Autor Thema: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018  (Gelesen 121559 mal)

serendipity

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Lust auf Nebel, Regen, Midgets, Geiz, Schottenröcke, Haggis und Schafe - na dann, herzlich Willkommen!

Prolog

Nachdem ich 2016 von Norwegen zurück kam, wurde mir klar, dass ich im Sommer auch immer mal wieder Ziele im Norden und Westen Europas ansteuern möchte. Die Temperaturen reizen zum Aktiv sein - in Südfrankreich werde ich regelmäßig zur Pool-Potatoe und wechsel nur mehrmals täglich meinen Aufenthaltsort innerhalb weniger Meter: Küche, Terrasse (Schatten), Pool, Terrasse, Pool, Terrasse, Pool und abends noch einmal Küche. Sogar Einkaufen oder Essen gehen sind nur mit viel Schweiß verbunden und "irgendwie" anstrengend.

Da schon 2017 klar war, dass ich wieder alleine reisen werde, war die Wahl des Ziels gar nicht schwer: Andrea, Silvia, Susan und Horst hatten mit ihren Berichten da so einen Stachel in mir gesetzt.

Nachdem die Würfel für Schottland gefallen waren, gab es noch viel zu tun. Zunächst die Überlegung Flug und Mietwagen oder Fähre und eigenes Auto. Da Schottland bekanntlich zum Britischen Königsreich gehört (wenn auch nicht unbedingt gerne) muss man links fahren und davor hatte ich ordentlich Respekt - gelinde ausgedrückt - nein, es machte mir richtig Angst. Angst kann ich am besten in heimischen Gefilden bekämpfen und so entschied ich mich für mein heimisches Dickschiff und somit die Fähre von Ijmuiden nach Newcastle.

Diese buchte ich dann im Januar 2018 - übrigens für den gleichen Preis, der im Dezember ausgeschrieben war, obwohl es bis dahin eigentlich Frühbucher-Rabatt geben sollte ;)

"Schottland? Was willst du da? Da gibt es doch nur Schafe." "Schottland - ein wunderbares Land!" - so verschiedenen waren die Reaktionen auf mein Reiseziel.
Da ich Schafe mag, war meine Wahl genau die richtige, wie sich herausstellen sollte.

Dann ging es an die Planung und die Buchung von Unterkünften. Gerne wollte ich wieder den Wechsel Hotel, B&B und Ferienwohnungen bzw. -häuser und dies ist mir auch gelungen. Fast alle Unterkünfte würde ich wieder buchen, falls nicht, waren es wirklich nur Kleinigkeiten, die mich gestört haben, deshalb wird es dieses Mal im Bericht auch immer eine ausführliche Unterkunftsbeschreibung geben.

Kurz vor meiner Abreise hat sich die Welt dann noch einmal für mich überschlagen. Ende Mai verstarb völlig überraschend mein großer Bruder. Dies habe ich erst eine Woche nach seinem Tod erfahren und meine Schwestern weilten im Ausland. Schock und Trauer und die Verantwortung der ersten Schritte für eine entsprechende Verabschiedung lagen plötzlich in meinen Händen, dazu der Abschluss des Schuljahres und die Vorbereitungen fürs neue Schuljahr - ich war am Limit und kurz davor meine Reise zu stornieren. Peter war mir - wie immer - eine große Stütze, aber auch Jan, meine Schwestern und der Zuspruch aus dem Forum haben mich von diesem Schritt abgehalten.

Am 29. Juni haben wir meinen Bruder auf seiner letzten Reise begleitet - fast einen Monat nach seinem plötzlichen Herztod. Es war eine würdige und schöne Feier - ihm hätte es gefallen, glaube ich. Und während ich diese Worte schreibe, rollen schon wieder die Tränen. Das Leben kann manchmal schon ein echtes Arschloch sein!

Die letzten Tage vor meiner Reise waren voll bis oben hin - der neue Stundenplan sollte fertig sein, die LUSD auf dem neuesten Stand, Wäsche waschen und bügeln, die Vorräte für Peter anlegen, putzen und die das letzte Wochenende mit den Kindern trotz Trauerfeier möglichst schön gestalten. Am Sonntagabend war schließlich alles gepackt, das Auto voll getankt, alle Unterlagen 3x gecheckt - mein Schottland-Abenteuer konnte beginnen.

