Autor Thema: Alltag in Corona-Zeiten  (Gelesen 63174 mal)

Silke

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Re: Alltag in Corona-Zeiten
« Antwort #195 am: 10. Juli 2020, 22:21:55 »


Ich war länger nicht hier - einfach weil mir die Art und Weise der Diskussion nicht gefallen hat und ich diese im privaten und vor allem beruflichen Umfeld zur Genüge hatte. Ich stehe zu 100 % bei Christina

Zum Homeschooling: in BaWü hat jetzt nach den Pfingstferien der Unterricht wieder begonnen, aber in mehreren Schichten und freiwillig. Meine Schwester hat sich entschieden, ihre Jungs weiterhin zu Hause zu lassen, da sich alle an die Situation gewöhnt haben. Und da sind sie bei weitem nicht die einzige Familie, die so entschieden hat.

Rainer, ja ich finde und fand die Corona Maßnahmen richtig, sie sind ja schon wieder weitgehend gelockert, ich sehe/sah einfach keine Alternative dazu. Und wir sind ja nicht das einzige Land, sondern praktisch alle machen dasselbe (Und wenn ich sehe, dass in Peking schon wieder drastische Maßnahmen wegen Neuinfektionen verhängt werden, bestätigt mir das die Richtigkeit des Vorgehens, denn die Chinesen stellen die Interessen und die Gesundheit der Bevölkerung sehr weit hinten an, die Wirtschaft einzuschränken und weiter zu gefährden, wird sicherlich nur gemacht, wenn es gar nicht anders geht). Und ja, die wirtschaftlichen Probleme dadurch sind heftig, ich habe meinen Job noch, aber es ist von Monat zu Monat ungewiss, ob es so bleibt, das gleiche gilt für Peter. Aber ich denke, dass langfristig sich alles weitgehend wieder bessern wird.   

Ich finde solche Aussagen einfach nur zynisch und menschenverachtend:

Ich behaupte nicht, dass Corona harmlos ist. Natürlich nicht. Aber ich verstehe nicht, warum es diesen wahnsinnigen Stellenwert bekommt. Tot ist doch tot, oder nicht?

Ich bin ja nun seit mehreren Wochen wieder im Präsenzunterricht, zunächst mit den Viertklässlern (freiwillig), dann mit zwei Gruppen-Präsenzunterricht und nun in der zweiten Woche mit "allen" Kindern, wobei in meiner Klasse sich 6 Eltern fürs Home-Schooling entschieden haben, so dass ich nur 12 Schüler/innen habe, die immer noch mit 1,5 m Abstand sitzen und von normalem Schulbetrieb ist alles weit entfernt. Unsere Kinder im dritten Schuljahr sind nun mit ihrem Stoff durch und sie gehen ganz normal ins 4.Schuljahr. Viele sind durch die Homeschooling-Zeit "gewachsen" und haben mehr Eigenverantwortung und Selbstreflexion erlernt. Dafür bin ich den unterstützenden Eltern extrem dankbar - hier hat die Zusammenarbeit einfach gepasst!

Und was das Homeschooling angeht, es gibt weltweit unzählige Kinder, die immer zu Hause unterrichtet werden, die oft sehr weit entfernt von anderen Familien leben, und ich nehme nicht an, dass diese Kinder alle geschädigt aufwachsen (wobei ich definitiv kein Unterstützer von Homeschooling bin, ich denke, dass der regelmäßige Umgang mit anderen Kindern wichtig ist), daher bin ich mir sicher, dass in ein paar Monaten, wenn alles wieder normal läuft, kein Kind mehr irgendwie durch Corona bleibende psychische Schäden hat.

Auch da bin ich wieder zu 100 % bei dir, Christina.

Diese anderen Kinder sind das gewöhnt, sie kennen es nicht anders. Unsere Kinder wurden von heute auf morgen, ohne, dass sie Zeit hatten, sich daran zu gewöhnen oder das irgendwie zu verarbeiten, aus ihrem gewohnten Leben gerissen. Das kann man m.E. nicht vergleichen. Es ist ja auch diese Ungewissheit, die die Kinder belastet. Die Kinder, die immer anders leben, wissen, dass das soundsoviele Jahre sein wird. Unsere Kinder wissen derzeit nicht bzw. wussten es bis vor ein paar Tagen nicht, wie lange das so weiter geht.
Dazu kommt die Angst der Eltern um ihre Existenz, die die Kinder natürlich mitbekommen. Wenn eine Mutter/Vater die Kinder betreuen muss und dadurch Angst haben muss, ihren/seinen Job zu verlieren, bekommen das die Kinder mit.
WENN in ein paar Monaten wieder alles gewohnt läuft, werden es die meisten Kinder verarbeiten. Wenn es wieder Schulschließungen gibt, werden das sicher nicht Alle verkraften.

