Autor Thema: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022  (Gelesen 15294 mal)

Christina

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Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« am: 30. August 2022, 17:50:17 »
So, hat wie immer etwas länger gedauert, aber nun kann ich starten. Heute gibt's nur Text, ab morgen oder übermorgen dann auch Fotos.

Vorwort

Aufgrund der Omikronwelle war eine Reise im für mich idealen Januar/Februar dieses Jahr nicht möglich, aber für Ende Februar war das Ende der Omikronwelle vorhergesagt, also vorsichtshalber noch zwei Wochen dazugegeben, damit konnte ich Mitte März, nach den Faschings- und vor den Osterferien noch Urlaub machen – auch hier wieder war ich nach meinen Pandemieerfahrungen flexibel.

Die Suche nach dem Reiseziel war etwas zäh, keines der Ziele auf meiner Top 10 Liste erfüllte die Vorgaben: möglichst einfache und weitgehend kostenlose Stornierungsmöglichkeiten, also Anreise möglichst per Bahn (Auto wäre auch möglich, aber da im März noch mit Schnee und Eis zu rechnen ist, wollte ich das eher vermeiden), keine Großstadt bzw. kein reiner Städtetrip, das hatte ich mit Kopenhagen erst, Bergregionen scheiden aus, da dort im März nicht mehr wirklich Winter ist, aber auch noch überhaupt nicht Frühling. Ich ließ meinen Blick über die Europakarte schweifen und landete irgendwann an der belgischen Küste. Die Wallonie und Brüssel hatte ich mit Peter 2010 auf unserer Luxemburg-Belgien-Frankreich -Rundreise besucht, Flandern ist also noch offen, Gent und Brügge sollen schöne historische Städte sein, entlang der gesamten Küste fährt eine Straßenbahn, also kein Auto nötig, an der Küste stehen zwar überwiegend hässliche Hochhäuser, aber es soll auch schöne Ecken geben und alles ist von Deutschland bestens mit der Bahn zu erreichen – das Ziel war gefunden, die Planung konnte starten.

Am 18.01.22 buchte ich die Bahnfahrkarte nach Gent und zurück ab Ostende, sowie die Unterkunft für drei Nächte in Gent. Am Tag darauf dann die Unterkunft für 6 Nächte in Ostende.

Ich kam gut mit der Planung voran, die Coronazahlen sanken langsam genau wie vorhergesagt, die Vorfreude wuchs vorsichtig – bis zum 24. Februar.

Die Lust auf Urlaub war mir erstmal vergangen. Nach den belastenden ersten Kriegswochen habe ich mich dann doch entschieden zu fahren, zum einen würde sich am Krieg überhaupt nichts ändern, egal ob ich die Reise antrete oder nicht, zum anderen hoffte ich, dass mir die neuen Eindrücke ein bisschen Abstand zu den täglichen schrecklichen Nachrichten verschaffen würden, auch wenn ich die Nachrichten natürlich weiterverfolgen würde.

Zu Corona: während meines Aufenthalts galt in Belgien eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln. Nur vier Tage vor meiner Reise wurde die Pflicht, eine Einreiseanmeldung, bei der man die Aufenthaltsdauer und die Unterkünfte hätte angeben müssen, auszufüllen und mitzuführen, aufgehoben. Sonst gab es keine für mich als Touristin relevanten Regeln/Einschränkungen.


LG Christina

Ilona

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #1 am: 30. August 2022, 19:01:25 »
Erste  :adieu:.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Susan

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #2 am: 30. August 2022, 19:38:20 »
Zweite  ;D :winkewinke:
Liebe Grüße
Susan

Silv

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #3 am: 30. August 2022, 20:20:40 »
Dritte  ;D
Liebe Grüße
Silvia

Christina

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #4 am: 31. August 2022, 18:02:29 »
Schön, dass schon ein paar zugestiegen sind  :adieu:, jetzt geht es auch schon mit dem Anreisetag weiter.

