Autor Thema: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022  (Gelesen 7113 mal)

Silv

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #30 am: 04. Januar 2023, 22:17:58 »
Mir wären das ja ein paar Gebäude zu viel, aber auf den Fotos schau ich sie mir gerne an. Sie sehen sehr schön aus, vor allem mit diesem tollen blauen Himmel!
Liebe Grüße
Silvia

Ilona

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #31 am: 05. Januar 2023, 15:09:16 »
Hallo Christina,

hast du schon mal daran gedacht, einen Städteführer zu schreiben? So detailliert wie du die einzelnen Gebäude beschreibst, solltest du das in Erwägung ziehen.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Silv

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #32 am: 05. Januar 2023, 15:39:27 »
Hallo Christina,

hast du schon mal daran gedacht, einen Städteführer zu schreiben? So detailliert wie du die einzelnen Gebäude beschreibst, solltest du das in Erwägung ziehen.

Da hast du Recht, Ilona! Incl. Tipps für den Nachmittagskuchen  ;)
Liebe Grüße
Silvia

Christina

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #33 am: 05. Januar 2023, 18:07:15 »
Mir wären das ja ein paar Gebäude zu viel, aber auf den Fotos schau ich sie mir gerne an. Sie sehen sehr schön aus, vor allem mit diesem tollen blauen Himmel!

Ja, das war jetzt wirklich Stadt pur, immerhin mit zwei Parks und total entspannt ohne Großstadthektik, am Nachmittag wird es noch ein bisschen ländlicher - insgesamt aber der "städtischste" Tag des ganzen Urlaubs.

Ilona, Susan - leider gibt es schon recht viele Reiseführer, und meine Beschreibungen hier sind ja Zusammenfassungen bzw. meine eigenen Worte verschiedener Quellen wie Reiseführer oder Wikipedia.


LG Christina

Christina

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #34 am: 06. Januar 2023, 18:04:02 »
5. Tag – Sonntag, 03.07. - 2. Teil

Nach der Mittagspause im Botanischen Garten gehe ich wieder zurück in die Innenstadt. Das Denkmal „Die drei Schmiede“ von 1932 gegenüber vom Kaufhaus „Stockmann“ kann ich nicht ohne Menschen davor fotografieren, vielleicht komme ich auch hierher noch ein weiteres Mal. Ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs ist das „Sokos Hotel Vaakuna“, ein sehr auffälliger und dominierender Bau auch aufgrund der dunklen Farbe, gebaut 1952 für die Olympischen Spiele. Gegenüber steht der „Lasipalatsi“ (Glaspalast), so benannt wegen der Fensterfront, das Gegenteil vom „Vaakuna“, hell und niedrig, in den 1930iger ursprünglich als Provisorium errichtet, bis heute erhalten und ein Beispiel für den funktionalistischen Stil.



Nun folge ich der Hauptverkehrsstraße aus der Stadt heraus (die auch zu meinem Hotel führt und mir daher bereits bekannt ist), der Mannerheimintie, benannt nach Marschall Mannerheim, unter anderem führte er die finnische Armee im Winterkrieg gegen Russland 1939 bis 1940, den er zwar nicht gewinnen, aber Finnlands Souveränität gegenüber Russland sichern konnte. Schon zuvor war er Marschall während des finnischen Bürgerkriegs auf Seiten der Konservativen gewesen und bestätigte als provisorisches Staatsoberhaupt 1919 die demokratische Verfassung der Republik Finnland, die heute noch gilt. Sein Standbild steht an der nach ihm benannten Straße vor dem Museum für Gegenwartskunst „Kiasma“, das zu den bereits von mir erwähnten vielen von Baustellen (teilweise) verhüllten bedeutenden Gebäuden der Stadt gehört. Es wurde vom amerikanischen Stararchitekten Steven Holl geschaffen und 1998 eingeweiht. Ich schlendere kurz durch den Museumsshop, finde aber nichts Interessantes.


Hinter dem „Kiasma“ befindet sich eine tieferliegende riesige Grünfläche mit dem „Musiikkitalo“ (Musik Haus) einem Konzerthaus von 2011 in dunklen Farben, einer modernen Skulptur davor (sie heißt „Laulupuut“ = Lied-Bäume, ist knapp 13 m hoch, geschaffen von Reijo Hukkanen 2012, zu sehen sind ein Hechtkopf und Klavierdeckel – der Künstler ließ sich vom Lied „Lied eines Hechts“ inspirieren und vom finnischen Nationalinstrument, der Kantele  = griffbrettlose Kastenzither) und der Zentralbibliothek „Oodi“ (= Ode), erst 2018 eröffnet. Sie ist für jedermann zugänglich, neben Büchern gibt es dort Konferenzräume verschiedener Größe, Tonstudios, Computer, Spielkonsolen, sogar Nähmaschinen, viele unterschiedliche Sitzplätze, ein Café und eine Dachterrasse.

Gegenüber auf der anderen Straßenseite der Mannerheimintie steht der finnische Reichstag. Das neoklassizistische Gebäude wurde 1931 eingeweiht.



All die genannten Gebäude kann ich vom Vorplatz der „Oodi“ und von ihrer Dachterrasse, die ich nun besuche, sehen. Leider auch viele eingerüstete Gebäude, vom Vorplatz wird nochmal die Verhüllung des „Kiasma“ deutlich (davor die Glasfassade des Verlagshauses „Helsingin Sanomat“) und vom Dach die Verhüllung der „Finlandia Halle“, die an das „Musiikkitalo“ anschließt und ganz in weiß (Marmor und Granit) 1971/75 eröffnet wurde. Architekt war wie bereits erwähnt Alvar Aalto – wieder bin ich traurig, dass ausgerechnet dieses bedeutsame Gebäude fast bis zur Unkenntlichkeit verhüllt ist (das niedrige dunkle Gebäude davor ist nur ein Provisorium, in dem sich während der Renovierung das Café befindet).