So ungefähr sah meine Route aus:



Immer noch Lust mitzukommen, dann nichts wie rein ins Auto - es ist noch viel Platz!

 

 

Andrea

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #1 am: 23. August 2018, 22:13:19 »
Wow, du legst auch schon los mit dem Bericht? Da bekomme ich ja fast ein schlechtes Gewissen, aber meine Ausrede ist gar nicht so schlecht: die Fotos unseres Begleiters bekomme ich erst nächste Woche. Aber drei Berichte auf einmal wären ja auch zuviel (so ein Quatsch!).

Also nehme ich sehr gerne Platz in deinem Autochen - nach Schottland kann ich immer. Los gehts!
Liebe Grüße, Andrea



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Christina

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #2 am: 24. August 2018, 18:12:02 »
Von New York direkt nach Schottland gewechselt - perfekt! Ich bin natürlich sehr gerne dabei, Schottland hat bei mir dieses Jahr nur knapp gegen Wales "verloren", bleibt aber weiterhin auf der Liste ganz oben.

Beim Auto geht es mir gerade andersherum wie dir, auch ich habe Angst vor dem Fahren auf der falschen Seite, ein Mietauto ist mir aber viel lieber, da kann ich etwas kleines nehmen, was es auf den engen Strassen einfacher macht und wenn es doch einen Kratzer oder eine Beule geben sollte, muss ich mich weder mit Werktstattterminen noch mit irgendwelchen Nachwirkungen herumschlagen, sondern kann das Auto einfach am Ende wieder abgeben. Wobei ich das Glück habe, nicht alleine fahren zu müssen und Peter ein sehr guter Autofahrer ist, der schon zweimal auf Jersey den Linksverkehr gemeistert hat. Dieses Mal habe ich mir vorgenommen auch mal selbst zu fahren, so dass ich mich Zukunft auch mal alleine auf die Insel traue.



LG Christina

serendipity

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #3 am: 25. August 2018, 09:36:54 »
Also nehme ich sehr gerne Platz in deinem Autochen - nach Schottland kann ich immer. Los gehts!

Mit dir habe ich fest gerechnet, Andrea  ;) - schließlich bist du ja auch mitschuldig an meiner Wahl des Reiselandes.

Beim Auto geht es mir gerade andersherum wie dir, auch ich habe Angst vor dem Fahren auf der falschen Seite, ein Mietauto ist mir aber viel lieber, da kann ich etwas kleines nehmen, was es auf den engen Strassen einfacher macht und wenn es doch einen Kratzer oder eine Beule geben sollte, muss ich mich weder mit Werktstattterminen noch mit irgendwelchen Nachwirkungen herumschlagen, sondern kann das Auto einfach am Ende wieder abgeben. Wobei ich das Glück habe, nicht alleine fahren zu müssen und Peter ein sehr guter Autofahrer ist, der schon zweimal auf Jersey den Linksverkehr gemeistert hat. Dieses Mal habe ich mir vorgenommen auch mal selbst zu fahren, so dass ich mich Zukunft auch mal alleine auf die Insel traue.

Ohne viel vorweg zu nehmen, kann ich sagen, meine Bedenken waren vollkommen unbegründet. Das Linksfahren ist kein Hexenwerk und mein Auto war geradezu prädestiniert  ;)

Schön,dass du dabei bist Christina und vielleicht schieben unsere Berichte Schottland ja noch ein Stück weiter hoch  ;)

Ilona

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #4 am: 25. August 2018, 09:44:32 »
Zitat
Am 29. Juni haben wir meinen Bruder auf seiner letzten Reise begleitet - fast einen Monat nach seinem plötzlichen Herztod. Es war eine würdige und schöne Feier - ihm hätte es gefallen, glaube ich. Und während ich diese Worte schreibe, rollen schon wieder die Tränen. Das Leben kann manchmal schon ein echtes Arschloch sein!

