Autor Thema: Wandern in der Bretagne: Auf dem GR 34 von Saint Brieuc zum Mont Saint Michel  (Gelesen 87143 mal)

serendipity

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2257
    • erleben-sehen-genießen
Ich fand die Preise letztes Jahr durchweg okay, sowohl für Restaurants als auch beim Einkauf von Lebensmitteln im Supermarkt. Natürlich zahle ich etwas mehr als in Hinterdumpelfingen, schließlich ist die Bretagne nach der Cote d'Azur der zweite Touristen-Hotspot Frankreichs. Aber z.B. gerade die Galettes sind bezahlbar und je nach Füllung extrem lecker. Und besonders für mich, die sich ja fast ausschließlich von Moules Frites, ab und an Garnelen oder Austern, ernährt hat, war das Essen billig  ;) Auch leckeren Cappuccino-Stop kann man überall zu normalen Preisen machen, nicht wie in St.Tropez, wo man durchaus auch schon mal 8 € dafür bezahlt.

Jetzt lässt du uns aber ganz schön hängen, Flicka  :) Taxi oder Wanderschuhe? Ich hoffe natürlich auch für euch (und auch ein bisschen für mich), dass die Wanderschuhe gewonnen haben. Andererseits finde ich es gut, dass ihr nicht so verbohrt seid und eben Plan B greifen darf.

Wirklich schade, dass es kein Bild der Meeresfrüchte-Platte gibt  :(

Flicka

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1573
Ich bin nicht sicher, wie die Frage nach den Preisen für Lebensmittel gemeint war. Wenn es um Einkäufe im Supermarkt geht, dann kann ich dazu nur etwas aus den bisherigen Urlauben berichten, denn bei der Wanderung haben wir außer Baguette fast nichts eingekauft. Zu den Supermarktpreisen muss man sagen, dass das Preisniveau meines Erachtens schon höher ist als in Deutschland, aber so günstig wie in Deutschland gibt es ja im westlichen Europa eigentlich nirgends Lebensmittel zu kaufen. Ausnahme sind Sachen, die bei uns eher als Feinkost gelten, in Frankreich aber in fast jedem Supermarkt zu haben sind, also z.B. Meeresfrüchte.

Was die Preise fürs Essen im Restaurants angeht: Da ist die Spannbreite wie oben geschrieben groß, und es hängt sehr davon ab, was und wo man isst. Crêpes und Galettes und Moules-Frites sind meist relativ günstig, die bekommt man oft im Sommer auch auf irgendwelchen Festen für ein paar Euro. Dafür bezahlt man meines Erachtens für ordentliche "gutbürgerliche" Küche in Frankreich generell mehr als in Deutschland.

Insgesamt haben wir es bei diesem Urlaub allerdings nicht darauf angelegt, Geld zu sparen.  :)


Was Handybilder angeht: Nein, ich habe keine gemacht, das Handy ist meist im Rucksack geblieben, ich hatte ja schließlich den Fotoapparat dabei. Elsa hat zwar ein paar Bilder gemacht, aber mehr Eindrücke als in den Links ergeben sich daraus wohl nicht.



Jetzt lässt du uns aber ganz schön hängen, Flicka  :) Taxi oder Wanderschuhe?


Oh, sorry, dass mein Keller im Moment Priorität hat!  ;)
Trotzdem gibts nachher noch den nächsten Wandertag.  :)

serendipity

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2257
    • erleben-sehen-genießen
Natürlich hat dein Keller Priorität, hoffentlich hast du das nicht falsch verstanden :(

Ich meinte auch nicht die Zeit, sondern den eingebauten Cliff-Hanger "Taxi versus Wanderschuhe" - tut mir leid, falls das falsch rüberkam!

Flicka

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1573
Keine Sorge, der Smiley hat doch gezwinkert.  :)

Und jetzt gehts weiter.

Flicka

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1573
Montag, 9.5.16
Wandertag 8: Von Dinard nach Saint-Malo / Paramé (direkter Weg ca. 5 km, gelaufen ca. 15 km)



Heute steht kein langes Wanderprogramm an, also verschieben wir heute morgen unser übliches Programm mal um eine Stunde nach hinten. Um acht Uhr stehe ich auf, etwas widerwillig, weil ich nicht gut geschlafen habe. Neben den Gedanken, die ich mir um die weitere Wanderung gemacht habe, haben mich auch viele viele Insektenstiche wachgehalten. Außerdem stelle ich fest, dass ich neue Blasen habe, unter anderem eine kleine Blase am linken Fuß zwischen Innenknöchel und Fußsohle. Schön, da kommt doch gleich mal ein Blasenpflaster drauf, und damit dürfte das Problem erledigt sein.