Im Café der „Oodi“ gibt es für mich eine Pistazienschnecke (also Pistazie statt Zimt) und einen Cold Brew (EUR 8,00). Fotos vom schönen, hellen Inneren der Bibliothek kann ich nicht machen, es wuseln zu viele Leute herum, aber vielleicht komme ich auch hier in den nächsten Tagen nochmal her.


Von der Bibliothek gehe ich zurück Richtung „Latsipalatsi“, überquere den Platz vor dem größten Einkaufszentrum Finnlands, dem „Kamppi“ mit der ovalen „Kapelle der Stille“ (aus Holz, auch diese leider geschlossen heute), eingeweiht 2012 und stehe dann auf der Rückseite des „Lasipalatsi“. Die interessanten weißen Knubbel und der weiße Turm gehören zum „Amos Rex“, einem privaten Kunstmuseum.




Den Rest des Tages werde ich auf einer (Halb)insel verbringen. Mit der Tram fahre ich von der Haltestelle „Lasipalatsi“ zur Haltestelle „Tove Janson Park“ (ach ja, Tove Janson, kennt ihr bestimmt, die Erschafferin der Mumin Comics, sie ist in Helsinki geboren und aufgewachsen, ich kannte sie und die Mumin Figuren allerdings nicht, am Lasipalatsi gibt es einen Shop mit allen möglichen Mumin Souvenirs, dort war ich vorhin drin, gut gefallen hätte mir eine kleine, ca. 5 cm hohe Muminfigur aus Holz, aber EUR 10 dafür waren mir dann doch zu viel) auf der Halbinsel Katajanokka.

Erster Besichtigungspunkt ist die Uspenski Kathedrale, die größte russisch-orthodoxe Kirche Nordeuropas. Entstanden ist sie 1868 im altrussischen Stil und das Innere ist mit viel Gold und bunten Verzierungen sehr beeindruckend, aber auch etwas überladen für meinen Geschmack. Wie der Dom steht die Kathedrale auf einem Granithügel, so dass man einen guten Blick über die Häuser hin zum nahen Dom hat.




Gegenüber der Uspenski Kathedrale steht ein weiteres Alvar Aalto Bauwerk, der Hauptsitz des finnisch-schwedischen Forst- und Papierkonzern „Stora Enso“ von 1962. Das Gebäude ist allerdings sehr umstritten, auch ich bin nicht wirklich begeistert, passenderweise wird es das „Zuckerstück“ genannt (weil würfelförmig und weiß). Kurzer Exkurs in die Jetztzeit: im Buch, das ich gerade lese, steht vorne wo die ISBN, der Verlag usw. genannt sind, "Das für dieses Buch verwendete FSC zertifizierte Papier Lux Cream liefert Stora Enso, Finnland". Bis vor meinem Helsinki Urlaub hätte mir das gar nichts gesagt, jetzt musste ich sofort an dieses Gebäude denken.


Nun spaziere ich auf der Nordseite von Katajanokka meist direkt am Wasser entlang. Zunächst geht es an einigen Restaurants vorbei, die sich in ehemaligen Hafenmagazinen befinden. Dann hat man schöne Blicke auf die prächtigen Häuser entlang des östlichen Hafenbereichs.



Nächster interessanter Punkt ist die Flotte der finnischen Eisbrecher, die hier den Sommer verbringen (die hatte ich ja schon von weitem von der gegenüberliegenden „Teerinsel“ gesehen).



Der Weg führt weiter am Wasser entlang mit Blicken erst auf die modernen Wohngebiete nördlich, dann von der Südseite von Katajanokka zum Kirchturm von Suomenlinna (kein Foto).


Ebenfalls an der Südseite der Halbinsel ist ein großes Fährterminal für die Fähren nach Tallin und Stockholm, hier mache ich eine kurze (Toiletten) Pause und möchte eigentlich mit der Tram zurück ins Stadtzentrum fahren. Diese fährt jedoch sehr selten, wohl abgestimmt auf die Fähren, so gehe ich den Rest auch noch zu Fuß bis ich wieder bei der Uspenski Kathedrale anlange.

Dann nehme ich die Tram bis zur Töölö Bucht, von hier aus gehe ich am Wasser entlang, das Nachmittagslicht ist einfach so schön, bis zur Oper und dann durch das Wohngebiet zurück Richtung Hotel, einen kurzen Stopp mache ich wieder am Supermarkt (der auch sonntags geöffnet hat), wo ich mein Abendessen kaufe. Gegen 17.30 Uhr bin ich wieder im Hotel.


Wetter: sonnig, starker Wind, ca. 27° C


LG Christina

Susan

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #35 am: 07. Januar 2023, 21:34:16 »
Ein wenig erstaunt hat mich, dass im Dom die Touristen gebeten wurden wegen des Gottesdienstes zu gehen. Kenn das eher so, dass der zwar angekündigt wird, man aber eingeladen ist zu bleiben (obwohl dann doch die meisten gehen). Das Innere der Kirchen finde ich angenehm schlicht, obwohl mir auch die opulentere Kathedrale gefällt.

Ansonsten hat Helsinki eine interessante Mischung aus alten und neuen Gebäuden. Grün ist ja auch einiges dabei, doch wie du hätte ich hier und da mehr Blumen erwartet; etwa auf dem Platz vorm Reichstag oder zumindest im botanischen Garten.

Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich keine Freundin von Zimtschnecken, da hört sich die Pistazienvariante viel  besser an. ;)
Liebe Grüße
Susan


Ilona

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #36 am: 08. Januar 2023, 10:27:31 »
Zitat
Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich keine Freundin von Zimtschnecken, da hört sich die Pistazienvariante viel  besser an
Da bin ich ganz bei dir, zumindest wenn es um die Schwedischen Zimtschmecken geht. Die saftigen, großen Cinnamon Rolls aus den USA mag ich aber sehr  :sabber:.