Besser hätte man es nicht ausdrücken können, Gabi. Mein herzliches Beileid nachträglich.

Ich bin gespannt, was du so berichtest, werde aber nicht immer zeitnahe folgen können.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


serendipity

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #5 am: 25. August 2018, 10:52:56 »
Schön, dass du auch dabei bist, Ilona. Lass dir Zeit, hier läuft ja nichts weg.

serendipity

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #6 am: 25. August 2018, 11:01:15 »
Montag, 2. Juli 2018 - Anreise

Mein Abenteuer beginnt um 7.35 Uhr: Das Auto ist gepackt, ich verabschiede mich von Peter und mache mich auf den Weg nach Holland. Anke (meine Navitante) sagt mir 470 km voraus, das sollte ja locker zu schaffen sein.

Viele Baustellen begleiten meinen Weg durch Deutschland - ich glaube, es gibt kein Land, wo so viel an Autobahnen gebaut wird. Das macht das Fahren etwas anstrengend und ich merke auch die letzten Wochen und den mangelnden Schlaf. So mache ich schon gegen 10 Uhr meine erste richtige Pause und gehe erst einmal frühstücken. Nach einem großen Cappuccino und einem Käsebrötchen geht es mir wieder besser.

Ich lege eine CD von Simon & Garfunkel in den CD Player - erstaunlich, ich kann fast alle Lieder noch mitsingen und tue dies auch lauthals, damit die Müdigkeit gar keine Chancen hat.

Gegen 12 Uhr werde ich von dieser aber doch übermannt. Nichts hilft mehr: kein Singen, kein Fenster öffnen, kein Gezappel auf dem Fahrersitz. Ich fahre auf den nächsten Parkplatz, stelle den Sitz in eine gemütliche Position und schlafe 20 Minuten wirklich tief und fest, gut, dass ich meinen Handywecker gestellt habe. ;)

Gegen 13.30 Uhr erreiche ich Ijmuiden, Anke kennt den Weg zum Fährterminal, weiß jedoch nichts von einer großen Baustelle. So muss ich wenden und mir selbst den neuen Weg suchen. Ich stelle Anké ab, bevor sie sauer wird, denn ihre dauernden Hinweise zum Wenden muss ich natürlich irgnorieren und ich will es mir mit ihr nicht verscherzen, denn ich brauche sie noch.

Im Hafengebiet gibt es einige Fischläden, in welchen man auch frischen Fisch verzehren kann. Da ich dringend auf Toilette muss, halte ich an. Leider haben alle Läden keine Toilette, so dass ich ohne Toilettengang und Essen weiterfahre. Und dann geht alles ganz schnell. Es sind so früh nur wenige Autos unterwegs und ich bekomme meine Karten für Auto und Kabine und kann sofort aufs Schiff fahren.

Da rutscht mir schon der erste Stein vom Herzen, denn es ist genügend Platz zum Aussteigen. Ich schnappe meinen Rucksack und meine Jacke und mache ich auf den Weg zu meiner Kabine. Dabei wird mir noch eine weitere Karte in die Hand gedrückt, auf der vermerkt ist, auf welchem Deck und bei welcher Tür mein Auto steht:







Die Kabine ist winzig, zu zweit könnte man sich nur sehr sparsam bewegen. Überhaupt wirkt das ganze Schiff ein wenig abgeranzt. Da war die Fähre der Colorline von Oslo nach Kiel doch ein ganz anderes Kaliber und hatte fast ein wenig "Kreuzfahrt-Charakter".
Egal, für eine Nacht werde ich auch hier schlafen können.

Aus Susans Bericht weiß ich von der Sky-Bar und mache mich auf den Weg dorthin. Noch ist wenig los, ich hole mir zwei Bier und eine Cola und belege einen Tisch in der Sonne. Hier verbringe ich die nächsten Stunden lesend, Menschen guckend, Bier trinkend und mich auf die nächsten Wochen freuend.