Um 9 Uhr frühstücken wir. Es ist immer noch warm, so dass wir uns in einen kleinen Hof setzen können, aber während des Frühstücks fallen erste Regentropfen. Das lange Wochenende ist vorbei, da schaltet auch das Wetter auf Alltag um.

Elsas Knie fühlen sich wieder etwas besser an, und sie ist bereit, Saint Malo zu erkunden. Gegen 10 Uhr checken wir aus, gehen zur Uferpromenade und kaufen Tickets für das Wassertaxi nach Saint Malo. Das Wassertaxi fährt nicht an der Verkaufsbude ab, sondern ein Stück weiter nördlich, anscheinend wechseln sie die Anlegestellen je nach dem Gezeitenstand. Und wie es leider in Frankreich oft üblich ist, ist die alternative Anlegestelle nicht besonders gut ausgeschildert, man könnte eigentlich sagen, überhaupt nicht. Natürlich hat es inzwischen richtig angefangen zu regnen, wir ziehen zum ersten mal im Urlaub die Regenhüllen über die Rucksäcke und stehen ein wenig wie begossene Pudel an der Uferpromenade. Ich habe einen gewissen Verdacht, wo das Schiff abfahren könnte und frage einen Angler, der meine Meinung bestätigt, aber dann wird es richtig spannend, denn zur angekündigten Zeit ist kein Schiff zu sehen. Einige Minuten später trudelt es dann aber doch noch ein und bringt uns über die Mündung der „Rance“ hinüber zur befestigten Altstadt von Saint-Malo, direkt an eines der südlichen Stadttore.

Wir schlagen nicht den Weg quer durch die Altstadt ein, sondern erklimmen die Festungsmauer und spazieren langsam im Uhrzeigersinn um die Stadt herum, mit dem Meer auf der linken Seite und den Häusern zur Rechten.

http://de.saint-malo-tourisme.com/photos/saint-malo-sehen

Auf den Befestigungsmauern gibt es sogar kleine Grünanlagen, und wir kommen unter anderem an zwei Statuen vorbei: Die eine zeigt Jacques Quartier, der Kanada entdeckt haben soll. Die andere zeigt Robert Surcouf, der in einer langen Reihe der Korsaren steht, für die Saint-Malo berühmt und berüchtigt war. Viele hatten Kaperbriefe und damit das Recht, gegnerische Handelsschiffe zu entern, mussten dafür aber einen Teil der Beute an die Krone abgeben. Surcouf betrieb Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts schließlich ein regelrechtes Kaperunternehmen mit mehreren Schiffen, sehr zum Leidwesen der gegnerischen Engländer.

Das Denkmal ist eindrucksvoll, zumal Surcouf auch heute noch auf das böse England zeigt. Wir werden aber schnell von einer Möwe abgelenkt, die unterhalb der Stadtmauern offenbar auf der Suche nach Nistmaterial ist. Sie nimmt den Schnabel richtig voll, marschiert dann erst mal wie ein Hund, der einen zu großen Knochen schleppt, den Weg entlang und schafft es schließlich, sich trotz ihres vollen Schnabels in die Luft zu erheben und über den Dächern zu verschwinden. Hm, nisten die Möwen vielleicht dort? Sie scheinen es sich auf den Dächern jedenfalls gut eingerichtet zu haben. Und sie können Fremdsprachen. Jede Möwe scheint anders zu klingen, und Elsa und ich sind uns einig, dass ein besonders raffiniertes Exemplar, das ausdauernd vor einem Dachfenster auf- und abbalanciert, eine maunzende Katze imitiert.

Wir verlassen schließlich die Stadtmauer, flanieren noch ein paar Meter zum großen Stadttor und finden hundert Meter weiter die Touristeninformation in einem großen modernen Gebäude. Dort fragen wir nach Zug- und Busverbindungen zum Mont-Saint-Michel, und netterweise gibt es eine Direktverbindung mit dem Bus. Morgen um 9.30 Uhr soll die Fahrt losgehen, und eine der  Abfahrtsstellen ist gar nicht weit von unserem heutigen Hotel entfernt. Sehr schön! Unser Alternativplan steht: Ich werde morgen die nächste Wanderetappe in Angriff nehmen, und Elsa wird  das Auto holen, sich nachmittags vielleicht noch etwas ansehen und mich spätestens abends im nächsten Hotel treffen. Wenn das klappt, werde ich übermorgen weiterwandern und dann am Donnerstag die letzte Etappe zum Mont Saint Michel in Angriff nehmen, und Elsa wird mit dem Auto die interessanten Orte im Hinterland ansteuern.

Entspannt gehen wir jetzt erst mal ein Lokal fürs Mittagessen suchen und haben Glück, denn wir finden in der Altstadt nur wenige Meter von den Touri-Lokalen entfernt ein nettes Bistro, in dem offenbar die Einheimischen ihre Mittagspause verbringen, essen eine Kleinigkeit und trinken Bier aus einer einheimischen Brauerei. Von hier aus bis zum Hotel im Stadtteil Paramé müssen wir noch ein ordentliches Stück die Uferpromenade entlanglaufen, aber immerhin hat es inzwischen aufgehört zu regnen. Dafür finden wir an einigen Stellen der Uferpromenade Sand und Steine. Vor zwei Tagen war eine der höchsten Springfluten des Jahres, und anscheinend war die Flut da so heftig, dass die Wellen über die Uferpromenade geschwappt sind. Schilder warnen vor den Gefahren, hier bei Flut von einer Welle erwischt zu werden.

Ob es an diesen Gefahren liegt? Oder am Wetter? Oder am Montag? Oder an Saint-Malo? Wir finden jedenfalls, dass die Leute heute im Gegensatz zu den Leuten gestern in Dinard auffällig schlecht gelaunt sind. In unserem Hotel, im Ar Iniz, werden wir aber sehr nett empfangen und können jetzt, um 15 Uhr, auch schon einchecken. Die  Zimmer liegen in einem Nebengebäude, sind aber sehr schön mit tollen großen Badezimmern. Wir ruhen uns erst mal aus und halten eine kleine Siesta. Zeitlich passt das perfekt, denn während wir rasten, rauscht draußen ein Regenschauer herunter.

Um fünf Uhr zieht es uns wieder in die Altstadt. Elsas Knie sind anscheinend dankbar, dass sie heute auf festem, geradem Asphalt laufen dürfen und halten ganz gut mit. Das müssen sie auch. Weil wir vorsichtige Menschen sind, gehen wir nämlich nicht auf direktem Weg in die Altstadt, sondern suchen erst mal die Bushaltestelle an der Jugendherberge, an der morgen der Bus abfahren soll. Ich könnte jetzt sehr lange darüber berichten, wie wir uns die Hacken abgelaufen haben, aber ich belasse es mal bei der Kurzfassung: Erst nachdem wir die eigentliche Haltestelle und eine angebliche Ausweichhaltestelle gesucht und gefunden und dann auf französisch bei dem Busunternehmen telefonisch Rückfrage gehalten haben, erfahren wir: Ausgerechnet heute und morgen fährt der Bus wegen Straßenarbeiten nicht wie üblich an der Haltestelle „Auberge de Jeunesse“ ab. Er fährt aber auch nicht an der  Haltestelle „Gambetta“ ab, wie das Schild an der Auberge de Jeunesse uns weismachen will. Sondern, wie die Mitarbeiterin des Busunternehmens allerdings nicht auf die erste Anfrage, sondern erst auf eine misstrauische zweite Nachfrage mitteilt, an der Haltestelle „Chateaubriand“, auf die weder an der Haltestelle „Auberge de Jeunesse“ noch an der Haltestelle „Gambetta“ verwiesen wird. Mal wieder typisch Frankreich. Wer es nicht findet, ist halt selbst schuld.

Wir sind jetzt jedenfalls informiert, dafür haben wir aber auch schon ein paar Kilometer mehr in den Wanderschuhen. Egal, wir spazieren hinunter ans Meer, flanieren am Sandstrand entlang und nehmen die Baumstämme unter die Lupe, die man hier vor der Strandpromenade, wahrscheilnich als Wellenbrecher, in den Boden gerammt hat.

Schließlich kommen wir wieder in der Altstadt an. Auf der Suche nach einem Restaurant werden wir diesmal nicht sofort fündig und nehmen schließlich in einem Touri-Hotspot direkt neben dem großen Stadttor Platz, aber für eine Kleinigkeit in Gestalt von Moules-Frites und dem Tagesgericht in Form irgendeines Fischs ist es hier völlig okay. Und Elsa und ich stellen sofort fest, dass die Kellner sicher ein Korsaren-Casting absolvieren mussten, dann sie sehen durchweg ganz ansprechend aus. Zwischendurch überlegt Elsa, ob sie es morgen nicht doch mit dem Weg probieren  soll, aber das ist wohl eher Wunschdenken, denn morgen sind wieder 23 km zu bewältigen, und ausgerechnet morgen sollten wir nach Möglichkeit bis 18 Uhr im Hotel ankommen, haben also kaum Spielraum, um Pausen zu machen.

Nach dem Abendessen schlendern wir entlang der Strandpromenade wieder zurück zum Hotel. Gerade geht die Sonne unter. Man kann durch die Wolken zwar kaum etwas sehen, aber die Farben sind trotzdem toll. Unterwegs treffen wir noch auf mehrere Jugendgruppen. Die sind sicher mit der Klasse hier und heute, am Montag, angekommen und in der Jugendherberge untergebracht. Alle sind in aufgekratzter Stimmung, und ein paar besonders Verwegene springen von der Uferpromenade ins Meer, wahlweise mit oder ohne Salto. Elsa und ich haben heute zwar keine großen Sprünge gemacht, aber bei dem vielen Hin und Her durch die Stadt sind statt den geplanten 5 km laut Elsas App doch 15 km zustandegekommen. Dabei sollte das heute der Ruhetag werden.

Als wir gegen 22. 00 Uhr im Hotel ankommen, erwartet mich noch ein ziemlicher Schreck. Bisher habe ich von der neuen kleinen Blase am linken Fuß kaum etwas gespürt, aber als ich jetzt Schuhe und Strümpfe ausziehe, sehe ich, dass sich die kleine Blase unter dem Blasenpflaster inzwischen in ein Monster verwandelt hat und jetzt fast so groß wie eine Euromünze ist. Ach herrje, ob ich damit morgen laufen kann? Mal sehen.

Gute Nacht!

Paula

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 4412
In St Malo war ich leider noch nicht, das schaut aber wirklich gut aus auf der Webseite.

Blasen an den Füßen sind was fieses. Ich habe einen Wanderschuh da habe ich nach drei Tagen immer eine Blase am kleinen Zee, da hilft bei mir nur noch der Wechsel auf die Wandersandalen. Aber wenn man sein Gepäck am Rücken schleppen muss kann man natürlich keinen Schuhschrank mitnehmen...
Blasenpflaster hab ich noch nie probiert, ich mache die Blasen immer auf.
Also ich hoffe ihr hattet am nächsten Tag eine schöne Zeit, egal ob zu Fuß oder motorisiert  :)
Viele Grüße Paula

Silvia

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 2499
Mmhh ja St. Malo ist toll!! 

Ich habe einen Wanderschuh da habe ich nach drei Tagen immer eine Blase am kleinen Zee, da hilft bei mir nur noch der Wechsel auf die Wandersandalen.
Wenn du die genaue Stelle schon kennst, dann einfach vorab schon tapen! So gibt's dann keine Blase.

Paula

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 4412

Ich habe einen Wanderschuh da habe ich nach drei Tagen immer eine Blase am kleinen Zee, da hilft bei mir nur noch der Wechsel auf die Wandersandalen.
Wenn du die genaue Stelle schon kennst, dann einfach vorab schon tapen! So gibt's dann keine Blase.

Das muss ich mal probieren. Nimmst du da iein normales Pflaster oder spezielles Tapepflaster?
Viele Grüße Paula

Flicka

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1573
Ich glaube, da gibts richtiges Tape-Klebeband von der Rolle, das hält wohl auch besser als ein Pflaster und trägt auch nicht so auf. Ich hatte es mal hinten an der Ferse mit einer Art Tapepflaster probiert, nachdem ich mir dort mal Blasen gelaufen hatte und das bei der nächsten Wanderung verhindern wollte, aber das hat gar nicht gut funktioniert, weil das Pflaster verrutscht ist bzw. die Ecken sich aufgebogen haben und es dann am Strumpf geklebt hat.

Aber Silvia wird uns Wanderlaien dazu hoffentlich noch beraten!  :)

Und den nächsten Wandertag gibts morgen!

Susan

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 3173
auch wieder aufgeholt  8)

Ich hoffe, es gibt keine weiteren Wasserschäden. Bisher hatten wir hier  - toi, toi, toi - nur heftige Regenfälle mit Gewitter ab und an, aber keine Unwetter.

 :respekt: wir ihr euch tapfer durchschlägt, bei Blasen und Knie-Aua wär ich schon längst auf Taxi umgestiegen. :floet:
Liebe Grüße
Susan


Flicka

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1573

 :respekt: wir ihr euch tapfer durchschlägt, bei Blasen und Knie-Aua wär ich schon längst auf Taxi umgestiegen. :floet:

Irgendwann ist halt der Ehrgeiz geweckt und man will den Rest auch noch packen. Lange dauert die Tour auch gar nicht mehr.

Hier gibts jetzt die drittletzte Wanderetappe.

Flicka

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 1573
Dienstag, 10.5.16
Wandertag 9: Von Paramé bis zur Pointe de Grouin (ca. 23 km)



Um 7 Uhr ist heute wieder Aufstehen angesagt, und beim Frühstück um 8 Uhr fällt endgültig die Entscheidung: Elsa wird nicht weiter wandern, sondern den Bus nehmen und das Auto in Beauvoir abholen, und ich mache mich zu Fuß auf den Weg Richtung Pointe de Grouin, eine Landzunge kurz vor Cancale. Während Elsa weiter das sehr gute Frühstücksbuffet genießt, mache ich mich um kurz vor neun auf den Weg. Zuerst führt der Weg weiter an der Promenade entlang, ein paar Treppen hoch zur Hauptstraße und dann wieder ein paar Treppen hinunter zum Strand.

Hm, da hinten am Strand sind ein paar Felsen, und das Wasser scheint bis zu den Felsen zu reichen, ob man denn hier tatsächlich gehen kann? Aber nachdem der Weg bisher eigentlich immer so angelegt war, dass die sichere, auch bei Flut wanderbare Alternative mit den bekannten rotweißen Balken markiert war, gehe ich davon aus, dass man die Felsen schon irgendwie überwinden kann und marschiere los. An den Felsen gibt es dann aber doch keine trockene Variante, außer man klettert über die Felsen. Und weil ich immer noch darauf vertraue, dass man sich bei der Ausschilderung des Weges schon irgendwas gedacht hat, klettere ich über die ersten Felsrücken, wobei der Rucksack mich beinahe wieder rückwärts runter reißt, nur um dann festzustellen, dass hinter den ersten Felsen weitere Felsen folgen. Nö, das ist mir jetzt doch zu gefährlich, die Flut steigt immer noch.

Also klettere ich zurück, marschiere am Strand zurück, die Treppen wieder rauf und oben an der Straße entlang und bin schon ein kleines bisschen sauer.

Gegen halb elf erreiche ich mein erstes Zwischenziel für heute, nämlich eine Sammlung von Steinskulpturen bei Rotheneuf, die ein Abbé hier auf einem Felsvorsprung in den Granit gehauen hat. Erst mal muss ich 2,50 Euro löhnen, dann kann ich hinunter zu den Skulpturen gehen. Am Anfang sehe ich kaum etwas, erst beim zweiten Blick fällt dann auf, dass fast jeder Zentimeter auf irgendeine Weise behauen und in Form gebracht ist. Da gibt es Menschen, Tiere, Sagengestalten, ganze Bilder und Altäre. Ich schaue mich ein wenig um, bevor plötzlich eine ganze Besucherhorde über den kleinen Felsen hereinbricht und ich lieber das Weite suche.

http://www.bretagne-tip.de/kunst/rotheneuf/abbe-foure.htm

Leider ist die heutige Wanderetappe eher was für Ebbe, wie ich bald herausfinde, denn ich komme im weiteren Verlauf der Wanderung noch ein paar mal an Stellen, an denen die Wegweiser munter Richtung Wasser zeigen. Dazu ist der Himmel bedeckt und die Regenwolken scheinen nur darauf zu warten, loszulegen. Bei einer Passage entlang einer Landstraße kommt mir eine Seniorenwandertruppe entgegen, und der Anführer fragt mich, ob das die Hochwasserumgehung des GR 34 ist. Das weiß ich zwar auch nicht genau, aber nachdem wir aus unterschiedlichen Richtungen auf diese Straße gefunden haben, kann sie eigentlich nicht so falsch sein. Als ich schließlich probehalber wieder zum Strand abbiege, befindet sich zwischen Wasser und einer Mauer immerhin ein trockener Strandabschnitt von 2 Metern, den die Senioren offenbar bewältigt haben, wenn man die vielen Fußabdrücke richtig deutet, also schaffe ich das auch.

Gegen halb elf lege ich unter ein paar alten Bäumen mit Blick auf eine Bucht und eine Halbinsel eine Rast ein und schaue in den Wanderführer. Um die Halbinsel kann man zwar auch wandern, die Strecke ist jedoch kein offizieller Teil des GR 34. Kurz vor der Halbinsel sieht der Weg eine Hochwasserumgehung im Inland vor, die muss ich finden und dann aufpassen, dass ich anschließend nicht versehentlich auf die Halbinsel gerate. Also los. An einer Stelle, an der sich der Weg eng an einer Mauer und nur kurz über der Wasserlinie vorbeidrückt, biege ich nach rechts auf einen breiten Weg ab und lande kurz darauf auf der Landstraße, biege nach links auf die Landstraße ab und bin zuversichtlich, wie der Wanderführer behauptet, nach 500 m wieder die Küste zu erreichen. Pustekuchen. Ich laufe schätzungsweise 2 km an der regelmäßig befahrenen Landstraße entlang, an der es nicht einmal einen Trampelpfad gibt, so dass man auf der Fahrbahn laufen muss. Irgendwann bin ich schon der Meinung, dass ich doch falsch gelaufen sein muss, da weist plötzlich links von mir doch wieder ein rotweißer Wegweiser in ein niedriges Wäldchen. Ich folge der Ausschilderung und erreiche ein paar Häuser. Hier muss ich rechts abbiegen. Weiter oben muss ich wieder rechts abbiegen, dabei sagt mir mein Gefühl, dass ich eigentlich nach links müsste. Ganz sicher bin ich aber doch nicht, denn hier lauert ja auch die Halbinsel, und die wäre ein enormer Umweg. Trotzdem: So langsam müsste ich dann doch eher mal nach links. Aber nein, die Ausschilderung führt mich streng in genau die Richtung, aus der ich gerade gekommen bin, und ich meine, weit vor mir schon die Stelle zu sehen, an der ich vorhin in den Wald abgebogen bin. Was soll denn der Mist?

Da nähert sich von hinten ein Auto, und mit meinem Wanderführer wedelnd bringe ich die Fahrerin zum Halten. Zum Glück scheint sie erfahren darin zu sein, verirrte Wanderer wieder auf den richtigen Weg zu bringen. In welche Richtung ich denn wolle, fragt sie, und als ich ihr das sage, darf ich mich um 180 Grad umdrehen und wieder zurückwandern, genau dorthin, wohin mein Gefühl mich sowieso leiten wollte. Ich solle bis zum großen Parkplatz und daran entlang gehen, und am Ende würde ich wieder die Wegmarkierung finden, erklärt sie mir, und so ist es dann auch. Was nicht heißt, dass der Weg ab hier gut ausgeschildert ist, denn als ich hinter dem Parkplatz ein Kap, die Pointe du Meinga, erreiche, findet sich ein Gewirr von Wegen, aber mal wieder kein rotweißes Zeichen. Ich bin jetzt so sauer, dass ich am liebsten den Rucksack vom Rücken reißen und darauf herumtrampeln würde.

Stattdessen beschließe ich, dass das Kap es nicht verdient hat, von mir erwandert zu werden und kürze kurzerhand quer über das Kap ab, was keine gute Entscheidung ist, weil ich anschließend auch wieder ewig nach dem Weg suchen muss. Ich bin kurz davor, die Wanderung auf die Landstraße zu verlegen, da führt dann doch ein Wegweiser zum Küstenpfad. Ach herrje, ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer ist, einem Weg zu folgen, der eigentlich immer am Wasser entlang führt.

Immerhin beruhige ich mich, als ich wieder dem Küstenpfad folgen kann und schimpfe dann ein bisschen mit mir selbst, weil ich vorhin so hektisch geworden bin. Was rege ich mich eigentlich so auf, sowas gehört zum Wandern halt dazu. Der Weg führt jetzt wie in den vergangenen Tagen entweder oben an der Küste oder unten an kleinen Stränden entlang. Erst passiere ich ein kleines Kap, die Pointe des Grand Nez, der großen Nasen, und zumindest einer der Felsen sieht auch aus wie ein Kopf mit einer großen Nase.

Um viertel vor zwei lege ich an einem Strand, der Plage du Guesclin, eine Pause ein. Elsa hat sich zwischendurch gemeldet, dass sie das Auto wohlbehalten wieder aufgefunden hat und schon unterwegs ist. Ich setze mich in den Sand und schaue zu, wie etwas weiter drüben Hochzeitsfotos gemacht werden. Die Braut natürlich im weißen Kleid, der Bräutigam im feinen Anzug, beide posen im Sand, und schließlich darf der Bräutigam noch mit zwei Luftballons in der Hand hochhüpfen, während die Braut im Sand kniet und seine andere Hand festklammert. In der Realität sieht es nicht so überzeugend aus. Schade, dass ich nicht sehen kann, wie es auf den Fotos wirkt.

Am westlichen Ende des Strands auf einer kleinen Insel, die bei Ebbe zu Fuß erreichbar ist, liegt das Fort du Guesclin.

http://fr.topic-topos.com/fort-du-guesclin-saint-coulomb

Von hier aus sind es noch 7 km bis zum Hotel auf der Pointe du Grouin. Das melde ich Elsa und mache mich auf den Weg. Ich passiere immer wieder kleine Kaps und dazwischen auch einen weiteren Strand. Komisch, als ich mich umdrehe, um von diesem Strand noch ein Foto zu machen, schieben sich niedrige Wolken über den Sand. Erst als ich weitergehe und merke, dass ich draußen auf dem Meer gar keinen Horizont mehr erkennen kann, wird mir klar: Das zieht Nebel auf.

Ich wandere weiter, der Nebel wird ein wenig dichter. Zwischendurch  meldet sich Elsa wieder und fragt, wo ich sei und ob ich schon den kleinen Strand erreicht hätte. Dort würde sie auf mich warten. Ich bin nicht sicher, welchen Strand sie meint, aber an ihr vorbei kann ich noch nicht sein. Wir tauschen immer häufiger Nachrichten aus, und Elsas Nachrichten werden immer drängender. Sie will wissen, ob es mir gut ginge, und beschreibt, dass der Weg hoch zur Straße führen würde, sie sei schon dorthin zurückgegangen, und ich solle dorthin kommen und sie treffen und bloß nichts riskieren. Hm, was meint sie? Was soll ich denn riskieren? Ich komme schließlich an einem kleinen Strand an, aber da ist keine Straße zu sehen. Ob Elsa doch ganz woanders wartet? Na ja, wenn wir uns verpassen ist es auch nicht schlimm, spätestens am Hotel sehen wir uns ja wieder. Denke ich und biege um das nächste Kap. Und jetzt weiß ich, warum Elsa sich Sorgen macht, denn ab hier ist der Nebel richtig dicht.

Ich finde Elsa dann auch tatsächlich ein paar Meter weiter, wo der Weg ein kleines Stück an der Straße entlangführt und lasse mich bei dem dichten Nebel gerne überreden, mit ihr zusammen die letzten 1 – 2 km an der Straße entlang zum Hotel zu gehen.

Das Hotel mit dem schlichten und zutreffenden Namen „La Pointe du Grouin“ liegt auf besagter Pointe du Grouin. Ich habe es gebucht, weil es zur Etappenplanung gepasst hat, aber auch wegen der tollen Lage, denn die Pointe du Grouin ist eine der längsten Landzungen der Gegend mit einem Vogelschutzgebiet und tollen Ausblicken auf die Inselwelt rund ums Kap.

http://www.brittanytourism.com/discover-our-destinations/saint-malo-mont-saint-michel-bay/unmissable-sites/la-pointe-du-grouin


Davon sehen wir allerdings so gut wie nichts. Als wir im gegen vier Uhr am Hotel ankommen und uns umschauen, kann man gerade mal über die angrenzende Straße schauen, bevor die Sicht im Nebel endet. Ich muss lachen. Ja, genau dafür hatte ich hier extra die Zimmer mit direktem Meerblick und kleiner Terrasse reserviert.

