Autor Thema: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019  (Gelesen 47330 mal)

Christina

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Gerade sind ein paar Reiseberichte zu Ende gegangen, da hoffe ich, dass einige von Euch Zeit und Interesse haben, mich (genauer gesagt Peter und mich) auf die schöne Insel São Miguel, die größte der Azoreninseln, zu begleiten.

Heute geht es los (oder auch nicht ;D), der nächste Tag folgt dann vermutlich am Montag.

1. Tag – Sonntag, 02.06.

Ungefähr zehn Jahre nachdem Peter mir den Reiseführer Azoren auf den Tisch gelegt hat und ich dadurch zum ersten Mal überhaupt von diesem Reiseziel erfahren habe, geht es nun tatsächlich los und zwar auf die Hauptinsel São Miguel. Wir haben zwei Wochen Zeit und sind uns sicher, dass wir uns auf São Miguel in dieser Zeit nicht langweilen werden, eine oder gar mehrere weitere Inseln möchten wir daher nicht besuchen.

Nach einigem Überlegen habe ich mich für Azores Airlines/SATA entschieden, die fliegen sonntags und dienstags direkt von Frankfurt nach Ponta Delgada auf São Miguel. Alternative wäre TAP mit Umsteigen in Lissabon oder Porto gewesen, bei beiden Fluggesellschaften war über viele Verspätungen zu lesen, daher dachte ich, lieber ohne Umsteigen (auch wenn es ca. EUR 50 pro Person teurer ist), dann kommt kein Stress wegen Erreichen des Anschlussflugs auf. Wenn ich damals schon geahnt hätte….

Abflug Sonntagnachmittag um 14.30 Uhr bedeutet einen entspannten Start in den Urlaub, noch ruhiger kann es auf der Autobahn und am Flughafen kaum werden.
Nach nur 35 Minuten Fahrt sind wir daher viel zu früh gegen halb elf im vorab online reservierten Parkhaus am Terminal 2. Wie erwartet hat SATA in FRA keinen permanenten Schalter, sondern öffnet einen der «Wechselschalter» erst ungefähr zwei Stunden vor Abflug.

Wir setzen uns daher mit unserem Gepäck an ein ruhiges Plätzchen im Obergeschoß. Zumindest mit meiner Ruhe ist es aber vorbei, als ich auf den Bildschirmen vor uns entdecke, dass die Ankunft des Fluges aus Ponta Delgada (PDL) sich um drei Stunden verzögert. Peter kann mein Entsetzen erst gar nicht verstehen, da auf der Abflugtafel unser Flug weiterhin ohne Verspätung angezeigt wird. Ich erkläre ihm aber, dass das nicht stimmen kann, da ich weiß, dass es nur ein Flugzeug gibt, das Sonntag (und Dienstag) morgens von Ponta Delgada nach Frankfurt fliegt und nach nur einer Stunde wieder zurück nach Ponta Delgada.

Na gut, dann kommen wir eben statt um 17 Uhr erst um 20 Uhr in PDL an, nach der ersten Aufregung bin ich wieder ruhig und gegen 12 Uhr essen wir eine Pizza zum Mittagessen. Danach gehen wir runter ins Erdgeschoß, wo sich vor den nun geöffneten Schaltern für den SATA Flug schon eine lange Schlange befindet. Laut Abflugtafel ist unser Flug übrigens immer noch pünktlich.

Natürlich kennen aber noch mehr Leute den Zusammenhang zwischen Ankunft aus PDL und Abflug und so macht das Gerücht einer deutlichen Verspätung sehr schnell die Runde. Außerdem geht es in der Schlange überhaupt nicht vorwärts. Wir stehen und stehen und obwohl der Flughafen natürlich klimatisiert ist, ist es sehr heiß, da wir direkt unter dem Glasdach stehen, durch das die Sonne an diesem heißen Tag heute brennt. Irgendwann geht es dann doch weiter, irgendwelche offiziellen Informationen zu einer Verspätung gibt es aber nicht. Am Schalter geben wir unsere Koffer auf und erhalten neben den Bordkarten mit Boardingzeit 16 Uhr kommentarlos jeweils einen Getränkegutschein über EUR 5, na damit kommt man in FRA ja weit.

