14. Tag – Montag, 19.06.Leider ist heute mein letzter voller Urlaubstag, der auch noch, wegen eines extrem frühen Rückflugs morgen, zu einigen „Abschlussarbeiten“ herhalten muss.
Zunächst bin ich aber noch im Urlaubsmodus, nach Abwasch, Müll rausbringen und Schlüssel in die Rückgabebox werfen (die Rezeption hat um diese Uhrzeit noch nicht geöffnet), fahre ich gegen 8.15 Uhr los.
Mein erster Stopp ist nicht weit entfernt, nach nur einer Stunde Fahrt (66 km) erreiche ich eine zweite „Nationallandschaft“ in diesem Urlaub (nach dem Koli Nationalpark). Der Höhenzug Punkaharju ist eine schmale „Landzunge“ im Saimaa See, tatsächlich besteht das „Land“ aus Schutt, das von eiszeitlichen Schmelzflüssen mitgeführt wurde und sich hier abgelagert hat. „Punkaharju“s gibt es mehrere in Finnland, an einem weiteren war ich von Mänttä aus im Päijänne Nationalpark. Dieser hier ist aber der wichtigste, bereits im 19. Jh. haben sich Künstler davon inspirieren lassen, unter anderem zur finnischen Nationalhymne. Der zu dieser Zeit hier noch das Sagen habende russische Zar Nikolaus I. ernannte den Höhenrücken zum „Park der Krone“ und damit zum ersten Naturpark Finnlands.
Einige Wanderungen wären möglich, ich muss mich aus zeitlichen Gründen auf ein paar Stopps und einen kurzen Spaziergang beschränken. Neben schönen Seeblicken aus verschiedenen Perspektiven und natürlich viel Wald gibt es an mehreren Stellen Bademöglichkeiten.
Nicht weit vom Punkaharju entfernt mündet die Landstraße 14, auf der ich heute bisher unterwegs war, in die Schnellstraße 6, die entlang der russischen Grenze in Richtung Südwesten führt. So nahe an Russland wie bei meinem nächsten Halt, ungefähr eine dreiviertel Stunde Fahrt ab dem Punkaharju, war ich in diesem Urlaub (und überhaupt in meinem Leben) noch nie. Grund für meinen Halt ist der Parikkalan Patsaspuisto, ein Skulpturenpark beim Ort Parikkala. Am Parkplatz (kostenlos) fällt einem als erstes ein mehrsprachiges Schild ins Auge, das darauf hinweist, dass man sich hier in der Nähe der sog. Grenzzone, die ohne Genehmigung nicht betreten werden darf, befindet – ein ziemlich beklemmendes Gefühl besonders in der aktuellen Situation.
Der Skulpturenpark zeigt die teilweise recht skurrile Seite der Finnen. Veijo Rönkkönen (1944-2010) hat den größten Teil seines Lebens damit verbracht, in seinem Garten eine unendliche Zahl von Figuren herzustellen und sie auch dort aufzustellen. Neben seiner Arbeit in einer nahegelegenen Papierfabrik schuf er aus Beton, den er in dünnen Schichten auf Holzunterkonstruktionen auftrug, Skulpturen, die Menschen unterschiedlicher Herkunft bei unterschiedlichen Tätigkeiten zeigen. Einen großen Teil der Figuren schuf der Künstler nach seinem eigenen Abbild und bei Ausübung eines weiteren Hobbies von ihm, Yoga.
Noch bis vor wenigen Jahren war der Eintritt in den Park kostenlos, lediglich um eine Spende wurde gebeten, nun kostet der Eintritt EUR 5,00, zu entrichten in bar mittels Einwurfs in eine Kasse am Eingang (kontrolliert wird allerdings nicht). Im Park wird in der ehemaligen Werkstatt Rönkkönens ein Film mit Interviews des Künstlers gezeigt, leider nur auf Finnisch. Viele der Figuren sind im Laufe der Zeit mit Moss überwachsen und zerfallen nach und nach, was auch der Wunsch von Veijo Rönkkönen war. Ein Teil der Skulpturen wird erhalten bzw. restauriert, ist sicherlich interessant in vielleicht zehn Jahren mal übers Internet zu schauen, ob es den Skulpturenpark dann noch gibt.
