Montag, 9. Juli 2018 - Von Klippen und LeuchttürmenSchon gestern hatte ich meine Frühstückszeit für 7.30 Uhr festgelegt. Der kleine Frühstücksraum ist nett eingerichtet und hat große Fenster mit herrlichem Ausblick. Nur das Wetter will nicht so wie ich, es ist eher grau statt blau, aber immerhin trocken.
Ich genieße wieder ein Full Scottish Breakfast: Spiegelei, Bacon, Würstchen, Blackpudding und Champignons - die Tomate lass ich immer weg
. Dazu mache ich mir einen Toast und es gibt guten Kaffee.Beim Auschecken überrascht mich Kathie, sie hat den Preis für mein Zimmer bei booking.com um 15 Pfund reduziert - solche Überraschungen mag ich ja
Ich habe mich aber wirkilich sehr wohl gefühlt und kann diese Unterkunft im Norden nur empfehlen.
Heute habe ich nur wenige Meilen vor mir, aber genügend Stationen und einige kleine Spaziergänge. Um 9 Uhr ist das Auto gepackt und ich fahre zunächst die kurze Strecke zum Parkplatz des Nybster Broch. Ein Broch ist ein runder, fensterloser, eisenzeitlicher Turm, der in Schottland, dort insbesondere in Caithness, aber auch auf den vorgelagerten Inseln (Orkney, Shetland und Hebriden) zu finden ist. Hier wollte ich gestern Abend mein Picknick genießen - irgendwie soll es nicht sein, auch heute fängt es an zu regnen, als ich aussteige. Es gibt also nur ein paar schnelle Fotos.
Der Weg zum Broch ist kaum sichtbar, viele Menschen verirren sich scheinbar nicht hierhin. Er führt teilweise an den Klippen entlang, das Gras ist nass und ganz schnell habe ich nasse Turnschuhe und Hosen
Vom Broch selbst sind nur noch Grundmauern zu sehen, deshalb halte mich gar nicht lange auf.
Nach ca. 30 Minuten bin ich wieder am Auto und wechsle Socken und Schuhe, für meinen nächsten Spaziergang sind die Wanderschuhe bestimmt besser geeignet. Dann trockne ich die Kamera und fahre weiter nach John O'Groats.
Ist das nicht ein toller Name? Und wer weiß schon, wo John O'Groats liegt?
John o’ Groats ist ein Ort in der Grafschaft Caithness an der Nordostspitze Schottlands. Er hat etwa 300 Einwohner.
Streng genommen ist er nicht der nördlichste Punkt der britischen Hauptinsel; das ist Dunnet Head, liegt etwas weiter westlich und hat keine Ortschaft. John o’ Groats liegt in der Nord-Süd-Achse nur etwas über zwei Kilometer südlicher, aber noch fast 25 km weiter östlich dieses Landpunktes an der Nordostspitze Schottlands. Da diese das gefühlte – weil am weitesten entfernte – „eigentliche“ andere Landesende der Entfernungs-Diagonale zu Land’s End (was auch nicht der südlichste Landpunkt ist, das ist Lizard Point) darstellt, ist das Dörfchen das Maß aller Entfernungen in Großbritannien: Einmal durchs ganze Land ist gleichbedeutend mit Von John o’ Groats nach Land’s End.
Diese 874 Meilen (1406 km) bilden die weiteste direkte Straßenentfernung zwischen zwei Orten auf der Hauptinsel. Dies entspricht der Entfernung zwischen Hamburg und Monaco. (Wikipedia) Viel zu sehen gibt es hier nicht, aber das Kunstwerk und den Wegweiser muss ich doch ablichten.
Jedenfalls gibt es keinen Grund hier länger zu verweilen, man könnte noch ein Cafe und einen Souveniershop besuchen, aber darauf habe ich keine Lust und fahre weiter auf einer hübschen Single Track Road nach Duncansby Head.