Wir gehen durch die Sicherheitskontrolle, an der auch alles ruhig ist und kaufen uns dann jeweils einen Kaffee und genug Wasser für den Flug. Auf der Tafel steht nun 17 Uhr als Abflugzeit.

Nach dem Kaffee machen wir uns gegen 14.30 Uhr auf den Weg zum Gate, dabei fällt mein Blick zufällig nochmal auf die Abflugtafel und ich muss mehrmals hinschauen, aber es bleibt dabei, mir leuchtet ein «cancelled» hinter unserer Flugnummer entgegen! WAS????

Und nun? Was macht man in so einer Situation? Wir beschließen trotzdem zum Gate zu gehen, vielleicht gibt es ja dort noch sinnvolle Informationen. Dort treffen wir auf bekannte Gesichter aus der Schlange am Check-in Schalter, alle natürlich entsetzt. Zum Glück gibt es ja immer ein paar Leute, die sich auch für andere verantwortlich fühlen und so wird von einem Mitreisenden bald erklärt, er hätte telefoniert und wir sollen hier am Gate auf weitere Infos warten. Die kommen dann bald in Form einer Durchsage, alle Passagiere sollen den Sicherheitsbereich verlassen und wieder zum Check-in Schalter kommen. Na super, da haben wir gerade für unser Wasser ein kleines Vermögen ausgegeben und das nehmen wir nun wieder mit hinaus aus dem Sicherheitsbereich.

Am Schalter sammeln sich dann die Passagiere und stehen dem sichtlich überforderten Personal gegenüber. Offensichtlich wird den ganz vorne Stehenden das weitere Vorgehen erklärt, aber alle anderen kriegen nichts mit. Da reißt einem der Mitreisenden der Geduldsfaden und er brüllt, ob nun tatsächlich jeder einzelne im Flüstermodus informiert werden soll und wann dann das ganze wohl ein Ende hätte. Die Mitarbeiterin meint wohl, dass sie nicht so laut sprechen könne, dass es alle hören können, da bietet ihr der Mitreisende an, sie könne es ihm flüstern und er brülle es dann für alle andern laut heraus – und genau so wird es dann gemacht. Was wir zu hören bekommen, ist allerdings nichts Erfreuliches: heute gibt es keinen Flug mehr nach PDL, sondern stattdessen morgen um dieselbe Zeit wie für heute vorgesehen. Dafür müssen wir dann nochmal einchecken. Wer möchte kann nach Hause fahren, für alle anderen gibt es eine Nacht im Intercity Hotel am Flughafen, inkl. Shuttle Bus hin und morgen zurück, Abendessen und Frühstück. Die Koffer sollen, wenn möglich, nicht mehr herausgegeben werden, nur wer seinen ganz dringend benötige, könne darum bitten, müsse aber eine sehr lange Wartezeit einkalkulieren. Eine Bescheinigung über die Annullierung bekommen wir mit langer Wartezeit entweder jetzt gleich oder dann morgen beim erneuten einchecken. Ein Grund für die Annullierung wird nicht genannt, auch eine Entschuldigung gibt es nicht.

Wir überlegen, ob wir nach Hause fahren oder ins Hotel gehen. Peter ist fürs nach Hause fahren, ich fürs Hotel und das obwohl ich in meinem Handgepäck außer einer Zahnbürste weder weitere Kosmetik noch Wechselwäsche dabeihabe (anders als Peter, der immer mit einer "Sicherheitsausstattung" reist). Ich sehe ein Problem mit unserem Parkplatz, da müssten wir erst jemanden finden, der uns die Schranke öffnet, da man nur an den gebuchten Tagen zur gebuchten Zeit ein- und ausfahren kann. Außerdem würde die Reservierung dann sicher verfallen und wir müssten nochmal neu reservieren und dann deutlich mehr bezahlen, weil so kurzfristig. Zweitens habe ich keine Lust, den Nachbarn zu erklären, was wir nun wieder zu Hause machen und drittens müssten wir dann morgen am Montagvormittag bei dichtestem Verkehr zum Flughafen fahren.

