Autor Thema: Emigrant Trail  (Gelesen 3711 mal)

Hatchcanyon

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Emigrant Trail
« am: 01. Dezember 2013, 17:20:00 »

Allgemein bekannt und als grosse Tat gefeiert wird der Zug von Mormonen-Kolonialisten aus Utah ins südöstliche Grenzgebiet nahe der Four Corners. Die Gegend um den Montezuma Creek sollte besiedelt werden. Besondere Berühmtheit erlagte der Treck durch seinen abenteuerlichen Abstieg vom Plateau südlich von Escalante hinunter ans Ufer des Colorado Rivers. "Hole in the Rock" selbst gehört heute zu den "Historic Places" der Vereinigten Staaten.

Es wird immer wieder behauptet, dies sei die einzige Stelle gewesen, welche einen Abstieg in den Colorado River Canyon zugelassen hätte. Das ist sicher nicht richtig, nur waren andere Orte möglicherweise noch zu unerforscht. Wichtig für die Siedler war, was sie auf der anderen Seite des Rivers sahen: Cottonwood Canyon. Dieser relativ flache Einschnitt sicherte eine Möglichkeit, den Colorado River Canyon wieder verlassen zu können - in ungefähr der Richtung in die sie ziehen wollten.


Der Einschnitt von Hole in the Rock - gegenüber der relativ flache Cottonwood Canyon.

Mit der Überquerung des Colorado Rivers war ihr Abenteuer noch lange nicht beendet. Es sollte statt der geplanten 6 Wochen rund 6 Monate in Anspruch nehmen. Und Hole in the Rock war bei weitem nicht das letzte Hindernis, das sie vor gewaltige Aufgaben stellte.

Mehrfach noch mussten sie sich über Cliffs sprengen, schwierige Wege bauen. Ihre Leistungen am Lake Canyon, den Clay Hills und an The Twist hatten wir in den vergangenen Jahren schon gesehen. Noch offen sind bei uns San Juan Hill viel weiter östlich und der Weg über The Chute (Photo) aus dem Cottonwood Canyon hinaus auf die Hochfläche der Wilson Mesa.

Vor Jahren sind wir schon einmal herumgestromert, mit einem Chevrolet Trailblazer an der gesprengten Steilstrecke am Westrand des östlichen Arms vom Lake Canyon gescheitert, waren auf dem Nokai Dome mit seiner Fernsicht zum Monument Valley und hinunter in die Canyons des Castle Creeks.


Bergauf hätte ich den Trailblazer noch gebracht, aber bergab - man muss ja irgendwann auch wieder zurück - mit Sicherheit den Frontspoiler abgerissen. Das wollten wir uns und dem Auto dann doch nicht antun.

Wer möchte kann in diesem Arm des Lake Canyons schön unter alten Cottonwood Trees zelten oder auch nur picknicken. Etwas erhöht entdeckt man am Nordrand die Ruine eines kleinen Hauses, das auffallend anders ist als seine Umgebung. Sein Gemäuer besteht aus schwarzen Steinen, die es hier offensichtlich nicht gibt. Welchem Zweck es einst diente wissen wir nicht?

Zum grossen Arm des Lake Canyons kamen wir somit erst gar nicht, dort wären wir in jedem Fall gescheitert. Vor Jahren schon hat die Erosion den Trail zerstört, eine unüberwindbare Stufe von vielleicht 8-10 Metern Höhe hinterlassen.

Locals aus der sehr traditionsbewussten San Juan County unternehmen immer wieder - jährlich? - eine Tour mit Jeeps bis zum Endpunkt der Road am Cottonwood Canyon. Ja, die Strecke wird als County Road bezeichnet! Gelegentlich sind auch andere Gruppen unterwegs. Man darf aber nicht davon ausgehen, auf Hilfe zu treffen, falls etwas vorfällt. Erschwerend kommt hinzu, dass das ganze Gebiet zwischen dem San Juan River und dem Powell Reservoir keinen zweiten Ausgang hat. Man kann nur zurück zur UT 276.

Aber fangen wir nochmal ganz vorn an. Bevor wir uns in diese extrem rauhe und einsame Gegend begeben, tanken wir sicherheitshalber unser Fahrzeug - dieses Mal ein Jeep Wrngler Unlimited - an der Tankstelle in Halls Crossing voll. In Bezug auf dem Preis pro Gallone darf man dort nicht schmerzempfindlich sein.

Wir wissen, das die County eine neue Road gebaut hat, die den unpassierbaren Lake Canyon umgeht. Das Geld dafür wird sich nie rentieren, man fühlt sich aber der Geschichte stark verpflichtet. Auch ein paar Koordinatenangaben haben wir. Mal sehen, wie weit wir kommen. Theoretisch können wir irgendwo zelten, Essen kochen und den Sternenhimmel geniessen. Der muss da draussen weitab aller Lichtquellen gigantisch sein.

Auf der UT 276 findet sich schon kurz vor dem Airport von Halls Cossing - Cal Black Memorial Airport, wir waren dort schon mal mit Tim Martin gelandet - der Beginn einer Dirt Road, die entlang des Flughafenzauns nach Südosten verläuft. Sie trifft später auf die Nokai Dome Road, die uns zur Umgehungsroute bringen soll. Wir kennen die Strecke. Wenn man von ein paar alten Autowracks absieht, bietet sie wenig Reize. Daher fahren wir auf der geteerten State Road weiter nach Osten, um bei ungefähr 12S 0543835 4141512 nach rechts auf eines der beiden Enden der Nokai Dome Road abzubiegen.


Anschlagtafel für die Hole in the Rock/Emigrant Trail Road. Die Karte ist völlig veraltet, leitet Besucher in die Irre.


Nokai Dome Road

Nach 2 Meilen, bei 12S 0545915 4139465, biegen wir nach rechts und Westen ab. Dreidreiviertel Meilen gute Gravelroad, auf der man flott vorankommt. Dann stossen wir auf eine "Landmark", die uns schon bei den früheren Touren aufgefallen ist:


Truck-Skelett

Der Punkt ist nicht unwichtig, denn hier zweigt die alte Strecke zum Lake Canyon ab, also der wahre Emigrant Trail. (Nach guten 3 Meilen träfe man auf die Spur zum Airport, die wir verschmäht hatten.) Dass diese alte Strecke nicht ohne ist, zeigt das immer noch stehende Warnschild, dass es sich um die County Road 2541 handelt, der CR-Marker. Das gilt im übrigen auch für die oben gezeigte Steigung - auch das ist County Road!

Weiter auf der Nokai Dome Road, die sich weiterhin in recht gutem Zustand befindet. Die Landschaft rechts und links wild und trotzdem eintönig. Vorherrschende Farbe ist Lachs mit gelegentlichen Tendenzen zu Gelb und dazwischen Sand, Sand, Sand! Nicht viel anders als weiter nördlich am Moqui Canyon.


Slickrock und Sand - unendlich hinderlich für die Mormons

Die Road windet sich die Flanke des Nokai Domes hinauf auf eine Art Pass. Bei 12S 0536805 4129492 führt eine Spur nach rechts ins Gelände. Die gesuchte neue Strecke!


50 km entfernt: Navajo Mountain und Navajo Point (rechts)

Von hier oben hat man einen weiten Blick zum heiligen Berg der Navajos, den Navajo Mountain un der Südpitze der Straight Cliffs, die sich von Escalante westlich der Hole in the Rock - Road bis zum Canyon des Colorado Rivers erstrecken. Ihr Endpunkt - Navajo Point - zeigt ziemlich genau in Richtung der Rainbow Bridge.


Blick zurück - da unten verläuft irgendwo die Nokai Dome Road


Rechts Navajo Point, davor die Fläche der Wilson Mesa und in der Mitte die hohen Cliffs der San Juan River Gorge

Man nennt die Strecke eine County Road, in Wirklichkeit ist sie ein übler 4WD-Trail. Die vielen kleinen und mittleren Hindernisse summieren sich so, dass wir für vielleicht 7 Meilen eineinhalb Stunden benötigen - one way! Dabei muss man noch nicht mal "Road bauen", sprich grobe Stufen und Löcher mit Steinen entschärfen, nur gelegentlich spotten, damit der Fahrer gut über die eine oder andere Tücke kommt

Eine ganze Anzahl Photos:


Neben dem Trail


Nur wenige Punkte sind so markant. Im Hintergrund die Henry Mountains


Stellenweise ist der Trail gar nicht als Spur zu erkennen - wo es einigermassen eben ist, da verläuft er.


Blick zurück auf die eigene Spur. Hier war schon lang niemand mehr.


Weiter in Richtung auf den Navajo Mountain, der natürlich nicht zu erreichen ist.


Die Landschaft besteht fast ausschliesslich aus Slickrock-Höckern und Sand. Wie bezwingt man das bloss mit Planwagen?


