Autor Thema: Riesling, Regen, Rhein und Ritter - Eine Wanderung auf dem Rheinburgenweg  (Gelesen 25655 mal)

Horst

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Immerhin zwei aus unserer Reisegruppe haben die 25 km überstanden!  :)
Aber ich musste mich nach dem Lesen gleich aufs Sofa legen so erschöpft war ich.  ;)
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Flicka

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Immerhin zwei aus unserer Reisegruppe haben die 25 km überstanden!  :)
Aber ich musste mich nach dem Lesen gleich aufs Sofa legen so erschöpft war ich.  ;)

Hoffentlich hast du dich gut erholt, denn gleich gehts weiter. Wer mitkommen will, sollte vorsichtshalber schnell noch alles mit Imprägnierspray versiegeln - es wird leider nass.

Flicka

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Samstag, 5. Oktober

Es regnet. Nicht stark, aber beständig. Vom Frühstücksraum aus schauen wir hinauf zur anderen Rheinseite, wo die Wolken um die Burg Katz wabern. Eigentlich hatten wir uns für heute vorgenommen, zwei Etappen zu laufen, nämlich von Bacharach nach Oberwesel und von dort aus weiter bis St. Goar. Beide Etappen zusammen wären weniger als 25 km, und 25 km haben wir gestern ja auch bewältigt. Aber bei diesem Wetter wollen wir lieber einfach mal schauen, wie weit wir kommen.

Zunächst einmal kommen wir nicht weit, denn der Zug hat „wegen Störungen im Betriebsablauf“ eine Viertelstunde Verspätung. Als wir endlich an Bord klettern dürfen, stoßen wir auf sofort auf die „Störungen im Betriebslauf“ in Form einer gutgelaunten Meute Fußballfans. Wohin die wohl unterwegs sind? Als Fußballunkundige fällt uns bei den Farben blau und weiß nur Schalke ein. Aber egal, woher oder für wen sie sind, sie sind jedenfalls multitasking-fähig und vermutlich hart im Nehmen, denn sie halten in einer Hand eine Dose Bier und in der anderen eine Flasche Wein.

Mit 20 Minuten Verspätung erreichen wir dann Bacharach und spazieren durch die Straßen und an romantischen Fachwerkhäusern vorbei.




Dann erreichen wir schließlich wieder den Malerwinkel und den Rheinburgenweg.




Bevor wir uns von Bacharach verabschieden, können wir noch einmal die Burg Stahleck hoch über der Wernerkapelle thronen sehen. Kaum zu glauben, aber als die Burg Stahleck im Jahr 1689 von den Franzosen gesprengt wurde (wir erinnern uns an den zerstörerischen Pfälzischen Erbfolgekrieg), flogen die Trümmer bis hinunter zur Kapelle und beschädigten sie erheblich.

Jetzt wird es sportlich: Während der Regen beharrlich auf unsere Jacken tropft, wird es uns von innen bald wärmer als uns lieb ist. Es geht steil hinauf in die Weinberge. Auf dem rutschigen lehmigen Boden hätten wir ohne die Stahlseile, an denen man sich festhalten und hochziehen kann, diesen Wegabschnitt wohl nicht geschafft. Schließlich erreichen wir die Hangkante und können eine Weile auf ebenem Gelände durch die Weinberge wandern.




Am Heinrich-Heine-Blick auf Bacharach schauen wir ein letztes mal zurück, dann wandern wir weiter durch Wiesen und Felder und stören eine Schar Wildgänse, die sich hier wohl für den anstrengenden Weg in den Süden stärkt. Weiter und immer weiter führt der Weg bei beständigem Regen, fast zwei Stunden tropft es schon unaufhörlich auf uns herab, als wir endlich eine kleine Schutzhütte erreichen. Wir genießen es, für eine Weile im Trockenen zu sein und trösten uns mit reichlich Studentenfutter und Schokolade über das schlechte Wetter. Und der Blick von hier aus auf die Burg Pfalzgrafenstein und Burg Gutenfels ist auch nicht zu verachten. Die Burg Gutenfels am anderen Rheinufer, auch Burg Kaub genannt, teilt übrigens das Schicksal vieler Burgen und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts gesprengt. Die Burg Pfalzgrafenstein unten auf ihrer Insel im Rhein wurde dagegen nie zerstört. Dafür musste sie mit Problemen kämpfen, die eine Höhenburg nicht kennt: Sie wurde regelmäßig durch treibendes Eis beschädigt.




Ich hadere inzwischen mit meiner Ausrüstung. Der Hut aus Känguruh-Leder, den ich letztes Jahr in Australien gekauft hatte, trotzt zwar tapfer dem Regen. Aber meine angeblich wasserdichte Regenjacke ist nur am Rumpf wasserdicht. Aber nicht an den Armen. Dort bin ich nämlich klatschnass, und wenn ich wollte, könnte ich die Ärmel wahrscheinlich auswringen. Und die Schuhe, mit denen ich vier Jahre lang bequem unterwegs war und die die gestrige Etappe mühelos mitgemacht haben, scheinen plötzlich geschrumpft zu sein. Oder sind meine Füße seit gestern gewachsen?

Ein Stück führt der Weg noch weiter am Rhein entlang, dann ist – ganz ungewohnt – entlang einer Landstraße ein Stück den Berg hinab zu bewältigen und wir passieren ein Tal, bevor wir wieder hinauf in die Weinberge wandern dürfen. Endlich taucht dann vor uns die Schönburg auf. Elsa freut sich schon darauf, dort im Trocknen einen Schoppen zu trinken, ich bin aber skeptisch: Laut Wanderführer gibt es heute am Weg keine Einkehrmöglichkeit. Also auch nicht auf der Burg. Oder doch?




Der Weg führt nochmal ein Stück entlang einer Landstraße nach unten, und so langsam merke ich jeden Schritt. Der rechte Fuß scheint seit gestern noch stärker gewachsen zu sein als der linke, und die Zehen stoßen beim Bergabgehen schmerzhaft gegen den Schuh. Meinen Füßen kommt es also gerade recht, dass es zur Schönburg wieder ziemlich steil nach oben geht, dafür jammern jetzt die Beine. Irgendwie habe ich den langen Wandertag gestern noch nicht richtig weggesteckt.

Etwas abgekämpft mit schlammbespritzten Wanderhosen und klatschnassen Jacken erreichen wir schließlich die trutzige Schönburg. Erbaut im 12. Jahrhundert, war sie schon wenig später Schauplatz eines Verbrechens, als nämlich Hermann von Stahleck seinen Konkurrenten Otto II. von Rheineck, hier ermorden ließ. Die für eine Rheinburg fast obligatorische Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg erfolgte 1689, doch im 19. Jahrhundert begann ihr Wiederaufbau unter der Regie eines Deutsch-Amerikaners mit dem schönen Namen Rhinelander, dessen Familie aus der Gegend stammte und in den USA mit Immobiliengeschäften ein Vermögen gemacht hatte.






Der Wanderführer hatte es uns verschwiegen: Hier gibt es ein 4-Sterne-Hotel und tatsächlich auch eine Einkehrmöglichkeit in Form eines noblen Burgrestaurants. Aus dem Eingang scheint einladend das Licht hinaus in den Regen. Zögernd schauen wir hinein. Ob man uns abgekämpfte Wanderer hier überhaupt bewirten will? Halb sind wir darauf gefasst, unter Hinweis auf vollbesetzte Tische und/oder obskure Öffnungszeiten (sowas wie elfdreiviertel bis dreizehnuhrsiebzehn, aber nur an jedem dritten Dienstag im Monat) wieder in den Regen hinauskomplimentiert zu werden. Aber nein, wir werden an einen reizenden Tisch geleitet und dürfen bei Kerzenschein mit Silberbesteck unseren wohlverdienten Imbiss genießen.




