Autor Thema: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence  (Gelesen 22415 mal)

Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #75 am: 08. November 2021, 22:49:13 »
Rollertour Béziers & Fonseranes I

Die Stadt Béziers ist nicht weit entfernt und vielleicht merkt man dort den Wind nicht so.  8) Ich habe mir zwar die Nebenstrecke – einfach D37 und D19 entlang - auf der Karte gut angesehen, doch klappt die Anfahrt nicht ganz wie gewünscht. Da fehlte mal wieder ein Schild an entscheidender Stelle. Wir müssen dann doch auf die Schnellstraße, die aber nicht zu stark befahren ist. Wir queren den Orb, danach ist viel Baustelle, so dass wir etwas umher irren bis wir den Weg hinauf in die Altstadt finden.  ::)

 :read2: Der Felsen am Fluss wurde schon von Iberern und Kelten bewohnt; die alten Griechen kannten den Ort als Handelsplatz. Dann kam Caesar und siedelte die Veteranen seiner 7. Legion dort an. Es entstand eine typische römische Stadt mit Foren, Tempeln, Aquädukt und Amphitheater. Das alles wurde während der Völkerwanderung von Vandalen und Westgoten zerstört. Wiederaufbau und Zerstörung wechselten sich danach ab. Das schwärzeste Kapitel der Stadtgeschichte ist das Massaker von Béziers. Bei dem Kreuzzug gegen die Katharer wurden am 22.7.1209 rund 20 tausend Bewohner unabhängig von ihrer Gesinnung niedergemetzelt.  Durch den Handel mit dem in der Region angebauten Wein erlebte die Stadt ihre Blütezeiten. Heuer ist sie besonders für ihr Rugbyteam bekannt, das viele Meistertitel geholt hat.     

Wir parken an der Markthalle, die allerdings montags geschlossen hat. Von dort folgen wir den Wegweisern zur Kathedrale.


Les Halles


Saint Nazaire

Wenige Jahre nach dem Massaker der Kreuzritter begann die katholische Kirche mit dem Bau eines Bischofssitzes, vermutlich als Symbol für die Wiedererlangung ihrer Macht. Die Bauten zogen sich über mehrere Jahrhunderte, dafür sieht es recht einheitlich aus. Typisch für die Gegend ist der Glockenturm, der nur ein Eisengitter statt einem Dach hat. Bei den starken Winden hier müsste letzteres ständig repariert werden. Auch die großen Türen werden wegen des Tramonte nur selten geöffnet. Wir kommen durch eine Tür im Querschiff in die Kirche.


Portal von innen
mit Orgel und dem Rosettenfenster. Dieser Teil wurde Ende des 14. Jahrhundert gebaut, als die bisherige Kirche zu klein wurde.
Gegenüber der Altar



gebaut von 1298 bis 1330. Da wurde die Gewölbedecke erhöht und die vorher dunkle Kirche erhielt prachtvolle Fenster.

 

Wir gehen durch bis zum Kreuzgang, an dem der Bischofspalast anschließt. Außer einem Wappenstein gibt es aber wenig zu sehen. Ich dachte, hier käme man zum Jardin des Évêques. Doch wir haben leider keinen Zugang gefunden, nur Bauzäune.




Wappen

Man soll den Glockenturm besteigen können, jedoch ist grad geschlossen wegen Mittagspause. Der Blick vom Vorplatz ins Tal des Orb ist auch nicht schlecht.



Wir bummeln durch die Gassen. Dabei kommen wir am Geburtshaus von Jean-Antoine Injalbert, einem französischem Bildhauer, vorbei. Ich muss schon genau gucken, was echt ist und was Trompe-l’œil.  8)


Künstler auf Balkon
mit Entwürfen und seiner Marianne-Büste

In den Gassen ist grad wenig los, die Geschäfte haben ebenfalls Mittagspause  ^-^ Pfiffig und vor allem schön bunt finde ich die Beschattung mit den Kunstblumen

 





Wir kommen zum Place de la Victoire und der Hauptstaße Béziers, der Allee Paul Riquet. Allerdings sieht die hier oben wenig nach Allee aus, auch mehr nach Baustelle.