Zitat
Mit der Tram fahre ich von der Haltestelle „Lasipalatsi“ zur Haltestelle „Tove Janson Park“ (ach ja, Tove Janson, kennt ihr bestimmt, die Erschafferin der Mumin Comics, sie ist in Helsinki geboren und aufgewachsen, ich kannte sie und die Mumin Figuren allerdings nicht

 :weissnicht: Also ich kannte die nicht und musste erst einmal guugeln :verlegen:, dass es sich dabei um Nilpferdtrolle handelt.
Liebe Grüße

Ilona

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #37 am: 09. Januar 2023, 18:19:38 »
Susan, im Dom waren noch gar keine Gottesdienstbesucher, ich denke, die haben abgeschlossen und später für den Gottesdienst wieder geöffnet. Außer mir war sowieso nur die asiatische Familie, die man auf dem Foto mit dem Sonnenstern auf den Treppen sieht, dort.

Im Botanischen Garten fand ich es merkwürdig, dass so wenig geblüht hat, sonst gab es schon einige Parks mit sehr schönen Blumenbeeten z.B. die Esplanade oder bei der Kirche im Jugendstilviertel. Insgesamt waren es aber tatsächlich relativ wenig Blumen, dafür sehr viel Natur, in die nicht weiters eingegriffen wurde. Liegt vielleicht auch an der kurzen Sommersaison dort, ich hatte glaube ich auch schon erwähnt, dass auf den Balkons der Wohnungen sehr selten Pflanzen zu sehen waren.

Ich mag sowohl Zimtschnecken als auch hier die Pistazienvariante (die ich bisher nicht kannte).

Ilona, da bin ich ja froh, dass es noch andere Leute gibt, die die Mumins nicht kennen, ich kenne die wenigsten Comicfiguren, da mich meine Eltern als Kind selten fernsehen ließen (und später hatte ich keine Lust auf Zeichentrick mehr), Peter kennt das alles und macht sich immer lustig, was mir alles entgangen ist.


LG Christina

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #38 am: 09. Januar 2023, 18:38:18 »
6. Tag – Montag, 04.07.

Beim Frühstück, das es heute wieder ab 7 Uhr gibt, beeile ich mich etwas, denn um halb neun muss ich am Hauptbahnhof sein, es steht ein Tagesausflug «aufs Land» an.

Wie immer bei Städtetrips habe ich bei der Vorbereitung geschaut, welche Möglichkeiten es für Tagesausflüge aus der Stadt raus gibt. Dabei ist mir Hanko/Hangö aufgefallen. Das 9000 Einwohner Städtchen liegt 127 km südwestlich von Helsinki, ist mehrheitlich schwedischsprachig und gilt als die finnische Sommerstadt. Schon zur Zarenzeit und durchgehend bis heute war/ist der Ort ein Seebad, dementsprechend gibt es viele alte Holzvillen aus der Zeit zwischen 1880 und 1940. Es gibt mehrere Sandstrände im Wechsel mit Felsküste, man kann zum südlichsten Punkt Finnlands wandern und einen Schiffsausflug zum Bengtskär Leuchtturm in den Schären vor Hanko machen. Diese beiden Aktivitäten benötigen allerdings einiges an Zeit, scheiden daher bei einem Tagesauflug leider aus. Bei der Touristinfo habe ich verschiedene Informationsbroschüren bestellt und kostenlos zugeschickt bekommen. Alles ist superschön gestaltet und zusammen mit den Fotos und Beschreibungen im Reiseführer und Internet war mir klar, dass ich von diesem Ort begeistert sein würde.


Lange hat mich allerdings zögern lassen, dass obwohl Hanko eigentlich an das Eisenbahnnetz angeschlossen ist, unterwegs ein Wechsel von Bahn zu Schienenersatzverkehr stattfindet (schon seit Jahren) und mit Schienenersatzverkehr habe ich von zuhause und auch einem Ausflug in die Umgebung von Stockholm sehr schlechte Erfahrung gemacht. Oft ist nicht klar, wo genau der Bus als Zugersatz abfährt, oft hat Zug oder Bus Verspätung und es wird nicht gegenseitig gewartet. Da ich Hanko aber unbedingt besuchen möchte, entscheide ich mich dann schließlich das Risiko einzugehen.
Am liebsten hätte ich spontan während meines Helsinki Aufenthalts das Zugticket gebucht, um den Ausflug an einem Tag mit schönem Wetter machen zu können, die Ticketpreise bei der finnischen Bahn steigen jedoch stark an, je näher der Abfahrtstermin kommt. So bin ich dann nochmal ein Risiko eingegangen und habe das Ticket ein paar Wochen vorher gebucht, in der Hoffnung nicht gerade einen Regentag zu erwischen.

Was das Wetter angeht, habe ich auf jeden Fall schon mal Glück gehabt, auch heute scheint wieder die Sonne. Gestern Abend habe ich nochmal im Internet nachgeschaut, hätte ich das Ticket erst gestern gekauft, hätte es das doppelte vom von mir bezahlten Preis, für finnische Verhältnisse günstige EUR 15,80 (Hin- und Rückfahrtkarte), gekostet.

Der Zug fährt pünktlich um 8.36 Uhr am Hauptbahnhof ab, nach einer Stunde Fahrt durch leicht hügelige Landschaft, überwiegend landwirtschaftlich genutzt, erreicht er den Ort Karjaa, hier ist nun der Wechsel auf den Bus nötig. Entgegen meinen Befürchtungen läuft alles problemlos, ein Großteil der Leute aus dem Zug wechselt auf den Bus, so dass ich nur den anderen hinterher gehen muss, außerdem ist der Weg zur Bushaltestelle ausgeschildert.

