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Argentinien für Wiederholer - auf bekannten und weniger bekannten Pfaden

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S@bine:
Von Iguazu fuhren wir nach Puerto Valle, kämpften uns durch den mörderischen Verkehr von Posadas und kamen gegen frühen Nachmittag im Hotel de Esteros in Puerto Valle bei strömendem Regen an. Es regnete so stark, dass zeitweise die Scheibenwischer dem Regen nichts mehr entgegenzusetzen hatten.

Nicht lange nach unserer Ankunft kämpfte sich jedoch die Sonne durch und wir hatten noch einen wunderbaren Nachmittag in der wirklich traumhaften Anlage. Wir haben die Seele ein wenig im offenen Pavillon baumeln lassen mit Blick auf den Rio Parana, der hier so breit ist, dass man denkt, man sei am Meer.
Wir liefen noch ein wenig auf dem Gelände herum und beobachteten Affen in den Bäumen.

Mit Buchung des Hotel de Esteros hatte ich bereits eine Tour in die Esteros Sümpfe per Boot gebucht und da wir wieder die einzigen Gäste waren, stand uns der Guide auch alleine zur Verfügung. Das Hotel hat ohnehin nur 5 Zimmer.
Geplant war die Tour für den nächsten Tag.
Die Esteros del Ibera gelten als das "Pantanal Argentiniens", sind aber nicht so bekannt. Der recht bekannte Naturschützer Douglas Tompkins hat auch hier in der Nähe Land gekauft, um es zu schützen. Es ist nicht das erste Projekt dieser Art, was er fährt, der Parque Pumalin in Chile ist nur ein Beispiel.

Am Vormittag machten wir erst einmal eine kleine Wanderung, zuerst zu der Yacare-Farm, wo Kaimane gezüchtet werden und dann in den Dschungel. Ausgerüstet mit langer Regenjacke und Gummistiefeln, die wir dann auch brauchten, denn es ging manchmal durch Wasserläufe, stürzte ich mich wagemutig ins Dickicht hinein. Wer mich kennt, weiß, dass es mich ein wenig Mut kostete ... trotz hoher Luftfeuchtigkeit fand ich die Wanderung sehr schön, auch wenn sich aufgrund der Wetterlage nicht viele Tiere haben blicken lassen.

Nach dem Mittagessen fuhren wir dann zu einer der Lagunen im Sumpfgebiet Esteros del Ibera, wo wir ein wirklich sehr, sehr kleines Boot - was hier wegen des geringen Tiefganges notwendig ist - bestiegen. Zwischendurch habe ich immer mal wieder nach oben geschaut, denn das Wetter war wieder unbeständig, womit man in den Subtropen halt immer rechnen muss. Hätte es jetzt geregnet, hätten wir wahrscheinlich das Wasser aus dem Boot schippen können ... es blieb aber trocken, zumindest von oben. Wir wurden leider zweimal von einer Welle erwischt und ziemlich nass; zum Glück hatte ich die Kamera gerade in der Tasche.

Außer uns waren weit und breit keine weiteren Boote mit Touristen zu sehen; dafür jedoch einige Tiere, Kaimane und Wasserscheine und viele Vögel. Außerdem sprang uns doch ein Fisch ins Boot ... ein Wasserschwein war nur knapp einen Meter vom Boot entfernt und ließ sich nicht von uns stören, das war wirklich toll.

Als sich dann langsam die Dämmerung ankündigte und sich die Sonne noch durch die Wolken immer wieder ein freies Plätzchen suchte, wurde alles in ein wunderschönes Licht getaucht.

Horst:

--- Zitat von: S@bine am 24. Juli 2013, 18:34:46 ---Hallo Horst,


--- Zitat von: Horst am 24. Juli 2013, 18:17:58 ---Iguazu ist auch eines meiner Traumziele - bin gespannt wie es weitergeht.  :)

--- Ende Zitat ---

und glaube mir, es gibt noch eine Menge andere tolle Orte in diesen beiden Ländern.

--- Ende Zitat ---
Das glaube ich gerne.
Meine Eltern waren zumindest schon in Brasilien unterwegs - und waren begeistert.

S@bine:
Als nächstes stand eine der beiden großen Etappen unserer Reise auf dem Programm => von Puerto Valle nach Rafaela.
Recht früh, genau genommen bei Dämmerung, fuhren wir los.

Die Strecke ab Resistencia bis kurz vor Santa Fé, wo wir nach Westen abbogen, entpuppte sich als landschaftlich zwar sehr flache, aber wunderschöne Strecke. Ein Genuss für Augen und Sinne; damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet, sondern diesen Tag im Vorfeld als "reinen Fahrtag" eingeplant.

Besonders überrascht war ich von der Gegend um Reconquista. Auf uns wirkte diese Gegend als nicht gerade arm und ich hätte sofort das eine oder andere Häuschen mit Pool (manchmal war der Pool auch größer als das Wohnhaus) genommen.

Das Hotel, das ich in Rafaela im Vorfeld ausgesucht und bereits gebucht hatte, hatte ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis. So wie man uns behandelte (ausgesprochen freundlich und auch irgendwie ein wenig neugierig), hatte es auf mich den Anschein, dass hier scheinbar nicht so oft "internationale Gäste" absteigen.

Am nächsten Morgen beim Frühstück wurden wir von einem älteren Herrn in ordentlichem Deutsch angesprochen. Er hatte gehört, dass wir Deutsch sprachen und war ganz glücklich, dass er mit uns sprechen konnte. Wir unterhielten uns gut eine halbe Stunde mit ihm, er arbeitete Teilzeit im Hotel ... es hatte dann schon wirklich etwas richtig Herzliches, wie wir dann vom Hotel verabschiedet wurden.
Rafaela, weit ab vom internationalen Tourismus, hatte dann - wie wir beim Durchfahren feststellten - wunderschöne Straßenzüge mit Kopfsteinpflaster, netten Alleen und netten kleinen Häusern, wie ich mir das immer so vorstelle in Argentinien.

Unser Ziel für den Abend hieß Alta Gracia, südwestlich von Cordoba. Wir fuhren allerdings nicht auf direktem Weg dorthin, sondern machten erst noch einen Abstecher zur Laguna Mar Chiquita, dem flächenmäßig größten See in Argentinien. Zur Hochsaison soll hier die Hölle los sein, bei unserem Besuch konnte davon keine Rede sein.

Auf der Fahrt dorthin fuhren wir eine Straße, wo ständig Tausende von kleinen Vögeln (eine Art Sittich) die Straße im Tiefflug überquerten; wir hatten ständig Angst, eines dieser armen Tiere zu "erlegen". So etwas hatten wir noch nicht gesehen, es war geradezu surreal, faszinierend, aber auch ein wenig unheimlich und erinnerte an Hitchcocks "Die Vögel".

Beim nächsten Tankstopp fragte ich nach, ob das hier normal sei und bekam zur Auskunft, ja und dass die Vögel leider eine Plage seien. Letzteres konnten wir gut nachvollziehen.

Auf der anderen Straßenseite stand ein Pferdewagen, auf dem Wasserkanister standen. Da mir die Szene gefiel, machte ich ein Foto. Plötzlich stand ein älterer Mann neben mir und sagte ganz stolz, dass das sein Gefährt wäre und er Wasser ausliefern würde. Ich solle noch ein paar Fotos machen. Das tat ich und er ging dann voller Stolz zu seinem Gefährt. Das war eine sehr nette Begegnung.

Danach fuhren wir nach Jesus Maria, wo wir als nächstes die dortige Jesuitenestancia auf unserem Programm hatten. Rund um und in Cordoba gehören mehrere dieser Jesuitenestancias, von denen wir insgesamt drei besuchten, zum Unesco Weltkulturerbe.

Die Jesuitenestancia ist wirklich noch sehr gut erhalten und in einem sehr schönen Gebäude mit Kapelle. Auch hier wurden wir wieder ausgesprochen freundlich empfangen. Ich mag einfach diese Art von Gebäuden in Südamerika ... aber was mag ich dort eigentlich nicht, wird sich vielleicht der/die eine/andere fragen.