Ein heftiger Regenschauer überrascht uns. Gut, dass der Optiker ein großes Vordach hat.  ;) Der Spuk dauert zum Glück nicht lange, bald ist der Himmel wieder blau.
Wir schlagen einen Bogen durch die Altstadt, kommen an der Église de la Madeleine vorbei und dem Rathaus.







Auf dem Platz schräg gegenüber finden wir sogar ein Eiscafe  :))



  Kleine Verschnaufspause...
Liebe Grüße
Susan


Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #76 am: 09. November 2021, 00:53:31 »
Rollertour   Béziers & Fonseranes II

Zwar hatte ich die Idee der Hausboottour aufgegeben, den Canal du Midi wollte ich schon gern anschauen. Dafür liegt Béziers günstig. Ab dort werden sogar Bootstouren angeboten. Nach den Schwierigkeiten durch die Baustellen zur Altstadt zu kommen, wollten wir kein weiteres Gesuche nach der Anlegestelle. Wir gehen daher auf Nummer sicher und fahren nach Fonseranes, knapp 2 km außerhalb.

 :read2:
Der als Pächter der Salzsteuer des Languedoc reich gewordene Paul Riquet wollte seine Idee verwirklichen, das Mittelmeer durch einen Kanal mit dem Atlantik zu verbinden. Er hatte entdeckt, dass zu beiden Meeren Flüsse strömten, die seinen Kanal mit Wasser füllen könnten. Sechszehnhundertirgendwann unterbreitete er seinen Plan den entsprechenden Stellen, wurde aber ausgelacht.  Colbert, der Wirtschaftsminister des Sonnenkönigs Ludwig XIV, witterte Steuereinnahmen und überredete diesen zu dem Vorhaben. Riquet entwarf den neuen Hafen von Sete und ab 1666 rückten über 12.000 Arbeiter mit Hacke und Spaten an, um 240 km Fahrrinne, 64 Schleusen, 126 Brücken und 55 Aquädukte zu bauen. Zudem wurden entlang des Kanal rund 100.000 Platanen gepflanzt. Der König knauserte aber mit Geld, private Investoren waren immer schwerer zu finden, so setzte Riquet auch sein Privatvermögen ein. Er starb verarmt ein halbes Jahr bevor das erste Schiff ab Toulouse den Kanal befuhr. Danach wurde fast  alles auf diesem Wasserweg verschifft, der damit zur Goldgrube für die Erben Riquets wurde. Zumindest bis Napoleon den Kanal verstaatlichte. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mit dem Garonne-Seitenkanal der Abschnitt bis zum Atlantik fertig gestellt. Seit 1996 ist das Bauwerk Unesco Welterbe. Die Fahrrinne wird seit einigen Jahrzehnten nur noch zur Freizeitschifffahrt benutzt.

Bilder am Parkplatz veranschaulichen die Streckenführung und Höhenunterschiede des Kanals.





Leider hat ein Pilz die Platanen befallen, hier wurden sie schon gefällt und neue Bäume angepflanzt. Daher sieht der Kanal nicht so idyllisch aus wie auf alten Bildern.





Warum nun Fonseranes? Hier musste auf kurze Distanz eine Höhe von 21,5 Meter überwunden werden, dazu wurde eine Treppe von acht Schleusen gebaut. Auf den Schildern steht immer noch 9 Écluses, denn von 1983 bis 2001 gab es daneben ein Schiffhebewerk, das die historischen Schleusen entlasten sollte. Immerhin werden hier jährlich rund 8000 Schleusungen gezählt.



Ein breiter Weg führt neben der Schleusentreppe hinunter. Dort sehen wir auch die neu angepflanten Bäume.




links oben im Bild Überreste des Schiffshebewerks

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts führte der Kanal weiter zum Orb bei Béziers, zu dem die Schiffe eine weitere Schleuse passieren mussten.


alter Kanal

Da der Fluss aber nicht gleichmäßig Wasser führte, wurde eine neue Strecke gebaut und zwar mittels einer Brücke über den Orb. Man kann dort auch hin wandern - oder radfahren - doch wir werden abgelenkt, als nun tatsächlich Schiffe in die Schleusen einfahren. Darunter ein ziemlich langer "Kahn", der so gar nicht in die Schleusenkammern zu passen scheint.