Sogar zwei Busse warten schon, die aber nicht voll werden, ich habe einen Zweier-Sitz während der Fahrt, die eine Stunde dauert, für mich alleine. Die Landschaft hat sich geändert, wir fahren küstennah (aber ohne Ausblicke aufs Meer) hauptsächlich durch Wald, es erinnert mich sehr an Teile von Westkanada, von der geteerten Hauptstrasse gehen immer wieder geschotterte Strassen in den Wald ab, die ins Nichts zu führen scheinen, am Beginn stehen aber immer ein oder mehrere Briefkästen, irgendwo in der Ferne werden also Wohnhäuser stehen.

Der Bus hält mehrmals, manchmal wartet ein Fahrgast an einer Haltestelle mitten im Nichts, ein größerer Ort ist Ekenäs/Tammisaari mit mehreren Haltestellen.

Gegen 10.30 Uhr erreicht der Bus das Bahnhofsgelände von Hanko, der Endstation. Ca. eine Viertelstunde dauert der Spaziergang von hier ins Zentrum des Örtchens.

Mein erstes Ziel ist die Sandbucht im Zentrum und schon jetzt bin ich begeistert und froh, den Ausflug angetreten zu haben. Es ist einfach herrlich hier, der Strand, die Felsen, die Ruhe und Gelassenheit der Leute, die ersten Holzvillen, die ich hier schon sehen kann.



Nicht weit vom Strand entfernt steht der Wasserturm, eines der Wahrzeichen des Ortes. Er wurde 1943 auf dem höchsten Hügel des Orts errichtet, nachdem der alte Wasserturm 1941 von den sowjetischen Truppen bei ihrem Abzug nach dem «Winterkrieg» zerstört worden war.


Das Schöne am Turm ist, die offene Plattform ganz oben ist für Touristen geöffnet. Ganz klar, dass ich da hinauf möchte. Pünktlich zur Öffnung um 11 Uhr bin ich am Turm. Man tritt in einen Aufzug und fährt nach oben. Dort werde ich von einer sehr netten Dame empfangen, bei der ich den Eintritt von EUR 5 entrichte und die mir dann auch gleich einiges zu Hanko erklärt und zeigt. Die Aussicht ist überwältigend, nicht jeder Blick von einem (Aussichts)turm ist lohnenswert, der hier aber definitiv. Weder Glas noch Gitter stören den 360° Blick, auch einige kostenlos nutzbare Ferngläser sind installiert (damit kann ich in der Ferne mehrere Leuchttürme sehen). Die Führerin gibt mir noch einige Tipps zum Mittagessen und ein Spazierziel für den Nachmittag, dann kommen andere Gäste, denen sie sich zuwendet und ich kann den Blick nochmal in Ruhe genießen.





Wieder am Boden gehe ich durch den Ort in Richtung Hafen und der dortigen Felsbucht.




Wie von der Dame vom Wasserturm empfohlen, gibt es rund um den Hafen eine Vielzahl von Restaurants, ich entscheide mich für das «Stranden», das einen «Lunch» anbietet. Draußen sind alle Schattenplätze belegt, aber im Innenraum, der hier ausnahmsweise mal klimatisiert ist, ist noch genug Platz. Der «Lunch» stellt sich als All-you-can-Eat Buffet heraus, inklusive Wasser, Säfte und Kaffee kostet das ganze nur erstaunliche EUR 15. Wunderbar, heute kann ich mich mittags mal satt essen, es gibt verschiedene Salate, Brot, Hühnchen in Mango Soße, panierter Fisch, Kartoffeln und Reis als Beilagen, alles sehr lecker. Sogar eine Mousse-au-Chocolat steht als Nachtisch bereit, darauf verzichtete ich allerdings, ich möchte ja später sicherlich wieder eine Kuchenpause machen.

Nach dem Essen setze ich meinen Orts- und Küstenspaziergang fort. Vorbei an einigen alten Villen und immer wieder Blicken aufs Wasser erreiche ich das Hanko Casino, ein Jugendstil Gebäude aus dem Jahr 1910. Davor sind noch die ziemlich vertrockneten Reste des Mittsommerfestes zu sehen.





Zwischen der Sandbucht vor dem Casino und der darauffolgenden Bucht erstreckt sich eine felsige Landzunge, über die ein Wanderweg bzw. eher Spazierweg, genannt «Liebespfad» führt. Wie ist das schön hier! Es geht über Granitfelsen, durch lichten Pinienwald, mal auf Holzstegen, mal muss man den Weg über die Felsen ein bisschen suchen, Aussicht übers glitzernde Wasser gibt es fast immer. Und es ist wunderbar ruhig hier, nur wenige andere Leute nutzen diesen Weg. Zwischendrin setze ich mich auf einen Felsen und genieße eine ganze Zeit lang den Aus- und Anblick.








Am Ende des Pfads geht es noch ein ebenes Stückchen durch Wald, bis ich den nächsten Strand erreiche.


Und an diesem Strand ist wohl das Zentrum der Badeurlauber. Im Wasser ist eine riesige Hüpfburg mit Rutschen, Trampolins usw. verankert, von so etwas habe ich als Kind nicht mal geträumt, damals war man schon mit einer einzigen großen Rutsche zufrieden. Im Wald hinter dem Strand gibt es einen Spielplatz, mehrere Tennisplätze (auf Stelzen, umgeben von Glaswänden), Minigolf und ein Kiosk/Restaurant. Dementsprechend knubbeln sich hier auch recht viele Urlauber, dennoch bin ich positiv erstaunt, dass es im Vergleich z.B. zur deutschen Ostsee (die ich ja 2018 von Hamburg aus unter gleichen Bedingungen erlebt habe – Hauptsaison, bestes Wetter, unter der Woche) nicht überfüllt ist. Auch Parkplätze sind noch frei.

Ich gehe weiter, an der Straße parallel zum Wasser stehen auch hier wieder einige wunderschöne Villen.




