Autor Thema: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe  (Gelesen 116366 mal)

Flicka

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #120 am: 08. November 2013, 12:19:29 »

Weißt Du zufälliger Weise, was der Stein mit den Händen für eine Bedeutung hat?


Ich bin zwar nicht unsere Reiseleiterin, aber nach meiner Erinnerung gibt es solche Handabdrücke an vielen Palästen. Sie sollen von den Witwen stammen bzw. sie symbolisieren, die sich mehr oder weniger freiwillig mit den sterblichen Überresten der Maharadschas usw. haben verbrennen lassen. Unter dem Stichwort "Sati" müsste da was zu finden sein.


Birgit, ich bin wirklich froh, dass du uns in den Rattentempel mitgenommen hast. Ich war aber auch froh, als es auf der Reise wieder ohne Ratten weiterging. Und Jaisalmer ist ohnehin besonders schön. Ich freue mich auf (Jaisal-)mehr :)

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #121 am: 08. November 2013, 18:14:34 »
Zitat
es ist schon so dass man in den Tempeln die Schuhe ausziehen muss oder?

Ja. Einige sind so schlau dann Socken dabei zu haben, ich bin nicht schlau genug. In manchen Tempeln darf man auch keine Socken tragen.

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #122 am: 09. November 2013, 17:40:29 »
SA, 19.10.: Sightseeing Jaisalmer

Ich habe Order um 9 Uhr loszugehen. Erst soll ich das Fort besichtigen, dann die Innenstadt. Das Frühstück hier im Hotel ist nicht so berühmt, aber ausreichend. Vor allem kann ich es wieder auf dem Dach zu mir nehmen. Um mich herum auf den Dächern der etwas niedrigeren Häuser liegen Decken und Matten, auf denen die Leute geschlafen haben. Ein Kellner ist zum Scherzen aufgelegt, ein netter Kerl, während die spanische Dame am Nebentisch das wohl eher nicht denkt. Sie kommandiert ihn herum, er versteht manchmal (absichtlich?) nicht, was sie will. Mir hingegen bringt er unaufgefordert die zweite Tasse Kaffee. Ich denke, das könnte sie auch alles einfacher haben.

Leise Musik begleitet das Frühstück. "Om namah Shivaya", ein Mantra, wird abgespielt. Erst zurück in Deutschland verrät mir google, dass das die Anrufung des Liebevollen und Gütigen sei, dass es grob übersetzt bedeutet "ich grüße das Gute, das Liebe in dir." Aber es passt zu 100 Prozent zu meiner Stimmung oder erwirkt sie sogar.



Gehe gelassen und aufgeschlossen an das Land heran, nimm großmütig zur Kenntnis, dass du manchmal charmant übers Ohr gehauen wirst und das Land wird dir genau das widerspiegeln und wiedergeben, was du in ihm Positives sehen willst. Willst du das Land verdammen, dann tu es halt, dass das Land dir dann auch weniger geben wird, hast du dir selbst zuzuschreiben. Mir ist ein bisschen zum Heulen. Trotz der entspannten Reiseart mit individuellem Rundumschutz sind es eben viele Eindrücke, und die Erkenntnis, dass ich mich hier gerade in ein Land, fast einen Kontinent, verliebe, haut mich um.

Um 9 Uhr empfängt mich Anil vor dem Hotel, er will mir nur kurz den ohnehin nicht zu verfehlenden Weg beschreiben. Die unvermeidlichen Guides lasse ich gekonnt hinter mir. Auf einen heiligen Mann falle ich mal wieder herein. Er bindet mir das x-te rote Bändchen um das Handgelenk und will viel Geld dafür. Ich sage ihm, dass ich genug Glück habe, er möge doch dann bitte seinen Beitrag zu meinem Glück wieder abnehmen, und ich einige mich mit ihm auf einen deutlich geringeren Preis für mein Glück.

Im Fort sind jede Menge Läden, jede Menge in den goldenen Sandstein gehauene Verzierungen zu sehen, jede Menge bunte Menschen unterwegs. Und das Beste: Die Touris fallen erst nach 10 Uhr in Horden ein.