1. Tag – Dienstag, 15.03.

Ausnahmsweise kann ich gemütlich in den Urlaub starten, mein Zug fährt erst um viertel vor zehn Uhr. Erster Umstieg ist in Worms, kurz vor dem Aussteigen fragt mich ein junger Mann, ob er mir am Bahnhof mit dem Koffer helfen kann – na, das ist ja mal sehr nett, ich frage mich aber, ob ich etwa schon so alt aussehe, dass ich Hilfe nötig habe ;D. Ich komme aber auf jeden Fall alleine zurecht, denn es gibt ja, wie bei den allermeisten Bahnhöfen heutzutage, einen Aufzug von/zu jedem Gleis und ich habe auch genug Zeit, diese zu nutzen.

Von Worms geht es nach Frankfurt, dort nutze ich die einstündige Umsteigezeit zum Mittagessen bei einem Asiaten.

Um 12.30 Uhr startet der ICE pünktlich in Richtung Brüssel.

Zunächst ist der Zug wunderbar leer, in Köln steigen dann sehr viele ukrainische Flüchtlinge ein, die auch nach Brüssel fahren. Da werde ich unmittelbar mit den Folgen des Kriegs konfrontiert.

Neben mir sitzt eine ältere Dame, die leider ausschließlich ukrainisch (und/oder russisch?) spricht, eine Verständigung ist mehr schlecht als recht per Zeichensprache möglich, sie gibt mir zweimal ihr Handy in die Hand, ich verstehe jedoch die Gesprächspartner am anderen Ende akustisch überhaupt nicht, es ist sehr laut im Zug, die Durchsagen bei der deutschen Bahn sind ja sehr häufig und in diesem ICE nach Belgien dann auch noch viersprachig (deutsch, französisch, holländisch und englisch) und nicht weit entfernt sitzt eine junge Frau mit drei kleinen Kindern, die viel Lärm machen. Um was es in diesen Telefonaten gehen soll, weiß ich nicht wirklich, wohl aber nur um das Reiseziel, das kann aber geregelt werden, da die Dame mir ihr Ticket zeigt mit Ziel Brüssel Midi und ich ihr zu verstehen gebe, dass ich genau dort auch aussteigen muss.

Kurz vor dem Aussteigen zeigt sie mir dann noch, dass in zwei ihrer drei oder vier kleinen Reisetaschen (da habe ich mich schon gewundert, warum sie nicht eine einzige große benutzt), jeweils eine Katze sitzt. Von den Katzen war während der gesamten Fahrt kein Laut zu hören.

In Brüssel Midi werden die Flüchtlinge von einem «Versorgungsteam» am Bahnsteig erwartet, ich gehe zum Gleis für meinen Zug nach Gent.

Dort komme ich pünktlich um 16.35 Uhr an und kaufe mir an einer Ticketverkaufsstelle in der Nähe des Bahnhofgebäudes die «Citycard Gent» für 72 h (EUR 44). Ob sich die Karte lohnen wird, bezweifle ich eher, aber so brauche ich mir keine Gedanken über Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr oder (Museums)eintritte zu machen.


Mit der Straßenbahn fahre ich dann bis zu meiner Unterkunft. Ich bekomme ein Studio im obersten Stock, zwar mit Dachschräge, aber von der Grundfläche her absolut riesig. Die Einrichtung im modernen Industriestil passt gut zum historischen Gebäude, das so groß ist, dass im vorderen Teil eine Business School und im hinteren Teil das Hotel bzw. Apartmenthaus Platz hat.




Nach dem Einchecken gehe ich zum nächsten Supermarkt fürs Frühstück und ein paar Kleinigkeiten fürs Abendessen einkaufen, ein Carrefour Express – mit all den französischen Leckereien, da kann ich nicht widerstehen und nehme gleich eine Packung mit zwei (frisch gebackenen) Nougat-Schoko-Törtchen mit.

Nach einer Pause in der Unterkunft drehe ich gegen 19 Uhr noch eine Runde durch das schön beleuchtete Zentrum von Gent, das nur wenige Gehminuten von meinem Hotel entfernt liegt.