An die «Hüpfburg» Sandbucht schließt sich eine weitere an, wesentlicher länger, der Sand ist fast bis zum Wasser von Gras bewachsen. Ein Fuß-und Fahrradweg läuft parallel zum Wasser unter zumindest ein bisschen schattenspendenden Bäumen, dahinter stehen wieder einige alte Villen, da fange ich doch das Träumen an, in so einer Villa eine Woche verbringen, morgens schon eine erste Runde im Meer schwimmen, durch Hanko bummeln, dann auf der Terrasse vor dem Haus Kaffee trinken, nochmal Schwimmen. Ach ja, dabei weiß ich doch genau, dass ich das nicht mal einen einzigen Tag aushalten würde und den ganzen Tag unterwegs wäre.



Auf der kleinen Landzunge am Ende dieser Sandbucht steht ein hübsches altes Holzhaus, in dem sich ein Restaurant/Café befindet. Dieses besteht schon sehr lange und ist ziemlich bekannt, 1927, zur Zeit des absoluten Alkoholverbots in Finnland, kaufte Marschall Mannerheim (dessen Statue ich gestern in Helsinki vor dem Kiasma angeschaut habe), der in Hanko ein Ferienhaus hatte, das Café und nannte es «Neljän Tuulen Tupa» (= "Haus der Vier Winde"). Mit dem Alkoholverbot nahm man es nicht so genau.

Leider habe ich vom Café kein Foto gemacht, nur vom ebenso hübschen Holzhaus auf der benachbarten Landzunge und von der nächsten Sandbucht.



Ich finde auf der Terrasse gerade noch ein Einzelplätzchen im Schatten (drinnen ist es zwar wieder sehr nett eingerichtet, aber mal wieder viel zu warm) mit direktem Blick aufs Meer, aus der Eistruhe suche ich mir ein vermeintliches Vanille-Schokoeis in der Waffel (ähnlich wie Cornetto) aus, dieses entpuppt sich aber als Vanille-Lakritzeis. Schmeckt aber gar nicht mal schlecht, obwohl ich kein Lakritzfan bin (EUR 7,50 zusammen mit einem Wasser).

Nach der Eispause mache ich mich auf den Rückweg Richtung Zentrum von Hanko. Die Granitfelsen lohnen einen Blick von nahem, erstaunlich, was darauf so alles wächst. Ich umrunde den Jachthafen, das halbrunde Gebäude des Segelvereins stammt aus dem Jahr 1938.



In einem ehemaligen Lagerhaus am Hafen sind Dekogeschäfte und ein Café eingerichtet, ich stöbere ein bisschen durch die z.T. recht hübschen Sachen und mache dann nochmal eine Pause bei einem Cappuccino und einem Rhabarberblätterteiggebäck.

Dann muss ich mich so langsam auf den Weg zurück zum Bahnhof machen. In der Fußgängerzone schaue ich noch in einige Geschäfte hinein, kaufe aber nur im Supermarkt was, ein Sandwich fürs Abendessen später auf der Rückfahrt.

Um 17.20 Uhr fährt der Bus pünktlich in Hanko ab. Unterwegs hält er wesentlich öfter als auf dem Hinweg und wird richtig voll, viele haben nun Feierabend und fahren mit dem Bus nach Hause. In Karjaa hat der Zug nach Helsinki etwas Verspätung. Auf der Zugfahrt denke ich nochmal über den schönen Tag nach, ich bin wirklich froh, dass ich diesen Ausflug gemacht habe und sollte ich mal eine Mietautorunde durch Südfinnland drehen, wird Hanko für mindestens zwei Nächte ein Ziel sein.

In Helsinki wechsle ich dann vom Zug in die Tram und bin nach einem kurzen Supermarktstopp gegen 19.45 Uhr wieder in meiner Unterkunft.

Wetter: sonnig, gegen Nachmittag Schleierwolken, ca. 28°C


LG Christina

Silv

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #39 am: 10. Januar 2023, 13:34:30 »
Ich war und bin zwar immer noch eine "Fernsehnase", aber diese Nilpferd Comics kenne ich auch nicht... :weissnicht:

Also den 6. Tag wäre ich komplett mit dir mitgegangen. Hat mir ausgesprochen gut gefallen. Lakritzeis hatte ich in Schweden/Norwegen ja auch 2 mal (und noch weitere Lakritzsüßigkeiten, die es bei uns nicht gibt  ^-^) - das könnte es auch bei uns geben. Was mir allerdings heute fehlt ist ein Foto vom Rhabarberblätterteiggebäck  ;)
Liebe Grüße
Silvia

Christina

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #40 am: 10. Januar 2023, 17:57:21 »
Ich war und bin zwar immer noch eine "Fernsehnase", aber diese Nilpferd Comics kenne ich auch nicht... :weissnicht:

Also den 6. Tag wäre ich komplett mit dir mitgegangen. Hat mir ausgesprochen gut gefallen. Lakritzeis hatte ich in Schweden/Norwegen ja auch 2 mal (und noch weitere Lakritzsüßigkeiten, die es bei uns nicht gibt  ^-^) - das könnte es auch bei uns geben. Was mir allerdings heute fehlt ist ein Foto vom Rhabarberblätterteiggebäck  ;)

Dann scheinen die Mumins hier doch nicht so bekannt zu sein, ich meine ich hätte sie erst kürzlich in der TV Zeitschrift in irgendeinem Kinderprogramm gesehen.

Ich bin kein so großer Lakritzfan, so im Eis war es o.k., ich hatte Peter dann noch verschiedene Lakritzsachen mitgebracht, da er das total mag und da waren so Lakritzstücke pur und intensiv dabei, da hab ich nur ein Stück probiert - mehr hättte ich nicht runter gebracht, selbst Peter fand das etwas zu heftig.