Als dritten Besichtigungsstopp heute habe ich mir die Stadt Lappeenranta ausgesucht. Sie liegt an der Schnellstraße 6, der ich also weiterhin folge. Nicht weit vor Laapeenranta biegt die Straße 13 ab, mit dem Verkehrshinweisschild „St. Petersburg“, noch vor wenigen Jahren wäre ein solcher Abstecher tatsächlich eine Überlegung gewesen.
Ebenfalls nicht weit vor Lapeenranta komme ich an einem großen Rastplatz vorbei, an dem mich zum einen das Schild „Autopesu“ anspricht, zum anderen der Hinweis auf Essensmöglichkeiten. Eigentlich wollte ich in Lapeenranta zu Mittag essen, nun ist es aber bereits 12 Uhr, bis ich in der Stadt geparkt und ein passendes Restaurant gefunden habe, wird noch einiges an Zeit vergehen, was meiner Laune nicht unbedingt zuträglich sein wird und vor allem die Gefahr einer Migräne erhöht.
Hier gibt es einen Burger King und – viel besser – ein Restaurant mit Lunch Buffet. Für EUR 11,90 gibt es Fisch, Frikadellen, Gemüse, Nudeln, Kartoffeln, Salate, Brot, Wasser, Saft, Kaffee so viel man will.
Während des Essens entscheide ich, bereits hier eine Autowäsche zu machen. Ich habe mir in den letzten Tagen immer mal wieder überlegt, ob ich das Auto überhaupt wasche, schließlich ist es nicht dreckiger/staubiger als jedes andere Auto, das in ländlichen finnischen Gegenden unterwegs ist. Andererseits ist es natürlich tatsächlich sehr staubig und da man in den letzten Jahren häufig von nachberechneten Kosten der Autovermieter wegen Reinigung hört, möchte ich diesbezüglich nichts riskieren (auch wenn im Vertrag und den AGB nur die Sauberkeit des Autoinneren angesprochen wird). An der Waschanlage hier geht es sicherlich wesentlich ruhiger zu als irgendwo bei Helsinki und auf dem Weg dorthin wird das Auto wohl nicht mehr dreckig, es soll nicht Regnen und eine unbefestigte Straße liegt auch nicht mehr auf meinem Weg.
Nach dem Essen gehe ich also nochmals zur Kasse und frage wegen der Autowäsche. Es gibt natürlich verschiedene Programme, die nur auf Finnisch erklärt sind. Die Dame an der Kasse reicht mir noch eine Version auf Russisch, damit kann ich auch nichts anfangen. Sie fängt dann auf Englisch an, mir ein bisschen was zu erklären, als ich die Preise sehe, kann ich ihre Mühe aber gleich wieder beenden, denn es wird auf jeden Fall das günstigste Programm, denn dieses kostet bereits EUR 19,90, das steigt dann an bis zum teuersten für EUR 99,00
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Die Waschanlage funktioniert dann zum Glück genauso wie die, die ich aus Deutschland kenne. Im Anschluss mache ich mit dem Stapel dicker Papiertücher, die ich beim Bezahlen erhalten habe, noch den Innenbereich der Türrahmen und des Kofferraums sauber, der Staub ist doch überall reingekrochen.
So, diese Aufgabe ist schon mal abgehakt, nun fahre ich in die 73.000 Einwohner Stadt Lappeenranta zum vorher ausgesuchten Parkplatz am Hafen (kostenlos). Die Stadt liegt am südlichen Ausläufer des Saimaa Sees, also des Sees an dem auch meine vorherige Unterkunft, das Oravi Village lag - ein riesiger See.
Am Hafen findet gerade eine Kirmes mit Fahrgeschäften statt, dazu gehört auch ein Sandburgenfestival. Der Eintritt ist kostenlos, so schlendere ich kurz durch und nutze die dortigen Toiletten.
Nicht weit entfernt ist das ehemalige russische Festungsviertel auf einer Halbinsel. In den ehemaligen Kasernen befinden sich heute Museen, Wohnungen, Cafés und Handwerksstätten, vom umgebenden Wall hat man einen schönen Blick auf den See und Hafen. Auch eine Orthodoxe Kirche steht auf dem Gelände, und zwar die älteste in Finnland (von 1785), sie ist leider geschlossen.
Für Museen bleibt heute keine Zeit, außerdem ist das Wetter viel zu schön dafür, daher geht es vom Festungsviertel gleich weiter in die Innenstadt. Diese ähnelt denen von Jyväskylä und Kuopio sehr, eine sehr breite und frisch renovierte Fußgängerzone mit ein paar historischen Häusern, vielen moderneren Gebäuden aus unterschiedlichen Baujahren, einer Kirche im Park und einem Hafen mit einigen historischen Schiffen, die als Restaurants und für Ausflüge genutzt werden.
Zwei Besonderheiten gibt es hier, zum einen fallen einige Luxusmarkengeschäfte auf, die ganz klar russische Urlauber als Kunden angesprochen haben (wie lange diese Geschäfte sich bei fortdauerndem Krieg noch halten können?) und der Innenraum der Kirche von Lappee. Ein junges Mädel steht dort für Fragen der Besucher bereit, schenkt Kaffee oder Wasser aus (eine Toilette gibt es auch) und gibt mir eine Broschüre auf Deutsch mit. Die Kirche wurde 1794 aus Holz errichtet, ist eine von vielen dieses Architekturtyps in diesem Teil von Finnland (Karelien), aber die einzig bis heute erhaltene. Alle anderen sind abgebrannt oder wurden sonst wie zerstört. Der Glockenturm steht etwas entfernt von der Kirche auf einer Anhöhe im Park.
Zum Abschluss der Stadtbesichtigung gehe ich nochmal ins Festungsviertel, hier habe ich vorhin ein nettes Café in einem alten Holzhaus gesehen. Kaffee und Käsekuchen (EUR 8,80) schmecken im Wohnzimmer Ambiente sehr gut.
Gegen 15.30 Uhr mache ich mich auf die letzte Etappe, weiterhin auf der Schnellstraße 6 (später dann auf der Autobahn 7) geht es in Richtung Helsinki. Die Straße hat über eine längere Strecke eine interessante „Funktion“, die ich vorher noch nie gesehen und durch beobachten der anderen Autos festgestellt habe, ein Verkehrsschild dazu gibt es nicht: es gibt je Richtung eigentlich nur eine Spur, diese ist aber anderthalbmal so breit wie eine übliche Fahrspur. Daher kann man trotz Gegenverkehr überholen, aber nur dann, wenn nicht auch auf der Gegenspur überholt wird.
Ziemlich nervig ist dagegen die fehlende bzw. nicht einheitliche und teils nicht korrekte Beschilderung der Einrichtungen der Park- bzw. Rastplätze entlang der Strecke. Dreimal fahre ich in der Hoffnung auf eine Toilette vergeblich einen eigentlich entsprechend ausgeschilderten Parkplatz an. Einmal war die Toilette in einer nicht mehr existenten Tankstelle, also nicht mehr vorhanden, einmal hätte es eine Toilette gegeben, den Schlüssel dazu aber im geschlossenen Restaurant und einmal führte die Abfahrt wohl zu einer Gärtnerei mit Café, aber über eine unbefestigte Straße, weshalb ich umdrehe, mein Auto soll schließlich nicht wieder staubig werden.
Beim vierten Versuch klappt es endlich, ich erreiche einen großen Rastplatz mit Tankstelle, Restaurant, Shop und Toiletten.
Mein Flug geht morgen leider extrem früh, so dass ich ein Hotel nahe beim Flughafen gebucht habe (mit Flughafenshuttle) und das Auto schon heute Abend abgeben möchte. Eigentlich habe ich vor, zunächst im Hotel einzuchecken, das Gepäck (das noch aus vier teils unhandlichen Stücken besteht) ins Zimmer zu bringen und dann erst das Auto abzugeben, während der Fahrt überlege ich es mir aber anders, ich habe keine Lust noch ein weiteres, eigentlich unnötiges Ziel mit dem Auto anzufahren, daher packe ich an der Raststätte so um, dass ich nur noch drei Gepäckstücke habe (die ich einigermaßen problemlos mit dem Shuttle ins Hotel transportieren kann) und fahre dann direkt zur Autoabgabe am Flughafen.
Kurz vor Helsinki wird der Verkehr wie erwartet dichter, als ich dann in Richtung Flughafen abbiege, bin ich völlig erstaunt, dass in diese Richtung praktisch kein Auto unterwegs ist. Wenn ich da an die Autobahnen rund um den Frankfurter Flughafen denke, ein unglaublicher Unterschied. Mir ist das sehr recht, so kann ich ganz entspannt meinem Navi zum Parkhaus folgen, wo ich die Sixt Mietautorückgabe ebenfalls problemlos finde.
Wie immer geht alles recht schnell, hier erfolgt allerdings eine ungewöhnlich genaue Kontrolle auf Schäden (was mir völlig egal ist, da ich ja eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbehalt habe, weshalb ich dem jungen Mann, der mich auffordert, mit ihm um das Auto zu gehen und im Schein seiner Taschenlampe (!) das Auto anzuschauen, nicht folge, sondern meine Sachen zusammenpacke und auslade). Es wird keinerlei Schaden festgestellt und so verabschiede ich mich nach insgesamt 2813 gefahrenen Kilometern von meinem Toyota Yaris, ein sehr angenehmes Auto, das ich mir auch für Zuhause gut vorstellen könnte.
Anders als in Mallorca, wo ich als Rückgabeprotokoll nur ein leeres Dokument per Mail bekam, klappt das hier, „schade“ finde ich, dass nach all meinen (wie ich fand erfolgreichen) Bemühungen, das Auto innen und außen sauber abzugeben, unter „State of vehicle“ steht „interior average soiled“ und „exterior average soiled“. „Durchschnittlich dreckig“ – also bitte!
Zum Tank - ich habe es geschafft, das Auto mit einer Restlaufleistung von nur noch 70 km abzugeben, so dass sich der Kauf der Tankfüllung für EUR 1,79/l auf jeden Fall gelohnt hat, auch wenn es nun problemlos möglich gewesen wäre vor der Autorückgabe noch zu tanken.
Um halb sieben ist die Autorückgabe erledigt und ich gehe zur Haltestelle für den Hotelshuttle, der mich kostenlos bzw. in den Übernachtungspreis inkludiert ins „Pilot Airport Hotel“ bringt. Das Einchecken dauert etwas, vor mir sind zwar nur zwei Leute, die vordersten brauchen aber eine Ewigkeit, leider sprechen sie Finnisch, so dass ich nicht verstehen kann, was man beim Einchecken in ein Hotel so alles besprechen kann.
Um 19.30 Uhr bin ich dann endlich, nach einem langen Tag, im Zimmer. Und muss leider feststellen, dass obwohl das Hotel erst kürzlich komplett renoviert wurde, es keine Klimaanlage im Zimmer gibt. Und hier in Helsinki ist es nochmal deutlich wärmer als während meiner Rundreise, die Zimmertemperatur ist fast unerträglich, dazu kommt, dass das Zimmer zwar immerhin modern und optisch ansprechend eingerichtet, aber unglaublich klein ist. Das würde mich normalerweise nicht weiter stören, heute muss ich aber noch meinen Koffer und meinen Rucksack flugtauglich packen, Platz um alles auszubreiten, ist kaum vorhanden.
Die (zum Glück?) kurze Nacht wird wenig erholsam, es ist einfach zu warm, nur eines der vielen Fenster lässt sich öffnen und ich muss den Vorhang davor ziehen, da man sonst durch das darunterliegende runde Fenster vom Parkplatz direkt aufs Bett schauen kann. Oh man, und das ist ausgerechnet das mit Abstand teuerste Hotel der Reise, allerdings auch alternativlos, da das günstigste mit Flughafenshuttle und eigenem Bad im Zimmer.
Für ein Foto von außen bin ich viel zu fertig (auch wenn ich weiß, dass ich mich später darüber ärgern werden) und am nächsten Morgen ist meine Kamera schon eingepackt, an ein Handyfoto habe ich leider gar nicht gedacht.
Wetter: sonnig, ca. 27°C
Unterkunft: 1 Nacht Pilot Airport Hotel beim Flughafen Helsinki, inkl. Frühstück und Flughafenshuttle in beide Richtungen, EUR 93,50 (gebucht über booking.com)
Strecke: