mit meinem damaligen Freund, einem Marokkaner, in seiner Heimatstadt Marrakech und wollte jemanden fotografieren, der gerade versuchte seinen voll beladenen Handkarren durch den Souk zu zerren. M. hatte mich davon abgehalten: "Bist du blöde, der rackert sich hier ab und hat gerade ein gewaltiges Problem und du hast nichts besseres zu tun als zu fotografieren? Wie würdest du es denn finden, wenn jemand sich neben dich stellt und nichts Besseres zu tun hat als zu fotografieren, wenn dir gerade mal wieder deine Einkaufstasche vom Fahrrad gefallen ist und du versuchst deine Sachen wieder zusammenzusammeln?

Ich bekenne mich schuldig: Ich fotografiere Menschen auch inzwischen oft ohne zu fragen, teilweise auch heimlich, und höre erst damit auf, wenn der Betreffende deutlich macht, dass er das nicht will, aber dann höre ich auch auf. In Indien habe ich mit ein bisschen trotz drauflos geknipst, weil es mir ähnlich ergangen ist wie Silke. Heimlich oder ganz offen wurde ich auch mehrfach am Tag abgelichtet. Damit habe ich auch grundsätzlich kein Problem, außer natürlich es wären irgendwie kompromittierende Situationen.

Ach ja, und in Taos ist das Fotografieren von Menschen tatsächlich richtiggehend untersagt, aber zumindest als ich dort war, ließ sich ohnehin niemand blicken! Meinen Reisebericht schreibe ich ja meistens begleitend zur Reise mit und in dem habe ich gerade nachgelesen:

Zitat
Schilder stellten strenge Regeln auf, dass man keine Bewohner fotografieren dürfe (es ließen sich ohnehin kaum welche blicken) und auch im Dorf waren an verschiedenen Stellen Barrieren aufgebaut, die "no trespassing" befahlen.

Ach ja, Eintritt am 31.10.2010:

Zitat
Bereits die Reiseführer neben meinem Bett hatten ja allesamt auf den stolzen Eintrittspreis von 10 USD und die Gebühr pro Kamera in Höhe von 6 USD hingewiesen
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 12. Januar 2014, 19:00:15
Oh jemine, was habe ich hier denn angezettelt?
Ein interessante und, wie ich finde, sehr vielseitige Diskussion mit einem gepflegten Meinungsaustausch. Eigentlich nix schlimmes in einem Forum.. ;-)

Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, wurde mir durch eben diese Diskussion auch noch mal klar, dass das alles nicht so leicht und eindeutig zu beantworten ist und ich habe, zumindest ein Stück weit, mein eigenes Vorgehen diesbezüglich kritisch hinterfragt. Danke dafür! :-)

Die Meinungen dazu sind jedenfalls sehr vielseitig. Der Verweis auf deutsches Recht (der Wiki-Link von Flicka und der Link in meiner Antwort darauf), hilft hier auch nur sehr eingeschränkt weiter. Wir Reisen hier in aller Herren Länder umher, da gelten höchst unterschiedliche Regeln und Gesetze.

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Hatchcanyon am 12. Januar 2014, 19:25:11
Einspruch!  :)  Wenn ich mir in dem von Dir verlinkten Wiki-Artikel den Abschnitt "Erstellen von Bildern (http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild#.28Blo.C3.9Fes.29_Erstellen_von_Bildern)" anschaue, kann ich Deine Interpretation, wonach das Fotografieren selbst meist nicht das Problem sein soll, nicht nachvollziehen.

Tatsächlich benötigt man (in D) bereits zum Erstellen der Fotografie (also auch ohne Veröffentlichungsabsicht) die Zustimmung der Person.

Richtig!

Vor Jahren habe ich mal in Frankfurt so eine Situation erlebt, dass Polizisten eingeschritten sind und Filme konfiszierten bzw. unbraucbar machten als jemand gezielt Messebesucher "schoss". Auf dem Platz vor dem Messegelände.