Foto vom Mittagessen hab ich nicht gemacht, weil so selbst auf den Teller geschöpft, sah es nicht so toll aus und das Blätterteigteil habe ich dann völlig vergessen zu fotografieren ;D.


LG Christina

Paula

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #41 am: 10. Januar 2023, 19:52:49 »
Hallo Christina,

Ich hatte in letzter Zeit privaten Stress und daher keinen Nerv für Reiseberichte aber nun hat sich die Lage entspannt und ich bin hinterhergereist  :)
Ich muss gestehen dass ich von Finland oder Helsinki gar nichts weiß, aber ich habe als Kind die Mumins Bücher geliebt!
Dass es so warm war überrascht mich jetzt wirklich, ich hätte eher Angst gehabt dass es zu kühl ist, wenn ich im Sommer in Urlaub fahre will ich auch Sommerwetter. Das es dann drinnen sogar zu warm ist…ist das jetzt der Klimawandel oder war es dort im Sommer schon immer so?

Helsinki sieht sehr gepflegt aus, irgendwie sehr wohlhabend- so kommt es bei mir rüber. Die Strecken die du jeden Tag zurück legst wären mir aber glaube ich zuviel, notierst du dir wieviel Kilometer du gehst?
Die Kleinstadt heute mit den Holzvillen ist ja wirklich eine Sehenswürdigkeit, wie ist es denn dort am Land, in der Stadt würde ich ja erwarten dass englisch gesprochen wird, war das am Land auch so? Besonders gut hat mir der Wanderweg über Granit gefallen, in den Wassertümpeln hätte ich nach Urzeitkrebschen gesucht, das hat mich sehr an den Südwesten der USA erinnert.

Schade dass so viele Gebäude die du anschauen wolltest im Renovieren begriffen waren, sowas ist wirklich ärgerlich  >:( insgesamt ist es aber architektonisch sehr interessant, das hätte ich definitiv nicht erwartet, ich hätte mir eine etwas öde eher osteuropäisch aussehende Stadt erwartet. Ich bin gespannt wie es weitergeht!
Viele Grüße Paula

Ilona

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #42 am: 11. Januar 2023, 13:31:54 »
Ich habe mal eine Karte spendiert, damit wir nachvollziehen können :zwinker:, wo du dich an dem Tag herumgetrieben hast .



Dort aufm Land gefällt es mir besser und ich bin froh, dass du dich mittags endlich mal sattessen konntest.

Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Christina

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #43 am: 11. Januar 2023, 18:24:09 »
Ilona, vielen Dank für die Karte (da müsste ich noch schauen, wie man die hier einfügt).

Paula, schön, dass du noch nachgelesen hast und gut, dass es sich bei dir entspannt hat. Was das Wetter angeht, denke ich, dass die ziemlich hohen Temperaturen am Klimawandel liegen, aber der Süden Finnlands ist "schon immer" die sonnigste und wärmste Ecke in Skandinavien gewesen, habe ich irgendwann bei der Reisevorbereitung gelesen. Susan und Silvia waren ja (fast) zeitgleich in Schweden und Norwegen unterwegs, hatten aber nicht das durchgängig schöne Wetter wie ich in Helsinki.

Du hast jetzt natürlich nur meine Fotos gesehen, mein Eindruck von der "Modernität" war eher andersherum als deiner, vielleicht auch wegen der unterschiedlichen Erwartungen. Ich hatte Finnland als super modernes Land, so von wegen Nokia und Digitalisierung eingeordnet und überhaupt nicht mit etwas "osteuropäischem" gerechnet. Im Vergleich mit Stockholm und Kopenhagen hat es aber tatsächlich viele sehr nicht moderne Ecken. Viele der Mehrfamilienhäuser auch nahe am Zentrum hatten diese graue Farbe, wie ich sie aus der ehemaligen DDR kenne, da wurde sicherlich seit Ewigkeiten nicht mehr frisch gestrichen, die Fenster waren erkennbar ebenfalls sehr alt. Der Supermarkt in Hanko war auch schon seit langem nicht mehr modernisiert worden und auch die kleinen Geschäfte in Hanko und einem weiteren Ort (von dem ich noch schreiben werde) waren eher einfach und "altmodisch". Sehr sauber war es aber tatsächlich überall, Bettler oder Obdachlose habe ich so gut wie gar keine gesehen.

Ich hab nur am ersten (vollen) Tag meine gelaufenen Kilometer aufgezeichnet, da waren es ca. 20 km und am Tag an dem ich bei der Aalto University war (ca. 17 km). Da ich ja den ganzen Tag unterwegs bin und viele Pausen dazwischen sind, war es mir eigentlich nie zuviel.

Englisch wurde überall bestens gesprochen, auch bei meinen "Landausflügen", Speisekarten waren immer (bis auf das Café bei der Villa Tamminiemi) auch auf Englisch, Fahrkartenautomaten konnte man immer auf Englisch umstellen, also völlig problemlos.


LG Christina

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Re: Tervetuloa Helsinkiin! - Sommer 2022
« Antwort #44 am: 11. Januar 2023, 18:42:12 »
7. Tag – Dienstag, 05.07.

Schon beim Aufstehen merke ich, dass die Temperaturen etwas niedriger sind, als an den letzten Tagen um diese Zeit und der Blick auf die Wettervorhersage bestätigt das, ab heute soll es ein paar Grad weniger und ein paar Wolken mehr als bisher haben. Da bin ich froh drüber, mir war es an den vergangenen Tagen doch immer ein bisschen zu warm.

Nach dem üblichen Frühstück und Tramfahrt ins Stadtzentrum stehen zunächst ein paar «Nachholer» von meiner Zentrumsbesichtigung am Sonntag auf dem Plan.

Als erstes gehe ich zur Kapelle der Stille gleich hinter der Haltestelle am Lasipalatsi. Diese war am Sonntag außerplanmässig geschlossen, heute ist sie planmässig geschlossen, sie öffnet nämlich erst um 10 Uhr, na gut, dass soll wohl nicht sein in diesem Urlaub. Nächster Stopp sind die «Drei Schmiede», am Sonntag saßen rund um die Skulptur einige Leute, heute kann ich sie in Ruhe von allen Seiten fotografieren.


Dann gehe ich zur neuen Unibibliothek, die am Sonntag geschlossen war. Bis ich den Eingang finde, lege ich einige Meter unnötig zurück, der Anblick ist die Mühe aber absolut wert. Wie ein Raunschiff scheint das ovale Treppenhaus über der Eingangshalle zu schweben, sehr beeindruckend. Und von solch gemütlichen Sitzplätzen am großen Fenster konnte man zu meinen Unizeiten nur träumen.




Nicht weit von der neuen Unibibliothek entfernt ist der Dom, dort konnte ich wegen des Gottesdienstes am Sonntag nur kurz hineinschauen. So prachtvoll der Dom von außen ist, so schlicht ist er im Inneren. Er wirkt schön hell mit den hellblauen Wänden/Decke und «aufgeräumt», ich mag das.


Und nochmal eine Bibliothek schaue ich mir an, jetzt die Finnische Nationalbibliothek, auch am Senatsplatz gelegen. Diese ist ebenfalls sehr beeindruckend, allerdings das genaue Gegenteil der modernen neuen Unibibliothek. Die Nationalbibliothek wurde 1844 gebaut und ähnelt im inneren eher einer Kirche als einer Bibliothek. Wunderschön! Leider bleibt mein Besuch auf den ersten Raum und immerhin den Blick in die Kuppel begrenzt, wenn man weitergehen möchte, muss man Taschen/Rucksäcke am Eingang ablegen, leider gibt es keine Schließfächer, sondern alles liegt auf dem Boden, zwar hat der «Portier» am Eingang einen Blick darauf, er ist aber nicht durchgehend da und er weiß auch gar nicht, wem welche Tasche gehört. In Helsinki gibt es zwar kaum Taschendiebstahl und die Einwohner sind diesbezüglich auch völlig entspannt, wie ich schon z.B. an den Badestränden sehen konnte, mir ist das aber trotzdem zu riskant. So wichtig sind die weiteren Innenräume der Bibliothek dann auch nicht.



Auch der Zutritt zum an die Bibliothek angrenzenden Hauptgebäude der Universität ist mir nicht möglich, hier sind es Bauarbeiten, die eine Besichtigung unmöglich machen.

Die «Nachholer» habe ich für heute abgehakt, nun gibt es was Neues. Am großen Platz vor der Bibliothek Oodi und dem Kiasma beginnt die «Baana», eine ehemalige Bahntrasse, die für Fahrradfahrer und Fußgänger meist unterhalb des allgemeinen Strassenniveaus bis nach Ruoholahti führt. Unterwegs gibt es einige Graffitis anzuschauen, es gibt Bereiche mit Bänken und einen Helsinki Schriftzug, gedacht als Sitzmöglichkeit, deshalb liegend, ich finde nur eine Möglichkeit ihn von oben anzuschauen, dort stört ein Geländer den Blick.






Vom Ende der Baana fahre ich mit der Tram zurück ins Zentrum. Am schönen Platz beim Schwedischen Theater


beginnt der Designdistrikt. Hier gibt es viele kleine Geschäfte mit Mode und Dekogegenständen (daher Designdistrikt), Bars und Restaurants, alles etwas kleiner als im Stadtzentrum zwischen Esplanade und Hauptbahnhof. Auch das Designmuseum und das Museum für finnische Architektur sind in diesem Viertel, beide würden mich eigentlich interessieren, aber das Wetter ist einfach zu schön für intensive Museumsbesuche. Ich komme an der Johanneskirche vorbei und sehe einige schöne Jugendstilgebäude. (Ich weiß gar nicht, warum ich in diesem Viertel kaum Fotos gemacht habe, es gab einige sehr hübsch und aufwändig gestaltete Plätze und Fußgängerzonen, aber irgendwas hat mich immer gestört und vom Foto machen abgehalten.)




Zurück im Zentrum bummle ich durch einige Abteilungen des großen Kaufhauses Stockmann, finde aber nichts Kaufenswertes.

Zum Mittagessen suche ich mir «Robert’s Coffee Jugend» aus, eine Filiale der «Robert’s Coffee» Kette, die sich in der Straße parallel zur Esplanade in einem Haus von 1816 befindet und eine der wenigen Möglichkeiten in Helsinki bietet, eine Jugendstilräumlichkeit von innen zu sehen. Das heutige Lunchgericht ist ein großer Salat mit Hähnchenfleisch, mit wie immer leckerem dunklem Brot so viel man will und Wasser (aber das gibt’s eigentlich immer kostenlos) für EUR 11,90. Die Räumlichkeit ist wunderschön mit der gewölbten Decke, den Säulen und der Malerei, dazu moderne Möbel. Zum Fotografieren leider etwas zu dunkel und ich möchte auch keine anderen Gäste auf den Fotos.



Der Nachmittag wird eine Kombination aus (nochmal) Design und Natur. Mit der Tram fahre ich Richtung Norden in den erst in den 2000er Jahren gegründeten Stadtteil Arabianranta. In der ehemaligen Arabia Manufaktur (die sich hier natürlich lange vor dem Bau des Wohngebiets befand) ist heute ein Outlet für verschiedene finnische Designer und ein Museum mit Arabia und Iittala Produkten eingerichtet. Ich kannte die Marken Arabia und Iittala bisher nicht, das sind beides traditionsreiche finnische Designmarken, Arabia stellt seit 1873 Porzellan her (unter anderem Sammeltassen mit Mumin Motiven), Iittala seit 1881 Glaswaren.