Gespannt verfolgen wir sowie etliche andere Besucher die Durchfahrt. Bis auf die letzte nimmt der lange Dampfer immer zwei Kammern, sprich fährt erst dann weiter, wenn diese gefüllt sind. Trotzdem wird es knapp mit dem Platz.







Egal ob großes oder kleines Boot, einer muss immer mit den Leinen nebenher laufen: festmachen und wieder lösen.






Wasser marsch  ;)



In den Kammern dahinter folgen noch zwei Hausboote.



Da es am Geländer immer drängeliger wird, verfolgen wir den Rest der Schleusung von der Terrasse des Bistros aus und genießen dabei einen weißen! Sangria (das kannte ich noch gar nicht) Von da haben wir auch einen schönen Blick auf Beziers.



Nach etwa 50 Minuten ist es geschafft und die Boote haben den oberen Kanal erreicht.





Kersten hatte sich über den Riesenparkplatz (kostet übrigens 5 Euro) gewundert "und das wegen 'ner Schleuse", doch es waren schon etliche Leute zum Gucken da. Es gibt da übrigens noch ein Besucherzentrum mit Souvenirshop, eine Show über die Idee und den Bau des Kanals sowie ein Restaurant.
 
Leider haben wir die alte Brücke von Béziers und damit die Postkartenansicht der Stadt verpasst.
Liebe Grüße
Susan


Christina

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #77 am: 09. November 2021, 18:11:50 »
Béziers macht einen sehr netten Eindruck und der Canal du Midi bzw. seine Geschichte ist sehr interessant. Dass man damals überhaupt auf die Idee mit dem Kanal kam und das dann auch noch realisierte....

Es gibt auch eine "Wunderschön" Sendung vom WDR, wo die Moderatorin und eine Begleiterin den Canal du Midi mit dem Hausboot befahren. Da wird schon klar, dass das Passieren der Schleusen nicht so ganz einfach ist, genau wie du schreibst, eine(r) muss immer aussteigen und das Boot am Seil mitführen und dann wieder ins Boot hüpfen, da kann man durchaus auch mal ins Wasser fallen.

Und ich hab auch schon mal ein Doku über den Kanal gesehen, eigentlich traurig, dass so oft die Personen mit den bahnbrechenden Ideen den Erfolg ihrer Idee nicht mehr miterleben.


LG Christina

Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #78 am: 11. November 2021, 21:17:02 »
Bei der nächsten Reise in die Gegend wollen wir uns noch andere Teile des Kanals anschauen und vielleicht mal eine kleine Bootstour machen. Auf den alten Treidelwegen -die Schiffe damals wurden ja oft gezogen- soll man gut wandern oder radfahren können.
Diese "Wunderschön" Sendungen hören sich ja interessant an. Ich sehe selten fern, schaue also auch kaum ins Programm, da verpasse ich so etwas immer  8)

Und jetzt geht es hier weiter

23. und 24. September  Le Grau-du-Roi

Langsam geht es wieder Richtung Norden und zwar zum Schwemmland des Rhonedeltas.
Wir fahren die Küste entlang und kommen so an der Lagune Étang de Thau vorbei sowie an bekannten Touristenhochburgen wie Agde, Sète und La Grande-Motte. So aus dem WoMo heraus wirken letztere einfach zu groß und zu trubelig für uns.


Étang de Thau


Sète

Als im 16. Jahrhundert die Schiffsfahrrinnen der alten Festungsstadt Aigues-Mortes immer mehr versandeten, ließ der König einen Kanal bauen: Le Grau-du-Roi.  An dessen Mündung zwischen dem Meer, den Marschsümpfen und Teichen siedelten im 19. Jahrhundert italienische Einwanderer und gründeten den gleichnamigen Ort. Lange war Fischerei der einzige Wirtschaftszweig dort. In den 1920er Jahren entdeckten die Begüterten von Nîmes Le Grau als Badeort und es entstand ein Viertel mit stattlichen Sommerresidenzen. Ernest Hemingway hat den Fischerhafen 1946 in seinem Roman The Garden of Eden  verewigt.  Der Tourismus wurde immer bedeutender; mit den üblichen Folgen. Ende der 1960er Jahre wurde ein neuer Yachthafen gebaut, daraus entstand der Stadtteil Port Camargue, mit über 4500 Liegeplätze der größte Freizeithafen Europas.
 
Wir kannten Le Grau-du-Roi von Zwischenstopps. Nur 2000 haben wir dort mehrere Tage verbracht, als es wegen irgendeines Raffineriestreik kein Diesel gab und wir festsaßen. Seitdem tanken wir meistens bei bzw. vor Ankunft in einem Ort. Kurz nachgerechnet, das war tatsächlich auch das letzte Mal dort. Ich hatte absichtlich nicht den üblichen Campingplatz gewählt, sondern einen etwas außerhalb dafür direkt am Strand: Camping L' Espiguette, ebenfalls eine riesige Anlage.  Nachdem wir unseren Stellplatz bezogen haben, gehen wir zum Strand. Tja,....   
Der Camping liegt zwar direkt daran, doch haben wir wohl überlesen, dass der Strand rund 800m breit ist.  Also noch ein weiter Weg zum Meer  ::)



Dort hinter den Bäumen fängt der Campingplatz an  ^-^




Ausläufer von Port Camargue

Der Sand ist hier sehr fest, mit dem Rad käme man also bequemer ans Meer. Für Fußmärsche ist es uns aber zu weit, daher fahren wir am nächsten Tag doch mit dem Roller zu dem uns bekannten Plage Rive Gauche.





Die hübscheren Ansichten von le Grau-du-Roi muss man schon suchen  ;) Dafür gibt es vieles von dem, was Touristen sonst so brauchen: Restaurants, Bars, Läden...



Erinnerung an Fischerzeiten, als Frau und Kinder Ausschau hielten.


Einfahrt zum Kanal
der mitten durch den Ort geht






eine der alten Sommervillen

In der vorherigen Woche hat wohl die Fête du Grau stattgefunden, da wird der französische Stierkampf, Course Camarguaise, gefeiert. Die Rhonegegend gehörte lange zur Grafschaft Barcelona, daher die Tradition. Anders als bei den spanischen Nachbarn wird der Stier jedoch nicht getötet. Offenbar gibt es auch einen Umzug oder ein Stiertreiben durch die Straßen. Wir sehen überall noch die Absperrgitter dazu.



Die rechte Kanalseite haben wir dann nicht mehr erkundet.

Die Etappe:



PS: Fast vergessen.... Hier am Rande des Marschlandes gab es leider recht viele Mücken :-(  Spray sowie lange Hosen und Ärmel war schon Pflicht. Gut, dass es abends eh nicht mehr so warm war.

Liebe Grüße
Susan


Christina

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #79 am: 12. November 2021, 18:20:12 »
An diesen riesigen Touristenorten dort am Mittelmeer würde ich auch nur mit ausreichend Abstand vorbeifahren und nicht im Sommer ;D. Aber in Grau-du-Roi hast du auf jeden Fall sehr hübsche Ecken gefunden. Schade, dass das Wasser so weit vom Campingplatz weg war, das hätte mich auch geärgert.

Die "Wunderschön" Sendungen sind meist irgendwo in den Mediatheken zu finden, entweder direkt beim WDR oder bei 3Sat oder sonstigen dritten Programmen, ich schaue inzwischen auch kaum noch "Live TV", sondern hauptsächlich Mediathek, aber wir haben noch ganz analog eine TV Zeitung, da schaue ich regelmässig rein, was wo läuft.


LG Christina

Silvia

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #80 am: 13. November 2021, 19:45:37 »
Boah, das ist ja schon ein bißchen fies .... einen Stellplatz direkt am Strand ... was aber hier nicht direkt am Meer heißt  :cool2:

Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #81 am: 16. November 2021, 15:40:04 »
25. September  Petite Camargue – Centre du Scamandre

Nach all dem Faulenzen am Strand ist mal wieder eine Rollertour dran.  8)

Als Camargue wird traditionell das Gebiet zwischen den beiden Rhônearmen bezeichnet. Das im Languedouc westlich des Deltas gelegene Schwemmland nannten die Einwohner Petite Camargue. Beide teilen das Klischee des Lands der weißen Pferde, der schwarzen Stiere, der Gardians (südfranzösische Cowboys) und der rosa Flamingos.
Zahlreiche Lagunen, so genannte  Étangs,  gliedern die Landschaft  in kleine Halbinseln und Inseln. Der höchste Punkt liegt grad mal bei 4,50 m, etliche andere unterm Meeresspiegel. Das Sumpfgebiet der Camargue war in antiker und mittelalterlicher Zeit kaum besiedelt; Hirten weideten dort manchmal Schafe und Ziegen. Erst ab dem 17. Jahrhundert wurde mit dem Bau von Kanälen und der Eindeichung der Rhône begonnen. Einerseits ermöglichte dies Gemüse-, Obst- und Reisanbau sowie Viehzucht, andererseits versalzten durch die fehlenden Überschwemmung Böden und bildeten Steppen. Andere Teile wurden zur Gewinnung von Salz in Meerwassersalinen genutzt.

Salinenfelder sehen wir auch als erstes, sie gehören zur Salins du Midi, einer der größten Europas. Die schmale Straße neben dem Canal du Roi erlaubt aber keinen Fotostopp. Danach kommt überraschend viel Weinanbau. Ich hätte mehr Sumpf oder Steppe erwartet.  8)

Beim Étang de Scamandre gibt es ein kleines Vogelschutzgebiet, das auf Bohlenwegen und Stegen erkundet werden kann.  Heute findet hier ein kleines Fest statt, daher ist das Besucherzentrum geschlossen. Wir brauchen etwas bis wir den Startpunkt der Wanderungen gefunden haben. Dort gibt es ein Faltblatt mit Karte; wir haben die Wahl zwischen drei Rundkursen von 500 m bis 4 km Länge. 

Anfangs geht es auf festem Boden wenig spannend einen Graben entlang. Fast verpassen wir einen der Bewohner des ersten Tümpels.



Bald folgt der erste Bohlenweg. Auch dort erstmal außer einem Schwanenpaar in der Ferne nichts Interessantes.  ::)



Wir kommen zu einem größeren Teich und folgen dann der Beschilderung zum Observatoire. Das sieht schon vielversprechender aus.





Das Observatoire ist eine größere getarnte Beobachtungshütte. Außer uns ist noch ein Fotograf mit fettem Teleobjektiv da. Ich vergnüge mich zumindet mit der Coolpix P900 und durch die Flut der Bilder müsst ihr jetzt durch   ;D







Da sind sie also die berühmten rosa Flamingos der Camargue. Sie heißen zwar so, sind aber weit weniger rosarot als Flamingos im Zoo, in Seaworld oder Las Vegas  ;)  Die Färbung hängt wohl vom Carotingehalt der Nahrung ab.

   





Wir sehen außerdem viele Flamingos mit brauner Federfärbung. Auf der Erklärungstafel sind die nicht aufgeführt, erst Recherchen daheim ergeben: das ist die ältere Generation  8)



    

Scheinbar sind Flamingos die ganze Zeit auf Nahrungssuche  ;) nach Kleinkrebsen, Ringelwürmern, Kiemenfüßer und Mückenlarven. Letzteres macht sie mir sehr sympatisch.







Flamingos sind aber nicht die einzigen Wasservögel hier, die zu beobachten sind.


Seidenreiher




"Weg von meinem Ast!"


Graureiher?


Purpurhuhn

Wir verweilen eine gute halbe Stunde in der Beobachtungshütte. Richtige Vogelkundler bleiben sicher länger, doch wir wollen mal schauen, was es sonst noch gibt.

Kleine Verschnauspause ...
Liebe Grüße
Susan


Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #82 am: 16. November 2021, 18:05:08 »
Weiter geht's ...

Bislang sind wir der orangenen Route gefolgt, jetzt gehen wir die rote weiter. Die führt einen Damm zwischen zwei Teichen entlang. Vögel sichten wir erstmal weniger, dafür andere fliegende Gesellen.



Und Leben im und am Wasser






einmal Rücken kratzen




ganz schöne Beißerchen

Quizfrage: Wer außer dem einen Baumarkt hat noch mit einem Biber geworben?

Weiter hinten dann doch noch mehr Flamingos







Wir kommen an einem Aussichtsturm vorbei, von dem wir jedoch nichts spannendes erblicken. Der Rest des roten Weges zieht sich dann, weil es unspektakulär durch Wald geht. Interessanter wäre es, vom Belvedere aus die rote Route wieder zurück zu gehen.

Auf der Rückfahrt erspähen wir dann von weitem noch drei Camarguepferde.



Wir halten außerdem in einer der beiden einzigen größeren Ortschaften, in Aigues-Mortes. Der Kamera-Akku reicht grade noch bis zum Stadttor  ::)  Macht aber wenig, die Gassen sind sehr belebt, da wäre fotografieren eh schwierig. Vielleicht kommen wir morgen nochmal wieder.


Rhône-Sète-Kanal in Aigues-Mortes



Mit dem Boot rechts kann man auch durch die Kanäle kreuzen und vielleicht auch Stiere und Gardians sehen. Im September -zumindest diesen- ist der Fahrplan aber leider  schon recht eingeschränkt.




Tour de Constanze und Stadtmauer


Kanal du Roi





Wir suchen uns ein Eiscafe, d.h. ich nehme dann einen Crepe Bounty - Nutella, Banane, Kokosraspel - weil  Pfefferminzeis aus ist und die anderen Eisbecher mich nicht so anmachen.  8) Cappucchino gibt es nur mit Schlagsahne statt Milchschaum, da nehmen wir lieber einen Cafe au Lait. Kurioserweise gibt es den mit Milchschaum  :))


Route einfach

Liebe Grüße
Susan


Silvia

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #83 am: 17. November 2021, 09:04:29 »
 :beifall:  Was für ein herrlicher Tag, genau nach meinem Geschmack

Wie schön das der Biber sich tagsüber blicken ließ  :thumb:

Quizfrage: Wer außer dem einen Baumarkt hat noch mit einem Biber geworben?
War das nicht irgendeine Zahnpasta  (... und eine Zimmerei bei uns in der Gegend  ;D )

Christina

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #84 am: 17. November 2021, 17:59:22 »
Tolle Tierausbeute, gerade Biber sind ja nur selten tagsüber zu sehen. Mir fällt auch die Zahnpastawerbung ein, aber auf den Baumarkt komme ich grad nicht.

Aigues-Mortes scheint einen Besuch wert zu sein.


LG Christina

Ilona

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #85 am: 19. November 2021, 10:56:45 »
Hallo Susan,

wie du weißt, kann ich derzeit nur Bilder anschauen, denn alles andere ist noch zu anstrengend. Aber step-by-step :zwinker:.

Nichtsdestrotrotz war das eine tierische Ausbeute  :beifall: und Flamingos finde ich ohnehin immer wieder faszinierend.

Bin weiterhin begeistert dabei  :adieu:.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #86 am: 19. November 2021, 20:02:18 »
Richtig, da war in den 90ern Werbung für Dentagard-Zahnpasta mit einem Biber und dann gab es früher noch die Blendi-Kinderzahncreme. Wusste gar nicht, dass man Biber tagsüber selten sieht. Im Spreewald haben wir auch einige nachmittags gesehen. Und auch sonst ... Da haben wir wohl wenigstens bei einem Tier Sichtungsglück  ;-)

Ist zwar spät, aber trotzdem: viel Spaß in Kopenhagen, Christina!

Ilona, schön von dir zu hören   :winkewinke:  Lass es ruhig langsam angehen, der Bericht läuft ja nicht weg!
Liebe Grüße
Susan


Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #87 am: 19. November 2021, 20:57:40 »
26. September  Teil I  Phare de l’ Espiguette

Der Sonntag beginnt mit dem, was im Wetterbericht so als Hochnebel artige Bewölkung bezeichnet wird. Als es auflockert, schwingen wir uns auf den Roller.
Es soll hier noch einen alten Leuchtturm geben. Da wir ihn bei unserem Gang zum Strand nicht gesehen haben, versuchen wir es mal über die Straße. Tatsächlich fahren wir gut 4 km ehe wir zum Parkplatz kommen. Wir zahlen 3 Euro und Kersten rollert bis zu einem großen Strandzugang. Die Dünen sind hier leicht zu queren und danach Sand soweit das Auge reicht  8)


rechts


links

Leider ist auch der Leuchtturm ein Eckchen weiter weg. Offenbar haben wir die direkte Zufahrt verpasst.





