Dienstag, 3. Juli 2018 - Lost in roundabouts und ein langersehnter Wunsch geht in ErfüllungGestern Abend sah ich ein Plakat am Buffet-Restaurant, welches die günstigste Frühstückszeit anzeigte. Ok, 7 Uhr ist okay für mich, also stellte ich gestern noch den Wecker, dabei habe ich jedoch nicht die Zeitverschiebung bedacht *doof*.
Ich habe gut geschlafen und das Klingeln des Weckers macht mir nix aus. Auf die Dusche verzichte ich, denn es ist eine auf dem "Klo-sitz-Dusche", die hasse ich, auch wenn sich eindeutig Zeit sparen lässt
Nach ordentlicher Wäsche und dem obligatorischen Haare richten, starte ich zum Restaurant. Huch, soviel los - haben sich wohl alle das Plakat zu Herzen
genommen. Erst einige Zeit später realisiere ich, dass es schon nach 8 Uhr ist.
Auch das Frühstück reißt mich nicht vom Hocker. Rührei aus dem Tetrapack ist einfach widerlich. Ich begnüge mich mit Brötchen, Käse, Melone. Auch der Kaffee schmeckt nicht wirklich. Der Online-Preis von 14,95 € ist völlig überzogen für die Qualität, zudem herrscht eine hektische Atmosphäre. Ein Kellner kommt mit frischem O-Saft durch die Tische, das Glas für 3,95 €. Nein, Danke!
Ich hole mir im Anschluss einen Starbucks-Kaffee auf einem anderen Deck und genieße die frische Seeluft.
Spannend geht anders
Die Nicht-Spannung ist jedoch nur äußerlich. Innerlich steigt mein Adrenalinspiegel mit jeder Seemeile Richtung Newcastle. "Ich muss gleich links fahren. Ich muss gleich links fahren", sagt die Stimme in meinem Kopf.
Ich packe meine wenigen Habseligkeiten in der Kabine zusammen - übrigens waren die Temperaturen in der Nacht dort völlig ok, Susan hatte ja von Hitze berichtet, die sie am Schlaf hinderten.
Die Organisation ist perfekt und ich finde sofort meinen Abgang zu Door 50. Ich bin froh nur den kleinen Rucksack zu haben, denn die Treppe ist schmal. Im Auto stöpsel ich gleich Anke an und da ist sie wieder, die Stimme "Ich muss gleich links fahren!" - dieses Mal ist sie lauter!
Vom Schiff herunter gibt es zwei Schlangen zur Einreise und es geht nur sehr langsam vorwärts. Um meinen Pass zu zeigen, muss ich aussteigen, denn der freundliche Beamte sitzt auf meiner Beifahrerseite im Häuschen. Er will noch ein Blick ins Auto werfen, damit ich niemand einschmuggel. Wenn er wüsste, wie sehr ich mich auf drei Wochen Ruhe freue, hätte er dies nicht nötig gehabt. Aber ein wenig freue ich mich ja auch um jede Verzögerung, denn so muss ich noch nicht gleich in den britischen Straßenverkehr, hahaha.
Als ich dann wirklich durch bin, werde ich gleich voll erwischt. Kaum von der Fähre, gibt es gefühlte 3578 roundabouts - also Kreisverkehre. Es ist wenig Verkehr und so kann ich diese wirklich ausgiebig nutzen. Ich fahre manchmal zwei Mal und einmal schaffe ich sogar eine dritte Runde - langsam mache ich mir schon über mein Vorhaben, heute noch Edinburgh zu erreichen, Gedanken. Vor allem diese Blinkerei nach rechts und links macht mich narrisch. Gibt es eine Statistik, wie viel mehr Blinkerlampen die Briten verbrauchen?
Sonst ist das mit Linksverkehr ja gar nicht so schlimm und ich entspanne mich mit jedem gefahrenen Kilometer mehr. Irgendwann lache ich laut, über den Kopf, den ich mir vorher gemacht habe.
Anke und die guten Beschilderungen bringen mich schnell auf die A1, die ich nach ca. 1 1/2 Stunden aber auch schon wieder verlasse, denn ich will nach Holy Island.
Lindisfarne, auch Holy Island genannt, ist eine Gezeiteninsel in England an der Nordostküste Northumberlands. Ein großer Teil der Insel sowie die Gezeitenzone sind ein Vogelschutzgebiet. Hier können bis zu 300 Vogelarten, sowohl Zugvögel als auch einheimische Vögel, beobachtet werden. Lindisfarne ist mit der Küste durch eine nur bei Niedrigwasser befahrbare Straße verbunden. (Wikipedia)
Im Vorfeld hatte ich mich auf
dieser Seite schlau gemacht, ob eine Zufahrt zu meiner Zeit möglich wäre. Jap, es passt.
Nun lasse ich erst einmal ein paar Bilder sprechen:
Hach, was ist es hier schön! Da mir unterwegs kaum Fahrzeuge begegnen, bin ich am Ende der Straße total geschockt, als ich den riesigen und auch vollen Parkplatz befahre. Wenn all diese Fahrer, Beifahrer und evtl. auch noch Rückbanksitzer auf der kleinen Insel sind, wird es mehr als voll dort sein! Mein Menschenmassen-Ertrag-Glas war von der Fähre noch gut gefüllt und ich beschließe lieber etwas in die Natur auszuweichen. Ich wende und suche mir einen Parkplatz am Causeway.