Ich schaue mich zunächst im kostenlosen Museum um, dort bin ich der einzige Besucher, die Ausstellungsstücke werden etwas lieblos auf Tischen und Regalen bzw. Vitrinen präsentiert, sehr interessant ist es trotzdem, es werden bekannte Porzellan- und Glaswaren aus jeder Designepoche seit der Gründung von Arabia und Iittala bis heute gezeigt. Ikea hat wohl einige der Designvorlagen übernommen ;D, ich erkenne große Ähnlichkeiten z.B. zum Kerzenhalter aus Glas für Teelichter, den es bei Ikea in verschiedenen Farben seit Jahren gibt (vier davon haben in grün den Weg in unser Wohnzimmer gefunden). Wie so häufig in Innenräumen in Helsinki an diesen Tagen ist es aber auch hier sehr warm, so dass ich nicht allzu lange verweilen kann.

In den Outlet Verkaufsräumen im Erdgeschoß ist es deutlich kühler (und deutlich voller) und ich bummle recht intensiv durch die Räume von Arabia/Iittala und Finlayson. Einige (wenige) der Trinkgläser von Iittala würden wunderbar an unseren Esstisch passen, auch preislich gut leistbar, allerdings habe ich Sorge, dass Glas die Rückreise egal ob im Hand- oder Aufgabegepäck nicht übersteht und verzichte auf den Kauf. Die meisten Stücke würden allerdings sowieso nicht zu unserem Einrichtungsstil passen und wären mir trotz Outletpreisen auch viel zu teuer. Wenn ich ein Trinkglas für 30 EUR (oder mehr) in der Hand habe, fällt mir das alleine schon deshalb auf den Boden ;D.

Bei Finlayson bin ich aber dafür erfolgreich. Auch Finlayson ist eine traditionelle finnische Marke und zwar für Heimtextilien. Es gibt herrlich bunte, moderne Bettwäsche, leider entsprechen die Maße nicht den deutschen, aber ich finde zwei Paar Topfhandschuhe und einen Tischläufer.

Das Café im Gebäude hat leider geschlossen und im umliegenden Wohngebiet finde ich keins, daher mache ich eine Pause auf einer Bank mit einem Müsliriegel. Wieder mal sitze ich mit Blick aufs Wasser, denn auch dieses Stadtviertel liegt direkt am Wasser und hat entlang der Bucht eine schön angelegte Grünfläche mit Fußgänger- und Fahrradweg und Bänken.



Nach der Pause spaziere ich weiter und erreiche durch ein Wäldchen eine Fußgänger- und Fahrradbrücke, die zur Insel Lammassaari führt. Die Insel ist ein Naturschutzgebiet, es gibt einen bewaldeten Teil mit Spazierwegen und sumpfige Gebiete, die nur auf Holzbohlenwegen begangen werden können. Mittels der Holzbohlenwege kann man auch das felsige Ende der Insel erreichen.



Am Beginn der Spazierwege steht ein Eiswagen, hier nehme ich mir eine Kugel Karamelleis in der Waffel (EUR 3,80) mit auf den Weg.

Dann folgt ein wunderbar abwechslungsreicher Spaziergang durch lichten Wald mit den typisch nordischen Birken, einem sehr gut begehbaren Bohlenweg und einem recht schwierig zu begehenden zweiten Bohlenweg, die Holzplanken sind hier sehr wackelig und bei Gegenverkehr ist ein Ausweichen schwierig, Granitfelsen, die für Finnland typischen kleinen Ferienhäuser aus Holz (Mökki, die hier sind allerdings sehr «basic», wenn ich es richtig einschätze, ohne Strom- und Wasseranschluß, dafür sicherlich mit Sauna in unmittelbarer Nähe zum Haus) und immer wieder Blicke in die «Zivilsation».







Während meiner «Inseltour» nimmt der Wind immer mehr zu und ich bin froh, als ich auf dem Rückweg die Bohlenwege hinter mir habe, vor allem den schwankenden. Auf dem Weg zurück zur Tramhaltestelle in Arabianranta nimmt der Wind plötzlich Sturmstärke an, die Sonne verschwindet, wegen des durch die Luft wirbelnden Sandes von den Wegen im Grüngürtel entlang der Bucht, packe ich meine Kamera schnell ein und gehe bei erster Gelegenheit weg von Wasser und Sand in die Wohnsiedlung. Das war eine sehr gute Idee, denn kurz darauf beginnt es zu schütten, ich kann mich gerade noch rechtzeitig unter ein Vordach stellen. Zum Glück hält der Regen nicht lange an, während ich warte, kann ich endlich die bereits erwähnten «Schuhbürsten» fotografieren, die in Helsinki vor jedem Mehrfamilienhaus stehen.


Schon wieder bei Sonnenschein gehe ich zur nächsten Tramhaltestelle Richtung Zentrum.

Dort gehe ich noch in die «Akademische Buchhandlung», sie ist eine der größten Buchhandlungen Europas und wurde vollständig von Alvar Aalto entworfen, Eröffnung war 1969. Es gibt auch eine Abteilung mit englischsprachigen Büchern, die Bücher sind aber (was ja eigentlich zu erwarten war) ein paar Euro teurer als in Deutschland, so dass ich auf einen Kauf verzichte. Es gibt auch ein Café in der Buchhandlung, das entpuppt sich jedoch eher als Restaurant mit Bedienung, so dass ich den Starbucks, ebenfalls in der Buchhandlung, bevorzuge. Hier trinke ich noch meinen bislang ausgefallenen Kaffee (Iced Cappuccino) und esse einen der leckeren, großen Softcookies dazu (EUR 8,30).

Dann nehme ich die Tram in Richtung Hotel, noch ein kurzer Supermarkteinkauf und gegen 18.30 Uhr bin zurück in meiner Unterkunft.

Wetter: sonnig, nachmittags mehr Wolken, kurzer Gewitterschauer, ca. 22°C


LG Christina