Der Phare de l’Espiguette hat einen quadratischen Grundriss, ist 27 Meter hoch und wurde 1869 erbaut. Er hat da wohl den Leuchtturm, den wir in Le Grau-du-Roi am Kanal gesehen haben, abgelöst. Damals stand er nur 150 m von der Küstenlinie entfernt. Heute sind es mehr als 700 m, Meeresströmung ließen die Küste versanden. Sein Leuchtfeuer soll eine Reichweite von 24 Seemeilen haben.
Wie wir zufällig hören, wird an ihm gebaut, so dass momentan keine Besichtigung möglich ist. (Jetzt auf den Bildern erspähe ich auch ein Baugerüst.) Also brauchen wir uns keinen Weg durch die Dünen dahin zu bahnen.  ::)



Etwa 100 m daneben Radar- und Funktürme, vermutlich von der Küstenwache. Wir spazieren eine Weile am Strand entlang Richtung Le Grau. Es ist recht windig; gut, da  werden die Wolken weg gepustet.  8)  Bald ist es sonnig genug für ein Meerbad.



Der Wind / die Winde haben hier fazinierende Sandwellen geschaffen und Muster in denselben.





Außerdem gibt es Möwen zu beobachten; naja, hauptsächlich beim Mittagsschläfchen  ;)









Zum Abschluss mal ein Panorama



Wenn man vom Parkplatz aus noch 1 km Schotterpiste weiter fährt,  kommt man zum FKK-Strand und zum Étang des Baronnets. Wir haben eine allerdings arg verwitterte Holztafel zu Wanderwegen gesehen. Außer dass es möglich ist, kann ich dazu nichts sagen. Auf jeden Fall kann man in der Gegend Ausreiten, wir haben einige Ranches gesehen, die das anbieten.

Schon auf der Hinfahrt habe ich Flamingos im Kanal neben der Straße bemerkt, daher halten wir an einer Vogelbeobachtungshütte. Da stehen auch Hinweisschilder zu Wanderungen.









Hier scheinen mehr die jungen Vögel unterwegs zu sein und nicht ganz so nur mit Futtersuche beschäftigt  ^-^



   



Was Flamingos angeht, bin ich voll auf meine Kosten gekommen  :toothy9:

Zeit für eine Kaffeepause am Wohnmobil und dann müssen wir uns ein wenig anhübschen



Liebe Grüße
Susan


Susan

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #88 am: 20. November 2021, 01:12:12 »
26. September  Teil II  Die Stadt des toten Wassers

Heute Abend wollen wir ins Restaurant zum Essen, Aigues-Mortes schien uns ein guter Ort dafür. Außerdem waren wir mit der Besichtigung noch nicht weit gekommen. Also rollern wir am späten Nachmittag nochmal dorthin.

 :read2:
Gegründet wurde die Stadt 1246 vom französischen König Louis IX, wegen seiner extremen Frömmigkeit später "der Heilige" betitelt. Er besaß damals keinen Zugang zum Mittelmeer und war daher auf italienische oder provenzialische Häfen angewiesen. Da er aber unbedingt an den Kreuzzügen teilhaben wollte, erwarb er ein Stück Sumpfland an der Mündung der Petit Rhône und errichtete dort einen befestigten Hafen. Der Name Aigues-Mortes (totes Wasser) spiegelt die wenig attraktive Lage in den ungesunden Sümpfen. Die eindrucksvolle Stadtmauer wurde erst von Sohn und Enkel vollendet. Bereits im 14. Jahrhundert begann der Hafen zu versanden und als 1481 die Provence an Frankreich fiel, wurde die Stadt aufgegeben.

Wir parken wieder an der Porte de la Gardette.




hinter'm Wall

 


Tour de Constance
war das erste Bauwerk, das Louis IX errichten ließ und als Wohn- und Leuchtturm nutzte. Ab dem 17. Jahrhundert war er dann ein Gefängnis, insbesondere für Hugenotten (frz. Protestanten). Die berühmteste Gefangene war eine Marie Durand, die mit 15 in Haft kam und 38 Jahren später dann begnadigt wurde. Sie soll das Wort  resister in die Wand geritzt haben. Es gibt eine Aussichtsplattform, von der man auch einen Teil der Stadtmauer begehen kann. Wir sind leider einen Tick zu spät dran für den letzten Einlass.  :( Schade, die Ausblicke auf die Marsch und die Salinen sollen schön sein.