Andere  Länder, andere Sitten! In den USA unterscheiden sie die Regelungen sogar nach Bundesstaat. In Utah ist es z.B. seit einiger Zeit untersagt, Vieh auf der Weide oder eine Farm aufzunehmen ohne eine Erlaubnis des Besitzers (der Tiere) zu haben. (Gesetz HB187) Es steht Haft bis zu einem Jahr auf einer Missachtung. In Florida existiert eine ähnliche Bestimmung.

Eigentlich gehts dabei aber nicht ums Photographieren, sondern darum zu verhindern, dass Vergehen bei der Tierhaltung aufgedeckt werden - also eine reine Lobbygeschichte. Man kann also nicht immer ganz einfach feststellen, was denn wo aus welchem Grund untersagt ist.


Gruss

Rolf
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 20:08:09
Wir Reisen hier in aller Herren Länder umher, da gelten höchst unterschiedliche Regeln und Gesetze.

Wobei ja die Wahrscheinlichkeit mehr als nur hoch ist, dass man im Zweifel die örtlichen Gesetze so gut wie gar nicht kennt, wenn man ja nicht einmal die zu Hause geltenden Rechte wirklich kennt.

Was mich (eben vor allem in den mir bekannten Fotoforen) an der ganzen Materie stört, das ist die Selbstverständlichkeit, mit denen einzelne Fotografen einfach "eigene Regeln" aufstellen und die als das Maß der Dinge verkaufen. In den wenigsten Fällen dürfte das mit der Rechtssprechung übereinstimmen, selbst wenn, dann eher zufällig.

Letztendlich muss das natürlich jeder für sich verantworten, ich kritisiere ja auch keine Bankräuber (mal überspitzt ausgedrückt), jeder kann tun und lassen was er will. Das muss jeder in letzter Instanz ja auch selbst verantworten, auch wenn es wohl nur selten zu wirklichen Problemen führt. Ich störe mich eher an der Selbstverständlichkeit, wie es manchmal verkauft wird, denn für mich sind manche dieser Dinge überhaupt nicht selbstverständlich, auch wenn es altmodisch erscheinen mag. Ich brauche sicherlich einen Lernprozess, um "härter" zu werden. Und frage mich natürlich, ob ich das wirklich will.

Unbenommen gebe ich zu, dass das natürlich ein extrem interessantes Gebiet ist. Aber rechtfertigt das die freie Einstellung, die manche Fotografen dazu haben? Ich weiß es nicht.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 20:10:21
Oh jemine, was habe ich hier denn angezettelt?
Ein interessante und, wie ich finde, sehr vielseitige Diskussion mit einem gepflegten Meinungsaustausch. Eigentlich nix schlimmes in einem Forum.. ;-)
Genau - herzlichen Dank für die Idee Birgit.  :D

Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 12. Januar 2014, 20:37:28
Ich versuche mal auf ein paar Sachen einzugehen:

Menschen im Gebet. Ich sehe es so, dass ich dabei weniger ein Foto des Individuums mache sonder eine Situation, eine Szene, eine Symbolik festhalte. Das Gebet ist das wichtige, nicht die Person, die deshalb nicht zu erkennen sein sollte. Natürlich wird sein Sohn oder seine Frau den Mann auch von hinten erkennen aber er ist eben nicht für jeden erkennbar als Person im Internet ausgestellt.
Für mich macht das einen Unterschied. Ich kann aber durchaus verstehen, dass man anderer Meinung sein kann und solche Fotos ablehnt. Ich erkenne auch, dass ich hier heimlich fotografiert habe, also von dem Schuss aus der Entfernung mit dem Tele gar nicht so weit weg bin. Der Unterschied ist für mich, dass ich kein Portrait mache und die Person nicht für jeden erkennbar ist.

Der Mann mit dem Handy hat nur noch hilflos gegrinst - ist das wirklich eine Zustimmung oder nur die Resignation vor der Tatsache, dass eine Diskussion zu einem Streit führen kann, auf den er jetzt einfach keinen Bock (und keine Zeit) hat?