Ich genieße die Sonne, die Natur und das Alleinsein.
Vor allem das letzte klingt irgendwie blöd. Es ist ja nicht so, dass ich mit anderen Menschen und vor allem meinem Mann keinen Urlaub machen kann oder möchte. Aber das Wissen nur mir selbst gegenüber für alle Entscheidungen verantwortlich zu sein, kann doch auch sehr erleichternd sein.
Wieder am Auto befreie ich mich vom Pirri-Pirri-Bur, welches wirklich überall festhängt und setze meine Reise fort.
Mein nächstes Ziel heißt North Berwick und liegt schon in Schottland. Ich muss also die Grenze England - Schottland passieren.
Irgendwie lustig hier: viele Schotten halten an und machen ein Selfie mit dem Begrüßungsschild. Wer nicht hält, hupt drei Mal. Alles andere sind wohl keine Schotten
Ich mache mich weiter auf den Weg nach North-Berwick und gerate schon ein wenig in Stress, denn ich habe eine Bootsfahrt gebucht.
Ich finde einen Parkplatz in der Nähe des Visitor-Centers, habe jedoch keine Zeit mehr dieses zu besuchen und meinen Puffin zu adoptieren, wie ich geplant hatte. Meine Bootsfahrt wartet. Mein Ticket bekomme ich direkt am Hafen und muss nur noch wenige Minuten warten.
Ich setze mich auf die rechte Seite - konnte ja noch nicht wissen, dass dies die A-Loch-Seite ist, Unter meinem Sitz ist irgendetwas angebracht und ich hole mir während der Fahrt einige kleine Wunden und blaue Flecken an den Unterschenkeln. Murphys Geetz schlägt also voll zu und trotzdem genieße ich jede Minute.
Yeah, mein erster Puffin - eigentlich kann ich nun wieder nach Hause fahren! Er ist so weit weg und trotzdem so eindrücklich - dieses Landen mit der Brust voraus. Ein echter, wirklicher Puffin - ich bin im siebten Puffin-Himmel, es kann nur noch besser werden.
Auf dem Rückweg erleben wir tatsächlich noch Delfine - leider sitze ich auf der falschen Seite. Ich erhasche zwar Blicke auf diese, aber Fotos sind in der vierten Reihe nicht drin
Ich ärgere mich genau 2 Minuten darüber, dann bin ich einfach nur glücklich - der erste Tag der Reise und ich habe Puffins und Delfine gesehen und erlebt - eigentlich kann ich wieder nach Hause fahren.
Auf dem Rückweg genieße ich die Blicke auf die Küste und freue mich meines Lebens:
Wieder angekommen genieße ich zunächst den Hafen und beschließe etwas bei Lobster Shack zu essen.
Die Preise für den halben Lobster sind mehr als im Rahmen, aber ich bin nicht so wirklich hungrig und entscheide mich für Tintenfisch.
Leider wandern auch dabei die Chips/Pommes fast ganz im Müll, da die Portion einfach viel zu groß war.
Ich spaziere noch ein wenig an der Küste entlang - ich habe nämlich auf Stadt und damit Edinburgh gerade so gar keine Lust!
Das Visitor-Center hat mittlerweile geschlossen, aber ich kann meinen Puffin ja auch
online adoptieren
.
So mache ich auf dem Weg zum Auto nur ein paar Fotos und dann muss ich wohl in die Stadt.
Ich trödle rum, ich habe keine Lust auf eine Stadt und ärgere mich über meine Planung.
Trotzdem führen mich Anke und mein Dickschiff nach Edinburgh. Spätestens hier lerne ich das Linksfahren richtig und überhaupt, wer kann so viele roundabouts haben?
Als ich im Vorbeifahren zum ersten Mal mein Hotel erblicke, bin ich erleichert - jetzt noch parken und ich habe meine erste Prüfung bestanden.
Parken, hahaha! Das Hotel hat ca. acht Parkplätze in einem Parkhaus, zu meiner Ankunftszeit 0 Parkplätze. Ich fahre rund, rund und nochmals rund ums Hotel. Nach einer 3/4 Stunde bin ich so etwas von entnervt, hätte mich jemand angesprochen, ich glaube, ich wäre zu einem körperlichen Übergriff bereit gewesen. Nach einer weiteren halbe Stunde biege ich in eine andere Straße ein und bekomme den letzten Parkplatz, der bis morgen 8.30 Uhr kostenfrei ist. Alles egal, ich parke und packe erst einmal meinen Rucksack neu, denn ich habe keine Lust meine Tasche durch halb Edinburgh zu ziehen. Ich bin maximal angepisst von mir und meiner total blöden Planung, als ich schließlich die Rezeption des Novotels erreiche. Ich checke ohne Probleme ein, das Zimmer ist schön und Frühstück entgegen meiner Buchung im Preis inklusive. Raus kriegt mich aber niemand mehr, obwohl dies anders geplant war. Ich bin müde und schaffe gerade noch den Weg ins große Bett.