Nicht nur unsere kleine Ecke, auch die restlichen Räume, in denen Gäste bewirtet werden, sind entzückend eingerichtet. Hier fühlen wir uns wohl. Eine Stunde lang lassen wir uns umsorgen, und langsam wird uns klar: Die restlichen knapp 10 Kilometer bis nach St. Goar wandern wir heute nicht mehr. Es fällt uns schon schwer, überhaupt wieder in die nassen Jacken zu schlüpfen. Aber schließlich müssen wir uns von der Burg verabschieden und schlagen den steilen Pfad hinunter ins Tal ein.




In Oberwesel erklimmen wir die begehbare Stadtmauer und drehen noch eine kleine Runde durch den Ort, dann klettern wir wieder in den Zug nach St. Goar.




Es regnet immer noch, und ich bin froh und dankbar für das trockene Hotelzimmer, die heiße Dusche und das bequeme Bett, in dem ich für die nächsten drei Stunden die geschwollenen Füße hochlege und mir auf Phoenix Dokumentationen über Tiere unter der sengenden afrikanischen Sonne anschaue. Für heute abend haben wir schon gestern einen Tisch in der Loreley bestellt und verbringen den letzten Abend unserer kleinen Wanderreise in leicht wehmütiger Stimmung bei Flammkuchen, Hering und Bier. Wieder zieht es uns zeitig ins Bett. Sollte in St. Goar samstagsabends ein Nachtleben existieren – was wir angesichts der kartenspielenden Hotelgäste in der Loreley nicht glauben – verpassen wir es also. Morgen steht die letzte Wanderung an: Bei hoffentlich besserem Wetter soll es von Oberwesel mit Sicht auf die Loreley bis nach St. Goar und vielleicht noch zur Burg Rheinfels gehen.

Gute Nacht!

Silvia

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Wunderschöne Burgen - trotz Regen, aber ich sitze hier ja im Trockenen. Wie gut das ihr so einfach abkürzen konntet.   :thumb:  Manchmal muss man auch mal nachgeben. Aber 2x 25 km hintereinander sind schon stramme Pläne!   :respekt:

Horst

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Wirklich eine tolle Ecke mit schönen alten Fachwerkhäusern und so viele herrliche Burgen wie aus dem Burgenkatalog - macht Lust sich in der Gegend auch mal näher umzusehen.  :)
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Paula

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Flicka ihr seid echt tapfer! Ich hätte wahrscheinlich beim Blick aus dem Fenster festgestellt dass heute kein Wanderwetter ist  :o
Aber bei gutem Wetter würde mir das auch sehr gefallen!
Ich hatte mal so ein Regenerlebnis bei einem Zoobesuch, meine Füße standen im Wasser und Ärmel auswringen konnte ich auch. Im Nachhinein war ich sehr froh darüber denn ich habe mir dann für den Urlaub wirklich regenfeste Schuhe und Jacke gekauft. Beide Teile wurden im Urlaub stark geprüft, was war ich froh dass die dicht hielten!
Viele Grüße Paula

Andrea

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An 2 Tagen hintereinander über 20km? Niemals! Ich wäre froh, den ersten Tag überlebt zu haben...  :-[

Ihr habt meinen allergrößten Respekt! Und das bei dem Sauwetter....  :respekt:
Liebe Grüße, Andrea



www.antiwalks.eumerika.de

Ilona

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Hallo Flicka,

bin zwar etwas später dazu gestoßen, doch besser als gar nicht :cool2:.

Jetzt habe ich kurz überlegt, ob mein Heiko auch bei der Wanderung mit dabei war, weil es so geregnet hat  :totlach: .
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Flicka

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Wenn ich mir die Bilder vom heutigen Tag so anschaue, finde ich auch, dass wir sehr tapfer waren. Aber wir sind trotz des Regens gerne gewandert, und ich glaube, Elsa war kurz vor der Schönburg noch ziemlich entschlossen, weiter bis St. Goar zu wandern. Im nachhinein waren wir aber beide froh, dass wir das nicht gemacht haben, weil wir dann nicht so lange und gemütlich in der Schönburg hätten sitzen können. Außerdem hatten wir so am nächsten Tag mehr Zeit für die Ausblicke auf die Loreley.