Du warst dabei? Leider stimmt nichts davon.
Der gute Mann hatte vorher schon gesehen, dass ich ihn fotografieren wollte, sich dann aber im Gespräch noch einmal abgewendet, als ich abgedrückt habe. Anschließend hat er mich angeschaut, laut gelacht und mich auf deutsch angesprochen, ob ich ihm das Bild mailen könnte. Man kann also wohl davon ausgehen, dass er einverstanden war.


Wieviele dieser "impliziten" Zustimmungen wären real auch erfolgt, wenn man (wie es eigentlich selbstverständlich wäre) vorher gefragt hätte, anstatt einfach vollendete Tatsachen zu schaffen?


Das hättest Du aber auch bekommen, wenn Du vorher fragst. Dann will dieser Mensch das. Aber einfach machen und implizit hinterher die fehlende Ablehnung als Einverständnis zu interpretieren geht mir zu weit.

Ich bin aber auch schon auf Menschen zu gegangen und habe einfach gefragt, ob ich ein Foto machen darf, egal ob hier in D oder auf Reisen.

Bei dem Harfenspieler  und seinem weiblichen Fan habe ich beide angeschaut, auf meine Kamera gezeigt und ein fragendes Gesicht gemacht (für mehr reicht mein spanisch leider nicht). Beide haben gelächelt, genickt, sich wieder umgedreht und sich nicht weiter um mich gekümmert. In Afrika habe ich das gelegentlich genau so gemacht. Manchmal bekomme ich ein nicken, manchmal eine Ablehnung, die ich natürlich respektiere.


Es ist für mich ein grundsätzliches Problem, weil es ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt.

Nicht wenn die fotografierte Person damit einverstanden ist.

Ich bin jetzt nicht der große Street- und Menschenfotograf aber ich kann durchaus nachvollziehen, dass es Leute gibt, die Landschaften und leere Straßen völlig öde finden und nur Menschen fotografieren wollen.

Ja, aber diese Menschen müssen ihrerseits respektieren, dass anderen Menschen eine Würde besitzen und ein Persönlichkeitsrecht.

Und wer sagt, dass sie das nicht tun? Das muss ja nicht immer verbal passieren.
Ich bin im Herbst mehrfach in Holland Hirsche in der Brunft fotografieren gewesen. Dabei bin ich mit dem Großen Stativ mit Kamera und 500er Tele über der einen und einer zweiten Kamera über der anderen Schulter die Straße auf und ab gelaufen. Dabei habe mich mehrfach Radfahrer und Spaziergänger geknipst. Meist gab es einen fragenden Blick und ich habe genickt oder gelächelt. Das Einverständnis war damit gegeben. Und natürlich hätte ich kein Problem damit, nein zu sagen. Ich hätte mich ja nur schnell weg drehen müssen.

Wenn diese Art der Kommunikation als Einverständnis nicht ausreicht, könnte es nie wieder Reisereportagen, Dokumentationen, etc. aus "exotischeren" Ländern geben, bei denen Menschen irgendwo auf der Welt bei ihrer täglichen Arbeit zum Beispiel auf dem Feld gezeigt werden oder das farbenfrohe Straßenleben in Indien zum Beispiel. Keine Fotos, keine Videos dieser Art wären möglich, wenn man Deine Bedenken konsequent umsetzen würde. Denn man könnte sich ja nie sicher sein, ob eine Zustimmung "wirklich eine Zustimmung [ist] oder nur die Resignation vor der Tatsache, dass eine Diskussion zu einem Streit führen kann, auf den er jetzt einfach keinen Bock (und keine Zeit) hat? " Wobei ich persönlich finde, dass es auch in Ordnung ist, wenn dem Betroffenen offensichtlich sein Persönlichkeitsrecht einfach so unwichtig ist, dass er keinen Bock hat, etwas dafür zu tun ;)

Wie gesagt, eine absolute Wahrheit gibt es bei diesem Thema sicher nicht. Aber ich finde die Diskussion sehr interessant und nehme sie als Anlass, noch einmal über meine Position nachzudenken.