Duncansby Head ist die Nordostspitze von Schottland, nahe der Ortschaft John o’ Groats. Auf den steilen Klippen steht ein 1924 errichteter Leuchtturm. Spektakulär ist Duncansby Head vor allem wegen seiner zerklüfteten Felsformationen und Felsnadeln, den so genannten Duncansby Stacks. In den Klippen nisten viele seltene Seevögel, darunter auch die Papageitaucher. (Wikipedia)Trotz des eher bescheidenen Wetters ist hier doch einiges los. Ich packe das Tele und das Regencape in den Rucksack, hoffe ich doch auf Puffins, und mache mich auf den Weg, nachdem ich rund um den Leuchtturm ein paar Fotos gemacht habe.
Ein wenig ungemütlich ist es heute schon, manchmal tröpfelt es, aber es regnet nicht. Es ist auch nicht kalt oder windig, so dass ich im T-Shirt laufen kann. Der Weg ist an manchen Stellen matschig, es sind einige Leute unterwegs - trotzdem sind die Blicke auf die Küste natürlich herrlich.
Ich sehe zwar einige Puffins fliegen, kann aber keine in den Felsen entdecken. Schade.
Nach ca. zwei Stunden bin ich wieder am Auto, wenigstens sind die Füße in den Wanderschuhen trocken geblieben, trotzdem wechsle ich die Schuhe, in Sneakern lässt es sich besser Auto fahren - außerdem gönne ich mir einen leckeren kalten Starbuckskaffee und eine Banane, bevor ich meinen Weg fortsetze.
Unterwegs endlich die ersten Schafe auf der Straße - jetzt bin ich wirklich angekommen
Mein Weg führt mich zum Castle of Mey.
Das Castle of Mey wurde im 16. Jahrhundert von George Sinclair, 4. Earl of Caithness, gebaut. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von den Earls of Caithness als Residenz genutzt, dann aber außerhalb der Familie vererbt und die Anlage verfiel teilweise. Bei gutem Wetter sind vom Schloss aus die Orkney Inseln zu sehen.
1952 kaufte Königin Elizabeth, die Witwe des kurz zuvor verstorbenen Königs Georg VI., das Anwesen. Sie stammte aus Schottland und fühlte sich in der Abgeschiedenheit heimisch. Es war die einzige Immobilie, die ihr je selbst gehörte. Sie ließ das Castle of Mey grundlegend renovieren. Unter anderem versah sie es erstmals mit Strom- und Wasseranschluss. Es wurde von ihr von 1955 bis zu ihrem Tode als Urlaubsdomizil in den Monaten August und Oktober genutzt.
Entsprechend den testamentarischen Vorgaben wurde nach ihrem Tode im Jahre 2002 der Queen Elizabeth Castle of Mey Trust gegründet, der das Anwesen nun verwaltet. Es ist der Öffentlichkeit zugänglich, wenn es nicht von Mitgliedern der königlichen Familie benutzt wird. Prinz Charles hält sich hier in der Regel Anfang August eine Woche lang auf.
Im Schloss soll der Geist der grünen Lady spuken. Dabei soll es sich um die Tochter des 5. Earl of Caithness handeln. Diese hatte sich in einen Landarbeiter verliebt und wurde deshalb von ihrem Vater auf dem Schlossboden eingesperrt. Aus Liebeskummer stürzte sie sich aus einem Fenster zu Tode.(Wikipedia)Ich beschränke mich auf ein Foto von außen, da ich gleich eine etwas bescheidenere Unterkunft aufsuchen möchte.
Mein Ziel ist Mary Ann's Cottage bei Dunnet. Diese um 1850 erbaute Kate ist so erhalten, wie sie von Mary Ann Calder bewohnt wurde, die bis zu ihrem 89. Lebensjahr in der Kate wohnte und mit Torf über offenen Feuer kochte. Das Haus hat sich seit den 1930er Jahren oder sogar früher nicht verändert.
