FR, 27.03.2015
Gääääähn, bin ich froh, dass ich rechtzeitig wach geworden bin. Aber es zieht sich alles ein wenig: In “unserem” Safarikontingent hat es wohl keinen Platz mehr gegeben, sodass ich erst zu einer anderen Lodge gefahren werde, bevor es losgeht. Dann werde ich von da zum Startpunkt der Safari gebracht.

Wir sitzen mit 7 Gästen und Fahrer in einem offenen Jeep. Neben dem Fahrer sitzt ein auf Fotos heißer gockelhafter und irgendwie cholerisch wirkender Inder mit einer Kamera, die ähnliche Ausmaße hat wie mein Oberschenkel - und das will derzeit schon was heißen! Hinter ihm sitze ich und neben mir die nicht sehr glücklich wirkende Ehefrau des gockelhaften Fotografen. Hinter uns sitzt eine vierköpfige indische Familie.
Man kann in den Nagarhole Nationalpark übrigens nicht einfach so privat fahren, muss eine von der Regierung organisierte Tour nehmen. Hierfür gibt es feste Zeiten. Buchen kann man die Touren über die Resorts. In gewisser Weise eine gute Sache, finde ich, denn so wird den Tieren Ruhe gegönnt, niemandem passiert etwas, und man hat eine Chance Tiere zu sehen, wenn sich hier keine Autokolonnen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang durch die Natur schieben.
Es beginnt unspektakulär, aber für einzelne Antilopen und ein paar Affen hält der Fahrer gar nicht erst. Er ist auf Größeres aus. Er hält immer mal und lauscht. Später erfahre ich auch, was er hören will: Sobald eine Raubkatze in der Nähe ist auf der Suche nach Frühstück, warnen sich die potenziellen Opfer gegenseitig. Und das warnt auch den Fahrer und Spotter.
Es ist sehr trocken. Hierdurch steigen die Chancen auf Tiersichtungen.
Ein paar eher unspektakuläre Tiere wie Wildschweine laufen uns über den Weg und immerhin ein paar Wildhunde posieren brav und geduldig für uns. Und auch das eine oder andere weitere Tier verirrt sich selbst bei meinem Ungeschick vor die Linse.


Wir sind hinter einem anderen Jeep. Plötzlich gibt der Fahrer Gas und macht nach einiger Strecke den Motor aus, rollt auf den anderen Jeep auf, gerade noch rechtzeitig für uns um einen Leoparden vorbeischleichen zu sehen, ganz wie eine europäische Wald- und Wiesenkatze, die mal eben nachsehen geht, ob neben dem doofen Trockenfutter nun auch noch ein Hühnerbrüstchen im Fressnapfgelandet ist. Wow, wer hätte das gedacht.
Wir stehen noch eine ganze Weile an dem mutmaßlichen Weg der Katze und warten. Wieder Warngeräusche, man sieht die Mietze durch das Gestrüpp schleichen, selbst der Spotter ist ganz aufgeregt. Doch alles Warten nutzt nichts, nun ist er oder sie wohl weg.
Es geht weiter, und fast schon gebe ich den Gedanken auf, dass sich noch etwas anderes zeigt, als ein Schakal uns brav auf der Gegenfahrspur entgegen kommt.
Und am Gasgeben merke ich, dass es wieder etwas Interessantes gab, denn der Spotter ruft nur “straight, straight” und ich folge mit dem Blick seinem Arm, sehe gerade noch einen Tigerpopo (oder ist es nur ein indischer Statist im Tigerfell?) im Dickicht verschwinden.
Und auch hier hat unser Spotter die richtige Spürnase. Nachdem er fast von dem herrischen Fotografen dafür verprügelt wurde, dass er nicht näher herangefahren ist, sehen wir seine Majestät nochmals die Straße queren. Ich bin wieder mal nicht schnell genug und kann mich nur noch auf dem Display des King of Wildlife-Photography vor mir neidvoll davon überzeugen, dass es tatsächlich ein Leopard und ein Tiger waren, die wir gesehen haben.
Wie war es nochmal? Auf Reisen ist die Welt gut zu mir. Ich werde heiß beneidet von allen, denen ich das erzähle. Und in Shekhars Augen sehe ich, dass ich wohl wirklich größtes Glück hatte, denn er scheint es wirklich nicht zu glauben. Und auch im Hotel werde ich nach meinem Erfolg gefragt und zu diesem beglückwünscht.
Vom Rückweg noch ein paar Impressionen:
Die Zeit bis zur nächsten Safari am Nachmittag überbrücke ich damit mir einen Sonnenbrand am Pool zu holen.
Am Nachmittag ist es weniger schön auf Safari, aber letztlich auch ganz nett. Zwar geht es nun ohne längere Anfahrt, aber wir sitzen mit fast 20 Personen nun in einem Bus. Immerhin, ich darf vorne sitzen. Der Spotter ist auch nicht so drauf wie der heute Morgen. Er lässt den Fahrer einfach über die Pisten fahren, lässt nicht den Motor ausschalten, mahnt nicht so zur Ruhe im Wagen wie der von heute Morgen, der fast ärgerlich war, wenn jemand gesprochen hatte.
Auch Shekhar und ein anderer Fahrer dürfen im Bus mit Platz nehmen. Shekhar verbringt die Fahrt über die buckeligen Pisten größtenteils im Schneidersitz auf dem Mittelbänkchen zwischen dem Fahrer und mir.
Wir sind nicht so erfolgreich wie am Vormittag, aber schön ist es trotzdem im goldenen Abendlicht am Ufer des Kabinilakes. Hier sehen wir große Antilopenherden und einige Elefanten, die sich sehr schön für uns in Pose stellen.
Auf der Rückfahrt ein kurzer Stopp im Dorf, in dem die Vorbereitungen für ein Fest im vollen Gange sind. Schade, dass wir dann schon wieder weg sind. Aber als wir kurz halten, hängt eine Traube Kinder an meinem Fenster und jedes probiert seine Englischkenntnisse aus.
Meine Empfehlung übrigens: Morgens eine Jeeptour, abends eine Safari vom Wasser aus um die weidenden und trinkenden Tiere mit Panoramablick genießen zu können, denn morgens ist es eher dunstig über dem Wasser, sodass man die Tiere nicht so schnell zu sehen bekommt bei einer Bootstour.
Ich bin bei der Ankunft im Hotel ziemlich KO und beschließe, dass der Abend nicht mehr so lang werden darf, auch wenn ich mir morgen den Wecker für die Weiterfahrt nach Mysore nur auf 7 Uhr stellen will.