Autor Thema: Hausärzte-Chef Weigeldt: Darum sollen Patienten nicht für einen Impftermin anrufen  (Gelesen 4045 mal)

Rainer

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Der nächste Volltrottel, der sich wichtig vorkommt, aber das reale Leben nicht kennt.

Lieber Herr Weigeldt, Sie sagen, man solle seinen Hausarzt nicht telefonisch belästigen und nach einem Impftermin fragen, sondern stattdessen eine Email schicken. Vom Ansatz her bin ich da vollkommen Ihrer Meinung, es hat da nur ein klitzekleines Problemchen, was es für mich (und viele andere) etwas schwierig macht, diesen schlauen Ratschlag zu befolgen: mein Hausarzt hat keine Internetseite und er hat schon gar nicht die Möglichkeit, ihn per Email zu erreichen. Und das dürfte für eine ganze Menge Hausärzte zutreffen, die verständlicherweise keine Lust haben, nach Feierabend noch Hunderte von Emails abzuklappern und Patienten auch nach Schließung der Praxis am Abend zu helfen. Dafür sind (aus Sicht der Hausärzte) die Sprechzeiten da.

Es wundert mich einigermaßen, dass Sie so ein eklatantes Problem nicht einmal im Ansatz erkennen, aber es ist für Patienten wie mich seit Monaten ein absolut unbefriedigendes Szenario, dass sich weder Hausärzte noch Impfzentren für chronische Kranke zuständig fühlen und es von vorneherein an solchen logistischen Grundmängeln scheitert, dass man als Patient überhaupt erhört wird. Da hilft auch der gut gemeinte, aber in der Realität wirklich dümmliche Ratschlag nicht, sich per Email beim Hausarzt zu melden. Weil es schlicht diese Kontaktmöglichkeit nicht gibt.

Verstehen Sie vielleicht jetzt ein wenig mehr, warum die Patienten frustriert anrufen?

Silke

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Das ist aus meiner Sicht allerdings eine Sache, die ich schon seit Jahren nicht verstehe, dass es immer noch einige, zum Glück wenige, Ärzte gibt, die keine Internetseite haben. Das ist in meinen Augen nicht mehr zeitgemäß.
Ein Arzt hat ja nach den Sprechstunden nicht Feierabend, meine Hausärztin hat z.B. 30 h Sprechstunden in der Woche, da sollte noch etwas Zeit für Mails sein. Dass das im Moment viele sein werden, ist ja einer Ausnahmesituation geschuldet, die nur kurz anhalten dürfte. Aber im Normalfall ist es doch sinnvoll, dem Arzt mal schnell einen Befund schicken zu können, oder ein Problem zu schildern, was er sich dann in Ruhe durchlesen kann, wenn er Zeit hat.

Rainer

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Das ist aus meiner Sicht allerdings eine Sache, die ich schon seit Jahren nicht verstehe, dass es immer noch einige, zum Glück wenige, Ärzte gibt, die keine Internetseite haben. Das ist in meinen Augen nicht mehr zeitgemäß.

Ich habe das zumindest teilweise auch gedacht, ich habe meinen Hausarzt auch mehrfach angesprochen, ich könnte ihm bei der Einrichtung auch behifllich sein. Aber es ist eben so, dass besonders die sog. "Hausärzte", das sind die Allgemeinen Ärzte, die nicht Facharzt sind für ein bestimmtes Gebiet und quasi nur auf Überweisung überhaupt erreichbar sind, dass die teilweise wirklich noch immense Arbeitszeiten haben. Also bei meinem Hausarzt kommst Du da mit 30 Stunden nicht ansatzweise hin. Der kommt morgens um 8 Uhr und die Praxis schließt erst um 18.30 Uhr. Das ist heftig.

Die haben von 13.00 - 15.00 Uhr Mittagspause (ganz klassisch), am Mittwochnachmittag ist die Praxis geschlossen, ABER das heißt nicht, dass der Arzt nicht arbeitet - im Gegenteil, das ist der Tag, an dem er Hausbesuche macht. Manchmal bis ganz spät Abends. Zusätzlich hat mein Arzt am Montag Abend von 18:30 Uhr bis 20.00 Uhr telefonische Sprechstunde, dito am Donnerstag Abend. Freitags ist dann aber endgültig um 13.00 Uhr Schluss. Der Arzt hat eine Familie mit 5 Kindern und geht dann ins durchaus verdiente Wochenende.