Ein einziges Slickrock-Meer soweit das Auge reicht. Im Hintergrund die Henry Mountains.

Einmal verfahren wir uns sogar! Eine schwach ausgeprägte Spur endet im Nichts. Vielleicht hat hier mal eine Gruppe Jeeper gecampt? Wir finden den richtigen Weg, fahren noch eine dreiviertel Meile nach Norden bis wir über einem richtig grossen Slickrock-Abhang stehen. Da unten im Tal werden wir wiedder auf den ursprünglichen Emigrant Trail treffen, der sich hier durch das "Death Valley" zieht.

Die Gegend ist ganz offiziell auf den topographischen Karten so benannt. Ein passender Name, kein Wasser, kaum Schatten, unheimlich beschwerliches Vorwärtskommen.

Da sollen wir runter? Von oben ist zuerst mal kaum eine Spur zu sehen, da man direkt auf Slickrock fährt. Um den Weg einigermassen zu kennzeichnen hat man stellenweise weisse Striche auf den Fels gemalt. Wenn man sich hier verfahren würde hätte man wahrscheinlich ernsthafte Probleme.

Oben gibt es eine Abbruchkante, die auch mit dem Jeep nicht ganz trivial zu bewältigen ist. Egal ob man zu weit links oder zu weit rechts fährt, jedes Mal bestände die Gefahr, die Fuhre umzuschmeissen.


Scharf rechts und über die Kante. Erst mal exploren gehen.

Man fährt über die obere Slickrock-Platte bis zum Bäumchen an der Kante, muss dort einen scharfen Rechtsturn hinbekommen. Gelingt der nicht präzise fällt das Fahrzeug wahrscheinlich nach rechts um und über die Kante.


Ein paar weisse Striche für die Orientierung

Die Strecke führt auch über einige kürzere tiefsandige Abschnitte. Bergab kein Problem, aber wie sieht es später bergauf aus? Hier gilt der Spruch "What goes down must (later) come up!" Weiterlaufen und sehen was noch so kommt.


Noch immer auf der "road", noch immer kein Ende des Gefälles in Sicht.

Offensichtlich führt die Spur bis ganz hinunter zu den Bäumen, dreht dann nach links und trifft ein Stück weiter auf den ursprünglichen Emigrant Trail. Bis zum Ende der Road wären es dann noch irgendwas zwischen 22 und 25 Meilen mit zunehmenden Schwierigkeitsgrad. Geschätze Fahrtzeit noch 6 - 8 Stunden.

Was tun? Lady kommt ein gutes Stück den Hang herunter, ermahnt mich, meinen eigenen Spruch "fahre nie irgendwo runter, wo du nicht sicher bist, auch wieder hinauffahren zu können" ernst zu nehmen. Es gibt da nämlich ein steiles und tief sandiges Stück zwischen zwei Slickrockabschnitten. Und natürlich wieder den Knick mit der Absturzgefahr. Ok, andere haben das auch schon alles bewältigt, die sind aber offensichtlich nie allein unterwegs gewesen. Jetzt wissen wir warum.

Wir laufen wieder nach oben wo unser treuer "Prince" auf uns wartet.


Unser treuer "Prince" wartet

Es ist 2 p.m. - bis zum Ende kämen wir im Hellen vermutlich nicht mehr und hier im Dunklen unterwegs zu sein ist unmöglich - viel zu riskant! Die logische Folge: Abbruch der Aktion. Wir haben uns kräftig verkalkuliert!

Zurück können wir unserer Spur folgen. Schneller kommt man damit aber auch nicht voran.


Unsere eigenen Spuren

7 Meilen zurück bis zur Nokai Dome Road - nochmal eineinhalb Stunden. Zwischendurch dann ein schöner Blick auf den Navajo Mountain. Auf dem Hinweg haben wir die Stelle glatt übersehen.


Navajo Mountain

Zwischen den Hügeln im Vordergrund beginnt der San Juan Canyon, der sich über 7 Meilen bis zum 450 Meter tiefer fliessenden San Juan River zieht. Eines der grossen Canyonsysteme der Gegend, der San Juan River befindet sich aber nicht in ihm.

Ohne Probleme gelangen wir zurück auf die Nokai Dome Road, finden auch dort unsere eigene Spur wieder. Ganz offensichtlich hat niemand anderer in der Zwischenzeit die Strecke benutzt.


Nokai Dome Road - nur unsere eigenen Spuren.

Gruss

Rolf