Erstaunlicherweise gibt Peter nach und wir entscheiden uns fürs Hotel und warten dann draußen vor dem Terminal mit vielen weiteren auf den Shuttle zu eben diesem. Ein Bus reicht nicht für alle, aber wir haben Glück und kommen gerade noch so mit dem ersten Bus mit. Das Einchecken geht recht schnell und dann erholen wir uns erstmal im zum Glück klimatisierten Zimmer des Intercity Hotels.

Später rufe ich unseren Vermieter auf São Miguel an, mitteilen, dass wir eine Nacht später ankommen. Er erzählt mir gleich, wie viele Probleme man bei SATA hat und wie schlecht das für den Tourismus auf den Inseln sei und bietet an, dass er sich bei booking.com (über die wir gebucht haben) erkundigt, ob er uns die erste Nacht erstatten kann. Das ist mir eher unangenehm, da er ja auch nichts dafür kann und er für die Nacht auch keine anderen Gäste kriegt, aber er besteht darauf (tatsächlich bekomme ich schon am nächsten Tag eine Mail von booking.com, dass der Preis mit nun nur 13 Übernachtungen neu berechnet wurde. Das Geld ist auf der nächsten Kreditkartenabrechnung dann gutgeschrieben.).

Dann rufe ich beim Autovermieter an, es geht aber nur der Anrufbeantworter ran. Da ich das Auto über den ADAC gebucht habe, rufe ich nun dort an und man verspricht mir, sich darum zu kümmern. Und tatsächlich, kurz darauf bekomme ich einen Anruf von SIXT, auch dort großes Bedauern und kein Problem, das Auto können wir morgen abholen.

Gegen 18 Uhr gehen wir dann zum Abendessen, es ist ein Buffet mit verschiedenen Vor-, Haupt- und Nachspeisen aufgebaut, auch alkoholfreie Getränke sind inklusive. Kein kulinarisches Highlight, aber durchaus genießbar. Und nun kommt tatsächlich so ein kleines bisschen Urlaubsstimmung bei mir auf, das hätte ich vor ein paar Stunden auch noch nicht gedacht.

Nach dem Essen holen wir uns an der Rezeption noch einen Kamm und aus dem völlig überteuerten Automaten für mich Deo und Creme.

Das Wetter ist schön und wir benötigen dringend noch etwas Bewegung, mal sehen was man hier so zwischen Landebahn und Autobahn zu Fuß unternehmen kann.

Und erstaunlicherweise führt gegenüber dem Hotel ein Fahrradweg vorbei, dem wir folgen. Er bringt uns als erstes zum Luftbrückendenkmal mit mehreren Flugzeugen, die an der Luftbrücke nach Berlin teilgenommen haben und einem Stück Berliner Mauer.






Etwas weiter kommt man zu einem Aussichtspunkt über die Landebahn. Hier haben sich einige Fotografen mit voller Ausrüstung inkl. Campingstühlen und Sonnenschirmen platziert, uns wird das Warten in der Sonne bald zu heiß, Flugzeuge sind nur wenige zu sehen. Wir gehen noch weiter durch ein Wäldchen bis wir Neu-Isenburg erreichen, dann drehen wir um.

Gegen halb neun sind wir wieder im Zimmer und zappen noch etwas durch die Fernsehprogramme.

Wetter: sonnig, ca. 32°C



LG Christina

serendipity

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #1 am: 08. November 2019, 18:28:28 »
Liebe Christina,

da komme ich gerne mit, auch wenn die Hinreise holprig ist.
Erst einmal sind "wir" ja im Hotel gut versorgt und Unterkunft /Mietwagen sind für morgen auch geregelt.
Sogar die Urlaubslaune hat sich wieder eingestellt  :)

Was mich bei solchen Unannehmlichkeiten oft am meisten ärgert, ist die Kaltschnäuzigkeit des Personals. Hallo, man hat für einen solchen Flug ja doch einiges an Geld hingelegt und zur wirklichen Professionalität gehört für mich auch ein gewisses Maß an Empathie gegenüber den Kunden/Passagieren und in einem solchen Fall eben auch eine Entschuldigung. Das man dann oft um eine angemessene Entschädigung "kämpfen" muss - steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.