Interessant finde ich auch, dass derjenige mit der strengsten Auslegung des Persönlichkeitsrechts, der die meisten "Bauchschmerzen" damit hat, andere zu fotografieren, selber komplett gegen seine Regeln verstößt und sogar heimlich knipst, wenn das Motiv interessant genug ist. Und Du hast zwar nachher Deine Probleme damit, das Bild veröffentlichst Du aber trotzdem.
Das soll jetzt kein persönlicher Angriff sein. Ich glaube das dokumentiert einfach ganz gut, den Unterschied zwischen der reinen Lehre und der Praxis. Die Versuchung, eine bestimmte Szene oder ein bestimmtes Motiv zu knipsen, auch wenn man damit gegen die eigenen Regeln verstößt, kann manchmal sehr groß sein.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 21:01:15
Wobei ja die Wahrscheinlichkeit mehr als nur hoch ist, dass man im Zweifel die örtlichen Gesetze so gut wie gar nicht kennt, wenn man ja nicht einmal die zu Hause geltenden Rechte wirklich kennt.
Na ja die wesentlichen Gegebenheiten kann man in jedem durchschnittlichen Reiseführer nachlesen und ich muss sagen, daß recherchiere ich immer bevor ich zum ersten mal in ein neues Land gehe, wobei, so ein wieder mal völlig bescheuertes Gesetz wie das, das Rolf gepostet hat, mit den Rindviechern in den USA (hinter dem Zaun und denen die die Gesetzgebung zu vertreten haben), war mir auch nicht bekannt.
Es könnte sogar sein, daß mich eine sehr restriktive Haltung sogar von einem Besuch des Landes abhalten könnte.

Auf meinen Reisen ist es mir eigentlich noch nie passiert, daß ich Ärger wegen einer Aufnahme bekommen habe - einzig und alleine wenn ich mit der Filmkamera und dem Stativ Gebäude aufnehme kommt gerne mal jemand vorbei und belehrt mich daß ich das nicht darf - was ich dann zwar befremdlich finde (wenn das jemand mit der DSLR macht wo man auch filmen kann sagt dann keiner was) aber daran muss man sich dann eben auch halten.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Hatchcanyon am 12. Januar 2014, 22:21:54

Na ja die wesentlichen Gegebenheiten kann man in jedem durchschnittlichen Reiseführer nachlesen und ich muss sagen, daß recherchiere ich immer bevor ich zum ersten mal in ein neues Land gehe, wobei, so ein wieder mal völlig bescheuertes Gesetz wie das, das Rolf gepostet hat, mit den Rindviechern in den USA (hinter dem Zaun und denen die die Gesetzgebung zu vertreten haben), war mir auch nicht bekannt.

Ich denke mal, viele von uns kennen die vor Ort geltenden Regeln nicht, egal ob sie für uns einsichtig sind oder nicht. Wichtiger erscheint mir, dass wir als Fremde die Regeln einer anderen Gesellscaft akzeptieren - schliesslich sind wir nur Gäste - und uns daran halten.

Wer meint, seine eigenen Regeln den anderen aufbürden zu müssen, der ist für mich nichts anderes wie ein Kolonialist, also jemand der mit seiner Ethik zwei Jahrhunderte im Rückstand ist. Schande über solche Ausbeuter.

Gruss

Rolf
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 22:24:08
Menschen im Gebet. Ich sehe es so, dass ich dabei weniger ein Foto des Individuums mache sonder eine Situation, eine Szene, eine Symbolik festhalte.

Die Frage, die sich mir nur stellt, ist: ist es die Ansicht des Fotografen, die hier zählt, oder die des Menschen, der fotografiert wird aber nicht nach seiner Ansicht gefragt wird? Für mich (ohne wenn und aber) letzteres.

Du warst dabei? Leider stimmt nichts davon.

Natürlich war ich nicht dabei. Ich kann ja nur das verwerten, was hier dazu geschrieben wird.

Der gute Mann hatte vorher schon gesehen, dass ich ihn fotografieren wollte, sich dann aber im Gespräch noch einmal abgewendet, als ich abgedrückt habe. Anschließend hat er mich angeschaut, laut gelacht und mich auf deutsch angesprochen, ob ich ihm das Bild mailen könnte. Man kann also wohl davon ausgehen, dass er einverstanden war.

Das kann man natürlich so nicht wissen, weil diese nachfolgende Darstellung klingt um Welten anders und darauf basiert meine Antwort:

Dieser kommunikative Herr hat erst nachher mitbekommen, dass ich ihn fotografiert habe. Hat dann aber nur gegrinst und war offensichtlich einverstanden.

Dass jetzt aus "hat nur gegrinst und war offensichtlich einverstanden" jetzt ein längerer deutschsprachiger Dialog wird, kann niemand hier ahnen. Wobei es nicht einmal darum geht, dass es dann doch ganz anders war, sondern dass es mit Sicherheit sehr viele Fotografen gibt, für die eben dieses (hilflose? zustimmende?) Grinsen ausreicht.

Wie es zusammenpasst, dass der Herr "vorher schon gesehen hatte", dass er fotografiert wird, anderseits dann aber auch "erst nachher mitbekommen hat", dass er fotografiert wird, ist für mich jedenfalls nicht wirklich zu verstehen.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 22:41:44
Interessante Fotos von Menschen zu machen ist jedenfalls auch eine Gabe die nicht jedem gelingt.

Michael Martin macht in dieser Hinsicht sehr gute Aufnahmen und ich habe schon einige Dokumentationen mit/über ihn gesehen. Sein "Trick" ist mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie dann entspannt zu fotografieren.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Horst am 12. Januar 2014, 22:53:59
Wer meint, seine eigenen Regeln den anderen aufbürden zu müssen, der ist für mich nichts anderes wie ein Koloniealist, also jemand der mit seiner Ethik zwei Jahrhunderte im Rückstand ist. Schande über solche Ausbeuter.
Sollte sich das hier auf das Thema Fotografieren beziehen und Du damit einen Teil unserer User als "Ausbeuter " bezeichnest möchte ich darauf hinweisen, daß dies nicht der Ton ist der hier bei eumerika akzeptabel ist.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 12. Januar 2014, 23:08:28
Wie es zusammenpasst, dass der Herr "vorher schon gesehen hatte", dass er fotografiert wird, anderseits dann aber auch "erst nachher mitbekommen hat", dass er fotografiert wird, ist für mich jedenfalls nicht wirklich zu verstehen.

Er hat mich vorher mit der Kamera gesehen, dann fleissig weiter in beide Handys gequatscht. Daher hat er erst danach gesehen, dass ich ihn so fotografiert hatte. War etwas ungeschickt formuliert.
Dann hat er gegrinst/gelacht und mich angequatscht, ob er das Foto haben könnte.  Natürlich konntest Du die weitere Geschichte nicht kennen. Deshalb war ich ja so verwundert, dass Du wusstest, dass er nur hilflos gegrinst hat und eigentlich gar nicht fotografiert werden wollte.

Trägt aber so oder so eigentlich nichts zum Thema bei. Er war definitiv damit einverstanden, fotografiert zu werden, nur das ist wichtig.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 12. Januar 2014, 23:11:58
Interessante Fotos von Menschen zu machen ist jedenfalls auch eine Gabe die nicht jedem gelingt.

Ist m.E. die schwierigste Disziplin der Fotografie. Man braucht dazu nicht nur technische und künstlerische Fertigkeiten sondern auch andere Qualitäten. Eben auf Menschen zu gehen zu können, auf sie einzugehen, ihnen Vertrauen einflößen, etc., etc.

Landschaften sind da deutlich einfacher, Wildlife liegt so etwa in der Mitte.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Rainer am 12. Januar 2014, 23:27:08
Deshalb war ich ja so verwundert, dass Du wusstest, dass er nur hilflos gegrinst hat und eigentlich gar nicht fotografiert werden wollte.

"Gewusst" habe ich das keinesfalls (und auch nicht so formuliert), nur ließ Deine erste Darstellung diese Option durchaus zu. Und (wie gesagt) geht es nicht (nur) um diesen Einzelfall, sondern eben um die sicherlich weit verbreitete Methode, erst zu fotografieren und danach zu schauen, ob es OK war.