Mit der Überfahrt und der Kabine hatte ich auch das Abendessen und Frühstück im Buffet-Restaurant gebucht. Dorthin begebe ich mich dann um 19.45 Uhr - was ein Gewusel und das Essen eher unterdurchschnittlich. Es gibt ein Vorspeisenbuffet, ein Salatbuffet, internationale "Spezialitäten" (mediteran, asiatisch, BBQ) sowie "Spezialitäten" aus Holland und England. Fleisch und Fisch sind totgekocht und trocken und Pommes, naja, dafür ist dann der Preis von 19.95 € mehr als heftig. Im nächsten Jahr werde ich auf jeden Fall darauf verzichten. Ich habe jedoch einen großen Teller mit Vorspeisen, die nun auch keine große Küche sind, die man aber essen kann.



Nach dem Essen unternehme ich noch einen kleinen Verdauungsspaziergang auf dem Schiff und liege schließlich um 21.30 Uhr im Bett. Eigentlich will ich noch etwas lesen, aber ich komme nicht über eine Seite hinaus und bin auch schon eingeschlafen.

Susan

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #7 am: 25. August 2018, 12:21:40 »
Hey, ich bin natürlich auch dabei  8) Schließlich bin ich gespannt, was du so alles auf der Route erlebt hast.

Ich bin auch immer wieder überrascht, wie viele (und zum Teil welche  ;) ) Liedtexte mein Gehirn gespeichert hat. Darf aber immer nur leise mitsingen  ;) Oft sogar unbewusst, hört man dann auf unserem Videorohmaterial  ^-^  Mit dem Essen an Bord hatten wir wohl etwas mehr Glück, fand zumindest das Fleisch okay. Das nächste Mal werden wir wohl aber auch lieber ein paar belegte Brötchen einschmuggeln.

Zitat
Am 29. Juni haben wir meinen Bruder auf seiner letzten Reise begleitet - fast einen Monat nach seinem plötzlichen Herztod. Es war eine würdige und schöne Feier - ihm hätte es gefallen, glaube ich. Und während ich diese Worte schreibe, rollen schon wieder die Tränen. Das Leben kann manchmal schon ein echtes Arschloch sein!

 :knuddel:
Liebe Grüße
Susan


serendipity

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #8 am: 25. August 2018, 13:01:01 »
Hey, ich bin natürlich auch dabei  8) Schließlich bin ich gespannt, was du so alles auf der Route erlebt hast.

Ich bin auch immer wieder überrascht, wie viele (und zum Teil welche  ;) ) Liedtexte mein Gehirn gespeichert hat. Darf aber immer nur leise mitsingen  ;) Oft sogar unbewusst, hört man dann auf unserem Videorohmaterial  ^-^  Mit dem Essen an Bord hatten wir wohl etwas mehr Glück, fand zumindest das Fleisch okay. Das nächste Mal werden wir wohl aber auch lieber ein paar belegte Brötchen einschmuggeln. ...

Herzlich Willkommen, Susan! Freue mich, dass du mit an Bord bist, denn unsere Ziele waren ja teilweise gleich und doch anders, das macht es besonders spannend  ;)

Ein paar Vorteile muss das Alleinreisen ja haben und wenn es nur das laute Singen ist  ;D

Oh, es sei euch gegönnt mit dem Essen - bei meinen Ribs z.B. wusste man wirklich nicht mehr, was Fleisch oder Knochen war  :o Das nächste Mal würde ich lecker Fisch in Ijmuiden essen und abends dann verzichten, trinke ich dann lieber drei Bier  ;D

serendipity

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #9 am: 25. August 2018, 19:30:09 »
Dienstag, 3. Juli 2018 - Lost in roundabouts und ein langersehnter Wunsch geht in Erfüllung

Gestern Abend sah ich ein Plakat am Buffet-Restaurant, welches die günstigste Frühstückszeit anzeigte. Ok, 7 Uhr ist okay für mich, also stellte ich gestern noch den Wecker, dabei habe ich jedoch nicht die Zeitverschiebung bedacht *doof*.