Wetter: bis Brüssel stark bewölkt, immer wieder Regen, dann leicht bewölkt, trocken, ca. 10 °C

Kosten:
Bahn Hin- und Rückfahrkarte EUR 79,40
Hotel Getaway Studios Gent 3 Nächte EUR 220,50 (Studio mit Kitchenette, inkl. Bettwäsche, Handtücher, Endreinigung, ohne Frühstück), gebucht über booking.com


LG Christina

Silv

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #5 am: 31. August 2022, 18:30:19 »
Schöner Ankunftstag! Die Unterkunft sieht interessant aus  :)
Liebe Grüße
Silvia

Susan

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #6 am: 31. August 2022, 19:42:28 »
Bei Städtereisen haben wir auch gern die Citykarten genommen, allein schon damit wir uns keine Gedanken über Fahrkarten für Öffies machen müssen  8)

Wunderschöne Abendstimmungsbilder, da gefällt mir Gent schon jetzt.
Liebe Grüße
Susan

Paula

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #7 am: 01. September 2022, 13:02:22 »
Oh da komme ich auch mit! Brügge kenne ich ja, Gent aber noch nicht. Was ist das für eine beleuchtete Unterführung oder Brücke? Das schaut ja interessant aus!
Und dein Apartment ist richtig edel. Mir gefallen Wohnungen mittlerweile auch besser als Hotelzimmer, ich werde mir in Dallas wahrscheinlich ein Airbnb mieten. Auch wenn man dann Frühstück selber machen muss. Es ist einfach schön wenn man abends heim kommt und nicht nur ein Bett und einen Stuhl hat wo man sich aufhalten kann sondern auch ein Sofa!
Viele Grüße Paula

Ilona

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #8 am: 01. September 2022, 14:41:53 »
Das Appartement würde mir auch gefallen.

Da hast du am Abend die Sykline :zwinker: von Gent wolkenlos und sogar mit Vollmond abgelichtet :beifall:.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Christina

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #9 am: 01. September 2022, 17:55:21 »
Oh da komme ich auch mit! Brügge kenne ich ja, Gent aber noch nicht. Was ist das für eine beleuchtete Unterführung oder Brücke? Das schaut ja interessant aus!
Und dein Apartment ist richtig edel. Mir gefallen Wohnungen mittlerweile auch besser als Hotelzimmer, ich werde mir in Dallas wahrscheinlich ein Airbnb mieten. Auch wenn man dann Frühstück selber machen muss. Es ist einfach schön wenn man abends heim kommt und nicht nur ein Bett und einen Stuhl hat wo man sich aufhalten kann sondern auch ein Sofa!

Bei meinen Brügge Vorbereitungen habe ich bei deinem Bericht nachgelesen, mal sehen was du wiedererkennst, dauert aber noch einige Zeit bis ich im Bericht dort bin.

Das von unten beleuchtete Dach ist die sog. Stadthalle, das ist ein modernes Gebäude, wie immer nicht unumstritten zwischen historischen Gebäuden, darunter finden Märkte, Konzerte, sonstige Veranstaltungen statt. Mir gefällt modern neben alt, aber mich hat gestört, dass es, wenn wie an diesem Abend keine Veranstaltung war, es etwas kahl und leer aussieht.

Mir sind Apartements auch am liebsten und nicht immer muss man selbst Frühstück machen, hier schon, da wurde nichts angeboten, zuletzt in Helsinki war aber trotz eigener Küche Frühstücksbuffet dabei.

Da hast du am Abend die Sykline :zwinker: von Gent wolkenlos und sogar mit Vollmond abgelichtet :beifall:.

Ja, der Vollmond stand in dem Moment genau an der richtigen Stelle.


LG Christina

Christina

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #10 am: 02. September 2022, 14:06:42 »
Der heutige Tag hat so viel Text und Fotos, dass ich zwei Teile daraus mache, Teil 2 kommt dann wohl erst am Montag.

Vorwort zu den folgenden zweieinhalb Tagen in Gent:

Ich habe lange überlegt, ob ich diese Tage wie üblich chronologisch darstelle oder eine eher thematische Zusammenstellung mache. Grund für die Überlegungen ist eine (natürlich erst im Nachhinein festgestellte) unglückliche Kombination von ungenauer Wettervorhersage und meiner Migräne, die mich an allen drei Tagen hin- und wieder etwas geplagt und damit eingeschränkt hat: für alle drei Tage in Gent war sonniges Wetter vorhergesagt, so dass ich für den ersten vollen Tag die klassischen Sehenswürdigkeiten auf dem Plan hatte, zweiter Tag sollte dann Museum und einiges außerhalb des Stadtzentrums sein, dritter (halber) Tag je nachdem, was ich noch nicht angeschaut hätte. Leider war dann aber am ersten (vollen) Tag das eigentlich schöne Wetter durch Saharastaub völlig eingetrübt, was aber eben nicht vorhergesagt war und ich (auch wegen der Migräne) einfach zu spät bzw. gar nicht reagiert und meinen Plan einfach umgeändert habe. Am zweiten (vollen) Tag gab es dann eine etwas unentschlossene Mischung aus dem ursprünglichen Plan und dem Bemühen, die klassischen Sehenswürdigkeiten doch noch bei Sonnenschein zu sehen. Und das hat sich am letzten halben Tag vor Abfahrt nach Ostende wiederholt. Ich schreibe nun doch «normal» chronologisch, weil ich einerseits keine gute Idee habe, das anders darzustellen, andererseits gehören auch mal nicht so optimal gelaufene Tage zu einem Reisebericht. Ihr werdet eben viele Fotomotive mehrfach über die Tage verteilt anschauen müssen ;D.

2. Tag – Mittwoch, 16.03. (1. Teil)

Heute soll es sonnig und bis zu 18°C warm werden, noch ist es aber sehr kalt und leicht neblig oder dunstig, deshalb trödle ich noch etwas herum bevor ich gegen neun Uhr meinen Spaziergang im Stadtzentrum starte.

Direkt beim Hotel liegt die Burganlage Geraard de Duivelsteen, das ist heute wohl eine Art Jugendzentrum, aber auch eine Bar, zumindest laut Internet (unter dem Namen BROEI, der auch auf dem Gebäude steht), eine Besichtigungsmöglichkeit habe ich nicht gefunden, mein Reiseführer erwähnt die Burg gar nicht.


Gleich dahinter steht die St. Bavo Kathedrale, eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt vor allem wegen des berühmten Genter Altar, der sich in der Kirche befindet. Ich muss zugeben, dass ich bis zu meiner Vorbereitung auf diese Reise noch nie davon gehört hatte, für viele andere ist er aber wohl ein Hauptgrund für den Besuch von Gent. Die Kirche hat schon seit 8.30 Uhr geöffnet, der Altar kann aber erst ab 10 Uhr angeschaut werden, da muss ich später nochmal zurückkommen. Der Kirchenraum ist recht düster und überladen, die unterschiedlichen Steinarten (grauer Scheldestein, roter Backstein und weißer Kalkstein), dazu die Rokokkokanzlei aus Eiche und der Hochaltar aus weiß-schwarzem Marmor führen zu einem unruhigen Gesamtbild – aus meiner Sicht, waren zu ihrer Bauzeit aber etwas ganz Besonderes und dementsprechend beeindruckend wurde die Kirche empfunden.



Ich spaziere um die Kirche herum, an der Seite soll es den «Achtersikkel», eine Art Innenhof geben, den Zugang dazu finde ich aber nicht, vermutlich gerade unzugänglicher Teil der großräumigen Baustelle, die sich hinter der Kirche befindet.

Meine in Erwartung der warmen Tagestemperaturen gewählte Fleecejacke übers T-Shirt ist mir zu kalt, daher nutze ich die Nähe zur Unterkunft, gehe nochmal zurück und ziehe mir etwas Wärmeres an.

Nächster Stopp ist der Belfried gegenüber der St. Bavo Kathedrale, Teil des Weltkulturerbes, mit seinem Bau wurde 1300 begonnen.

Für mich ist er hauptsächlich wegen des Ausblicks von der Turmspitze interessant. Der Eintritt ist in der City Card enthalten, ich bin zurzeit die einzige Besucherin. Netterweise gibt es einen Aufzug, nur den letzten Teil bis zur Spitze muss man zu Fuß gehen. Auf dem Weg nach oben kommt man an einem 1:1 Modell des Drachens vorbei, der auf der Spitze des Turms angebracht ist – hätte ich nicht gedacht, dass der so groß ist.


Der Ausblick ist dann eher enttäuschend, lediglich die Blicke direkt nach unten gefallen mir, ansonsten kann man die einzelnen Häuser gar nicht richtig erkennen, liegt es am Dunst (bzw. Saharastaub, wie ich heute weiß)? Ich bin mir nicht sicher, aber obwohl der Turm mit 100 m ähnlich hoch ist, wie zwei der Aussichtstürme in Kopenhagen auf denen ich war, ist der Blick leider überhaupt nicht vergleichbar.