Trägt aber so oder so eigentlich nichts zum Thema bei. Er war definitiv damit einverstanden, fotografiert zu werden, nur das ist wichtig.

Das verträgt sich aber nicht wirklich mit dem Zitat aus Michaels Beitrag (das ich übrigens nicht einmal kannte), dass es (mindestens in D) sehr wohl darauf ankommt, erst das Einverständnis einzuholen und dann abzudrücken - und nicht umgekehrt:

Zitat
Für den Fotografen ist daher zu beachten, stets die Einwilligung der Person einzuholen, die fotografiert werden soll. Einwilligung bedeutet übrigens die *vorherige* Zustimmung.

Von daher fand (finde) ich meine Stellungnahme dazu durchaus zum Thema passend, ich kann ja wie gesagt nur das kommentieren, was ich hier lese.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Andrea am 13. Januar 2014, 06:34:14
Diese Diskussion finde ich sehr interessant. Daher habe ich jetzt mal über mein eigenes Verhalten nachgedacht. Ich fotografiere ja eigentlich nie, da Heiko das übernimmt. Dennoch fällt mir einiges dazu ein:

Jeder macht wohl in vielen Dingen seine eigenen Regeln. Zum Beispiel in einem Restaurant würde ich niemals auf des Nachbars Teller mit meiner Gabel herumstochern, um mal zu probieren, wie sein Essen schmeckt. Aber wäre es verboten? Grenzwertig. Ähnlich verhält es sich mit der Fotografie. Auch da macht man seine eigenen Regeln, obwohl es da scheinbar gesetzliche Regelungen gibt, die aber Ottonormalbürger gar nicht kennt. Da verlässt man sich dann eben auch auf sein Bauchgefühl und macht seine eigene Regel.

Nun ist das Bauchgefühl nicht bei jedem gleich. Genau wie Rainer würde ich einen betenden Menschen nicht fotogrfieren, jedenfalls nicht so, wie Dirk es getan hat. Das erlaubt mein Bauchgefühl nicht. Andererseits finde ich das Bild sehr gelungen und mich interessiert der betende Mann auf dem Bild nicht, sondern die Stimmung bzw. der Eindruck, der mit dem Bild erzeugt wird. Jemand, der den Mann (er)kennt oder der Mann selbst, wird das Bild mit ganz anderen Augen betrachten als ich, die ihn nicht kennt.

Andersherum würde es mir nicht gefallen, wenn zum Beispiel mich jemand fotografiert, während ich zum Beispiel esse oder aus einem Auto aussteige oder sonstwas. Selbst wenn er mir hinterher erklärt, dass das Bild ein Teil einer wunderbaren Collage oder Sammlung wird, wo mein Foto nicht mich und meine Persönlichkeit darstellt sondern einfach nur die Situation des Essens oder Aussteigens. Es bliebe ein befremdliches Gefühl. Hätte ich vorher die Erklärung gehabt, hätte ich noch die Möglichkeit gehabt, das Foto abzulehnen, was ich je nach Bauchgefühl (da isses wieder!) getan hätte. Im Nachhinein ist das schwierig.

Wenn ich aber auf einem Foto eines beliebigen Touristen drauf bin und auch zu erkennen, weil ich eben gerade genau wie er auf dem Markusplatz stehe oder am Delicate Arch, dann ist das eben so. Dann bin ich zufällig auf dem Bild. In der Regel spiele ich dann auch nicht die Hauptrolle in dem Bild, auch wenn ich vielleicht als Größenvergleich diene. An solchen Orten muss ich damit rechnen, auf fremden Fotos zu sein.

Aus diesen Dingen resultiert meine eigene Regel, wann ich Menschen fotografiere und wann nicht und wann ich sie wegen des Fotos fragen würde. Dazu kommen dann die Regeln, die zum Beispiel in Museen oder Kirchen oder so angeschlagen sind und wenn ich weiß, dass beispielsweise eine bestimmte Kultur nicht fotografiert werden will.
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Michael am 13. Januar 2014, 13:29:44
Interessante Fotos von Menschen zu machen ist jedenfalls auch eine Gabe die nicht jedem gelingt.