Silvia

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #2 am: 08. November 2019, 18:30:09 »
Da bin ich natürlich dabei und gespannt was ich wiedersehe und was ich verpasst habe   :adieu:

 :girly:  Puh was für ein Stress und das weil ihr es ohne Stress haben wolltet ... wie man's macht ....  :weissnicht:

Susan

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #3 am: 08. November 2019, 21:13:58 »
Bin auch gern dabei  :winkewinke:

Solch eine Flugstreichung finde ich ärgerlich, besonders wenn dann noch das Personal die nicht ordentlich händeln kann  :( Schade, dass euer Urlaub so holprig begann.

Wir sind gefühlt eine Million Mal an dem Luftbrückendenkmal vorbei gefahren. Jetzt weiß ich, wie es da umrum so aussieht.  ;)
Liebe Grüße
Susan


Horst

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #4 am: 08. November 2019, 23:47:53 »
Azoren ... nach dem Tief zum Start bin ich sicher es folgt noch ein Hoch ...  ;)
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Ilona

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #5 am: 09. November 2019, 10:11:28 »
Liebe Christina,

zumal es an dem Tag sehr heiß war, kommen noch die Schweißausbrüche aufgrund der Aufregung dazu :girly:. Da vertraust du schon der TAP nicht und dann sowas.

Eine Nacht im InterCity-Hotel ersetzt zwar nicht die Azoren, aber nach Hause wäre ich an eurer Stelle auch nicht mehr gefahren.

Jetzt hoffen wir mal das Beste, dass am nächsten Tag alles planmäßig verläuft.
Liebe Grüße

Ilona

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Christina

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #6 am: 09. November 2019, 16:28:09 »
Herzlich willkommen liebe Mitreisende  :adieu:

Ja, das war schon extrem ärgerlich, ich war nur froh, dass wir zwei Wochen auf der einen Insel bleiben wollten, da war insgesamt so ein Tag weniger noch zu verschmerzen, es gab aber viele, die entweder nur eine Woche Urlaub hatten oder die ihre Zeit auf mehrere Inseln verteilt hatten, da war der eine Tag doch sehr entscheidend.
Und wie Gabi schreibt, das Verhalten des Personals hat den Ärger noch verstärkt. Man wusste schon vor der Aktion mit Koffer aufgeben und die Leute in den Sicherheitsbereich schicken, dass es an diesem Tag keinen Flug mehr geben würde, aber die Passagiere waren erstmal versorgt und haben noch nicht gemeckert. Und dann eben keine Entschuldigung und die Koffer, die man nicht mehr bekommen hat - das verstärkt alles das Negativgefühl gegenüber der Airline.

Und natürlich haben wir noch keine Entschädigung bekommen, nicht mal eine Antwort (nur eine File Reference Nummer) - und das ist auch wieder so eine unnötige Verstärkung des Ärgers. Ich werde in den nächsten Tagen mein Glück mit der SOEP (Schlichtungsstelle) versuchen, da ist SATA auch Mitglied, vielleicht reagieren sie dann wenigstens mal.

Susan, ich dachte so ein paar Bilder lockern den vielen Text ein bisschen auf, und immerhin ist es ja eine "Sehenswürdigkeit" ;D.

Horst, das Hoch folgt noch, aber so viel kann ich schon sagen, noch nicht am nächsten Reisetag.



LG Christina

Christina

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #7 am: 11. November 2019, 17:39:52 »
2. Tag – Montag, 03.06.

Um 7 Uhr stehen wir auf, um 8.15 Uhr gehen wir zum Frühstück. Das Buffet bietet eine Vielzahl von kalten und warmen Speisen, wir setzen uns zum Essen in den Innenhof, Schatten ist allerdings jetzt schon nötig, es ist wieder ein sehr heißer Tag.

Wir trödeln nach dem Frühstücken noch ein bisschen herum, schließlich haben wir noch ewig Zeit. Um 9.45 Uhr nehmen wir dann aber doch schon den Shuttle zum Terminal 2. Dort ist heute am Montag erwartungsgemäss wesentlich mehr los als gestern. Wir trinken noch einen Kaffee und stellen uns um 12 Uhr wieder an die geöffneten Schalter von Azores Airlines/SATA. Hier geht es immerhin deutlich schneller voran als gestern, na ja, kein Wunder, die Koffer sind ja gestern schon aufgegeben worden. Es gibt auch keine neue Bordkarte, die alte wird handschriftlich geändert, dazu gibt es das Bestätigungsschreiben über mindestens 24 h Flugverspätung.

Anschließend gehen wir gleich durch die Sicherheitskontrolle, kaufen uns ein Sandwich zum Mittagessen und Wasser für den Flug. Am Gate heißt es dann warten, die Ankunft der Maschine aus Ponta Delgada verzögert sich (schon wieder!), während sich am Himmel dunkle Gewitterwolken ausbreiten. Wir können beobachten, wie das Personal am Gate zwischenzeitlich zahlreiche Passagiere von einer Liste auf verschiedene Hotels in Ponta Delgada verteilt, vermutlich Leute, die eigentlich heute im Lauf des Tages oder noch gestern auf eine der Nachbarinseln von São Miguel weiterfliegen sollten und heute Abend keinen Anschluss dorthin mehr kriegen werden.

Gegen 14 Uhr fahren wir dann endlich zum Flugzeug, während wir noch beim Einsteigen sind, beginnt es zu regnen. Die Maschine wird derweil beladen (ich sitze direkt über der Laderampe), nach kurzer Zeit wird das Gewitter allerdings so heftig, dass es zur «Sperrung» des Außenbereichs für Flughafenmitarbeiter kommt. Die Koffer bleiben in den Gepäckwagen, die werden abgedeckt und die Arbeiter fahren ins Terminal – wir sitzen solange im immer heißer und stickiger werdenden Flugzeug. Irgendwann hat die Crew dann ein Einsehen und öffnet die Türen hinten und vorne und verteilt Getränke. Dann lässt das Gewitter nach, die Arbeiter kommen wieder an, aber statt sich zu beeilen, denn das Gewitter ist ganz offensichtlich noch nicht vorbei, lassen sie sich alle Zeit der Welt, der Arbeiter direkt an der Rampe lässt sich von einem Kollegen einen Kaffee bringen, rührt sich Milch und Zucker ein und erst dann gehen die nächsten Koffer aufs Band ins Flugzeug hinein. Und es kommt wie es kommen muss, noch bevor die letzten Koffer im Flugzeug sind, gibt es erneut eine «Sperrung» und alle Arbeiter verschwinden. Wir schwitzen weiterhin im Flugzeug und ich habe meine Zweifel, ob es heute überhaupt noch mit dem Flug klappt, denn die Crew ist ja die, die heute Morgen in Ponta Delgada abgeflogen ist, d.h. die Ankunft in Ponta Delgada muss innerhalb der erlaubten Arbeitszeit liegen, soweit ich weiß sind das 12 Stunden.

Irgendwann darf dann wieder im Freien gearbeitet werden und –kaum zu glauben – mit 26,5 Stunden Verspätung starten wir gegen 17 Uhr nach Ponta Delgada.

Immerhin haben Peter und ich eine Dreierreihe für uns alleine, da hat es sich gelohnt, dass ich uns Sitzplätze fast ganz hinten ausgesucht habe, denn allzu viele freie Plätze gibt es nicht. Mir geht es allerdings gar nicht gut, die ganze Anspannung gestern und heute schon wieder, dazu die stickige Luft und die Hitze beim Warten im Flugzeug und nun auch noch heftige Turbulenzen praktisch während des gesamten Flugs. Ich nehme eine Tablette und schließe die Augen, die warme Mahlzeit, die es auf SATA Flügen auch heutzutage noch immer gibt, muss ich ablehnen, mir ist auch ohne Essen ziemlich übel.

Nach ungefähr drei Stunden Flug geht es mir dann deutlich besser und ich kann sogar einen ersten Blick auf São Miguel werfen, wir fliegen die Südküste entlang in Richtung Flughafen. Die Landung gegen 19.40 Uhr Ortszeit (Zeitverschiebung von 2 Stunden zu Deutschland) ist dann nochmal ziemlich heftig, der Pilot bremst kurz nach dem Aufsetzen extrem stark, der Gurt drückt sich richtig nett in den Magen – genau das, was man braucht, wenn einem eh schon schlecht ist.