Die Gegend nördlich von Cordoba war wieder einmal landschaftlich in Argentinien für mich ganz neu. Wir fuhren auf kurvigen und hügeligen Straßen durch kleine nette Ortschaften, die etwas von "Künstlerorten" hatten. Wie fast überall in Argentinien, so schien es uns, hat nahezu jedes Häuschen irgendetwas zu verkaufen.

Gemäß unserer Karte sollte die Autobahn einmal um Cordoba rundherum gehen ... Scheibenhonig, denn dem war nicht so und wir landeten mitten Downtown im Feierabendverkehr in dieser Millionenstadt; die aber so ganz anders ist als Buenos Aires.

Straßen nur hin und wieder mit Namen versehen, zwei Fahrspuren, die sich aber locker mal vier Fahrzeuge teilten und vielleicht auch das ein oder andere Zweirad. Abzweigungen, die nicht beschildert waren ... tja, irgendwann wusste ich nicht mehr, wo wir waren.
Wir hielten an einem kleinen Laden und ich fragte nach, ob wir noch richtig waren. Waren wir natürlich nicht ... die grobe Richtung wurde erklärt, mit dem Hinweis, dann weiter zu fragen und als Abschied hörte ich dann "Suerte".
Na, das konnte lustig werden!

An der nächsten Tankstelle hielten wir an, ich wollte eine bessere Karte kaufen und fragen, wo wir waren. Leider gab es keinerlei Karte und so recht konnte mir das Personal auch nicht helfen. Ich wusste mir keinen besseren Rat und fragte einfach in die Runde der Gäste, die dort saßen, Kaffee tranken und Zeitung lasen, ob uns jemand helfen könnte und tatsächlich, zwei Herren gingen mit mir raus, erklärten den Weg und einer fuhr dann tatsächlich einige Straßenzüge vor, bis wir den Ausweg aus Cordoba gefunden hatten. Der Abschied fiel dann herzlich mit Küsschen links und rechts auf die Wange aus --- typisch Argentinien eben.

Eine Szene wird mir aus diesem Chaos wohl so schnell nicht aus dem Gedächtnis verschwinden: Zwei Fahrspuren, ein mörderischer Verkehr und mitten auf der rechten Fahrspur stand eine Leiter, ca. ein bis zwei Meter davor gesichert durch eine niedliche kleine Pylone, und auf der Leiter stand weit oben ein Mann und machte irgendetwas an seinem Haus. Wir und auch unsere Freunde haben zum Glück der Leiter ausweichen können. Das war einfach nur unglaublich! Dieser Mann hatte scheinbar unerschütterliches Vertrauen in das Fahrkönnen seiner Landsleute.

Recht spät kamen wir an diesem ereignisreichen Tag in Alta Gracia in unserem wirklich sehr netten "279 B&B" an, wo wir uns für die nächsten Tage eingebucht haben; ich hatte gleich das ganze Haus gebucht, denn es gibt dort nur zwei DZ. Hier hat es uns wieder ausgezeichnet gefallen.

Bei unserer Ankunft erzählte ich, dass wir uns in Cordoba verfahren hätten und wir bekamen als Antwort, dass es an ein Wunder grenzt, dass wir wieder herausgefunden hätten. Ja, so hatten wir das auch empfunden!

S@bine:
Am nächsten Tag blieb das Auto stehen ... Alta Gracia ist ein richtig nettes Städtchen, mitten in der Stadt gibt es einen kleinen See (Tajamar-Lake), der von den Jesuiten künstlich angelegt wurde; direkt am See steht der Reloj-Turm. Wirklich nett.

Morgens besichtigten wir unsere zweite Jesuitenmission, wieder anders als die in Jesus Maria, aber genauso eindrucksvoll. Leider war die Kapelle geschlossen wegen Restaurierungsarbeiten.

