Tag 3 – Sonntag, 1.11.2009CofinoMein Freund, der Wecker, erinnert mich daran, dass es gleich zum Fotografieren los geht. Es dämmert schon ganz leicht als ich das Hotelgebäude verlasse und ein Stück bergauf zu meinem Turm gehe. Es stellt sich heraus, dass auf die kleine Plattform an der Spitze des Turms gerade eine Person passt. Mit den Stativbeinen muss man schon kreativ umgehen, um die noch einigermaßen standsicher unterzubringen. Ist aber letztendlich kein Problem und die Kamera ist rasch aufgebaut. Der bei unserer Ankunft angekündigte Wetterwechsel scheint näher zu rücken, denn es sind viele unregelmäßige Wolken in unterschiedlichen Höhen unterwegs. Mir soll es, zumindest an dieser Stelle, recht sein, denn das kann gut werden beim Sonnenaufgang.
Tatsächlich befindet sich, wie fast schon erwartet, die beste Sicht nicht direkt in Blickrichtung der Fenster, sondern ca. 80 Grad links davon.
Zuerst beleuchtet die Sonne noch indirekt den Himmel. Die Täler mit dem Nebel liegen dabei noch im Schatten:
Je weiter die Sonne steigt, umso intensiver leuchten die Wolken. Spätestens jetzt zahlt sich auch meine Position auf dem Turm aus. Dadurch, dass ich fast freie Rundumsicht habe, genügt ein weiterer kleiner Schwenk der Kamera nach links um diese Situation einzufangen:
Auf dem Weg zurück ins Hotel, sehe ich, daß auch eine Abkürzung über das Hotelgelände möglich ist. Dabei komme ich an einem Punkt vorbei, der es mir erlaubt, die Dorf-Szenerie von Cofino ein wenig mit ins Bild zu nehmen.
CovadongaNach dem Frühstück soll es zunächst zu der Basilika von Covadonga gehen. Da in der Kürze der Nacht weder die Straßen breiter, noch der Bus schmäler geworden ist, laufen wir dem Bus wieder ein Stück entgegen. Diesmal geht es die zweihundert Meter leicht bergauf (ja, bergab gestern abend war einfacher). Das erregt dann auch tatsächlich den Unmut einiger Teilnehmer/Innen und erinnert mich an bockige Kinder, die nicht mehr laufen wollen. Heute soll ja noch die angekündigte „anspruchsvolle Wanderstrecke“ im Gebirge auf dem Plan stehen und ich frage mich, was das dann erst werden wird, wenn hier schon zweihundert Meter auf Asphalt außerhalb des Toleranzbereichs liegen.
Nach etwas zureden geht es dann aber doch und wir sitzen alle im Bus, der uns nach Covadonga zur Basilika bringt. Die Basilika ist ein eindrucksvoller Bau, keine Frage. Zum Fotografieren reizt sie mich an diesem Morgen dennoch nicht. Zu ungünstig ist das Licht, als dass es sich lohnen würde hier nach einer geeigneten Perspektive zu suchen und die Kamera auszurichten. Bliebe noch die Möglichkeit im Inneren der Basilika zu fotografieren, was aber schon im Ansatz scheitert, da wohl gleich ein Gottesdienst stattfinden soll. Erinnern wir uns kurz: Gestern war der Tag vor Aller Heiligen, heute ist dann Aller Heiligen und zudem noch Sonntag. In dieser Kombination findet man sicher kaum schlechtere Termine um den Besuch einer spanischen Kirche zu planen. Gegenüber der Basilika gibt es zwar noch die Grotte der Jungfrau von Covadonga, aber auch da ist ziemlich Betrieb und das Licht nicht unbedingt besser. Einzig das Filmteam möchte noch ein paar Szenen mit uns drehen. Das geht aber recht schnell und so sitzen wir bald wieder im Bus.
Picos de EuropaBereits von der Basilika aus kann man Gipfel der Picos de Europa erkennen. Der Bus quält sich hinauf zu den Bergen, die bereits seit 1918 den Status eines Nationalparks haben. Ca.200 Gipfel übertreffen hier die 2000 Meter Marke. Die Straße von der Basilika hoch in den Nationalpark ist übrigens ein bekannter Anstieg aus dem Radsport und regelmäßig Ziel einer Vuelta-Etappe. Auf dem Weg den Berg hinauf, muss der Bus immer wieder die Fahrt verlangsamen, weil auf der Straße Pferde laufen. Sie finden es auf dem Asphalt wohl bequemer, als in dem mit Steinen durchsetzten Gelände links und rechts der Straße. Elena erklärt dazu, dass es sich bei den Tieren um Wildpferde handelt und noch dazu um solche, die hier in Asturien eine eigene Rasse bilden, die ‚Asturcon‘ gennant wird.