Zum Glück können wir dann recht schnell durch die hintere Tür das Flugzeug verlassen und zu Fuß die paar Meter ins Flughafengebäude gehen. Die Koffer sind erstaunlich schnell auf dem Band, von dort sind es auch wieder nur ein paar Meter in die Eingangshalle, wo sich auch die Autovermieter befinden. Sixt scheint nicht so bekannt zu sein, es steht jedenfalls nur ein Pärchen vor uns, das schon fast fertig ist, während sich beim lokalen Vermieter Ilha Verde eine lange Schlange bildet.

Die Formalitäten sind zügig erledigt, der Mitarbeiter versucht lediglich uns eine Tankfüllung zu verkaufen, was wir ablehnen. Auf dem Mietvertrag ist eine recht lange Liste mit Schäden am Auto, da wir aber alle Versicherungen ohne Selbstbehalt gebucht haben, müssen wir uns nicht näher damit befassen, wie uns der Mitarbeiter noch mitteilt (wussten wir natürlich). Dann bekommen wir den Schlüssel für einen weißen Renault Clio (der auch als Beispielauto für die EDMR Kategorie genannt war), der wieder nur wenige Meter vom Ausgang der Eingangshalle (ein sympathisch kleiner Flughafen) auf dem Parkplatz steht.

Das Auto hat sogar ein eingebautes Navi, das wir aber nicht brauchen, sondern unser mitgebrachtes darauf befestigen. Beim Anblick des Autos sind wir sehr froh darüber, die Liste an Schäden nicht kontrollieren zu müssen, da wären wir nämlich noch ziemlich lange beschäftigt gewesen, diese zu ergänzen. Wie man ein Auto so beschädigen kann, ist mir ein Rätsel. Es hat unzählige (kleine) Dellen, Kratzer, Lackabplatzer – einfach unfassbar.

Gegen 20.20 Uhr sind wir abfahrtbereit. Eigentlich war geplant gewesen, gleich noch einen Grundeinkauf in einem der großen Supermärkte in und um Ponta Delgada zu machen, die bis um 21 oder teilweise 22 Uhr geöffnet haben, dafür sind wir nun aber definitiv zu müde. Die kleinen Supermärkte auf dem Weg in Richtung Mosteiros, wo unser Ferienhaus liegt, sind schon längst geschlossen, wir halten noch an einer Tankstelle mit kleinem Laden, dort gibt es aber nur Getränke, wir nehmen ein paar Flaschen Wasser mit. Mal sehen, wie wir das morgen mit dem Frühstück machen, heute haben wir sowieso keinen Hunger mehr.

Die Auswahl der Unterkunft war mir sehr schwer gefallen. Fest stand, dass es eine Ferienwohnung/-haus werden sollte, mit der Möglichkeit, sich drumherum die Füsse zu vertreten, idealerweise mit ein paar Restaurants in Gehweite, wir wollten nur eine Unterkunft und keinen Wechsel, da mir klar war, dass sich das Wetter nicht an unsere Unterkunftsplanung halten würde und wir dadurch sowieso kreuz und quer über die Insel fahren würden – also am besten eine zentrale Lage im Mittelteil der Insel. Ich wollte nicht im Zentrum von Ponta Delgada wohnen, das ist mit einem Auto alles andere als ein Vergnügen, aber auch nicht in einem der Vororte von Ponta Delgada mit ihren Mietwohnungshochhäusern, das wäre mir zu gesichtslos gewesen. Hotel-Apartmentanlagen gibt es nur wenige, zwei davon hatte ich in der näheren Auswahl. Privat vermietete Ferienhäuser und –wohnungen gibt es unzählige, aber die meisten entweder mitten im nichts oder direkt an einer großen Straße, viele in den traditionellen Häusern der Insel, mit wenigen und kleinen Fenstern, dementsprechend düster im Inneren. Und dann habe ich die eigentlich ideale Wohnung für uns entdeckt: hell, Terrasse mit Meerblick, mitten im Örtchen Mosteiros mit Restaurants, 2 kleinen Supermärkten, einem Strand und Naturbadepools. ABER: Mosteiros liegt abgelegen im Nordwesten der Insel, nur über eine kurvenreiche Straße zu erreichen. Ich habe ewig überlegt, Vor- und Nachteile erwogen, im Forum um Denkanstöße bzw. Einschätzung durch Silvia, die ja im Winter auch auf São Miguel gewesen war, gebeten – und obwohl Silvia davon abgeraten hat, habe ich mich schließlich doch für Mosteiros entschieden und ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen – es war die absolut richtige Entscheidung. Die Unterkunft und der Ort waren perfekt, dafür konnten wir die Fahrerei (oder wie Peter immer sagte das «Rumgegurke») in Kauf nehmen.

