Freitag, 19.7. - Anreise nach KarlsbadWas, ihr kennt Sonneberg nicht? Das ist der Ort, in dem ich mehrfach im Monat arbeite, auch heute. Der Vorteil: Ich bin hier schon ein ganzes Stück näher an meinem Ziel. Ich beeile mich meine Aufgaben ohne Trödelei zu erledigen und kann schon gegen 14.30 Uhr aufbrechen. Laut Navi soll ich in weniger als 2,5 Stunden in Karlsbad ankommen und ich beschließe spätestens um 18 Uhr im Hotel in der Sauna zu sitzen.
Heute ist es ein wenig wechselhaft und zwischendurch regnet es ein paar Tropfen. Na, hoffentlich fängt sich das Wetter noch. Aber na klar, da bin ich fast sicher.
Die Navi leitet mich zuverlässig zum relativ nüchternen Hotel und Spa Sanssouci, einem eher modernen Zweckbau, in dem ich nun für 2 Nächte wohne. Joah, da war ich ein bisschen geizig, denn Karlsbad hat eine Menge stilvollere Unterkünfte zu bieten, außerhalb der Saison oder an wenig gefragten Wochenenden auch für kleines Geld.
Nun gut, der Wellnessbereich ist auch eher unspektakulär, aber für 2 Saunagänge zur Entspannung und eine Runde im großen Innenpool reicht es schon.
Dann mache ich mich auf zu einer ersten Stadterkundung: Es sind zu Fuß etwa 10 Minuten zum Grandhotel Pupp. Und hier beginnt die lang gezogene Innenstadt von Karlsbad, ein geschlossenes Jugendstil-Stadtbild, das kaum Anzeichen der sozialistischen Vergangenheit aufweist.
Als ich das noble und traditionsreiche Pupp passiere, bedaure ich ein wenig, dass ich nicht hier ein Zimmer genommen habe, das durchaus erschwinglich gewesen wäre.
Die Karlsbader Innenstadt zieht sich über eine ewig weite Strecke immer am Flussbett entlang.
Ich staune nur noch. Mein letzter Besuch hier lag in der Zeit, als ich in Chemnitz wohnte, was schon 20 Jahre her ist. Von dort aus ist man im Nu in Karlsbad. Damals hatte die Stadt einen maroden Charme, und ich hatte immer vor meinem inneren Auge, wie es wohl sein könnte, wenn hier alles saniert ist. Es herrschte damals Zauberbergatmosphäre, parken konnte man überall auch an zentralen Stellen, und viel Gastronomie gab es noch nicht.
Heutzutage strahlt die Stadt bunt herausgeputzt mit allen Vor- und Nachteilen. Das Entdeckerflair ist halt weg aus der Zeit als ich so gar nicht wusste, was mich erwartet und ich einfach auf gut Glück losgefahren bin, um die Gegend hinter der Grenze meiner damaligen neuen Heimat zu entdecken.
Ich schaue hier und da in Schaufenster, wo vor allem für den osteuropäischen Geschmack und für Neureiche vieles geboten wird: Viel Kitsch und viel teures Designerzeug ist hier vor allem zu haben.
Ich hangele mich mal auf der einen und mal auf der anderen Seite des Flüsschens Tepla von Trinkanlage zu Trinkanlage, durch nett angelegte Grünanlagen und immer wieder entlang der sorgfältig sanierten Häuserfronten: Goethe, Freud, Beethoven, alle waren sie hier, und alle werden sie in irgendeiner Form geehrt.
Aber es gibt auch viel Gastronomie: Vor allem Böhmische Küche, Italiener und jede Menge Cafés. So langsam bekomme ich Hunger. Dennoch gehe ich durch die gesamte Innenstadt, vorbei an dem einzigen tatsächlichen sozialistischen Schandfleck, dem Hotel Thermal, und komme am Beginn der modernen Fußgängerzone an mit Rossmann und den üblichen Kettengeschäften. Mich hier umzusehen habe ich aber keine Lust mehr, sodass ich in ein einladendes Lokal einkehre.
Es gibt einen gebackenen Ziegenkäse, eine halbe Ente (habe ich nicht geschafft), 3 Martini und ein Wasser für unter 30 Euro. Und ja, man kann, wenn man will, mit Euro zahlen, und das hier ist ein Lokal, in dem auch korrekt und fair umgerechnet wird, und in dem auch nicht plötzlich ein Couvert oder 10% Bediengeld aufgeschlagen werden.
Der Weg zurück ist lang, und ich lasse mir Zeit. Auch wenn es heute ein wenig trüb ist, es ist nicht kalt und es regnet nicht, sodass mich nichts antreibt mich zu beeilen. Das letzte Stückchen zum Hotel führt über einen stockdusteren Weg über etwa 150 Meter in Kehren einen Abhang hinauf, das ist etwas gruselig, aber schon bin ich da und zerstreue mich noch ein bisschen mit den zahlreichen TV-Sendern.