Neben dem Belfried befindet sich die moderne Stadthalle, wobei es eher eine Überdachung ist als eine Halle, nämlich an den Seiten offen, darunter finden Märkte, Konzerte und sonstige Veranstaltungen statt, jetzt gerade ist es eine leere Fläche. Gestern Abend konnte ich ja schon die tolle Beleuchtung der gläsernen Dachziegel sehen.


Gegenüber dem Belfried steht die St. Nikolaus Kirche (siehe drittes Foto vom Belfried), der Innenraum ist heller und gefällt mir daher besser als der der St. Bavo Kathedrale, aber auch hier ist es mir zu dunkel und die Gestaltung zu unruhig.


Weiter geht’s zur Michaelsbrücke, die über den Fluß Leie führt. Von hier hat man einen schönen Blick auf die vielen Türme der Stadt und hinunter zu den Ufern der Leie, dem Graslei und dem Korenlei. Hier war früher der Hafen von Gent, heute hat es viele Restaurants und hier starten die Bootsrundfahrten durch die Kanäle.




Eine solche ist auch in der City Card enthalten, die erste des Tages startet in wenigen Minuten um 10.45 Uhr. Daher halte ich mich nicht lange auf, sondern gehe zum Bootsanleger, wo ich gleich einsteigen kann. Es sind kleine Holzboote mit Sitzen am Rand entlang und in der Mitte. Das Boot ist nicht ganz voll, die Mittelsitze bleiben leer, mit mir sind ca. 8 - 10 Gäste an Bord. Der Bootsführer ist gleichzeitig auch der Guide und macht seine Sache recht gut finde ich, einige interessante Fakten und ein paar Geschichten, nicht allzu viel und allzu lange und keine übertrieben bzw. erzwungen klingenden Witze. Dennoch bin ich von der Fahrt nicht allzu begeistert und froh, dass ich die Bootsfahrt nicht separat bezahlt habe. Die Fahrt führt in verschiedene Kanäle hinein- und wieder zurück, es ist also keine Rundfahrt, den größten Teil der Zeit steht bzw. schwimmt das Boot am selben Fleck, weil der Guide die Zeit braucht, um den gleichen Text für alle Gäste in ihren Sprachen vorzutragen, auf Englisch, auf Französisch, auf Deutsch und auf Holländisch. Und die Kanäle haben immer auf einer oder sogar beiden Seiten einen Weg oder Straße, so dass man alles genauso gut bzw. besser, weil im eigenen Rhythmus, zu Fuß anschauen kann.

Gut zu wissen, da kann ich mir die Bootsfahrt in Brügge, das ich in diesem Urlaub auch noch besuchen werde, sparen.








Nach der Bootsfahrt, die ungefähr eine dreiviertel Stunde dauert, bin ich ziemlich durchgefroren, denn die vorhergesagte Sonne und Wärme sind bislang noch nicht eingetroffen und ich habe inzwischen Zweifel, ob das heute überhaupt noch passiert, auch wenn der Bootsführer auch auf den bevorstehenden Sonnenschein hinweist.

Nach dem Aussteigen schaue ich mir in Ruhe nochmal Korenlei und Graslei, sowie den Ausblick von der Michaelsbrücke an – gefällt mir sehr gut,


dann spaziere ich durch das Viertel Patershol. Das ehemalige Armenviertel hat heute viele idyllische Ecken und insbesondere entlang der Hauptstraße viele Cafés und Restaurants (jetzt zur Mittagszeit alle noch geschlossen). Schon hier habe ich viele ähnliche Blicke über den Kanal, wie vorhin mit dem Boot.




Mit dem Mittagessen ist es hier in Flandern ähnlich schwierig wie in Dänemark, wenn man eigentlich die Hauptmahlzeit des Tages mittags essen möchte. Das hätte ich nicht erwartet, da man in Holland, das sprachlich und kulturell mit Flandern verwandt ist, auch mittags schon ein «normales» Gericht bekommt.

Üblich zu Mittag hier in der Stadt ist Suppe, wenn es etwas Warmes sein soll oder Salat und / oder Sandwich.