Unsere erste Fahrt über die Insel können wir kaum genießen, dafür sind wir einfach zu fertig vom Stress gestern und heute. Aber wir registrieren die üppige Vegetation, die vielen Blumen, die die Straßenränder säumen und die Ausblicke aufs Meer.

Um 21 Uhr erreichen wir unser Ferienhaus, der Schlüssel befindet sich in der Keybox (mit Zahlencode, den wir per Mail erhalten hatten), wir schauen uns nur kurz um und freuen uns über den Willkommen-Korb mit Milch, Keksen und Marmelade – ganz verhungern müssen wir also nicht. Schnell noch das nötigste ausgepackt und dann geht es ins Bett.

Damit der Tag nicht ganz so trocken (bilderlos) bleibt, hier ein paar Ansichten unserer Unterkunft, ich werde aber am nächsten Reisetag noch etwas dazu schreiben.





Wetter Frankfurt: sonnig, ca. 32°C, ab ca. 14.30 Uhr Gewitter
Wetter São Miguel: bewölkt, ca. 20°C

Und noch ein paar Fakten/Daten:

•   Hotel: EUR 1174,70 (13 Nächte) bei booking.com gebucht
•   Parken FRA: EUR 144,90
•   Flug: EUR 718,22 (2 Personen, Azores Airlines/SATA, inkl. 23 kg Aufgabegepäck, Sitzplatzreservierung, Getränke, warme Mahlzeit) bei Expedia gebucht
•   Mietauto: EUR 292,99 (EDMR, 15 Tage, 2 Fahrer, alle Versicherungen ohne Selbstbehalt, Schaltgetriebe) bei SIXT über ADAC gebucht; wir sind insgesamt 1425 km gefahren




LG Christina

Heike Heimo

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #8 am: 11. November 2019, 19:07:14 »
Ui Mosteiros. Wir haben 2012 oberhalb von diesem Ort gewohnt. Sehr schöner Strand und auch die Lavafelsen. Wir wurden mehrmals gewarnt in den Becken zu Baden, wegen der Gefahr über das scharfe Gestein hinausgezogen zu werden.

Bin schon gespannt über eure Eindrücke.
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Christina

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #9 am: 11. November 2019, 19:37:04 »
Ui Mosteiros. Wir haben 2012 oberhalb von diesem Ort gewohnt. Sehr schöner Strand und auch die Lavafelsen. Wir wurden mehrmals gewarnt in den Becken zu Baden, wegen der Gefahr über das scharfe Gestein hinausgezogen zu werden.

Bin schon gespannt über eure Eindrücke.

Schön, dass du auch dabei bist.

Zum Baden in Mosteiros wird im Laufe des Urlaubs noch etwas kommen, dauert aber noch.



LG Christina

Ilona

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #10 am: 12. November 2019, 08:08:20 »
Was für ein Anreisekrimi  :girly: . Das braucht kein Mensch.