Graben mit Brücke zum Turm
arg veralgt :P

Wir folgen der Stadtmauer also auf Straßenniveau bzw. außen.


südwestliche Ecke innen


Porte des Moulins
und Südmauer



   

Die Stadtmauer ist 11 m hoch und umschließt ein unregelmäiges Viereck: die Längseiten messen 496 / 567 m, die Schmalseiten 301 / 269 m. Sie soll 15 Türme haben und wir zählen 6 Tore. Ursprünglich gab es noch einen Burggraben, der wurde aber aufgeschüttet. Die Festung von Aigues-Mortes zählt zu den best erhaltenen Europas aus dem Spätmittelalter. Die Gassen innerhalb der Mauern sind rechtwinklig angelegt.  Die Hauptachsen säumen allerlei Touristengeschäfte. Heute am Sonntag ist deutlich weniger los. Teils finde ich das angenehm, kein Gedränge; teils wirkt es aber auch etwas öde.





In einer der Gassen direkt an der Mauer fand ein Motorrad-Flohmarkt statt. Himmel, was gab es da an Schrott zu sehen  ::) Aber irgendwen scheint es ja interessiert zu haben.

Herzstück ist der Platz Saint-Louis: nett mit Bäumen, Brunnen mit Statue des heiligen Königs und sehr viel Außengastronomie  ^-^


Handybild von gestern


Ludwig, der Heilige
Mit seinen Kreuzzügen hatte er wenig Glück; beim ersten 1248 wurde er in Ägypten gefangen genommen und musste ein hohes Lösegeld zahlen. Beim zweiten 1270 kam er nur bis Tunis und starb dort an Ruhr oder Pest.

Vor lauter Tischen und Sonnenschirmen bemerken wir kaum die anliegenden Gebäude wie das Rathaus oder die Kapuzinerkapelle. Nur die alte Kirche Notre-Dame-des-Sablons ist kaum zu übersehen. Gestern war sie belagert von Hochzeitsgesellschaften, heute ist alles geschlossen.



Für Abendessen ist es noch etwas früh, daher beschließen wir das gesparte Eintrittsgeld in Aperitifs anzulegen  :zwinker: Die Loungebar des Hotel Remparts direkt an der Nordmauer machte einen netten Eindruck. Wir lassen uns also in den Sofas nieder und genießen unsere Pastis. Ich weiß nicht, ob der endgültige Sonnenuntergang das Signal war oder was anderes. Jedenfalls hören wir auf einmal lautes Vogelgezwitscher und hunderte von Piepmätzen kreisen um die Stadtmauer. Solch Schwärme haben wir noch nie erlebt. Außer vielleicht im Hitchcock-Film "Die Vögel", die hier blieben zum Glück friedlich.





Wir haben einige Speisekarten studiert; irgendwas vom Stier gibt es hier reichlich und überall. Kersten hätte lieber was traditionelleres  ;) also von der Kuh und ich lieber Fisch. Wir kehren zurück zum Place Saint Louis und im Restaurant La Citadelle ein bzw. natürlich an einen Tisch draußen. Ein Reiseführer schrieb schon, dass die Besitzer und Namen hier oft wechseln und Rezensionen daher schwierig sind. Bei google-Maps heißt es daher noch anders. Kersten nimmt "Faux Filet", was sich für mich irgendwie gefaked anhört  ;) Tatsächlich ist es ein Sirloin Steak.  Ich esse wieder Menue: als Vorspeise hatte ich Tomate-Mozarella bestellt, bekam aber Lachs-Carpaccio   ::) Okay, war auch lecker. Und die gegrillte Dorade sowieso. Den Nachtisch Mousse au Chocolat mit Orangensauce haben wir geteilt. 

Beim Rückweg habe ich mich noch mit Nachtfotos versucht.


rechts unser Restaurant


Route vereinfacht
 
Liebe Grüße
Susan


Silvia

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Re: September 2021: Languedoc & ein Schuss Provence
« Antwort #89 am: 21. November 2021, 09:30:33 »
Noch ein Tag ganz nach meinem Geschmack ... tolle Mischung ... Meer und Natur, dann trutzige Bauten  :thumb:

In einer der Gassen direkt an der Mauer fand ein Motorrad-Flohmarkt statt. Himmel, was gab es da an Schrott zu sehen  ::) Aber irgendwen scheint es ja interessiert zu haben.
;D  Ich kenn da etliche Kollegen die nur zu gerne da stöbern würden