Ich habe gut geschlafen und das Klingeln des Weckers macht mir nix aus. Auf die Dusche verzichte ich, denn es ist eine auf dem "Klo-sitz-Dusche", die hasse ich, auch wenn sich eindeutig Zeit sparen lässt ;)
Nach ordentlicher Wäsche und dem obligatorischen Haare richten, starte ich zum Restaurant. Huch, soviel los - haben sich wohl alle das Plakat zu Herzen

genommen. Erst einige Zeit später realisiere ich, dass es schon nach 8 Uhr ist.

Auch das Frühstück reißt mich nicht vom Hocker. Rührei aus dem Tetrapack ist einfach widerlich. Ich begnüge mich mit Brötchen, Käse, Melone. Auch der Kaffee schmeckt nicht wirklich. Der Online-Preis von 14,95 € ist völlig überzogen  für die Qualität, zudem herrscht eine hektische Atmosphäre. Ein Kellner kommt mit frischem O-Saft durch die Tische, das Glas für 3,95 €. Nein, Danke!

Ich hole mir im Anschluss einen Starbucks-Kaffee auf einem anderen Deck und genieße die frische Seeluft.



Spannend geht anders ;)

Die Nicht-Spannung ist jedoch nur äußerlich. Innerlich steigt mein Adrenalinspiegel mit jeder Seemeile Richtung Newcastle. "Ich muss gleich links fahren. Ich muss gleich links fahren", sagt die Stimme in meinem Kopf.

Ich packe meine wenigen Habseligkeiten in der Kabine zusammen - übrigens waren die Temperaturen in der Nacht dort völlig ok, Susan hatte ja von Hitze berichtet, die sie am Schlaf hinderten.

Die Organisation ist perfekt und ich finde sofort meinen Abgang zu Door 50. Ich bin froh nur den kleinen Rucksack zu haben, denn die Treppe ist schmal. Im Auto stöpsel ich gleich Anke an und da ist sie wieder, die Stimme "Ich muss gleich links fahren!" - dieses Mal ist sie lauter!

Vom Schiff herunter gibt es zwei Schlangen zur Einreise und es geht nur sehr langsam vorwärts. Um meinen Pass zu zeigen,  muss ich aussteigen, denn der freundliche Beamte sitzt auf meiner Beifahrerseite im Häuschen. Er will noch ein Blick ins Auto werfen, damit ich niemand einschmuggel. Wenn er wüsste, wie sehr ich mich auf drei Wochen Ruhe freue, hätte er dies nicht nötig gehabt. Aber ein wenig freue ich mich ja auch um jede Verzögerung, denn so muss ich noch nicht gleich in den britischen Straßenverkehr, hahaha.

Als ich dann wirklich durch bin, werde ich gleich voll erwischt. Kaum von der Fähre, gibt es gefühlte 3578 roundabouts - also Kreisverkehre. Es ist wenig Verkehr und so kann ich diese wirklich ausgiebig nutzen. Ich fahre manchmal zwei Mal und einmal schaffe ich sogar eine dritte Runde - langsam mache ich mir schon über mein Vorhaben, heute noch Edinburgh zu erreichen, Gedanken. Vor allem diese Blinkerei nach rechts und links macht mich narrisch. Gibt es eine Statistik, wie viel mehr Blinkerlampen die Briten verbrauchen?
Sonst ist das mit Linksverkehr ja gar nicht so schlimm und ich entspanne mich mit jedem gefahrenen Kilometer mehr. Irgendwann lache ich laut, über den Kopf, den ich mir vorher gemacht habe.

Anke und die guten Beschilderungen bringen mich schnell auf die A1, die ich nach ca. 1 1/2 Stunden aber auch schon wieder verlasse, denn ich will nach Holy Island.

Lindisfarne, auch Holy Island genannt, ist eine Gezeiteninsel in England an der Nordostküste Northumberlands. Ein großer Teil der Insel sowie die Gezeitenzone sind ein Vogelschutzgebiet. Hier können bis zu 300 Vogelarten, sowohl Zugvögel als auch einheimische Vögel, beobachtet werden. Lindisfarne ist mit der Küste durch eine nur bei Niedrigwasser befahrbare Straße verbunden. (Wikipedia)

 
Im Vorfeld hatte ich mich auf dieser Seite schlau gemacht, ob eine Zufahrt zu meiner Zeit möglich wäre. Jap, es passt.