Die Unterkunft hast du gut gewählt  :beifall:. Zumindest auf den ersten Blick sieht es fantastisch aus. Dadurch, dass ihr mobil seid, darf es gerne etwas abgelegener sein. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass in der Hauptstadt allzu viel Rummel ist, aber mir wäre die ruhige Gegend auch lieber.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Silvia

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #11 am: 12. November 2019, 08:46:04 »
Die Auswahl der Unterkunft war mir sehr schwer gefallen.  Und dann habe ich die eigentlich ideale Wohnung für uns entdeckt: hell, Terrasse mit Meerblick, mitten im Örtchen Mosteiros mit Restaurants, 2 kleinen Supermärkten, einem Strand und Naturbadepools. ABER: Mosteiros liegt abgelegen im Nordwesten der Insel, nur über eine kurvenreiche Straße zu erreichen. Ich habe ewig überlegt, Vor- und Nachteile erwogen, im Forum um Denkanstöße bzw. Einschätzung durch Silvia, die ja im Winter auch auf São Miguel gewesen war, gebeten – und obwohl Silvia davon abgeraten hat, habe ich mich schließlich doch für Mosteiros entschieden und ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen – es war die absolut richtige Entscheidung. Die Unterkunft und der Ort waren perfekt, dafür konnten wir die Fahrerei (oder wie Peter immer sagte das «Rumgegurke») in Kauf nehmen.
Perfekt  :thumb: 

Sieht wirklich sehr gut aus die Unterkunft, grad der Ausblick auf's Meer  :herz:

Silv

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #12 am: 12. November 2019, 13:23:09 »
Bei "grün" bin ich als Naturmensch natürlich auch dabei!  :)
Liebe Grüße
Silvia

serendipity

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #13 am: 12. November 2019, 17:50:28 »
Mit der Terrasse zum Meer hast du mich ja gleich in der Tasche  ;) - gut gewählt, ihr habt doch ein Auto!

Nun, die Anreise war ja sehr holprig und die Nichtreaktion der Airline spricht mal wieder für sich. Ich glaube, da gibt sich keine Airline etwas, obwohl es ja mittlerweile ganz klare Vorgaben und Regelungen gibt. Ich denke da müsste auch vom Gesetzgeber nachgelegt werden. Erstattungen müssten automatisch und nicht auf Anfrage erfolgen.

1988 sind wir auf unserer Hochzeitsreise auf dem Rückflug von Mauritius in Jeddah/Saudi-Arabien notgelandet und hatten dort einen 3-tägigen-Zwangsaufenthalt. Bei Peter war das nicht schlimm, der war noch im Referendariat, ich habe damals einen Job in der freien Wirtschaft gehabt und Dank nettem Chef drei Tage unbezahlten Urlaub bekommen. Als wir die Airline anschrieben, bekamen wir zu Antwort, dass wir uns doch glücklich schätzen können, denn normalerweise dürfen Touristen während des Haddsch nicht in Saudi-Arabien einreisen  :o
Es gab also 0,0 Erstattung oder ähnliches - immerhin waren wir 3 Tage im Hotel untergebracht  ;D

Christina

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Re: Grün, grüner, am grünsten - São Miguel, Azoren im Juni 2019
« Antwort #14 am: 12. November 2019, 18:14:45 »
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass in der Hauptstadt allzu viel Rummel ist, aber mir wäre die ruhige Gegend auch lieber.

Nein, Rummel ist da nicht, aber wenn man im netten Teil der Altstadt und/oder beim Hafen wohnen möchte, ist ein Auto ein ziemliches Hindernis, die Straßen sind extrem eng, viele Einbahnstraßen und kaum Parkplätze und dann jeden Tag aus der Stadt raus und wieder rein, das wäre nur bei einem kurzen Aufenthalt was.

Bei "grün" bin ich als Naturmensch natürlich auch dabei!  :)

Oh ja, sehr viel Natur und fast keine Stadt - schön dass du auch mitreist.

Mit der Terrasse zum Meer hast du mich ja gleich in der Tasche  ;) - gut gewählt, ihr habt doch ein Auto!

Klar hatten wir ein Auto, aber die Fahrten auf den kurvigen Straßen sind nicht zu unterschätzen. Wenn man im Mittelteil der Insel wohnt, erspart das schon einiges an Fahrerei.

3 Tage Verspätung ist natürlich nochmal eine andere Dimension und damals ohne Handy und E-Mail war es sicher schwierig, alle notwendigen Leute von Saudi-Arabien aus zu kontaktieren.  Die heutige Regelung mit der Entschädigung ist auf jeden Fall ein Fortschritt für den Fluggast, aber wie du schreibst, ich denke auch, dass da vom Gesetzgeber nachgelegt werden müsste.



LG Christina