In einem Laden sehe ich mir Tücher an. Der Verkäufer nimmt mein an die Tasche gebundenes Tuch in Augenschein. Tja, Seide sei das schon, aber gaaaanz mindere Qualität, gaaaaanz schlechte Ware - und vor meinen Augen breiten sich buntenTücher aus Seide und Kaschmir aus. Mir sticht nichts ins Auge. Ohnehin habe ich keine Ahnung, wie Kaschmir sich anfühlen muss, wenn es echt ist, ich kaufe nichts.

Ein paar Kleinigkeiten wechseln dennoch den Besitzer, auch später in der Altstadt von Jaisalmer.























Hier finden eigentlich weniger die anzusehenden Havelis meine Aufmerksamkeit als vielmehr Straßenszenen. Ich juxe mit kleinen Kindern herum, die gerne fotografiert werden wollen.











Gegen Mittag wird es heiß, ich habe mich verlaufen, aber mit dem Fort als Orientierung finde ich in dieser kleinen Stadt schnell wieder ins Hotel.

Es schließen sich 1 bis 2 Stunden am Pool an. Herrlich in der Sonne zu liegen. Am Pool drei Deutsche, junge Männer, die zwei Monate in Indien bleiben und sich auch über den Fruit Lassi auf ihrer Rechnung erst wundern und dann amüsieren. Wir tauschen uns ein bisschen über Erfahrungen aus, es ist lustig. Auch ihr Fahrer sorgt gut für sie, all inclusive. Ich frage, ob das bedeute, dass er ihnen Mädels vorstellen will, um es mal vornehm auszudrücken. Ja, ich habe richtig geraten. Was das Programm sonst noch einschließen könnte, frage ich lieber gar nicht erst.

Ich ziehe mich schnell wüstentauglich an und gehe um 14.30 Uhr zum Auto. Wir fahren etwa 50 Kilometer weiter in die Wüste, wo mich Kamelritt und anschließender Tourinepp erwarten.

Nicht zu fassen, wie andere Touris mit ihren Fahrern umgehen. Eine ältere Frau wiederholt etwa 10mal "my hat" und "car", bis ihr Fahrer, der offenbar recht gut englisch versteht, ihr ihn holt und ihr mit etwas süffisantem Grinsen direkt auf den Kopf setzt, was sie ohne ihn anzusehen mit einem genuschelten Dank quittiert. Kann sie nicht in freundlichem Ton und ganzen Sätzen darum bitten, dass ihr oller Hut ihr geholt wird?

Der Kamelritt auf Lalou in Begleitung seines stolzen Besitzers Devi Singh ist schön. Ich reite als erste los, die anderen der Gruppe folgen erst einige Minuten später, sodass ich das Klingen der Glocke um Lalous Hals, das Knirschen des Sattels und das Stampfen und Schnauben des Tieres genießen kann. Lalou war ein bisschen krank, teilt Devi Singh mit und muss nun Medikamente gespritzt bekommen. Er muss viel fressen, hat viel Wasser verloren.





















Wir halten auf der Düne, die anderen Kamele halten ein ganzes Stück hinter uns, zum Glück. Doch ein Teil der Gruppe kommt auf "meine" Düne zu Fuß. Devi Singh bietet an, dass wir ein bisschen weiter weg gehen und wir sind wieder allein. Ich liege und sitze im weichen und schnell abkühlenden Sand. Er ist Analphabet, aber spricht wirklich gutes Englisch. Touristen lässt er auf seinem Kamel schon seit 30 Jahren durch die Wüste reiten. Er hat vier Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren, die es einmal besser haben sollen als er und die gerne zur Schule gehen. Ob die Geschichte stimmt, keine Ahnung, denn er wirkt eher wie der Großvater von vier Kindern im genannten Alter. Vielleicht erzählt er sie schon exakt so, seit er vor 30 Jahren angefangen hat Kamele mit Touristen drauf zu den Dünen und weiter in die Wüste hinein zu führen. Er wirkt sanft, freundlich, in sich ruhend, zufrieden.