Übrigens waren es an diesem Tag dann letztlich knapp 14 km Wanderung und nochmal ca. 1 - 2 km durch Oberwesel, die wir gelaufen sind.

Was die Ausrüstung betrifft, war ich abends auch der Meinung, dass ich lieber auf einer solchen Wanderung in Tuchfühlung zur Zivilisation feststellt habe, dass meine Regenjacke nicht das hält, was sie verspricht als auf einer dreiwöchigen Weitwanderung. Elsa war mit ihrer Jacke auch nicht richtig zufrieden, weil sie wohl regendicht aber nicht winddicht war. Meine Schuhe waren zum Glück wasserdicht, da bestand das Problem wohl eher aus den angeschwollenen Füßen. Mal schauen, ob ich die Schuhe vielleicht noch im Zehenbereich irgendwie weiten lassen kann.

Wirklich eine tolle Ecke mit schönen alten Fachwerkhäusern und so viele herrliche Burgen wie aus dem Burgenkatalog...


Ja, ich bin auch auf den Geschmack gekommen. Nach unserer Rückkehr habe ich gleich mal verkündet, dass ich mir jetzt eine eigene Burg zulegen will. Da käme mir ein Burgenkatalog gerade recht.  :)


Jetzt habe ich kurz überlegt, ob mein Heiko auch bei der Wanderung mit dabei war, weil es so geregnet hat  :totlach: .


Dann werde ich vor der nächsten Wanderung lieber mal bei dir nachfragen, ob das Regenmaskottchen Heiko zufällig in der Gegend ist.  ;)

Heiko

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Ich habe mich mal kurz ausgeklingt, aber es hat ja trotzdem geregnet  :weissnicht:. Also bin ich jetzt auch wieder hinterhergewandert.

25 km Tagesetappe sind schon ganz ordentlich  :thumb:, da hat man es sich verdient, den nächsten Tag mal kürzer zu treten, schon gleich bei so schlechtem Wetter. Und es hat sich mal wieder gezeigt, wie wichtig eine wirklich gute Ausrüstung ist.

Die Burgen und ihre Geschichten finde ich immer wieder interessant. Danke für die Zusatzinfos.

Ich hoffe jetzt doch noch auf besseres Wetter am Abschlusstag, auch wenn ich dabei bin :).
Gruß
Heiko

Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen. (Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832)

Shadra

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Da wollte man mal schnell hinterher eilen und dann scheuchst du mich da in solchen Etappen rum*schnauf*

Zitat
Nach unserer Rückkehr habe ich gleich mal verkündet, dass ich mir jetzt eine eigene Burg zulegen will. Da käme mir ein Burgenkatalog gerade recht.
Bei solchen Prachtstücken kein wunder  ^-^
Schöne Grüße
Nele

Manche Menschen schwimmen mit dem Strom. Andere schwimmen gegen den Strom. Und ich steh hier mitten im Wald und find den blöden Fluss nicht!

Silv

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Und wie schön ist das erst bei Sonnenschein!
Liebe Grüße
Silvia

Flicka

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Sehr schön, die Truppe hat wieder zusammengefunden, dann können wir gleich gemeinsam beschwingt in die Schlussetappe starten.

Heiko darf gerne mitgekommen, auch wenn er heute auf den üblichen Regen verzichten muss. Sonne gibts zwar leider auch nicht, aber nach dem Dauerregen der letzten Etappe sind wir mit trockenem Wetter auch zufrieden. Und immerhin können wir heute beim Abschiedsschoppen draußen sitzen.

Also bis gleich zum Schlussspurt!