Danach sind wir zu Fuß durch einen Park zum Museum de Che gelaufen. Ernesto "Che" Guevaras Eltern siedelten hierher um, als er noch ein Kind war, in der Hoffnung, dass das milde Klima das Asthma des Sohnes lindern würde.
Im damaligen Wohnhaus ist heute ein Museum untergebracht. Aufgrund der Bewertungen in einigen Reiseführern war meine Erwartung nicht allzu groß; aber ich fand das Museum toll und ausgesprochen informativ; so dass wir uns relativ lange Zeit genommen haben. Unter anderem steht hier auch das Motorrad (Nachbildung?), mit dem er zusammen mit einem Freund die wohl entscheidende Reise gemacht hat, deren Geschichte mit dem Film "Motorcycle Diaries" erzählt wird.

Mal wieder habe ich gedacht, als ich wieder das eine oder andere sah und eine Verbindung ergab zu manchem, was ich bereits von meinen Reisen in Cuba gesehen habe, wie froh und dankbar ich bin, dass ich reisen kann.

Obwohl ich kein Golf spiele, haben wir im Restaurant des Clubhaus am Golfplatz gegessen, da es uns wegen der tollen Lage empfohlen wurde und tatsächlich, die Lage war sehr schön und das Essen gut.

Danach haben wir noch einen ausgiebigen Spaziergang durch Alta Gracia gemacht, der sehr gelohnt hat, führte er doch durch wirklich schöne Stadtteile mit herrlich alten Häusern, mal in hervorragendem Zustand, mal hätte die eine oder andere Renovierung nicht geschadet.

Am folgenden Tag wollten wir uns die Gegend südlich von Alta Gracia ansehen und fuhren als erstes nach Villa General Belgrano, deren Gründung auf Deutsche vor ein paar Jahrzehnten zurückgeht ... außerdem bekannt für das jährlich hier stattfindete Oktoberfest. Was soll ich sagen, das hätten wir uns sparen können. Fanden wir Hahndorf in Australien schon grauselig, so setzte dies hier noch einen obendrauf.
Eigentliches Ziel war an diesem Tag Cumbrecita, nur leider spielte das Wetter nicht mit, um kleinere Wanderungen zu unternehmen, die Sierras waren komplett verregnet ... auf jeden Fall sind wir an diesem Tag eine sehr schöne Route durch die Sierras gefahren.

Der nächste Tag galt Cordoba. Am Morgen sind wir mit dem Bus in knapp 45 Minuten in die Stadt gefahren. Der Busfahrer zählte während der Fahrt sein Geld, machte seine Abrechnung und gab Tickets aus. Wenn er geradeaus fuhr, stand das Lenkrad schief. Jeder Fahrgast verabschiedete sich beim Aussteigen persönlich vom Fahrer. Das nenne ich mal Lokalkolorit schnuppern ... In Cordoba besichtigten wir mehrere Kirchen und - gehört zum Pflichtprogramm - die Jesuitica de Manzana, wo wir eine ca. 90-minütige Führung mitmachten.

Wir schlenderten noch ein wenig durchs Stadtzentrum und besuchten noch eine Gedenkstätte, wo zu Zeiten der Militärdiktatur ein Gefängnis und Folterzentrum eingerichtet war; das war sehr bedrückend, aber ich finde, das gehört ebenso zum Land, wie die grandiosen Landschaften. Mitten im Zentrum, wo sich diese Stätte befindet, sind über die Straße unzählige Bilder der - zumeist sehr jungen - meist immer noch verschwundenen Menschen gespannt.

Insgesamt wirkte Cordoba gänzlich anders auf uns als Buenos Aires.

Zurück nach Alta Gracia haben wir uns dann den Luxus eines Taxis gegönnt.

Wir haben in diesen Tagen in mehreren Gesprächen mit der Betreiberin des B&B sehr viel Interessantes über Argentinien und auch die dortigen aktuellen Entwicklungen erfahren.

S@bine:

--- Zitat von: Horst am 24. Juli 2013, 20:16:18 ---Das glaube ich gerne.
Meine Eltern waren zumindest schon in Brasilien unterwegs - und waren begeistert.

--- Ende Zitat ---

Da gibt es auch noch so vieles, was ich mir gerne anschauen würde. Ich könnte mir gut vorstellen, dass nach der WM nächstes Jahr der Tourismus ansteigen könnte ... und die Preise wahrscheinlich auch.

Ich glaube, du bist der einzige, der den Argentinien-Bericht liest  ;)

Viele Grüße
Sabine

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