Sorry, aber es ist die Aufgabe der Eltern eine besondere Situation zu vermitteln und dies ohne Angst

Also manche Folgen sind schon ganz klar dem Lockdown zuzuschreiben.
Meine Nichte, 5.Klasse, leidet immens unter der Schulschließung. Sie sitzt zu hause und weint nur, will die Aufgaben nicht machen, es ist jeden Tag ein Kampf. Und sie war vorher ein ausgeglichenes Mädchen mit super Leistungen, die auch viel allein gemacht hat, vorzeitig aufs Gymnasium gewechselt ist usw. Sie ist nicht weit entfernt davon, eine Behandlung zu benötigen. Und mein Bruder meint, es geht Einigen in der Klasse so.

Vielleicht war auch einfach der vorzeitige Wechsel aufs Gymnasium nicht gut - es gibt Kinder, die leistungsmäßig viel weiter sind, aber nicht von ihrer emotionalen-sozialen Entwicklung. Sorry, wenn ein Kind nach einem einmaligem Schul-Lockdown eine therapeutische Behandlung braucht, dann liegt/lag vorher schon viel im Argen - wir haben an unserer Schule kein einziges Kind, welches solche Symptome zeigt.

Anscheinend gibt es auch woanders Kinder, die psychische Probleme bekommen haben:

https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-psychische-gesundheit-von-kindern-hat-sich-durch-corona-verschlechtert-a-e4c8d88a-021f-4d54-8e2a-399c9d85e2ef

Susan

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Re: Alltag in Corona-Zeiten
« Antwort #196 am: 12. Juli 2020, 00:24:27 »
Zitat
Anscheinend gibt es auch woanders Kinder, die psychische Probleme bekommen haben:

https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-psychische-gesundheit-von-kindern-hat-sich-durch-corona-verschlechtert-a-e4c8d88a-021f-4d54-8e2a-399c9d85e2ef

Wie vieles andere im Zusammenhang mit der Corona-Krise eine etwas fragwürdige Studie. Es neigt doch wohl jeder dazu, wenn er zu solch einem Thema befragt wird, etwas zu jammern, oder nicht? Meiner Meinung nach hängen zudem viele Probleme nicht direkt mit den Corona-Maßnahmen zusammen, sondern eher mit den heutigen Familienverhältnissen, die solch einer Belastung scheinbar nicht gewachsen sind. Karriereeltern, die offenbar keine Idee haben, was sie mit ihren Kindern anstellen sollen, weil diese ja sonst gut acht Stunden (oder länger) fremd betreut werden beispielsweise. Oder jene Eltern, die zwar beklagen, dass ihre Kinder, die Freunde nicht sehen können, anderseits aber nicht genug Mumm zu etwas zivilen Ungehorsam hatten, vielleicht die ein oder zwei besten Kumpel doch einzuladen (oder noch schlimmer Angst vor einer Ansteckung hatten). 

Wohlgemerkt, es geht mir hier nicht um die wirklichen Problemfälle mit Gewalt, Alkoholismus und echt schlimmen Geldproblemen in der Familie. Alle anderen sollten sich mal bewusst machen, dass sie es doch nicht soo arg getroffen hat. Jede Generation hatte  halt sein Päckchen zu tragen: die einen Krieg und evt. Flucht, die anderen Prügelstrafen, auch in der Schule (erst 1973 bis 1980 abgeschafft), Angst vor'm Atomkrieg ... Ich krieg jetzt noch Gänsehaut, wenn ich auch nur an den ABC-Sirenen-Alarm, der ja einmal im Monat geprobt wurde, denke  :(  Oder an das Geräusch fahrender Panzer, von den damals üblichen Manöverübungen.

Silke, ich hoffe, dass es deiner Nichte bald wieder gut geht und sie wieder Spaß an der Schule bekommt.

Ansonsten:
Immer noch sehe ich die Zahlenspiele und die Berichterstattung kritisch und auch die Maßnahmen hätten wohl überlegter sein können, doch...
Mittlerweile haben wir auch ein paar Härtefälle im weiteren Bekanntenkreis: eine Endzwanzigerin ohne bekannte Vorerkrankung und anfangs milder Corona-Erkrankung mit letztlichem Nierenversagen; ein Kind, das diese merkwürdigen Kawasaki-Syndrom-Symptome hat; ein Sportler positiv getestet, doch ohne Krankheitserscheinungen, der jetzt bei der Routine-Untersuchung schlechte Lungenfunktion-Ergebnisse hatte. 

Außerdem  hatten wir  ein - abgespecktes-  Familientreffen, bei dem auch einige Mediziner anwesend waren. Ich fand deren Perspektive auf die Corona-Krise mal interessant.
Zwei sind ziemlich zynisch,deren Kommentare würden euch wahrscheinlich  ins Rotieren bringen   ;)  Eine andere meinte, anfangs dachte sie, bringen wir die Infektion doch schnell hinter uns, dann ist Ruhe; nun nachdem, was sie so bei ihren Patienten erlebt hat, eher "veschone uns bitte damit". Da kann ich nur zustimmen!