Flicka

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Sonntag, 6. Oktober


Als ich aufstehe, regnet es noch, aber bis zum Frühstück hat es sich ein wenig aufgehellt und ist trocken. Elsa berichtet, dass sie am frühen Morgen von heftigem Regenprasseln auf ein Vordach aufgewacht ist. Wir hoffen, dass sich das Wetter bei dieser Gelegenheit ausreichend ausgetobt hat und fahren optimistisch und gutgelaunt nach Oberwesel.

Von Oberwesel hatten wir uns nach dem gestrigen Stadtspaziergang nicht mehr viel versprochen. Jetzt sind wir umso überraschter über die Stadtmauer, die sich oberhalb des Ortes noch ein gutes Stück am Rhein entlang zieht.




Danach folgt noch ein kurzer Abstecher in den Ort.




Als wir anschließend wieder in die Weinberge wandern, müssen wir eine Entscheidung treffen: Folgen wir dem Hauptweg und erklimmen den Oelsbergsteig? Oder nehmen wir die Alternativroute  ohne sportliche Herausforderung?

Der Wanderführer erwähnt bei einer Beschreibung des Oelsbergsteigs Leitern und Felspassagen und empfiehlt dem Wanderer, der seinen Fähigkeiten nicht voll vertraut, diese Passagen mit einem Klettergurt in Angriff zu nehmen. Wir sind weit davon entfernt, unseren Fähigkeiten voll zu vertrauen, außerdem ist der Boden rutschig, und zumindest Elsa fehlt es an der laut Wanderführer erforderlichen Schwindelfreiheit. Also schlagen wir die Alternativroute ein, die laut Wanderführer auch als Umgehung bei Eis und Schnee genutzt werden soll.

Eine Viertelstunde später sind Elsa und ich der Meinung, dass der steile, rutschige Pfad, über den uns die Alternativroute geführt hat, auch nicht schlimmer sein kann als der Oelsbergsteig. Als wir schnaufend die Hangkante erreichen, informiert uns ein Schild, dass der Weg, über den wir uns gerade hochgequält haben, nur auf eigene Gefahr betreten werden soll. Bei Eis und Schnee würde ich hier sicher nicht herumkraxeln. Immerhin dürfen wir von hier oben wieder ein tolles Rheinpanorama genießen.




Weiter wandern wir, und wie schon oft in diesen Tagen überlege ich laut, dass es von hier aus ja nicht mehr weiter bergauf gehen kann. Kann es aber doch. Immerhin ist der Weg nicht mehr steil, und ab und zu kann man sich ja beim andächtigen Betrachten von Kunstobjekten am Wegesrand ausruhen.




Als schließlich die Alternativroute und der vom Oelsbergsteig kommende Hauptweg wieder aufeinandertreffen, fragen wir zwei andere Wanderer, wie schlimm denn die Kletterpartie gewesen sei. Nicht schlimm, finden beide.Eigentlich sind sie sogar enttäuscht. Und Elsa und ich beschließen, bei der nächsten Rheinwanderung die Route über den Oelsbergsteig zu nehmen.

Jetzt dürfen wir uns aber erst einmal auf die Loreley freuen. Nur eineinhalb Kilometer sind noch zu bewältigen, dann können wir durch die Bäume den ersten Blick auf den sagenhaften Felsen werfen. Ein paar Minuten später finden wir dann eine Bank mit einer wunderbaren Aussicht hinüber zur Loreley und hinunter auf den Rhein, wo die Transportschiffe in der engen Fahrrinne um die Kurven schlittern.



Wir bleiben lange alleine hier sitzen und genießen die wunderbare Aussicht, bevor wir uns schließlich losreißen können und entlang der anderen Aussichtspunkte weiterwandern. Dann folgt nochmal ein knackiger Abstieg ins Tal, gefolgt von einem ebenso knackigen Anstieg durch ein Waldstück. Als Belohnung erwartet uns dann der letzte Loreleyblick. Man sollte sich übrigens nicht täuschen: Obwohl inzwischen Felsen gesprengt wurden, ist diese Durchfahrt wegen der Kurven, der Strömungen und der eingeschränkten Sicht immer noch gefährlich. Vor 10 Jahren lief ein Schiff auf Grund, mehr als 40 Menschen wurden verletzt. Und vor zwei Jahren gab es bei einem Unfall in der Nähe zwei Todesfälle.