In der «Souplounge» am Rand von Patershol bestelle ich zum Aufwärmen eine große Schüssel Tomatensuppe mit Brot und einen Tee (EUR 8,90). Das Restaurant ist sowohl bei Einheimischen, vor allem Mütter mit ihren Kindern, als auch Touristen beliebt, außerdem kann man sich das Essen auch liefern lassen, es warten viele «Lieferando» und Co Fahrer auf eine Bestellung. Überhaupt habe ich noch nirgends so viele Fahrer von Essenslieferung auf Mopeds und Fahrrädern durch eine Stadt fahren sehen und das zu allen Tages- und Nachtzeiten (in denen ich draußen unterwegs war). Aus meiner Sicht wieder etwas, das an sich eine gute Idee ist, nun aber völlig überhandnimmt.

- Ende Teil 1 -



LG Christina

Ilona

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #11 am: 02. September 2022, 14:53:26 »
Zitat
Üblich zu Mittag hier in der Stadt ist Suppe, wenn es etwas Warmes sein soll oder Salat und / oder Sandwich.

Bei Suppe bin ich raus  :verpiss:, denn ich bin ein Suppenkasper :verlegen:.

Die Stadthalle ist außergewöhnlich :thumb:.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Paula

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #12 am: 03. September 2022, 16:23:13 »
Für mich wäre das ideal, ich mag mittags nur eine Kleinigkeit und Supe mag ich in jeder Form  :)
Die Stadthalle gefällt mir sehr sehr gut, ein wirklich gelungener moderner Bau von denen es in Deutschland viel zu wenige gibt.

Schade dass das Wetter nicht so mitgespielt hat und dann auch noch Migräne   >:(
aber sowas passiert eben, man wird auch mal im Urlaub krank und muss dann halt das beste draus machen, es ging mir dieses Jahr in der Bretagne auch so.
Viele Grüße Paula

Christina

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #13 am: 05. September 2022, 19:43:03 »
2. Tag – Mittwoch, 16.03. (2. Teil)

Nach dem Mittagessen besichtige ich die Burg Gravensteen (in der City Card enthalten), an der ich heute Vormittag schon mit dem Boot vorbeigefahren bin. Die Burg aus dem Mittelalter wurde vom Flandrischen Graf Phillip von Elsass erbaut bzw. baute er das bereits existierende Bauwerk zu einer Festung aus. Die Burg soll Inspiration für den «Mittelalterroman» Parzival von Chrétien du Troyes gewesen sein, der wiederum Grundlage, Quelle oder zumindest Inspiration für Wolfram von Eschenbachs gleichnamigen Versroman war.

Die gesamte Anlage kann innen wie außen besichtigt werden, es gibt einen Audioguide auch auf Deutsch (im Original von einem belgischen Komiker geschrieben und gesprochen) mit vielen amüsant vorgetragenen Informationen über das Leben in und um die Burg im Mittelalter.




Toll ist der Blick vom Burgturm in die nähere Umgebung, ich entdecke auch das nur von hier (öffentlich) sichtbare Wandgemälde «Porträt eines Mannes mit rotem Turban», eine Interpretation eines Gemäldes von Jan van Eyck anlässlich des Van Eyck Jahres 2020/21 vom Spanier Taquen. Jan van Eyck war ein flämischer Maler des Spätmittelalters und der wohl berühmteste Vertreter der altniederländischen Malerei. Er hat eine riesige Bedeutung für Gent, da er der Erschaffer des Genter Altars ist und damit in großem Maß zur touristischen Rolle der Stadt beitrug (näheres dann bei meiner Besichtigung des Genter Altars).




Danach schaue ich mir die Burg nochmal von außen an,


spaziere dann entlang der Kanäle, durch die ich heute Vormittag mit dem Boot gefahren bin, nun kann ich mir alles in Ruhe anschauen.


Cappuccino und Apfel-Karamell Kuchen gibt es bei «Julie’s House» (EUR 8,20).


Nach dieser Pause setze ich meinen Stadtspaziergang fort,


unter anderem geht es durch die Werregarenstraat, eine enge Gasse, die seit einigen Jahren wegen ihrer Graffitis bekannt ist.