Nun lasse ich erst einmal ein paar Bilder sprechen:







Hach, was ist es hier schön! Da mir unterwegs kaum Fahrzeuge begegnen, bin ich am Ende der Straße total geschockt, als ich den riesigen und auch vollen Parkplatz befahre. Wenn all diese Fahrer, Beifahrer und evtl. auch noch Rückbanksitzer auf der kleinen Insel sind, wird es mehr als voll dort sein! Mein Menschenmassen-Ertrag-Glas war von der Fähre noch gut gefüllt und ich beschließe lieber etwas in die Natur auszuweichen. Ich wende und suche mir einen Parkplatz am Causeway.















Ich genieße die Sonne, die Natur und das Alleinsein.

Vor allem das letzte klingt irgendwie blöd. Es ist ja nicht so, dass ich mit anderen Menschen und vor allem meinem Mann keinen Urlaub machen kann oder möchte. Aber das Wissen nur mir selbst gegenüber für alle Entscheidungen verantwortlich zu sein, kann doch auch sehr erleichternd sein.

Wieder am Auto befreie ich mich vom Pirri-Pirri-Bur, welches wirklich überall festhängt und setze meine Reise fort.











Mein nächstes Ziel heißt North Berwick und liegt schon in Schottland. Ich muss also die Grenze England - Schottland passieren.





Irgendwie lustig hier: viele Schotten halten an und machen ein Selfie mit dem Begrüßungsschild. Wer nicht hält, hupt drei Mal. Alles andere sind wohl keine Schotten ;)

Ich mache mich weiter auf den Weg nach North-Berwick und gerate schon ein wenig in Stress, denn ich habe eine Bootsfahrt gebucht.

Ich finde einen Parkplatz in der Nähe des Visitor-Centers, habe jedoch keine Zeit mehr dieses zu besuchen und meinen Puffin zu adoptieren, wie ich geplant hatte. Meine Bootsfahrt wartet. Mein Ticket bekomme ich direkt am Hafen und muss nur noch wenige Minuten warten.



Ich setze mich auf die rechte Seite - konnte ja noch nicht wissen, dass dies die A-Loch-Seite ist, Unter meinem Sitz ist irgendetwas angebracht und ich hole mir während der Fahrt einige kleine Wunden und blaue Flecken an den Unterschenkeln. Murphys Geetz schlägt also voll zu und trotzdem genieße ich jede Minute.









Yeah, mein erster Puffin - eigentlich kann ich nun wieder nach Hause fahren! Er ist so weit weg und trotzdem so eindrücklich - dieses Landen mit der Brust voraus. Ein echter, wirklicher Puffin  - ich bin im siebten Puffin-Himmel, es kann nur noch besser werden.



















Auf dem Rückweg erleben wir tatsächlich noch Delfine - leider sitze ich auf der falschen Seite. Ich erhasche zwar Blicke auf diese, aber Fotos sind in der vierten Reihe nicht drin :(
Ich ärgere mich genau 2 Minuten darüber, dann bin ich einfach nur glücklich - der erste Tag der Reise und ich habe Puffins und Delfine gesehen und erlebt - eigentlich kann ich wieder nach Hause fahren.

Auf dem Rückweg genieße ich die Blicke auf die Küste und freue mich meines Lebens:





Wieder angekommen genieße ich zunächst den Hafen und beschließe etwas bei Lobster Shack zu essen.









Die Preise für den halben Lobster sind mehr als im Rahmen, aber ich bin nicht so wirklich hungrig und entscheide mich für Tintenfisch.



Leider wandern auch dabei die Chips/Pommes fast ganz im Müll, da die Portion einfach viel zu groß war.

Ich spaziere noch ein wenig an der Küste entlang - ich habe nämlich auf Stadt und damit Edinburgh gerade so gar keine Lust!













Das Visitor-Center hat mittlerweile geschlossen, aber ich kann meinen Puffin ja auch online adoptieren
.
So mache ich auf dem Weg zum Auto nur ein paar Fotos und dann muss ich wohl in die Stadt.