Wäre Devi Singh vielleicht auch mal ein Ziel für die ungezogenen Sprösslinge bei "die strengsten Eltern der Welt"? Dagegen spricht, dass die Idylle unterbrochen wird vom Klingeln seines Handys. Also doch noch Zivilisation, die Dünen nahe der pakistanischen Grenze.

Auf dem Rückweg während des Dunkelwerdens breite ich die Arme in der sanften Luft aus. Ist doch egal, dass das hier vielleicht nur eine Illusion ist. Die Ruhe in den Dünen war jedenfalls wieder eine Erfahrung, die ich in Indien nicht erwartet hätte.

Es folgt leider ein unsägliches Musik- und Tanzprogramm, das offenbar alle Anwesenden langweilt. Höhepunkt ist, dass alle Anwesenden sehr uncharmant zum Mittanzen aufgefordert werden. Ich bin etwas genervt, meine Ablehnung wird nicht akzeptiert. Die stark geschminkte Tänzerin sagt, besser gesagt sie schreit, mit bösem Gesicht immer wieder "please!". Ich gewinne trotzdem. Fast die Hälfte der Gruppe widersetzt sich erfolgreich. Auch das anschließende Essen ist eher mittelprächtig.

Michael

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #123 am: 09. November 2013, 18:13:43 »
Wow, Birgit! Wieder ein Tag mit vielen intensiven Eindrücken.
Du beschreibst das so toll!!  Ich habe selten das Gefühl so dabei und nah am Geschehen zu sein, wie in Deinem Bericht hier.

Und das hier
Gehe gelassen und aufgeschlossen an das Land heran, nimm großmütig zur Kenntnis, dass du manchmal charmant übers Ohr gehauen wirst und das Land wird dir genau das widerspiegeln und wiedergeben, was du in ihm Positives sehen willst. Willst du das Land verdammen, dann tu es halt, dass das Land dir dann auch weniger geben wird, hast du dir selbst zuzuschreiben.
sollte man als Gebrauchsanweisung für diese Gegend am besten irgendwo festpinnen. Chapeau!

Grüße aus der Pfalz,
Michael
...nach der Reise ist vor der Reise...

Silvia

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #124 am: 10. November 2013, 10:01:34 »
Du beschreibst das so toll!!  Ich habe selten das Gefühl so dabei und nah am Geschehen zu sein, wie in Deinem Bericht hier.
Und das hier
Gehe gelassen und aufgeschlossen an das Land heran, nimm großmütig zur Kenntnis, dass du manchmal charmant übers Ohr gehauen wirst und das Land wird dir genau das widerspiegeln und wiedergeben, was du in ihm Positives sehen willst. Willst du das Land verdammen, dann tu es halt, dass das Land dir dann auch weniger geben wird, hast du dir selbst zuzuschreiben.
sollte man als Gebrauchsanweisung für diese Gegend am besten irgendwo festpinnen. Chapeau!

 :thumb:  nicht nur für diese Gegend!!



Ein Kellner ist zum Scherzen aufgelegt, ein netter Kerl, während die spanische Dame am Nebentisch das wohl eher nicht denkt. Sie kommandiert ihn herum, er versteht manchmal (absichtlich?) nicht, was sie will. Mir hingegen bringt er unaufgefordert die zweite Tasse Kaffee. Ich denke, das könnte sie auch alles einfacher haben.

Nicht zu fassen, wie andere Touris mit ihren Fahrern umgehen. Eine ältere Frau wiederholt etwa 10mal "my hat" und "car", bis ihr Fahrer, der offenbar recht gut englisch versteht, ihr ihn holt und ihr mit etwas süffisantem Grinsen direkt auf den Kopf setzt, was sie ohne ihn anzusehen mit einem genuschelten Dank quittiert. Kann sie nicht in freundlichem Ton und ganzen Sätzen darum bitten, dass ihr oller Hut ihr geholt wird?

Das ist leider etwas was ich auch immer wieder auf Reisen beobachten kann / muss!?!   >:(   Da bin ich in Afrika auch schon mal mit einem aus unserer Gruppe ziemlich zusammengerückt.  :hammer:

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #125 am: 10. November 2013, 16:50:50 »
Ja, Silvia, mir gelingt es auch nicht immer nett zu sein. Wenn du den nächsten Reisetag liest, dann wirst du dir denken können, dass ich aus meiner Stimmung heraus da nicht nett war.

Aber mir hat dieses Frühstücksbeispiel in Jaisalmer echt gezeigt, dass Indien dir einen Spiegel vorhält. Ich habe in meinem Spiegelbild sicher oft eine rosarote Brille auf der Nase gehabt, aber das ist mir auch klar.

Abgesehen davon, dass rosarot eigentlich nicht unbedingt meine Farbe ist, hat die Brille mir in dem Fall aber echt viele Vorteile gebracht: Ich konnte die Reise  mit nur leichten Abstrichen, die mich aber eher interessiert und erstaunt haben (ich nenne es interkulturelle sozialpsychologische Studien  :toothy9: ) in vollen Zügen genießen.

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #126 am: 10. November 2013, 16:53:43 »
SO, 20.10.: Jaisalmer to Jodhpur

Heute haben meine neue Liebe Indien und ich den ersten Beziehungsstress. Eine Flaute statt Flow tritt ein. Heute mutiere ich zu dem Typ von Indientouristen, der ich nicht sein will: nörgelig, missgelaunt und misstrauisch.

Zunächst fahren wir durch karges Land nach Jodhpur. Das dauert schon einige Stunden. Ich langweile mich fast. Jodhpur, die blaue Stadt, sei so schön, habe ich gehört und gelesen. Also bin ich gespannt, was mich erwartet.

Als wir uns nähern, überkommen mich da Zweifel. Stickig, voll, schlechte Straßen. Na ja, vielleicht ist die Altstadt da ja anders.

Schön ist allerdings das Fort anzusehen. Riesig ist es und imposant auf einer Anhöhe gelegen, scheint die gesamte Breite der Stadt einzunehmen.

Die vielen Leute und der Lärm nerven mich heute. Zum Glück gibt es hier keine Guides und keine aufdringlichen Verkäufer. Aber ich brauche dringend Rupies und finde im Fort eine Wechselstube, wo es irgendwann im etwa 12. Ansatz gelingt mir gegen Kreditkarte einen Stapel Scheine auf den Tisch zu zählen.

In der gesamten Anlage finden überall Tanz- und Musikvorführungen statt. Die sehen toll aus und sind im Gegensatz zum Culture program gestern mitreißend, sodass eine Menge der Besucher sich in die Reihen der tanzenden Männer einreihen und dem Rhythmus der Musik folgen.

Der Palast ist prunkvoll ausgestattet und bietet tolle Blicke auf die blaue Stadt und das Fort. Nicht zum ersten Mal denke ich, dass die Alhambra, um die in Spanien so viel Wirbel gemacht wird, sich hinter dem allen hier nur verstecken kann.















 















Auf der Weiterfahrt:





Wir fahren weiter, kommen in der Altstadt an. Diese wirkt düster, voll und dreckig, und irgendwie fallen mir heute besonders die überall existierenden Urinale ins Auge, also im Grunde für das Pinkeln freigegebene Nischen an der Straße, die selbstverständlich nur von Männern genutzt werden. Irgendwie scheint plötzlich kein Hotel mehr frei zu sein außer dem unappetitlich wirkenden Hotel Haveli, wie Anil mir bedauernd mitteilt.

Der Mülleimer dreckiger als meiner zu Hause. Als ich das Zimmer ansehe, ist es noch nicht fertig. Das Zimmer fertig zu machen bedeutet offenbar mit viel Aufwand die Tagesdecke auf das Bett zu drapieren. Darauf, dass dazu noch ein wenig Bettwäsche gehört, muss ich erst hinweisen. Das Bad wird von den Boys keines Blickes gewürdigt. Zum Glück liegt darin noch ein sauberes Handtuch. Das, was man mir hinlegt, starrt nämlich vor Dreck. Zum ersten Mal brauche ich etwas von der vielen Sonderausstattung, die ich mitgenommen habe, nämlich meinen Seidenschlafsack und ein Desinfektionsspray. Und soooo günstig ist es eben auch nicht. Für nur unwesentlich mehr Geld habe ich selbst gebucht in Delhi tausendmal besser geschlafen. Bei den Preisen hier wäre es mir völlig wurscht gewesen, ob das Hotel vielleicht das Doppelte kostet, wenn es dafür auch doppelt so gut ist.

Es ist super hellhörig, denn irgendwie ist eine Art Luftloch zum Flur und außerdem eins zwischen dem Bad und einem Schacht, der durch das gesamte Hotel nach oben führt, nur mit einem Drahtnetz versehen. Die Fenster sind aus Plastik und lassen den Straßenlärm durch.

Dieses Hotel scheint Anils zweite Empfehlung zu sein, nachdem das ursprünglich vorgeschlagene Hotel voll ist. Es gibt aber durchaus noch andere Hotels. Sind also tatsächlich alle anderen Hotels voll und dieses Dreckloch tatsächlich die beste Wahl aus der kaum noch vorhandenen Auswahl? Oder ist es seine Angst mein Geld zu verschwenden? Warum habe ich dumme Gans nicht darauf bestanden, dass er mir noch etwas anderes zeigt?

Bei Essen und Bier auf der Dachterrasse entspanne ich mich ein wenig, aber irgendwie nur ein wenig. Der Tag heute hinterlässt einen etwas schalen Nachgeschmack. Heute fühle ich mich ein wenig enttäuscht von meiner neuen Liebe Indien, die ich ja noch so gar nicht einschätzen kann, als ob man bei einem neuen Lover plötzlich bemerkt, dass die große Liebe heimlich Drogen nimmt.

Ich hoffe nur, dass die Stadt und das Land den Eindruck morgen wieder geraderücken können.

Ilona

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #127 am: 10. November 2013, 17:02:43 »
Heute fühle ich mich ein wenig enttäuscht von meiner neuen Liebe Indien, die ich ja noch so gar nicht einschätzen kann, als ob man bei einem neuen Lover plötzlich bemerkt, dass die große Liebe heimlich Drogen nimmt.

Ja wie, hattest du an dem Tag die rosarote Brille verlegt  :cool2: ? Es kommt bestimmt bald die große Versöhnung :toothy9:.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #128 am: 10. November 2013, 17:31:47 »
LOL, Ilona, genau! Indien kann ich nicht lange böse sein ;)

Paula

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #129 am: 10. November 2013, 17:53:27 »
Hallo Birgit,

Ich kann mir gut vorstellen wie es dir ging, ich dachte ein, zweimal in Sri Lanka auch: wie kann man so ein Hotel aussuchen, das muss ihm doch klar sein, dass das nicht okay ist. Aber wenn der Mann noch nie in Deutschland war, kann er sich bestimmt gar nicht vorstellen was für eine Ausstattung für uns schlicht selbstverständliche Voraussetzung ist. Da prallen eben erste und dritte Welt aufeinander.

Und ich selber bin auch irgendwie unlogisch. Während ich den Rattentempel total eklig fand, finde ich das Bild mit den Fledermäusen total süß, diese Tierchen mag ich besonders. Dabei machen die bestimmt genauso viel Dreck wie Ratten, aber in einer Fledermaushöhle würde ich da großzügig drüber weg sehen  :)
Viele Grüße Paula

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #130 am: 10. November 2013, 18:33:28 »
Ich mag Fledermäuse auch, vor allem deshalb, weil sie diese kleinen blöden Blutsauger fressen, die einem echt das Leben zur Hölle machen und einem den Schlaf rauben können.

Flicka

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #131 am: 10. November 2013, 19:25:22 »
Ich kann das so gut nachvollziehen. Manchmal hat man einfach einen Nörgeltag. Was man gestern noch pittoresk und authentisch fand, ist am Nörgeltag einfach nur Müll. Und wenn dann noch Umstände dazukommen, die einen zwingen, den Seidenschlafsack zu ziehen.... ;)

LOL, Ilona, genau! Indien kann ich nicht lange böse sein ;)

Das hatte ich angesichts des Titels des Reiseberichts auch schon vermutet.  :)

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #132 am: 10. November 2013, 19:43:10 »
Obwohl, eins ist ausgeblieben: Es hieß in irgendeinem Indienforum, dass man in Indien in jedem Bett und immer Haare finde von fremden Leuten. Ich habe in manch thüringischem Pensionsbett schon Haare gefunden, in Indien jedenfalls kein einziges, nicht mal in dem Schuppen in Jodhpur.

Daher konnte der Seidenschlafsack meistens auch im Koffer bleiben und sich ausruhen.

Heiko

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #133 am: 11. November 2013, 13:24:33 »
Schön, mal für einen Nachmittag weg von den ganzen Menschenmassen und bei einem Kamelritt etwas mehr Ruhe in der Wüste zu genießen :).
Gruß
Heiko

Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen. (Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832)

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #134 am: 11. November 2013, 18:39:32 »
MO, 21.10.: Sightseeing Jodhpur

Ich erwache vor Morgengrauen vom Ruf der Muezzine rund um mich herum. Jodhpur ist zum größten Teil muslimisch, wie weithin zu vernehmen ist. Ich schlafe wieder ein und erwache erst mit dem Weckerklingeln. Ich dusche mit meinen Crocs in dem verkeimten Bad und gehe zum Frühstück. Auch heute bin ich unwirsch und ungehalten. Die Auswahl ist gering, die Schale, in der die Cornflakes geliefert werden, erinnert an den Mülleimer im Zimmer. Dann läuft noch einer mit einer Rechnung hinter mir her, obwohl ich den Preis für das Hotel inklusive Frühstück zahle und ich habe die Faxen dicke.

Blick vom Hoteldach auf das Familienleben rundherum:



Anil erwartet mich pünktlich. Ob ich gestern sauer auf ihn gewesen sei, ich hätte "not happy" gewirkt. Ich erkläre ihm mein Hotelproblem. Kein Problem, er ruft sofort im Krishna Prakash Haveli an, die haben heute ein Zimmer, das er sofort für mich reserviert. Wir checken aus. Ich fühle mich schon ein bisschen besser.

Das Gepäck fährt mit zu unserem ersten Ziel, dem Umaid Bhavan Palast, wo die Maharajas noch bis ins 20. Jahrhundert gelebt haben, ein Enkel lebt laut Reiseführer heute noch hier. Ich finde die Anlage imposant, aber letztlich unspektakulär, denn für Uhren aus der Jugendstilzeit und alte Autos muss ich nicht nach Indien reisen. Besser gefallen hat mir das Anwesen gestern aus der Ferne, bei Dunkelheit beleuchtet auf der Anhöhe.



 

Auf dem Rückweg an einer Ampel ein bettelndes uraltes Paar, ein bettelndes Kind und eine bettelnde jüngere Frau. Oh Mann, wenn ich mir vorstelle, dass bei uns ein Rentnerpaar sich gegenseitig stützend mit einer sauber geschrubbten Blechschale von Auto zu Auto gehen muss um etwas zu essen kaufen zu können...

Wir checken im Krishna Prakash ein. Auch hier ist das Zimmer noch nicht fertig, aber die gesamte Anlage und das Zimmer machen einen deutlich besseren und freundlicheren Eindruck als das vorherige Hotel.



Nicht noch einmal mache ich den Fehler hier im Zimmer das nun folgende Elend ansehen zu wollen. Ich verkrümel mich auf den Markt, besuche das Gewürzgeschäft (highly recommended in your lonely planet), kaufe ein paar Gewürze, die ich wohl nie nutzen werde. Ich besuche das Geschäft mit den Tüchern und Schals (highly recommended in your lonely planet), kaufe aber nichts, denn die Tücher aus der tollen Wolle aus Babyalpaka, die mir etwa eine Stunde mit all ihren Vor- und nicht bestehenden Nachteilen erklärt wird, sollen 250 Euro kosten. Selbst mit Handeln kommen wir da sicher nicht auf einen Preis, der mir angemessen erscheint, und ich gehe wieder. Ich besuche ein CD-Geschäft, (so far not highly recommended in my lonely planet) und kaufe drei CDs mit Bollywoodmusik und Ähnlichem. Der Verkäufer radebrecht leidlich englisch und ist sehr nett. Das hat nun auch ohne Lonely Planet viel Spaß gemacht.





 

Unterwegs wieder unglaubliche Straßenszenen, aber kein Angequatsche. Auf Platz eins der Straßenszenen eine Mutter, die ihrer Tochter, die wie Ronja Räubertochter aussieht, die Läuse vom Kopf sucht direkt unter dem Clock Tower.

Zuletzt besuche ich den Omelettestand (highly recommended in your lonely planet) und esse ein herzhaftes und ein süßes Teil, trinke dazu einen Kaffee und nehme ein Wasser mit und zahle dafür etwa 1,20 Euro. Hier wäre ich nie hingegangen, wenn Anil mir nicht Unbedenklichkeit zugesichert hätte.



Ich beziehe mein Zimmer. Es gefällt mir, besonders da es einen eigenen Balkon hat, der nun in der Sonne liegt und genau so ausgerichtet ist, wie ich es gerade so brauche. Also lege ich mich eine knappe Stunde in die Sonne.

Ich dusche und stelle dabei fest, dass dieses Hotel auch nicht wirklich sauberer ist als das Letzte. Ich grinse etwas in mich hinein. Ich habe es wohl so gemacht, wie man es nicht machen soll und habe mich auf das Nervende konzentriert und hätte es wohl besser selbst mal so machen sollen, wie ich es mit meinen salbungsvollen Worten noch in Jaisalmer beschrieben habe.

Um 16 Uhr bin ich mit Anil verabredet. Ich habe ihn gefragt, von wo aus man am besten die blauen Häuser ansehen kann und er meint, es sei ein etwas längerer Weg, aber er geht gerne mit und zeigt mir ein paar schöne Stellen. Wir marschieren los durch die zunächst brechend volle und laute Innenstadt. Wir kommen etwas höher, sind plötzlich hinter dem Fort. Immer wieder fotografiere ich blaue Häuser. So sehr viele gibt es davon nicht. Letztlich reichen aber wohl die etwa 30 Prozent blau gestrichene Fassaden, um die ganze Stadt aus der Ferne blau wirken zu lassen.





 

Wir sind an einem kleinen See. Einige Steinmetze gehen hier ihrer Arbeit nach und schleppen zu viert einen Riesenquader. Ich genieße den Blick auf die vom golden gewordenen Sonnenlicht angestrahlte Festung. Es gibt einen zunächst etwas abenteuerlichen Weg, der dann durchs Grüne zum Fort führt.







Dort wartet schon der nächste tolle Blick auf die Stadt. Mitreißende indische Popmusik schallt zunächst über die ganze Stadt bis zu uns hoch. Immer wieder muss ich aufstehen und mit indischen Menschen für ein Foto posieren. Auf den Dächern kann man aus der Ferne eine Menge Szenen beobachten: Spielende Kinder, Frauen, die Wäsche waschen und aufhängen.





 

Es wird langsam dunkel, und wir machen uns auf den Rückweg. Ganz in der Nähe des Hotels einer dieser hinduistischen Minitempel. Tempelglocken schallen heraus, der Duft von Räucherstäbchen liegt in der Luft.

Der Charme Indiens hat mich wieder, dem Land kann ich offenbar nicht sehr lange böse sein.