Wenn ich das sehe, dann habe totales Verständnis dafür dass er sagt, er könne dann nicht noch hunderte von Emails lesen (die sich im Zweifel ja dort ansammeln würden). Und ich würde vermuten, dass dieses Arbeitspensum für Praxen auf dem Land oder mittleren Orten (hier in Kleinenbroich/Korschenbroich, ich bin bei der Praxis geblieben, obwohl wir vor vielen Jahren von Kleinenbroich nach Mönchengladbach gezogen sind, wie Du auf Google Maps sehen könntest, sind das nur ein paar Kilometer) sehr häufig zutrifft. Das ist gerade das entscheidende Merkmal von Hausärzten, dass die quasi immer da sind für ihre Patienten, das ist der zentrale Ansprechpartner. Wenn ich da einen Termin haben will, bekomme ich den problemlos innerhalb weniger Tage, das geht auch nicht anders und schon gar nicht so, wie es bei vielen Fachärzten "eingerissen" ist, dass man per se 3 Monate oder mehr zu warten hat. Das ist beim Hausarzt alles anders.

Und eigentlich müßte das ein Herr Weigeldt wissen, denn er ist der Vorsitzende des Verbandes der Hausärzte, also genau diese Ärzte, die ein sicherlich anderes Patientenaufkommen haben als Fachärzte. Deswegen ärgere ich mich auch so, denn ich habe Verständnis für meinen Hausarzt, der kann nicht auch noch die Emails alle lesen und beantworten, die dann hereintrudeln würden, Last not least haben Hausärzte auch viele Patienten im Seniorenalter, für die ein Email Client ein Buch mit sieben Siegeln ist. Dann scheitert es ja allein schon daran. Die brauchen dann in jedem Fall jemanden, der ihnen die Konversation abnimmt, auch das ist nicht selbstverständlich, ob es diesen jemanden auch immer gibt. Alte Leute rufen einfach an, das kann ich total verstehen.

Christina

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Meine Hausärztin hat zwar eine Internetseite, die aber nur selten aktualisiert wird bzw. nur bzgl. Öffnungszeiten und Urlaub. Keine Ahnung, ob dort ein E-Mail Kontakt steht, da hätte ich aber wenig Vertrauen, dass die regelmäßig gelesen werden. Es ist dort völlig normal, dass man anruft, auch jetzt wegen dem Impfen. Da bin ich ganz froh, dass ich auf dem Dorf lebe, da geht alles etwas gelassener zu.


LG Christina

Susan

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Na, die werden erst ihren Spaß haben, wenn sich denn ab Juni alle anmelden dürfen  ::) Egal, ob email oder Telefon.

Wer hat nur wieder diese Idee gehabt, dass es im Pulk schneller geht als in einer Reihe  :hammer:

Unsere Hausärztin hat und nutzt email, sie hat aber eh ein ziemlich gutes Zeitmanagement. Den Hausärzten meiner Eltern etwas mehr auf dem Land geht es genauso wie Rainers.
Liebe Grüße
Susan


Silke

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Wer hat nur wieder diese Idee gehabt, dass es im Pulk schneller geht als in einer Reihe  :hammer:


In der Reihe bleiben halt einige Plätze leer, weil sich nicht Jeder, der dran ist, impfen lassen will. Hat man ja in den letzten Wochen gesehen, dass sogar Impfdosen vernichtet werden mussten, weil Berechtigte nicht kamen.
Klar könnte man das besser organisieren, dann müsste man aber fähige Leute einsetzen und hätte in dem vergangenen Jahr einen funktionierenden Plan erstellen müssen. Daran scheint es aber zu hapern in Deutschland.

Susan

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Klar könnte man das besser organisieren, dann müsste man aber fähige Leute einsetzen und hätte in dem vergangenen Jahr einen funktionierenden Plan erstellen müssen. Daran scheint es aber zu hapern in Deutschland.

Genau an der Organisation hapert es und ich glaube nicht, dass es besser wird, wenn sich auf einmal 30 - 40 Millionen anmelden könnten. Zudem ist es ungeschickt -harmlos ausgedrückt- den Leuten eine Hoffnung auf eine Impfung im Juni zu machen, wenn eigentlich schon klar ist, dass etliche erst viel später dran kommen können. Die Mutter von Colins Freundin arbeitet in einer Hausarztpraxis. Sie sind nicht einmal mit ihren Patienten der Prio 1 durch, doch nun rufen schon welche an, die einen Termin für ihre Impfung im Juni machen wollen. Weil sie sind dann ja dran, hat der Spahn gesagt  ::)
Liebe Grüße
Susan


Rainer

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Genau an der Organisation hapert es und ich glaube nicht, dass es besser wird, wenn sich auf einmal 30 - 40 Millionen anmelden könnten. Zudem ist es ungeschickt -harmlos ausgedrückt- den Leuten eine Hoffnung auf eine Impfung im Juni zu machen, wenn eigentlich schon klar ist, dass etliche erst viel später dran kommen können. Die Mutter von Colins Freundin arbeitet in einer Hausarztpraxis. Sie sind nicht einmal mit ihren Patienten der Prio 1 durch, doch nun rufen schon welche an, die einen Termin für ihre Impfung im Juni machen wollen. Weil sie sind dann ja dran, hat der Spahn gesagt  ::)