Auch ein Frosch für Paula findet sich:


Etwas außerhalb des historischen Zentrums gibt es nette Wege am breiten Kanal entlang mit Sitzmöglichkeiten mit Blick aufs Wasser (Portus Ganda). Hier fliessen Leie und Schelde zusammen, bis vor kurzem war der Kanal noch zugeschüttet und wurde als Parkplatz genutzt. In den letzten Jahren wurde der Fluss wieder freigelegt und Erholungs- und Sportmöglichkeiten geschaffen mit Jachthafen, Spazierwegen und Sitzmöglichkeiten, auch ein altes Hallenschwimmbad wurde aufwändig restauriert.

Die nackte rote Dame mit Kopfhörern wird als Genter Lorelei bezeichnet, geschaffen vom Bildhauer Johan Meirlaen.


Auch moderne Architektur hat Gent zu bieten, z.B die Bibliothek «De Krook». Sie wurde 2017 eröffnet, voraus ging ein Architektenwettbewerb, den das Genter Architekturbüro Coussée & Goris zusammen mit seinem spanischen Partner RCR Arquitectes gewann. Der Name de Krook = der Knick bezieht sich auf den Fluss Schelde, der hier eine Biegung hat und die Bibliothek umfließt.



Von hier geht es durch sehr lebhafte Einkaufsstraßen mit allen bekannten Modelabels wieder in Richtung historisches Zentrum.

Gegen 16.30 Uhr bin ich zurück in der St. Bavo Kathedrale, um mir nun den Genter Altar anzuschauen, das klappt aber wieder nicht, denn obwohl gerade so wenig los ist, dass die eigentlich notwendige Online Terminbuchung nicht nötig ist, braucht es diese trotzdem, wenn man, wie ich, eine City Card hat. Damit ist der Eintritt nicht kostenlos, sondern auf EUR 2 reduziert und das kann an der Kasse vor Ort nicht eingegeben werden. Ich kann also entweder den Altar sofort besichtigen und den vollen Preis dafür bezahlen oder ich kann einen Online Termin buchen und online bezahlen, das ginge sogar mit Termin in den nächsten Minuten, das ist mir hier aber zu umständlich, meine (Kreditkarten)Daten am Handy einzugeben, das mache ich lieber vom Hotelzimmer aus und suche mir für morgen einen Termin.

Daher geht es nun in die Unterkunft, wo ich mir einen Tee zum Aufwärmen koche und zu Abend esse (und eine Termin für den Genter Altar für morgen buche ;D).

Bei Eintritt der Dämmerung gegen 19 Uhr gehe ich nochmal raus mit dem Stativ und entdecke einige lohnenswerte Motive. Wunderschön sind die leuchtenden Vögel im Baum mit der Michaelsbrücke im Hintergrund. Auf der Brücke ergibt eine Langzeitbelichtung schöne Lichtspuren der vorbeifahrenden Straßenbahn.





Wetter: bedeckter Himmel durch Saharastaub, ca. 5 - 10°C


LG Christina

Susan

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Re: Gent, Brügge und die belgische Küste im März 2022
« Antwort #14 am: 05. September 2022, 22:15:05 »
Mir war gar nicht bewusst, dass im März schon Sahara-Staub in der Luft umher schwirrte. Bis zu uns hat der wohl länger gebraucht.  8)
Schade, dass der die Ansichten so eintrübte.

Das Modell vom Drachen wirkt imposanter als das Original so von unten (oder gucke ich im falschen Bild).

Ich mache eigentlich ganz gerne solche Bootstouren, auch wenn es mal schleppend voran geht. Aber das Wetter war ja nicht  gerade erbauend. Welch ein Service, alle Erklärungen viersprachig, Etwas langweilig, wenn man alle versteht  ;)

Irgendwie kurios, dass vielerorts die ehemaligen Armenviertel so idyllisch geworden sind.

Gibt es eine Geschichte dazu, warum das van Eick Tribut Gemälde an so versteckter Stelle ist? Ich mein, wenn es ihm zu Ehren sein sollte, sollte es doch besser zu sehen sein, oder?

Wieder sehr schöne Abendbilder, die leuchtenden Vögel sind ja witzig.

Trotz Migräne hast du ja ein strammes Programm gehabt
Liebe Grüße
Susan