Erst mal gönnen Elsa und ich uns auf der Terrasse des angrenzenden Lokals ein Bier und Elsa erzählt von ihrem Tag. Der Bus ist tatsächlich heute morgen dort aufgekreuzt, wo sie gewartet hat, und immerhin hat sie es überlebt, dass sie vorher schon versucht hat, den falschen Bus durch wildes Auf-die-Straße-Springen anzuhalten und ist wohlbehalten am Mont Saint Michel angekommen. Auch das Auto hat die Woche ohne uns schadlos überstanden. Auf dem Weg hierher hat Elsa sich schon ein wenig Cancale angeschaut, einen kleinen Ort, den ich morgen vormittag erreichen werde und der als Austern-Hauptstadt gilt.

Als wir anschließend in unsere Zimmer einchecken, stellen wir fest, dass die Qualitäten des  Hotels tatsächlich vor allem in der besonderen Lage zu suchen sind. In den Zimmern muss man dagegen nicht viel suchen, die sind so klein, dass man sich seitlich zwischen Bett und Wand vorbeischieben muss. Witzigerweise handelt es sich um Doppelzimmer, wie auch die doppelte Ausstattung mit Handtüchern verrät. Elsa meint, dass man sich schon sehr lieben müsste, um gemeinsam in einem solchen Zimmer zu übernachten.

Um halb acht gehen wir wieder im benachbarten Lokal essen, wo wir bei dem nebligem Wetter beinahe die einzigen Gäste sind. Wir sind jedenfalls die Gäste, die am meisten Krach machen, denn irgendwann fangen wir an zu giggeln und können kaum noch aufhören. Vielleicht liegts am Champagner, den wir uns als Aperitif gönnen und der hier nur die Hälfte von dem kostet, was Elsa in Dinard bezahlt hat. Wir nehmen beide das Menü mit Fischsuppe und Schweinefilet und verbringen mal wieder einen vergnügten Abend.

Als ich schließlich ins Bett gehe, habe ich allerdings wieder eine Schrecksekunde: Die Monsterblase am linken Fuß musste ich heute morgen aufstechen, sonst hätte ich kein Blasenpflaster drüber kleben können. Jetzt sehe ich, dass die Blase auf dem besten Weg ist, sich für diese Behandlung zu rächen. Hm, mal schauen, ob ich morgen noch damit laufen kann. Und werde ich morgen überhaupt den Weg erkennen? Der Nebel wabert immer noch ums Hotel und sorgt für eine leicht gespenstische Stimmung.

Gute Nacht!

Paula

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 4412
oh je ich sehe schon: für mich wäre das gar nix. Ich neige schon auf normalen Wegen dazu mich zu verlaufen, für mich hätte Elsa heute einen Suchtrupp loschicken müssen...
die Steinskulpturen bei Rotheneuf sehen klasse aus, das merke ich mir für den nächsten Besuch in dieser Gegend. Und die die Pointe du Grouin schaut auf den Bilden im Internet auch klasse aus. Gut dass es Internet gibt, so wißt ihr jetzt wenigstens wie es ohne Nebel da aussieht  ;D
hoffentlich ist das Wetter dann morgen besser.
Ich mache übrigens Jodtinktur auf eine Blase wenn ich sie aufsteche, hast du sowas mitgenommen?
Viele Grüße Paula

Andrea

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 5931
    • Anti walks...
Also so ganz langsam streiche ich den Zöllnerpfad wieder... Schade, denn die Gegend scheint wunderschön zu sein. Aber genießen kann man das ja nicht mehr, wenn man das Gefühl hat sich ständig zu verlaufen oder Umwege gehen zu müssen. Tapfer hast du bis hierhin durchgehalten. Aber ich verstehe auch Elsa sehr gut, dass sie ihr Knie nicht noch weiter belasten will. Manchmal macht Vernunft einfach Sinn  ;)
Liebe Grüße, Andrea



www.antiwalks.eumerika.de

Susan

  • Held Mitglied
  • *****
  • Beiträge: 3173
Solch nachlässige Ausschilderung würd mich ganz schnell nerven und grad bei solch langen Wanderungen ist das noch ärger.  >:D

Zu schade, dass es os neblig war, die Bilder aus dem Web vom Point sehen jedenfalls toll aus. Nun ihr habt euch mit Champagner getröstet - ist ja auch nicht schlecht  :zwinker:
Liebe Grüße
Susan