Das ist eine spannende Frage. Denn die Situation bei den Hausärzten ist hier genauso schlecht und das ist ein grundsätzliches Problem, was vielleicht wirklich besser wird, wenn alle sich melden dürfen. Das Problem ist nämlich hier in Mönchengladbach genau das gleiche und wurde schon vor Wochen von der leitenden Ärztin des Impfzentrums angesprochen: die Berechtigten aus Prio 1 (vorwiegend alte Leute) melden sich erst gar nicht bei den Impfzentren. Obwohl sie SOFORT einen Termin kriegen würden. Warum genau das so ist, das weiß man nicht, aber man vermutet (und ich vermute das auch und was Du schreibst von Deiner Hausärztin, das bestätigt die Vermutung ebenfalls) dass die Senioren quasi keinen Bock haben auf Impfzentrum, die wollen wie gewohnt beim Hausarzt geimpft werden. Und die sitzen das gnadenlos aus. Es mag sicherlich auch in vielen Fällen berechtigt sein, aber logistisch führt es momentan zu der kruden Situation, dass die Hausärzte, die viel zu wenige Impfstoffe bekommen, viel zu viele Patienten impfen müssen.

Davon profitieren dann aber diejenigen, die sich im Impfzentrum melden. Das war letztendlich auch der Grund, warum ich auf einmal ad hoc einen Impftermin beim Impfzentrum bekommen habe, quasi direkt mit der Zulassung der Prio 2.

Wenn meine Frau Sylvia bis Ende Mai immer noch nicht geimpft ist, werde ich nämlich wahrscheinlich schon ab Mitternacht am Computer sitzen und elektronisch einen Impftermin vereinbaren. Denn genau darauf hoffe ich dann, die Situation bei den Hausärzten ist total zugestopft, aber wenn ab Mitternacht o.ä. die Impftermine via Internet freigeschaltet werden, dann wird man (hoffentlich!) durchaus eine Chance haben, einen Termin zu bekommen, auch wenn dann immer noch Senioren der Prio 1 bei den Hausärzten die Termine blocken. Denn bei den Impfzentren bewerben sie sich schon lange nicht mehr.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, ich habe gestern abend auch nochmal einen verzweifelten Brief an die "Impfpriorisierung" geschrieben, dass ich definitiv kein Verständnis dafür habe, warum meine Frau als meine Kontaktperson (schwer chronisch Kranker und pflegebedürftig) keinen Termin bekommt. Die wollen da eine Bescheinigung über eine Pflegestufe sehen, aber das finde ich unglaublich. Ich habe aus sozialer Überzeugung schon lange keine Pflegestufe mehr beantragt (obwohl ich das jahrelang bekommen habe), weil ich nach der erstrittenen Abfindung finanziell abgesichert war und ich kein Sozialschmarotzer sein will, auch wenn es mir "technisch" vielleicht zusteht. Und jetzt fällt das auf mich selbst zurück, weil ich (im Sinne der hölzernen Bürokratie) nicht nachweisen kann, dass ich pflegebedürftig bin. Dabei ist das einfach mehr als offensichtlich, dass meine Frau mich "pflegt", dazu gehören ja auch die Dinge des Alltags wie einkaufen usw.. Ich habe auch meinen Schwerbehindertenausweis eingereicht, immerhin Grad der Behinderung 100%, Kennzeichen G (gehbehindert), aG (außergewöhnlich gehbehindert), RF (Befreiung von Rundfunkgebühr), B (ständige Begleitung erforderlich). Wie soll man da ohne pflegende Hilfe auskommen? Bin mal gespannt, wie das weitergeht, wenn es nichts wird: s.o., dann versuche ich es konsequent via Internet direkt ab 00:00 Uhr am 1. Juni.

Susan

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Die überlegen wirklich, warum die alten Leute nicht ins Impfzentrum gehen wollen?  ::)
Ganz einfach, es ist den meisten alles viel zu kompliziert: von der Anmeldung über die Fahrt dorthin bis zum Prozedere vor Ort. Telefonisch hing man in der Hotline fest, für Online buchen brauchst du PC, Handy und jemanden, der sich mit beiden auskennt. Dann fährst du 35 km ins Impfzentrum (bzw. wirst gefahren), stehst mit deinem Rollator in einer Warteschlange (gut dass man sich zwischendurch darauf setzen kann), hast noch schlecht guckend Formulare auszufüllen und wirst dann wieder nach Hause geschickt, weil du eine Frage des Impfarztes nicht beantworten kannst, die dein Hausarzt nicht zu stellen bräuchte. Selbst so miterlebt (und ich habe noch nicht mal alle Stolpersteine aufgezählt)

Für die Altersgruppe wären mobile Impfteams wie für die Pflegeheime vielleicht eine passendere Wahl gewesen. Die hätten ebenso Praxen abklappern können oder zumindest in Schulen oder Gemeindehäusern impfen können.
Liebe Grüße
Susan