In den Sommermonaten kann man die Kate täglich zwischen 14 - und 16.30 Uhr besuchen. Mit mir kam ein Ehepaar an, wir entrichteten den Beitrag von 4 Pfund und bekamen von einer sehr netten älteren Dame alles gezeigt und erklärt:
Diese Führung hat mir so gut gefallen, was vor allem auch am liebenswerten Enthusiasmus der Dame hing. Sie wusste so viel über Mary Ann Calder und ihre Familie und man konnte sich das Crofterleben richtig vorstellen.
Mein weiterer Weg führt mich zum Leuchtturm von Dunnet Head.
Dunnet Head ist eine Halbinsel und und bildet den nördlichsten Punkt der britischen Hauptinsel.
Auf Dunnet Head steht seit 1831 das Dunnet Head Lighthouse, welches von Robert Stevenson, dem Großvater von Robert Louis Stevenson (Die Schatzinsel), dem schottischen Schriftsteller, erbaut wurde. Seit 1995 wird der Leuchturm automatisch betrieben. Auch hier sehe ich wieder einige Puffins fliegen und ein älterer Herr an einem kleinen Aussichtspunkt mit einem Riesenrohr, also Tele, bestätigt mir dies. Leider kann man nicht an die Klippen, ein Zaun verhindert dies, was aber viele Menschen ignorieren. Er, der Zaun, wird schon einen Grund haben und so verzichte ich aufs Übersteigen.
Ich beschließe einen längeren Stopp am Dunnet Beach einzulegen, der mich so herrlich weiß fast anlächelt
Da es wieder mal tröpfelt, lasse ich die Kamera im Auto und mache einen Strandspaziergang, herrlich und fast alleine.
Thurso interessiert mich nicht wirklich und so halte auf meinem Weg zum Farr Bay Inn in der Nähe von Bettyhill noch in der Nähe von Portskerra. Ich finde einen winzigen Hafen und einen Weg an den Klippen entlang, welchem ich für eine halbe Stunde folge.
Mittlerweile ist es 18 Uhr und ich beschließe zu meiner Unterkunft für die nächsten zwei Nächte zu fahren.
Die Strecke wird durchs Hinterland wird immer schöner und ich freue mich schon auf morgen, wenn ich mehr von der Nordküste entdecken darf.
Auf dem Parkplatz des Farr Bay Inn angekommen, beschließe ich zunächst mir noch die Farr Bay anzuschauen, die durch ein paar Wiesen nur 5 Minuten vom Inn entfernt liegt.
Ist schön hier! Nur zu gern würde ich diesen Strand bei etwas blauerem Himmel sehen. Ich kann mich kaum losreißen von dieser Bucht und ich bin die ganze Zeit vollkommen alleine unterwegs.
Für mich wird es Zeit zum Einchecken. Ich klingele im kleinen, dunklen Pub - so stellt man sich es irgendwie vor
und werde ganz liebenswert vom Sohn des Hauses begrüßt, der gleich den Papa ruft, der mir meine Tasche über die schmale Treppe nach oben trägt und mir mein Zimmer zeigt. Im Treppenhaus riecht es nach Essen - der einzige Nachteil dieser Unterkunft.
Mein Zimmer ist riesig und ich freue mich zwei Nächte hier bleiben zu dürfen.
Eigentlich wollte ich nach einer Dusche noch im Restaurant essen, aber ich bin einfach zu faul, schmeiße mich in den Gammellook, lass dir Haare an der Luft trocknen und gönne mir eine Dose Bier und ein kleine Tüte Walkers Chips. Ich weiß, gesunde Ernährung geht anders
Ich bin jetzt eine Woche unterwegs und habe schon so viel gesehen und erlebt, dass es mir deutlich länger vorkommt. Mir gefällt, was ich sehe und ich fühle mich in Schottland pudelwohl. Ich schlafe nachts durch, was ich von zuhause gar nicht kenne und stehe morgens voll Vorfreude auf den Tag auf. So kann es einfach weitergehen
Karte vom heutigen Tag: