9. Tag, Dienstag, 16.09.
Als um 6 Uhr der Wecker klingelt, höre ich den Regen gegen die Scheiben klatschen, wie vorhergesagt regnet es und soll sich zunächst auch nicht bessern. Da gibt es keinen Grund jetzt schon aufzustehen, ich drehe mich also noch mal um und schlafe ein weiteres Stündchen.
Dann stehe ich auf, dusche und frühstücke und packe mich einigermaßen wasserdicht ein. So marschiere ich zur Rezeption (hier ist auch das Restaurant der Ferienanlage, das auch Frühstück für günstige EUR 7 anbietet) und frage, ob es möglich ist, die Temperatur in der Cabin etwas zu erhöhen. Laut der Mitarbeiterin hat es aktuell 20°C, was ich doch stark bezweifle, heute Morgen waren alle meine Sachen kalt, abgesehen davon sind 20°C etwas wenig für einen gemütlichen Aufenthalt bei dem man sich ja schließlich kaum bewegt. Sie sagt, dass sie es etwas wärmer einstellen würde.
Ich mache noch einen Spaziergang über das Gelände, das sehr groß ist, da gibt es Häuser und Hütten in allen möglichen Größen und Baujahren, auch ein großer Campingplatz ist angeschlossen. Ein See gehört auch dazu, im Sommer kann man hier sicher nett schwimmen oder Bötchen fahren, auch zum Nordlichter beobachten ist das wohl eine gute Stelle.




Von der Ferienanlage gehe ich weiter zum nahe gelegenen Supermarkt, der nicht nur Lebensmittel verkauft, sondern auch eine große Souvenirabteilung hat, sowie einen Baumarkt und eine Sportabteilung. Hier stöbere ich eine ganze Zeit lang herum, sehr schöne T-Shirts und Sweatshirts gibt es, davon habe ich aber genug zu Hause, daher kaufe ich nichts. Kilpisjärvi lebt fast ausschließlich vom Tourismus, nur ca. 100 Leute leben hier dauerhaft. Es gibt zahlreiche Hotels und Campingmöglichkeiten, touristischen Hochsaison ist wie im übrigen Lappland der Winter, obwohl es keine Möglichkeiten zum Abfahrtsskilauf gibt, aber man kann Schneewandern, Schneemobilfahren, Eisangeln und ähnliches. Der Wandertourismus im Sommer und Herbst weitet sich aber auch hier aus.
Beim Rückweg zur Cabin stelle ich fest, dass es aufgehört hat zu regnen, ich hole mir meine Wandersachen aus der Unterkunft und fahre in Richtung Wanderparkplatz. Kurz vorher stoppe ich aber noch an einem Hotel, das auch als Besucherzentrum fungiert, seit das eigentliche (das sich am Parkplatz zu den Tsahkal Falls wo ich gestern spätnachmittag war, befindet) geschlossen hat.
Von hier aus kann man auch auf den Saanatunturi wandern und hier legt das Boot ab, das zum Hauptausflugsziel von Kilpisjärvi fährt, dem Dreiländereck: Finnland, Norwegen und Schweden treffen an einem Punkt (=Treriksröset, die schwedische Bezeichnung dafür ist die meist genutzte) aufeinander.
Dieser Punkt ist auch mittels einer langen Wanderung erreichbar, auch eine Kombination aus Wanderung und Bootsfahrt ist möglich, ich hatte mich noch nicht entschieden, wie ich den Dreiländerpunkt erreichen wollte, das Wetter nimmt mir nun die Entscheidung ab bzw. erspart sie mir, bei tiefhängenden Wolken, Regenschauern und Temperaturen unter 10°C ist keine der Möglichkeiten verlockend für mich.
Im Besucherzentrum schaue ich mich im Souvenirshop um, kaufe aber wieder nichts. Danach fahre ich zum nahegelegenen Wanderparkplatz. Dieser ist Ausgangspunkt für Wanderungen auf den Saana, die Wanderung zum Dreiländerpunkt und auf den Pikku Malla.
Auf den Saanatunturi zu wandern ist heute sinnlos, man sieht wie Wolken und Nebel die obere Hälfte einhüllen, die Aussicht wäre gleich Null. Es sind auch keine Wanderer auf dem im unteren Bereich gut zu sehenden Pfad erkennbar.
Ich nehme den anderen Wanderweg in Richtung Pikku Malla und Dreiländerpunkt, die beiden Ziele haben anfänglich den gleichen Weg. Mit mir sind durchaus ein paar andere Wanderer unterwegs, dafür übernachtet man schließlich hier.
Um 10.45 Uhr starte ich, es geht über eine Brücke mit Blick auf schöne schwarze Steine und einen See, die Berge im Hintergrund verstecken sich hinter den Wolken.
Dann führt der Weg recht lange durch den Wald, mal mehr mal weniger bergauf, aber immer über die üblichen Steine und Wurzeln, dazu stehen Teile des Wegs oft unter Wasser, insgesamt ein recht mühsames Vorankommen.
Das ändert sich nach ungefähr einer halben Stunde, der Wald weicht zurück und der Weg wird deutlich besser begehbar, ein Pfad, wie man ihn auch z.B. in den Alpen finden könnte, feste Erde, hin und wieder ein Stein oder Felsbrocken oder eine größere Pfütze, dabei geht es gemäßigt bergauf.
Auch die Aussicht wird immer besser je höher man kommt, gegenüber ist der Weg zum Gipfel des Saana zu sehen, vor mir bereitet sich ein herrliches See- und Bergpanorama aus, das von der Straße nach Norwegen durchschnitten wird. Die Zollstation ist ca. 7 km vom Zentrum von Kilpisjärvi entfernt und auch vom Wanderweg aus zu sehen, bis zur Grenze sind es noch ein paar Kilometer mehr, Grenzgebäude gibt es nicht. Die nächste norwegische Gemeinde ist das 40 km von der Grenze entfernte Skibotn. Sehr viele norwegische Kennzeichen sind mir hier in Kilpisjärvi bereits aufgefallen, viele Norweger haben ein Ferienhaus oder einen Wohnwagen im Ort, da in Finnland die Preise niedriger sind als in Norwegen und es für Schneemobile in Finnland wenige Einschränkungen und Regeln gibt, während das Fahren damit in Norwegen mehr oder weniger verboten ist.



Ungefähr eine Stunde nach dem Start erreiche ich den Abzweig zum Pikku Malla. Ich überlege, ob ich auf diesen Gipfel wandern soll oder noch weiter dem Weg zum Dreiländerpunkt folgen, es gäbe mit einem Wasserfall ein möglicherweise erreichbares Zwischenziel bzw. Umdrehpunkt.
Ich entscheide mich für den Pikku Malla, dorthin hinauf wandern auch ein paar andere, auf dem Weg zum Dreiländerpunkt kann ich niemanden sehen (und bei diesen Wetterbedingungen bin ich froh, wenn ich nicht ganz alleine unterwegs bin) und damit habe ich die Möglichkeit eine „vollständige“ Wanderung zu absolvieren, während ich den anderen Weg hoffentlich bei einem zukünftigen Besuch hier (vielleicht schon nächsten Herbst?) in ganzer Länge gehen kann.
Ab hier geht es kräftiger bergauf, allzu steil wird es aber nicht, auch bleibt der Weg gut begehbar, allerdings nehmen die nassen Stellen zu, da muss ich manchmal große Umwege gehen, um die Füße einigermaßen trocken zu halten.
Die Aussicht wird immer besser, immer mehr Seen tauchen im Blickfeld auf, es wird allerdings auch immer windiger und damit gefühlt kälter.
Um halb eins habe ich es dann geschafft, der Gipfel des 739 m hohen Pikku Malla ist erreicht, von hier kann man auch in die andere Richtung schauen, das Hotel mit Besucherzentrum wo ich vorhin war ist samt Campingplatz und Hafen gut zu sehen.
Leider kann ich den Aufenthalt oben nicht so ausführlich genießen, wie ich das eigentlich machen würde, nach einem einzigen Foto (was ich erst zu Hause entsetzt feststelle) gehe ich wieder ein Stück nach unten, der Wind bläst extrem stark und es ist eisig kalt bzw. fühlt sich so an.
Etwas bergab ist es windstiller und damit wärmer, hier mache ich eine kurze Mittagspause mit einem belegten Brötchen, ein heißer Tee wäre schön, ich muss mich aber mit dem ziemlich kalten Wasser, das ich dabei habe, begnügen.
Die Kamera packe ich nun in den Rucksack, es fängt an zu regnen und der Rückweg ist identisch mit dem Hinweg (nachträglich ärgere ich mich darüber etwas, denn die Perspektive ist doch wieder eine andere, auch die Wolken haben sich etwas nach oben verzogen und den Blick auf ein paar mehr Berge bzw. ihre Gipfel freigegeben).
Der Rückweg dauert auch wieder ca. 1,5 Stunden, um viertel nach zwei bin ich zurück am Auto.
Zum Trocknen und Aufwärmen und noch etwas essen kann ich nun entweder in meine Cabin gehen bzw. fahren oder ins Restaurant des Hotels, in dem sich auch das Besucherzentrum befindet. Ich entscheide mich für letzteres.
Auch in diesem Restaurant wird ein Buffet zum Mittagessen angeboten, das noch geöffnet ist. Nicht wie sonst meist um die EUR 13, sondern EUR 17,50 kostet es hier, da bezahlt man wohl die einsame Lage mit. Immerhin gibt es dafür auch ein paar Besonderheiten, z.B. einen rote Beete Salat oder zum Nachtisch nicht nur wie meist ein Kompott, sondern eine leckeren „Appel Crumble“.
Nach dem Essen geht’s dann für eine weitere Pause in die Cabin.
Gegen 17 Uhr ist es draußen wieder trocken, auch die Wolken haben sich recht weit nach oben verzogen, daher möchte ich noch eine zweite kurze Wanderung machen.
Sie beginnt nicht weit von der Unterkunft und führt auf kurzem aber knackig steilem Weg hinauf auf den Salmivaara. Auch auf dieser Wanderung sind die Ausblicke fantastisch, der Saanatunturi ist nun völlig wolkenfrei (wie auch schon gestern Abend bei meiner Wanderung zum See und den Wasserfällen), vielleicht wäre ein Aufstieg dorthinauf ab dem späten Nachmittag doch sinnvoll möglich gewesen, ich weiß es nicht.
Auch auf die verhältnismäßig vielen Hotels und sonstigen Ferienhäuser kann man gut blicken vom 595 m hohen Gipfel. Hier ist es anders als auf dem Pikku Malla einigermaßen angenehm temperiert und ich genieße den Aufenthalt und mache ausführlich Fotos in alle Richtungen. Trotz des Wetters bedauere ich es, dass ich Kilpisjärvi morgen schon wieder verlassen muss.
Auf dem Gipfel bin ich ganz alleine, beim Aufstieg sind mir zwei Wanderer entgegengekommen, beim Abstieg begegne ich ein paar Leuten mehr, ganz unten ist eine Frau dabei Beeren zu sammeln.
Um 18 Uhr bin ich nach einer Stunde wieder am Auto und fahre zurück in die Unterkunft.
Wetter: bewölkt, immer wieder Regen, ca. 10°C
Wanderungen: Pikku Malla, 7,41 km, 312 m Anstieg; Salmivaara 2,61 km, 123 m Anstieg
Unterkunft: 2 Nächte Tundrea Holiday Resort in Kilpisjärvi, ohne Frühstück, EUR 255,60, gebucht über booking.com