Wenige Minuten später taucht auf der anderen Rheinseite schon die Burg Katz auf, die wir vom Blick aus dem Frühstückszimmer schon kennen. Wir nähern uns St. Goar, und schließlich sehen wir schon Burg Rheinfels hoch über dem Ort. Die Burg Katz wurde im 14. Jahrhundert von den Grafen von Katzenelnbogen erbaut. Zusammen mit der Burg Rheinfels, die etwas stromabwärts auf der anderen Rheinseite liegt, bildete sie einen Zollriegel. Wie die Burg Gutenfels wurde sie Anfang des 19. Jahrhunderts von Napoleon gesprengt.



Ein letzter Abstieg ins Tal, ein letzter Aufstieg – meine Zehen melden sich so langsam wieder mit leichten Schmerzen, und Elsa tun die Knie weh. Aber wir müssen nur noch ein paar hundert Meter bergauf bewältigen, dann betreten wir die Burg. Geschafft! Unser letztes Ziel ist erreicht. Wir feiern uns und unsere erfolgreiche Wanderung erst mal mit einem ordentlichen Schoppen Riesling und leckeren Nudeln auf der einladenden Terrasse des Burgrestaurants, dann drehen wir noch eine Runde durch die Burgruinen und das Burgmuseum. Die Burg Rheinfels wurde übrigens schon im 13. Jahrhundert als Zollburg von einem der Katzenelnbogen-Fürsten gebaut und war für die Zölle der flussaufwärtsfahrenden Schiffe zuständig. Ein Jahrhundert später übernahm dann die Burg Katz die flussabwärtsfahrenden Schiffe. Die Burg Rheinfels wurde dann zur Festung ausgebaut und war die größte Festungsanlage zwischen Bingen und Koblenz. Zur Jahreswende 1692/1693 widerstand sie der Belagerung durch 28.000 französische Soldaten, gut 60 Jahre später musste sie im siebenjährigen Krieg aber kampflos übergeben werden.






Der letzte Abstieg ins Tal führt uns zurück nach St. Goar, und hier nehmen wir Abschied vom Rhein und vom Rheinburgenweg. So endet nach 4 Wandertagen und insgesamt ca. 63 Kilometern unsere schöne Rheinburgenreise.

Unser Fazit: Ein paar Burgen gilt es bis nach Koblenz noch zu entdecken, und sicher lohnt es sich auch, das rechtsrheinische Ufer auf dem Rheinsteig unsicher zu machen. Elsa und ich sind uns jedenfalls sicher: Das soll nicht unsere letzte gemeinsame Wanderung gewesen sein, und schließlich müssen wir ja sowieso wieder zurückkommen und den Oelsbergsteig bezwingen. Und in der Jugendherberge in der Burg Stahleck übernachten. Und im Viersterne-Hotel in der Burg Schönburg. Und herausfinden, wann in den Restaurants in Bacharach die Küche schließt.

Also sagen wir: Auf Wiedersehen in St. Goar!




- ENDE -

Ilona

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Das soll nicht unsere letzte gemeinsame Wanderung gewesen sein, und schließlich müssen wir ja sowieso wieder zurückkommen und den Oelsbergsteig bezwingen. Und in der Jugendherberge in der Burg Stahleck übernachten. Und im Viersterne-Hotel in der Burg Schönburg. Und herausfinden, wann in den Restaurants in Bacharach die Küche schließt.

Eine tolle Wanderung habt ihr da gemacht :thumb: und da noch einige Rechnungen offen sind, arbeiten wir das nächste Mal an mehr :strahl: schein  :zwinker:.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)