Mal ein anderer Aspekt, hier in Bezug auf Klimawandel. Ich hatte vor Corona über das Thema einige Diskussionen mit der Generation Junior plus 5-10 Jahre. Ich halte mich durchaus für ziemlich Grün, doch gab ich immer auch wirtschaftliche Überlegungen zu denken; das einiges eben nicht so einfach zu bewältigen/ abzuschaffen sei. Und wenn man jetzt die Auswirkungen von Corona allein im Tourismussektor so betrachtet.... Interessantes Lehrstück!  ^-^
 
Liebe Grüße
Susan


Horst

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Re: Alltag in Corona-Zeiten
« Antwort #197 am: 12. Juli 2020, 18:48:38 »
Mal ein anderer Aspekt, hier in Bezug auf Klimawandel. Ich hatte vor Corona über das Thema einige Diskussionen mit der Generation Junior plus 5-10 Jahre. Ich halte mich durchaus für ziemlich Grün, doch gab ich immer auch wirtschaftliche Überlegungen zu denken; das einiges eben nicht so einfach zu bewältigen/ abzuschaffen sei. Und wenn man jetzt die Auswirkungen von Corona allein im Tourismussektor so betrachtet.... Interessantes Lehrstück!  ^-^
Aber auch eines mit vielen Facetten.
Viele Länder/Regionen sind absolut vom Tourismus abhängig und können ohne nicht überleben.
Corona ist hier fast so etwas wie eine Erziehungsmaßnahme den dekadenten Raubbau am Planeten einzudämmen.
Für mich die einzig denkbare Lösung (wenn überhaupt) ist Technik.
Deuschland sollte Vorreiter in Sachen Klimatechnik sein.
Dazu wäre es nötig das bestehende System aus Lobbyismus und Parteispenden transparenter zu machen bzw. abzuschaffen, so daß das auch möglich wird.
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Rainer

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Re: Alltag in Corona-Zeiten
« Antwort #198 am: 12. Juli 2020, 21:02:10 »
Zwei sind ziemlich zynisch,deren Kommentare würden euch wahrscheinlich  ins Rotieren bringen   ;)

Die wären dann wohl meine neuen Freunde....

Eine andere meinte, anfangs dachte sie, bringen wir die Infektion doch schnell hinter uns, dann ist Ruhe; nun nachdem, was sie so bei ihren Patienten erlebt hat, eher "veschone uns bitte damit". Da kann ich nur zustimmen!

Also rein zahlenmäßig schon ist Corona bislang nur eine "Randerscheinung". Sicherlich hat jemand, der ausgerechnet für solche Krankheiten zuständig ist, ein anderes Wahrnehmungspotential. Aber in der Summe der Dinge kann ich u.a. nach wie vor nicht verstehen, was diesen unglaublichen Aufwand rechtfertigt. Nach wie sterben um FAKTOREN (und zwar große Faktoren) mehr Menschen schlicht und ergreifend daran, dass sie VERHUNGERN. Mir ist nach wie vor vollkommen unbegreiflich, wieso wir nicht einfach diesen verhungernden Menschen zu essen geben, was weder medizinisch eine Höchstleistung erfordert, noch finanziell auch nur ansatzweise vergleichbar ist mit dem Wahnsinn, der u.a. in Europa stattgefunden hat. Eine BILLION Euro wurden hier herausgehauen, als gäbe es kein Morgen. Die fatalen Folgen werden uns noch viele Jahre verfolgen, bereits im September wird sich in Deutschland noch einmal die Lage drastisch verschärfen. Wenn tausende(!) von Insolvenzen angemeldet werden.

Wenn wir wirklich so empathisch sind, wie es von vielen behauptet wird, wieso lassen wir so viele Menschen verhungern? Ich verstehe es nicht. Irgendetwas stimmt da ganz und gar nicht.

Rainer

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Re: Alltag in Corona-Zeiten
« Antwort #199 am: 13. Juli 2020, 10:55:47 »
Noch ein Nachtrag zum Thema "Corona im Alltag": ich habe gerade die aktuellen Zahlen für Mönchengladbach gelesen. In den letzten 7 Tagen sind 6 neue Fälle auf 100.000 Einwohner neu infiziert. Macht ca. 2 neue Infizierte pro Tag insgesamt für ganz Mönchengladbach.

233 Infizierte sind aktuell bekannt und befinden sich in Quarantäne. Es gibt keinen einzigen schweren Verlauf mit Beatmung o.ä., es gibt keinen einzigen Todesfall. In ganz Mönchengladbach befindet sich aktuell ein einziger Patient in stationärer Behandlung wegen Corona.