Ich trödle rum, ich habe keine Lust auf eine Stadt und ärgere mich über meine Planung.
Trotzdem führen mich Anke und mein Dickschiff nach Edinburgh. Spätestens hier lerne ich das Linksfahren richtig und überhaupt, wer kann so viele roundabouts haben?

Als ich im Vorbeifahren zum ersten Mal mein Hotel erblicke, bin ich erleichert - jetzt noch parken und ich habe meine erste Prüfung bestanden.

Parken, hahaha! Das Hotel hat ca. acht Parkplätze in einem Parkhaus, zu meiner Ankunftszeit 0 Parkplätze. Ich fahre rund, rund und nochmals rund ums Hotel. Nach einer 3/4 Stunde bin ich so etwas von entnervt, hätte mich jemand angesprochen, ich glaube, ich wäre zu einem körperlichen Übergriff bereit gewesen. Nach einer weiteren halbe Stunde biege ich in eine andere Straße ein und bekomme den letzten Parkplatz, der bis morgen 8.30 Uhr kostenfrei ist. Alles egal, ich parke und packe erst einmal meinen Rucksack neu, denn ich habe keine Lust meine Tasche durch halb Edinburgh zu ziehen. Ich bin maximal angepisst von mir und meiner total blöden Planung, als ich schließlich die Rezeption des Novotels erreiche. Ich checke ohne Probleme ein, das Zimmer ist schön und Frühstück entgegen meiner Buchung im Preis inklusive. Raus kriegt mich aber niemand mehr, obwohl dies anders geplant war. Ich bin  müde und schaffe gerade noch den Weg ins große Bett.









Andrea

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #10 am: 25. August 2018, 21:44:37 »
Wow, grandioser Start! Das kann ja kaum noch zu toppen sein...  :thumb:
Liebe Grüße, Andrea



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Silv

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #11 am: 26. August 2018, 07:34:53 »
Jetzt war ich nicht schnell genug....ich mag doch auch mit!  :)

Die Schotten stopfen die Bettdecke also auch unter die Matratze.

Liebe Grüße
Silvia

Ilona

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #12 am: 26. August 2018, 11:25:36 »
Zitat
Auch das Frühstück reißt mich nicht vom Hocker. Rührei aus dem Tetrapack ist einfach widerlich. Ich begnüge mich mit Brötchen, Käse, Melone. Auch der Kaffee schmeckt nicht wirklich. Der Online-Preis von 14,95 € ist völlig überzogen  für die Qualität, zudem herrscht eine hektische Atmosphäre. Ein Kellner kommt mit frischem O-Saft durch die Tische, das Glas für 3,95 €. Nein, Danke!

 ::) Das sind ja Preise wie auf dem Kreuzfahrtdampfer.

Herrlich :adieu:, dass du gleich von Puffins willkommen geheißen wurdest.
Liebe Grüße

Ilona

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #13 am: 26. August 2018, 12:35:53 »
Jetzt war ich nicht schnell genug....ich mag doch auch mit!  :)

Die Schotten stopfen die Bettdecke also auch unter die Matratze.

Herzlich Willkommen, Silvia!

Das Bettdecken-Stopfen ist schon eine komische Angewohnheit, vor allem weil es selten ordentlich aussieht  ;)

Herrlich :adieu:, dass du gleich von Puffins willkommen geheißen wurdest.

Ja, das war schon schön - ich wusste ja nicht, was mich am letzten Tag noch erwartet  ;)

Rainer

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Re: High on the misty mountains ... Mein Schottland-Roadtrip im Juli 2018
« Antwort #14 am: 26. August 2018, 21:14:06 »
::) Das sind ja Preise wie auf dem Kreuzfahrtdampfer.

Auch ein Vorurteil ist ein Urteil...

Ich weiß nicht, welche Kreuzfahrtdampfer Du konkret meinst, aber auf allen mir bisher bekannten Kreuzfahrtdampfern kostet das (sehr gute) Frühstücksbuffet genau NICHTS. Finde ich jetzt ehrlich nicht sonderlich teuer.