Oben, am Ende der Straße angekommen, befinden sich zwei Seen. Der Lago Enol und der Lago Ercina sind so etwas wie das touristische Tor zum Nationalpark. Hier beginnen viele Wanderwege und hier soll auch unsere Wanderung beginnen.
Auf dem großen Parkplatz stehen schon einige Busse und viele Autos und es scheinen recht viele Menschen unterwegs zu sein. Hier sollen wir auch unseren Guide treffen, der uns auf einem ca. sechs Kilometer langen Rundweg durch diese herrliche Landschaft führen wird. Er lässt allerdings noch ein wenig auf sich warten. Ich beschließe in der Zwischenzeit ein Bild von den Asturcon zu machen, schließlich mag meine Frau Pferde sehr und wenn ich zu Hause davon erzählen werde, will sie natürlich ein Bild davon sehen. Es dauert auch nicht lange, bis zwei gut genährte Exemplare in der Nähe vorbeilaufen – natürlich auf einem bequemen Weg:
Kurz darauf stößt unser Guide zu uns. Es gibt ein paar wenige Instruktionen vorab: Ist jeder fit? Kann jemand nicht gut laufen? Bitte alle zusammen bleiben, man kann sich sonst verlieren. Und so weiter und so fort. Auch Kollegen/Innen, die heute morgen nicht zum Bus laufen wollten, fühlen sich jetzt wohl wieder fit genug für die Wanderung. Na, dann kann es ja losgehen!
Noch sehen die Wolken am Himmel hell und freundlich aus, unser Guide meint jedoch das Regen aufziehen wird und wir unbedingt Jacken mitnehmen sollen. Er muss es wissen, es ist schließlich sein „Revier“, in dem wir uns befinden. Also noch eben die Regenjacke am Rucksack verstaut und der Gruppe hinterher.
Im Touristenstrom erreichen wir zuerst den Lago Enol:
In den kleinen Hütten die, die man hier oben findet und die wir auch schon auf der Anfahrt immer wieder gesehen haben, wird Käse zum reifen gelagert. Ich beschließe, mich nicht selbst davon zu überzeugen.
Dann geht es ein wenig bergauf und über einen Hügel und wir haben diese Aussicht auf den Lago Ercina:
Über den Bergen ziehen die Wolken des anstehenden Wetterwechsels auf und wir laufen am rechten Seeufer entlang und am Ende des Sees wieder ein kleines Stück bergan. Der Weg führt uns nahe an einer der Steinhütten vorbei. Ich befürchte schon, gleich von einer Käsegeruch-Wolke getroffen zu werden, aber es riecht nix. Wir warten hier ein paar Minuten auf das Film-Team, das uns auch hier bei der Wanderung begleitet. Die Kollegen stehen noch am anderen Ende des Sees und machen Zeitrafferaufnahmen. Ich nutze die Zeit bis zu ihrem Eintreffen für eine Aufnahme der Hütte und stelle dabei fest, dass sich der Himmel immer weiter zu zieht.
Unser Guide mahnt zur Eile. Wir haben immerhin noch den Großteil der Strecke vor uns. Bevor wir weiter laufen, verstaue ich schon mal alles im Rucksack. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir in den Regen kommen könnten. So ist es dann auch. Erst weht leichter Nieselregen durch die Luft, dann regnet es etwas stärker und wenig später herrscht hier oben totale Nässe! Ich ziehe die Regenhülle über den Fotorucksack und schaffe meinen Tascheninhalt aus den Hosen in die Taschen meiner Regenjacke, von der ich weiß, dass sie auch in den schlimmsten Situationen trocken hält. Das kann man von meinen Outdoorhosen nicht sagen, die haben eher Schwammwirkung und scheinen das Wasser aufzusaugen. Jetzt erklärt sich auch der günstige Preis der Hosen. Alle anderen Regenschutzmaßnahmen funktionieren wie sie sollen.
Mit dem Regen bildet sich dichter Nebel. Stellenweise sehen wir keine zwanzig Meter weit. Unser Weg ist kaum noch erkennbar, er führt querfeldein und entsprechend besorgt ist unser Guide, dass wir zusammen bleiben und keiner verloren geht. Teilweise laufen wir über Steine, die beim Regen sehr rutschig werden. Spätestens jetzt kann ich verstehen, warum die Pferde auf den befestigten Wegen bleiben. Wahrscheinlich stehen die jetzt irgendwo und schütteln den Kopf über die Menschen, die hier rumkraxeln.
Vollzählig und ohne Verletzungen erreichen wir dann irgendwann einen geschotterten Feldweg und man merkt unserem Guide die Erleichterung an. Die restlichen zwei Kilometer sind einfach nur ein ‚Regentest für Mensch und Material‘. Als wir den Parkplatz erreichen, ist unser Bus der einzige, der noch da steht. Froh aus dem Regen zu sein, steigen wir tropfnass ein und der Fahrer flucht, weil die Scheiben gnadenlos anlaufen.
Campo de CasoWir rollen erst mal wieder runter ins Tal und auch dort regnet es immer noch stark. Elena beschließt, die Stimmung im Bus, eine Mischung aus Müdigkeit und Frust über die Nässe, zu heben und lässt eine Kaffeebar ansteuern. Das war eine ganz hervorragende Idee und nach ein paar Minuten geht es zum nächsten Ziel. Dieses habe ich seit Beginn der Reise bewusst verdrängt, aber nun rückt es mit jedem Meter, mit jeder Kurve über die asturischen Landsträßchen gnadenlos und unaufhaltsam näher: Der Besuch einer Käserei! Und als wäre das noch nicht genug, hat die Käserei auch noch Fremdenzimmer und wir sollen dort übernachten. Na prima, bestimmt stinkt dort alles nach Käse – einschließlich der Bettwäsche!
Wir erreichen die Käserei erst nach Einbruch der Dunkelheit. Die ursprünglich für heute noch geplante Führung durch die Produktion soll erst morgen früh, nach dem Frühstück stattfinden. Puh, noch mal eine Nacht Aufschub. Aber es kommt noch besser. Wir erfahren, dass die Käserei zu wenig Zimmer hat und deswegen ein Teil der Gruppe, wohl oder übel, ein Ausweichquartier in einem Gasthaus im Nachbarort Campo de Caso beziehen soll. Elena ist es fast peinlich, als sie uns das sagt und sie traut sich kaum zu fragen, wer denn so nett wäre in das Gasthaus auszuweichen. Vielleicht habe ich eine zehntel Sekunde zu früh geantwortet, vielleicht klang mein „Ja! Ich!! Hier!!!“ etwas zu euphorisch. Jedenfalls schaut mich die Wirtin der Käserei recht konsterniert an und Elena weiß diesmal schon, was sie sagen muß, um die Situation zu erklären. Es finden sich noch vier weitere Kollegen und somit ist das schon mal geklärt.
Jetzt gilt es nur noch das anstehende Abendessen in der Käserei überstehen, aber was soll ich sagen? Wenns läuft, dann läufts - von Käse keine Spur und es gibt leckeren Fisch!
Anschließend geht es mit den vier freiwilligen nach Campo de Caso. Wir beziehen prima Zimmer in einem kleinen Hotel am Dorfplatz. Die Rezeption ist zugleich Dorfkneipe und somit ist auch für den Absacker gesorgt. Nach dem die Dorfkneipe zu hat, ziehe ich mit Ulli aus Franken, der ebenfalls in meiner „Schlafgruppe“ ist, noch bis weit nach Mitternacht durch das Dorf auf der Suche nach interessanten Motiven für Nachtaufnahmen. Irgendwie kommt fotografisch nix gescheites dabei rum, wir haben stattdessen einfach eine gute Zeit zusammen.
Ein paar Punkte im Dorf habe ich mir wieder gemerkt, bei denen es sich lohnen könnten zum Sonnenaufgang vor Ort zu sein. Der Wecker wird gestellt und zum letzten mal heißt es „Gute Nacht Asturien“.
p.s. habe die Bilder jetzt mal eine Nummer größer eingestellt. Ist hoffentlich nicht zu groß?