Ist m.E. die schwierigste Disziplin der Fotografie. Man braucht dazu nicht nur technische und künstlerische Fertigkeiten sondern auch andere Qualitäten. Eben auf Menschen zu gehen zu können, auf sie einzugehen, ihnen Vertrauen einflößen, etc., etc.

Landschaften sind da deutlich einfacher, Wildlife liegt so etwa in der Mitte.

Jede Fotografie, die mehr als das blosse Abbild transportiert, also jenseits von Passbild, Dokumenation oder Bestimmungsbild ist, stellt besondere Anforderungen an den Fotografen. Den Fotografien, die bewegen, geht i.d.R. ausnahmslos eine intensive Beschäftigung des Fotografen mit dem Motiv und/oder der Situation voraus. Tierfotografen studieren oft wochen- oder gar monatelang eine bestimmte Spezies, bis "das eine" Bild entstanden ist, welches die Betrachter so fasziniert.

Grüße aus der Pfalz,
Michael
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Hatchcanyon am 13. Januar 2014, 13:57:47
Wer meint, seine eigenen Regeln den anderen aufbürden zu müssen, der ist für mich nichts anderes wie ein Koloniealist, also jemand der mit seiner Ethik zwei Jahrhunderte im Rückstand ist. Schande über solche Ausbeuter.
Sollte sich das hier auf das Thema Fotografieren beziehen und Du damit einen Teil unserer User als "Ausbeuter " bezeichnest möchte ich darauf hinweisen, daß dies nicht der Ton ist der hier bei eumerika akzeptabel ist.

Es bezieht sich generell auf Leute, die in andere Länder reisen und meinen, dort nach den Regeln, die bei ihnen zuhause gelten - oder auch ihren eigenen - agieren zu müssen. Das ist unakzeptabel. Man darf sich schon bemühen, die Rechte anderer nicht zu verletzen. Wenn mir Regeln in einem Land nicht passen, dann fahre ich eben nicht hin.

Man kann nicht alle Regeln im Ausland kennen, das fällt zuhause schon schwer. Aber Regeln mutwillig zu verletzen nach "bei uns zuhause ist das aber anders" oder "ich mach das jetzt einfach, weil es für mich ein Vorteil ist" das hat ein ziemliches Geschmäckle. Genau das hatten die Herren Kolonialisten im 19. Jh. gemacht - nach ihren Regeln gelebt und die Rechte anderer unterdrückt. Diese Art von Lebenstil meine ich.

Gruss

Rolf
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 13. Januar 2014, 14:45:28
Man kann nicht alle Regeln im Ausland kennen, das fällt zuhause schon schwer. Aber Regeln mutwillig zu verletzen nach "bei uns zuhause ist das aber anders" oder "ich mach das jetzt einfach, weil es für mich ein Vorteil ist" das hat ein ziemliches Geschmäckle. Genau das hatten die Herren Kolonialisten im 19. Jh. gemacht - nach ihren Regeln gelebt und die Rechte anderer unterdrückt. Diese Art von Lebenstil meine ich.

Und was hat das jetzt mit dieser Diskussion zu tun bzw. wem wirfst Du vor, so zu handeln?
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Hatchcanyon am 13. Januar 2014, 15:10:12
OT: Ich stelle nur fest, dass man so nicht handeln sollte. Wenn das jemand auf sich bezieht wird es Gründe dafür geben.

Gruss

Rolf
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: DocHoliday am 13. Januar 2014, 15:54:21
OT: Ich stelle nur fest, dass man so nicht handeln sollte. Wenn das jemand auf sich bezieht wird es Gründe dafür geben.

Ich liebe Deinen Diskussionsstil!  :)) :))
Titel: Re: Menschen fotografieren...
Beitrag von: Thomas am 16. Januar 2014, 17:53:50
Wir zeigen viele Menschen, aber nur POwwow und Events, wo jeder mit rechnen muss. Mich mit Kamera verstecken klappt da gar nicht, in gegenteil, leute fragen woher wir kommen