Als nächstes stand eine der beiden großen Etappen unserer Reise auf dem Programm => von Puerto Valle nach Rafaela.
Recht früh, genau genommen bei Dämmerung, fuhren wir los.
Die Strecke ab Resistencia bis kurz vor Santa Fé, wo wir nach Westen abbogen, entpuppte sich als landschaftlich zwar sehr flache, aber wunderschöne Strecke. Ein Genuss für Augen und Sinne; damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet, sondern diesen Tag im Vorfeld als "reinen Fahrtag" eingeplant.
Besonders überrascht war ich von der Gegend um Reconquista. Auf uns wirkte diese Gegend als nicht gerade arm und ich hätte sofort das eine oder andere Häuschen mit Pool (manchmal war der Pool auch größer als das Wohnhaus) genommen.
Das Hotel, das ich in Rafaela im Vorfeld ausgesucht und bereits gebucht hatte, hatte ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis. So wie man uns behandelte (ausgesprochen freundlich und auch irgendwie ein wenig neugierig), hatte es auf mich den Anschein, dass hier scheinbar nicht so oft "internationale Gäste" absteigen.
Am nächsten Morgen beim Frühstück wurden wir von einem älteren Herrn in ordentlichem Deutsch angesprochen. Er hatte gehört, dass wir Deutsch sprachen und war ganz glücklich, dass er mit uns sprechen konnte. Wir unterhielten uns gut eine halbe Stunde mit ihm, er arbeitete Teilzeit im Hotel ... es hatte dann schon wirklich etwas richtig Herzliches, wie wir dann vom Hotel verabschiedet wurden.
Rafaela, weit ab vom internationalen Tourismus, hatte dann - wie wir beim Durchfahren feststellten - wunderschöne Straßenzüge mit Kopfsteinpflaster, netten Alleen und netten kleinen Häusern, wie ich mir das immer so vorstelle in Argentinien.
Unser Ziel für den Abend hieß Alta Gracia, südwestlich von Cordoba. Wir fuhren allerdings nicht auf direktem Weg dorthin, sondern machten erst noch einen Abstecher zur Laguna Mar Chiquita, dem flächenmäßig größten See in Argentinien. Zur Hochsaison soll hier die Hölle los sein, bei unserem Besuch konnte davon keine Rede sein.
Auf der Fahrt dorthin fuhren wir eine Straße, wo ständig Tausende von kleinen Vögeln (eine Art Sittich) die Straße im Tiefflug überquerten; wir hatten ständig Angst, eines dieser armen Tiere zu "erlegen". So etwas hatten wir noch nicht gesehen, es war geradezu surreal, faszinierend, aber auch ein wenig unheimlich und erinnerte an Hitchcocks "Die Vögel".
Beim nächsten Tankstopp fragte ich nach, ob das hier normal sei und bekam zur Auskunft, ja und dass die Vögel leider eine Plage seien. Letzteres konnten wir gut nachvollziehen.
Auf der anderen Straßenseite stand ein Pferdewagen, auf dem Wasserkanister standen. Da mir die Szene gefiel, machte ich ein Foto. Plötzlich stand ein älterer Mann neben mir und sagte ganz stolz, dass das sein Gefährt wäre und er Wasser ausliefern würde. Ich solle noch ein paar Fotos machen. Das tat ich und er ging dann voller Stolz zu seinem Gefährt. Das war eine sehr nette Begegnung.
Danach fuhren wir nach Jesus Maria, wo wir als nächstes die dortige Jesuitenestancia auf unserem Programm hatten. Rund um und in Cordoba gehören mehrere dieser Jesuitenestancias, von denen wir insgesamt drei besuchten, zum Unesco Weltkulturerbe.
Die Jesuitenestancia ist wirklich noch sehr gut erhalten und in einem sehr schönen Gebäude mit Kapelle. Auch hier wurden wir wieder ausgesprochen freundlich empfangen. Ich mag einfach diese Art von Gebäuden in Südamerika ... aber was mag ich dort eigentlich nicht, wird sich vielleicht der/die eine/andere fragen.
Die Gegend nördlich von Cordoba war wieder einmal landschaftlich in Argentinien für mich ganz neu. Wir fuhren auf kurvigen und hügeligen Straßen durch kleine nette Ortschaften, die etwas von "Künstlerorten" hatten. Wie fast überall in Argentinien, so schien es uns, hat nahezu jedes Häuschen irgendetwas zu verkaufen.
Gemäß unserer Karte sollte die Autobahn einmal um Cordoba rundherum gehen ... Scheibenhonig, denn dem war nicht so und wir landeten mitten Downtown im Feierabendverkehr in dieser Millionenstadt; die aber so ganz anders ist als Buenos Aires.
Straßen nur hin und wieder mit Namen versehen, zwei Fahrspuren, die sich aber locker mal vier Fahrzeuge teilten und vielleicht auch das ein oder andere Zweirad. Abzweigungen, die nicht beschildert waren ... tja, irgendwann wusste ich nicht mehr, wo wir waren.
Wir hielten an einem kleinen Laden und ich fragte nach, ob wir noch richtig waren. Waren wir natürlich nicht ... die grobe Richtung wurde erklärt, mit dem Hinweis, dann weiter zu fragen und als Abschied hörte ich dann "Suerte".
Na, das konnte lustig werden!
An der nächsten Tankstelle hielten wir an, ich wollte eine bessere Karte kaufen und fragen, wo wir waren. Leider gab es keinerlei Karte und so recht konnte mir das Personal auch nicht helfen. Ich wusste mir keinen besseren Rat und fragte einfach in die Runde der Gäste, die dort saßen, Kaffee tranken und Zeitung lasen, ob uns jemand helfen könnte und tatsächlich, zwei Herren gingen mit mir raus, erklärten den Weg und einer fuhr dann tatsächlich einige Straßenzüge vor, bis wir den Ausweg aus Cordoba gefunden hatten. Der Abschied fiel dann herzlich mit Küsschen links und rechts auf die Wange aus --- typisch Argentinien eben.
Eine Szene wird mir aus diesem Chaos wohl so schnell nicht aus dem Gedächtnis verschwinden: Zwei Fahrspuren, ein mörderischer Verkehr und mitten auf der rechten Fahrspur stand eine Leiter, ca. ein bis zwei Meter davor gesichert durch eine niedliche kleine Pylone, und auf der Leiter stand weit oben ein Mann und machte irgendetwas an seinem Haus. Wir und auch unsere Freunde haben zum Glück der Leiter ausweichen können. Das war einfach nur unglaublich! Dieser Mann hatte scheinbar unerschütterliches Vertrauen in das Fahrkönnen seiner Landsleute.
Recht spät kamen wir an diesem ereignisreichen Tag in Alta Gracia in unserem wirklich sehr netten "279 B&B" an, wo wir uns für die nächsten Tage eingebucht haben; ich hatte gleich das ganze Haus gebucht, denn es gibt dort nur zwei DZ. Hier hat es uns wieder ausgezeichnet gefallen.
Bei unserer Ankunft erzählte ich, dass wir uns in Cordoba verfahren hätten und wir bekamen als Antwort, dass es an ein Wunder grenzt, dass wir wieder herausgefunden hätten. Ja, so hatten wir das auch empfunden!