Autor Thema: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan  (Gelesen 206311 mal)

Flicka

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Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« am: 26. April 2014, 09:52:17 »
Hm.......

Da hatte ich doch unvorsichtigerweise in die Welt posaunt, ganz alleine nach Japan fahren zu wollen.

Warum auch nicht? Überzeugt davon, mit meiner Reiseerfahrung alle Widrigkeiten meistern zu können, legte ich mir erst einmal zwei Reiseführer zu: Den von Stefan Loose mit viel Text und den von National Geographic mit vielen schönen Bildern. Fremde Sehenswürdigkeiten, fremde Sitten, das alles las sich erst mal unheimlich interessant. Bilder von roten Toren, die auf dem Wasser zu schweben schienen, von Schneeaffen, die sich in heißen Quellen aufwärmten, festlichen Prozessionen, Geishas und Kirschblüten, das alles beflügelte meine Phantasie.

Aber o je, wie sollte ich bei all den vielen fremdartigen Sehenswürdigkeiten den Überblick behalten? Hatte ich überhaupt Chancen, die Schneeaffen Anfang April im Schnee anzutreffen? Waren Kinkakuji und Ginkakuji nur zwei unterschiedliche Schreibweisen für dieselbe Sehenswürdigkeit? Und wo traten die Geihas in Kyoto denn nun genau auf? Wo konnte man die Tickets kaufen? Oder konnte man als Ausländerin dafür gar keine Tickets bekommen? Würde ich mich ohne Japanologie-Studium überhaupt in diesem fremden Land zurechtfinden? Und war das hübsche rote Tor vor der Insel Miyajima zwischenzeitlich vielleicht vermodert und in den Fluten der Inlandsee versunken, während ich noch plante, wie dich dorthin kommen konnte? Nach dem Erdbeben 2011 und dem Atomunfall waren in Deutschland keine Reiseführer über Japan mehr erschienen, der Stefan Loose von 2011 war noch der aktuellste.

Je länger ich meine Reiseführer las, desto häufiger sah ich mich vor meinem inneren Auge arglos stundenlang in einem Shinkansen sitzend, nicht wissend, dass ich nicht Richtung Kyoto unterwegs war, sondern in die Gegenrichtung nach Fukushima. Und dann gab es noch diese vielen kleinen Unwägbarkeiten am Rande: Würde ich überhaupt in der Lage sein, eine japanische Toilette zu benutzen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtige Fußbekleidung zu tragen?

Ob Japan wirklich so eine gute Idee war? Und wenn ja, vielleicht dann doch lieber mit einer Reisegruppe? Oder zumindest mit einer teilorganisierten Tour? Ich kam ins Zweifeln und hätte meine Idee fast wieder beiseite gelegt.

Zum Glück gibt es das Internet. Nach ersten unstrukturierten Suchen im world wide web stieß ich – auch dank der wunderbaren Reiseberichte im USA-Reiseforum - auf DIE (allerdings englischsprachige) Seite für Individualreisen nach Japan schlechthin: www.japan-guide.com

Und damit komme ich zu dem ersten der „Wissenswert“-Bausteinen, die ich in meinem Reisebericht immer mal wieder einstreuen werde, um ein paar zusätzliche Informationen zu geben. Fangen wir der Einfachheit halber doch mit folgendem Thema an.



Wissenswertes über... Planung von Individualreisen in Japan

1) Wo finde ich Informationen?
Egal, ob man erst einmal Routenvorschläge sucht, einen Überblick über Unterkunftsmöglichkeiten und Fortbewegungsarten in Japan bekommen will, sich fragt, wo und wann die Kirschbäume blühen, ob man Beschreibungen, Preise und aktuelle Öffnungszeiten zu Sehenswürdigkeiten sucht oder ob man konkrete Fragen zu Tempelübernachtungen auf dem Koyasan hat: Bei www.japan-guide.com hat man gute Chancen, fündig zu werden. Dank der meist bebilderten Informationen zu vielen Sehenswürdigkeiten, den detaillierten Beschreibungen der Anfahrten zu den Reisezielen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, hilfreichen Links und einem Forum nehmen Reisepläne bald konkrete Gestalt an. Ähnlich wie hier im Forum kann man seine Reiseroute zur Diskussion stellen und abnicken lassen, bevor man in die Detailplanung einsteigt.

Hilfreich sind natürlich auch normale Reiseführer, und wer einen E-book-Reader oder ähnliches nutzt, kann beispielsweise bei www.lonelyplanet.com auch ganze Reiseführer zu Japan, Kyoto und Tokio oder einzelne Kapitel aus diesen Büchern herunterladen. Viele Sehenswürdigkeiten oder örtliche Touristeninformationen in Japan verfügen inzwischen auch über englische Internetseiten.


2) Wie kann ich buchen?

Dazu muss man wissen: In mancher Hinsicht plant und bucht man seinen Urlaub in Japan nicht anders als beispielsweise in den USA. Die Flüge gibt es auf den bekannten internationalen Buchungsseiten, größere Hotels ebenfalls.

Differenzierter wird es allerdings schon, wenn man auf der Suche nach kleineren Häusern ist. Nicht alle Buchungsseiten haben alle Hotels im Angebot, und nicht alle Meta-Suchmaschinen haben alle Buchungsseiten im Angebot. Über www.kayak.com und über www.hotelscombined.com kann man durchaus sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielen, vor allem bei der Suche nach Unterkünften abseits der Großstädte. Dazu kommen Ryokans, traditionelle Unterkünfte mit japanisch eingerichteten Zimmern, Gästehäuser oder Tempelübernachtungen. Solche Unterkünfte findet man teilweise nur bei japanischen Anbietern, z.B. bei www.japaneseguesthouses.com für Unterkünfte in Shirakawago oder www.kumano-travel.com für Unterkünfte in Koyasan. Manchmal sind die Unterkünfte auch über eigene englische Internetseiten buchbar. Hilfreich, um erst einmal einen Überblick zu bekommen, was es vor Ort überhaupt gibt, ist Tripadvisor.


3) Unterwegs in Japan
Unterwegs in Japan zu sein, das heißt in den meisten Fällen für den ausländischen Reisenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Dank Linksverkehr, Straßenkarten in japanischer Schrift, Autobahnmaut, ausufernden Großstädten und Parkplatzknappheit ist die Anmietung eines Autos vermutlich nur in ländlichen Gebieten eine Alternative zu Zügen und Überlandbussen. Wer seinen Wohnsitz außerhalb Japans hat, kann – und muss das ggfs. vor der Anreise tun – einen Gutschein für einen Japan-Railpass erwerben, der in Japan gegen einen entsprechenden Pass eingelöst werden kann. Beziehen kann man diese Pässe beispielsweise über www.jr-pass.com.

Ein Railpass für drei Wochen kostet je nach Wechselkurs derzeit ca. 400 Euro. Für kürzere Reisen ist der Pass auch günstiger als Wochen- oder Zweiwochen-Pass erhältlich. Damit sind fast alle staatlichen JR-Züge nutzbar, auch die meisten Shinkansen-Schnellzüge. Der Railpass gilt nur sehr eingeschränkt im städtischen Nahverkehr, nämlich beispielsweise auf der Yamanote-Linie in Tokio. Fahrten mit Stadt- und Überlandbussen, U-Bahnen und Straßenbahnen sind nicht enthalten, ebensowenig wie die Nutzung von Privatbahnen, wie z.B. nach Koyasan.

Sehr hilfreich für die Planung ist die Seite www.hyperdia.com, die die japanischen Zugverbindungen anzeigt. Und ja: Japanische Bahnhöfe sind auch auf englisch ausgeschildert. So schnell kann man beim Bahnfahren in Japan also nicht verloren gehen.





Puh, dieser „Wissenswert-Baustein“ ist länger geworden, als eigentlich geplant. Aber immerhin haben wir die Grundlagen geklärt. Und weitere Erklärungen ergeben sich vielleicht im Verlauf unserer Reise. Immerhin habe ich es dank der verschiedenen Informationsquellen geschafft, Ginkakuji und Kinkakuji als zwei verschiedene Tempel einzuordnen, und der Besuch der Schneeaffen in den heißen Quellen in der Präfektur Nagano wurde schweren Herzens von meiner Besuchsliste gestrichen. Dafür kamen im Laufe der Planung andere Ziele auf meine Liste, von denen ich vorher nie gehört hatte.

Wenn ihr neugierig seid auf das Land der aufgehenden Sonne, dann kommt doch einfach mit auf diese Reise! Wir werden einige „Top-3“-Ziele besuchen, unter anderem einen der drei schönsten Landschaftsgärten in Japan, eine der drei schönsten Landschaften Japans und eins der drei schönsten Feste Japans. Unterwegs sein werden wir mit Bussen und Bahnen, aber die Schuhsohlen werden auch ordentlich abgenutzt. Die Hotelzimmer werden meistens ziemlich klein sein, aber weil wir morgens schon so früh auf Tour gehen, verbringen wir sowieso nicht viel Zeit im Hotel. Dafür lassen wir es uns abends ab und zu in einem heißem Bad gutgehen. Wer mit Essstäbchen nicht zurechtkommt, kann ein Reisebesteck einpacken, und im Notfall gibt es statt Sushi und Co. auch fast überall „westliches“ Essen, verhungern muss also niemand. Und auch wenn die Zimmer klein sind: Die Betten sind ausreichend groß, um auch einen Europäer Schlaf finden zu lassen.

Ich würde mich freuen, euch mit an Bord zu haben!



serendipity

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #1 am: 26. April 2014, 10:01:35 »
Darauf freue ich mich riesig und komme gerne mit, auch wenn Japan nun nicht ganz oben auf meiner Wunschzielliste steht, dafür esse ich Sushi und Ramen umso lieber  ;)

Ich bin sehr gespannt und ziehe auch vor dir den Hut, Japan allein zu bereisen.

Andrea

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #2 am: 26. April 2014, 10:04:46 »
Eine tolle Einleitung - ich will mehr erfahren!
Liebe Grüße, Andrea



www.antiwalks.eumerika.de

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #3 am: 26. April 2014, 10:42:56 »
Schön, euch beide an Bord zu haben! Konnichiwa!

Morgen starten wir voraussichtlich in den ersten Reisetag.  :)

Birgit

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #4 am: 26. April 2014, 11:15:23 »
Yeaaaah!
...
...
...
Na endlich ;) ;) ;)

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #5 am: 26. April 2014, 11:29:56 »
Yeaaaah!
...
...
...
Na endlich ;) ;) ;)


Eigentlich wollte ich mir noch ein paar Wochen Zeit lassen, bevor ich anfange. Der Text ist teilweise fertig, aber wenn ich an die vielen vielen Fotos denke, die noch nicht einmal gesichtet sind...
Aber ich habe beschlossen, dass wir an diesem Wochenende starten und lieber unterwegs ein paar Erholungspausen einlegen.  :)

Susan

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #6 am: 26. April 2014, 11:38:08 »
Hurra, da muss ich auch unbedingt mit  8) Und bin schon mächtig gespannt...

Du darfst es gern ruhig angehen lassen, bin mit den Reiseberichten lesen eh etwas im Rückstand  ::)
Liebe Grüße
Susan


Paula

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #7 am: 26. April 2014, 12:04:21 »
Flicka das ist ja super dass du schon loslegst mit dem Reisebericht ich bin begeistert!  :happy2:

Du warst an einigen Orten die wir nicht gesehen haben, dafür haben wir die Schneeaffen besucht (ohne Schnee  :) ) egal du hast bestimmt auch woanders Affen getroffen, die sind in Japan ja viel zahlreicher als man sich das als Europäer vorstellt.

Deine Route ist bestimmt wie immer perfekt vorbereitet, ich bin sehr gespannt auf die Bilder und freue mich besonders auf die abendlichen Bäder in heißen Quellen. Ich habe Gabel und Messer eingepackt, es kann losgehen  8)
Viele Grüße Paula

Birgit

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #8 am: 26. April 2014, 12:24:13 »
Jetzt hatte ich nochmal mehr Zeit alles außer der Überschrift zu lesen. Wow, du schreibst fast eine Gebrauchsanleitung bzw. einen Reiseführer!

Hast du schon mal dran gedacht das als Buch zu veröffentlichen und als Reiseautorin reich zu werden?

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #9 am: 26. April 2014, 13:59:51 »

Hast du schon mal dran gedacht das als Buch zu veröffentlichen und als Reiseautorin reich zu werden?


Ach, gut dass du das erwähnst.  Ich hatte oben ganz vergessen, auf die Gebühren für diesen Reisebericht hinzuweisen. Pro Reisetag und Teilnehmer wird ein Euro fällig, ich teile euch noch die Bankverbindung mit.  ;)


Susan, Paula, auch an euch ein herzliches willkommen an Bord!



Du warst an einigen Orten die wir nicht gesehen haben, dafür haben wir die Schneeaffen besucht (ohne Schnee  :) ) egal du hast bestimmt auch woanders Affen getroffen, die sind in Japan ja viel zahlreicher als man sich das als Europäer vorstellt.


Das muss ich dir wohl glauben, denn ich habe keinen einzigen Affen gesehen. Ein Holländer, mit dem ich mich auf der Reise mal unterhalten habe, hat auch fröhlich berichtet, dass ständig irgendwo Affen gewesen wären, aber die haben sich dann vor mir offensichtlich gut versteckt. Ich bin aber bekanntermaßen auch nicht sonderlich gut darin, wilde Tiere in Bäumen zu entdecken.



Andrea

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #10 am: 26. April 2014, 14:06:07 »

Hast du schon mal dran gedacht das als Buch zu veröffentlichen und als Reiseautorin reich zu werden?


Ach, gut dass du das erwähnst.  Ich hatte oben ganz vergessen, auf die Gebühren für diesen Reisebericht hinzuweisen. Pro Reisetag und Teilnehmer wird ein Euro fällig, ich teile euch noch die Bankverbindung mit.  ;)


Aha... Gut, dass ich schon an Board war, als die Kosten bekanntgegeben wurden. Somit reise ich ohne Gebühren mit  ;)
Liebe Grüße, Andrea



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Birgit

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #11 am: 26. April 2014, 14:36:28 »
Sorry, ich muss schwarz mitfahren, ich komme mit den japanischen Fahrkartenautomaten nicht klar  :frech:

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #12 am: 26. April 2014, 14:39:23 »
Na gut, vielleicht lasse ich euch doch alle erst mal kostenlos mitfahren, bis ich euch so weit angefixt habe, dass ihr das Doppelte bezahlt.  ;)



Wer mag, darf sich nun hier exklusiv auf eumerika noch eine Art Countdown vor der Reise durchlesen, um die Wartezeit bis zum morgigen Startschuss zu verkürzen.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich kann mich nach der Reise oft gar nicht mehr so richtig erinnern, wie aufgeregt ich davor war und was alles noch zu machen war, bevor es richtig losgehen konnte. Diesmal habe ich darüber ein paar Notizen gemacht und finde es heute ziemlich lustig, über was ich mir so den Kopf zerbrochen habe.



13.3.14 – 27.3.14: Countdown


13.3.14
Heute abend schreibe ich eine E-mail an die Touristeninformation in Shirakawago. Die Mitarbeiter haben sich auf meine E-mail von Anfang März nämlich bereit erklärt, die benötigten Busreservierungen für zwei Fahrten am 13. und 14.4. für mich zu erledigen. Bei der japanischen Busgesellschaft kann man nur telefonisch reservieren, und das würde ich gerne umgehen, wenn es sich vermeiden lässt. Den Tipp mit der Touristeninformation habe ich aus dem tollen englischsprachigen Japan-Reise-Forum.


14.3.14
Als ich heute morgen meine E-mails checke, gibt es noch keine Antwort von der Touristeninformation. Ein bisschen besorgt bin ich schon, ob alles klappt, denn eine der benötigten Busfahrten soll nach Takayama gehen, wo gerade zu dieser Zeit ein bekanntes und beliebtes Festival stattfindet, das regelmäßig zur Überlastung von Übernachtungs- und Transportmöglichkeiten führen soll.

Zwei Stunden später trudelt dann doch eine E-mail ein. Der Text beginnt mit „We are so sorry for our silly mistakes“. Zerknirscht erklärt mir die Mitarbeiterin der Touristeninformation, man habe mir bei meiner Anfrage vor zwei Wochen die falschen Busverbindungen übermittelt. Der Plan ändere sich ab dem 1.4., und ob ich bitte die neuen Reservierungswünsche übermitteln könne?

Bleibt zu hoffen, dass dieser Vorfall für niemanden in Shirakawago Anlass war, heute abend Seppuku zu begehen. Ich überprüfe meine Pläne, setze eine neue E-mail auf, bedanke mich vielmals für die Informationen über die geänderten Abfahrtszeiten, die bisher nicht einmal der Busbetreiber auf seiner englischen Internetseite aktualisiert hat und gebe meine geänderten Reservierungswünsche durch. Jetzt ist es in Japan schon Freitag Nacht. Ob die wohl Samstags arbeiten?


15.3.14
Entweder arbeiten sie Samstags nicht oder der Busbetreiber arbeitet nicht oder alle Busverbindungen sind ausgebucht und sie trauen sich nicht, mir das mitzuteilen. Vielleicht haben sie aber auch gestern abend gemeinschaftlichen Seppuku begangen, und jetzt ist die Touristeninformation in Shirakawago völlig verwaist. Jedenfalls kommt keine E-mail bei mir an.

Dafür habe ich inzwischen herausgefunden, dass die Anrede -sama, die in der gestrigen E-mail als Anredeform an meinen Namen angehängt wurde, eine sehr höfliche Anrede gegenüber Kunden, hochgestellten Personen und Göttern ist und nicht einfach, wie ich zuerst dachte, einfach eine weibliche Form von -san.

Gleichzeitig musste ich aber lesen, dass ich mich offenbar grob unhöflich verhalten habe, indem ich in meiner Antwort die Mitarbeiterin der Touristeninformation – geben wir ihr einfach mal den fiktiven Namen Keiko - einfach mit „Dear Keiko“ angesprochen habe. Eine Anrede ohne Namens-Suffix geht in Japan offenbar gar nicht, und die Anrede mit Vornamen und ohne Namens-Suffix außerhalb des engsten Familien- oder Freundeskreises ist offenbar am plumper Vertraulichkeit nicht zu überbieten. Eine alternative höfliche Anrede will sich mir aber nicht erschließen, denn Keiko hat mir gegenüber nur ihren Vornamen genannt und die Anrede „Keiko-san“ wäre unter Fremden auch nicht angemessen, sondern bleibt dem engen Freundeskreis vorbehalten. Puh, ich bin noch gar nicht in Japan angekommen und offenbar schon ins erste Fettnäpfchen getappt. Hoffentlich übt man mit mir, der unwissenden Ausländerin, Nachsicht. Oder ist die ausbleibende E-mail bereits ein Zeichen dafür, dass man mit mir keine Nachsicht übt?


16.3.14
Erwartungsgemäß trifft auch heute, am Sonntag, keine E-mail der Touristeninformation ein. Ich verbringe trotzdem den halben Vormittag am PC, denn gestern ist mir klar geworden, dass vermutlich nicht nur die Busverbindungen rund um Shirakawago zum April umgestellt werden, sondern für alle Busse und Züge neue Fahrpläne gelten. Wie ich jetzt feststelle, gibt es tatsächlich überall Änderungen. Manchmal sind es nur Verschiebungen im Bereich von einer oder zwei Minuten, manchmal fallen ganze Züge weg oder andere kommen dazu. Ich drucke mir die in Frage kommenden Verbindungen neu aus und hefte sie in meinem immer dicker werdenden Ordner ab.

Bald muss ich entscheiden, welche Reiseliteratur ich nach Japan mitnehme. Die Lonely-Planet-Reiseführer zu Japan, Kyoto und Tokio, die platzsparend auf meinem Kindle gespeichert sind, kommen auf jeden Fall mit an Bord, der dicke Ordner auch, und auch auf das kleine Reisewörterbuch mit wichtigen Phrasen will ich nicht verzichten. Der Rest wird wohl zuhause bleiben.




17.3.14
Hm, schon wieder keine E-mail aus Japan. Ich werde ein bisschen nervös. Angeblich scheuen sich Japaner sehr davor, negative Botschaften zu überbringen, und ein klares „Nein, das geht nicht“ ist praktisch unmöglich. Ich stelle mir deshalb vor, wie irgendwo in Japan die fiktive „Keiko“ vor ihrem PC sitzt, gründlich überlegt, wie sie der unhöflichen Ausländerin möglichst höflich und ohne Gesichtsverlust mitteilen kann, dass schon alle Plätze in den angefragten Bussen ausgebucht sind und dann beschließt, lieber gar keine Mail zu schicken.

Also formuliere ich eine vorsichtige Anfrage, die ich diesmal lieber nicht plump vertraulich an „Keiko“, sondern (hoffentlich) höflich an die „Ladies and Gentlemen“ richte, und erkundige mich, ob man denn meine Mail bekommen habe. Dabei werde ich leider das Gefühl nicht los, dass ich mit einer solchen Nachfrage locker eine weitere Stufe auf dem Weg zur unhöflichsten Ausländerin des Jahres erklimme. Japan ist schwierig.


18.3.14
Hurra, Keiko hat geantwortet! Für die Fahrt von Kanazawa nach Shirakawago ist meine gewünschte Busverbindung reserviert. Für die Strecke Shirakawago - Takayama habe ich auch eine Reservierung, allerdings nicht für die Verbindungen, die ich als erste und zweite Wahl genannt hatte, sondern für die vorsichtshalber beigefügte dritte Wahl. Ob die anderen Busse schon ausgebucht sind oder ob man dort einfach keine Reservierungen vornehmen kann, wird mir auch aus dem Rest der E-mail nicht so ganz klar, ist mir aber letztlich egal. Ich habe eine Reservierung und muss im Notfall weder an der Bushaltestelle stundenlang Schlange stehen, um in einen nicht reservierbaren Bus zu klettern, noch im sündhaft teuren Taxi den Weg nach Takayama antreten. Und die gebuchte Verbindung ist nur eine Stunde später als meine erste Wahl. Jetzt muss ich nur noch am Tag vor der ersten Fahrt in Kanazawa die Tickets kaufen.

Ich bedanke mich vielmals – und wähle wieder die plump vertrauliche „Dear Keiko“-Anrede, weil mir immer noch nicht klar ist, wie ich eine Frau anreden soll, die einfach mit Keiko unterschreibt. Vielleicht wird sich dieses Mysterium im Laufe meiner Japan-Reise klären. Ich freue mich jedenfalls schon sehr. Nur noch 10 Tage bis zum Abflug.


19.3.14
Als ich heute abend auf die Japan-Guide-Seite surfe, prangt bereits auf der Hauptseite der Link zum Beitrag „Kyoto booked out?“, in dem Tipps gegeben werden, um trotz der bevorstehenden Hochsaison zur Kirschblüte noch ein Zimmer in der Stadt zu finden. Zum Glück steht meine Reservierung für Kyoto schon seit mehreren Monaten. Ich hatte mich ja immer für die Königin der Vorbucher gehalten, aber die Japaner stehen mir da offenbar in nichts nach.


20.3.14
Heute wurden die Prognosen für die Kirschblüte wieder aktualisiert. In Kyoto und Kanazawa werde ich die Blütezeit wohl perfekt treffen und in Tokio werde ich vielleicht noch zum Beginn der Blütezeit sein.

Heute abend habe ich im Kino den Trailer für den neuen „Godzilla“ gesehen. Dem will ich in Tokio lieber nicht begegnen.


21.3.14
Endlich Freitag, und nur noch eine Woche bis zum Abflug. Nachdem ein Kollege mich heute gefragt hat, ob man denn für Japan ein Visum bräuchte (man braucht keins), kommt mir abends der Gedanke, dass ich meinen Reisepass schon länger nicht mehr gesehen habe. Zum Glück liegt er genau dort, wo er liegen sollte.

Darunter liegen die japanischen Yen, die ich schon vor einiger Zeit bei der Sparkasse umgetauscht hatte. Das war allerdings nicht ganz ohne Kampf gegangen. Im Gegensatz zu mir, die ich immer dachte, ich könnte mit meinem Geld machen, was ich wollte, war die Mitarbeiterin der örtlichen Sparkassenfiliale offenbar anderer Meinung. Bei meinem Versuch, japanische Yen zu bestellen, bekam ich nämlich die Antwort, zuerst müsse die Hauptstelle prüfen, ob das bei mir überhaupt sinnvoll sei. Außerdem habe ihr Kollege ihr gerade gesagt, dass es auch in Japan Geldautomaten gebe.

Mein Geld konnte ich dann übrigens doch noch umtauschen, und zwar direkt bei der Mitarbeiterin der Hauptstelle, die sich erwartungsgemäß wenig für meine Pläne oder die Existenz von Geldautomaten in Japan interessierte, sondern nüchtern-professionell das benötigte Formular ausfüllte. Allerdings musste ich für die Lieferung der Yen einen Termin vereinbaren und das Geld auch am selben Tag abholen. Begründung: Der Chef wolle nicht, dass Bargeld herumliege. Ah ja. Ich hatte immer gedacht, sowas gehöre zum Kerngeschäft einer Bank.





24.3.14

Am Wochenende hatte ich es nur mit halbem Ohr mitbekommen, aber heute wird mir bewusst, dass das böse Wort „Warnstreik“ evtl. auch mit mir etwas zu tun haben könnte. Am Dienstag und Mittwoch sind Busse und Bahnen in Hessen betroffen, am Donnerstag soll am Frankfurter Flughafen gestreikt werden. Ich fliege am frühen Freitagabend und vertraue jetzt einfach mal darauf, dass bis dahin wieder alles normal läuft und auch die Flugpläne nicht völlig durcheinandergewirbelt werden. Komisch: Die Entscheidung, ab Donnerstag Urlaub zu nehmen, aber erst am Freitag zu fliegen, hatte ich irgendwann am Anfang der Planung ziemlich willkürlich getroffen. Und vielleicht macht jetzt diese willkürliche Entscheidung den Unterschied zwischen Verspätungschaos und reibungslosem Start in den Urlaub.

Eine neue Kirschblütenprognose gibt es übrigens auch wieder: In Tokio soll es doch zwei Tage früher losgehen, und das würde auch ganz gut zu meiner Reisezeit passen.


25.3.14
Die japanischen Kirschbäume legen einen Zahn zu: Überraschend – zumindest für mich – hat die Kirschblüte in Tokio bereits heute begonnen und nicht wie gestern noch prognostiziert in drei Tagen. Zum kommenden Wochenende soll in Tokio alles in voller Blüte stehen. Bei mir steigt das Reisefieber rasant an. Eigentlich könnte es sofort losgehen.


27.3.14
Erster Urlaubstag und letzter Tag vor dem Abflug. Ich versuche, schon mal ein wenig Zeitumstellung vorzuziehen und arbeite mich um halb vier morgens aus dem Bett. Da legt man am Frankfurter Flughafen gerade die Arbeit nieder. Über 500 Flugstreichungen gibt es, aber als ich abends nochmal die Fraport-Seite aufrufe, sehe ich, dass die Flüge jetzt schon wieder halbwegs pünktlich starten. Auf Flightstats kann ich den Flug OZ 542, den ich morgen nehmen werde, schon auf dem heutigen Flug verfolgen. Gerade ist der Flieger über Polen.

Pünktlich zum ersten Urlaubstag hat heute auch die Kirschblüte in Kyoto begonnen. Der Koffer ist fast fertig gepackt, der Reisepass und die japanischen Yen liegen bereit. Morgen geht es los!

Birgit

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #13 am: 26. April 2014, 15:57:08 »
Ach du liebe Zeit. Etwas Anstellerei, wenn es darum geht ausländische Währung zu kaufen, kenne ich auch, dachte aber, das sei wohl eine Spezialität der Reisebank am Erfurter Bahnhof. Hier soll man wegen der Gebühr nämlich von den USD gaaaaaaanz viele kaufen, damit es sich lohnt, und am besten in kleinen Scheinen wegen der Trinkgelder, während ich um meine thailändischen Baht sehr kämpfen musste: Lohnt nicht wegen des ungünstigen Wechselkurses :(

Paula

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #14 am: 26. April 2014, 16:09:25 »
oh  Mann das ist echt aufregend  :o
am letzten Tag vorm Urlaub einen Streik ist ja wohl das allerletzte was man braucht!
wir haben ja 2008 nur einen Teil der Hotels reserviert sonst nix, aber tausende von Bus und Zugplänen habe ich mir auch ausgedruckt. Nach Takayama sind wir mit dem Zug gefahren, bilde ich mir jedenfalls ein, aber ansonsten habe ich mich ja völlig auf die Japanischkenntnisse meines Freundes verlassen und war wenig aufgeregt. Alleine hätte ich mich bestimmt nicht nach Japan getraut und ich ziehe echt den Hut vor dir!  :respekt:
Dass du Bargeld mitgenommen hast finde ich sehr vernünftig, denn es war überhaupt nicht so einfach in Japan einen Automaten zu finden. Einmal haben wir am Wochenende einem deutschen Pärchen 100 Euro getauscht, die Automaten stehen nämlich drinnen und wenn die Bank sonntags zu hat sind auch die Automaten nicht erreichbar. Aber wie sich die Sparkasse anstellt ist ja wirklich unglaublich. Wohnst du vielleicht in einem kleinen Ort wo das Wort Devisen auch für Bankangestellte was unnormales hat? Meine Sparkasse in München hat mir anstandslos Yen verkauft!

Schade dass du keine Affen gesehen hast, aber andererseits gibt es Paviane in jedem Zoo und blühende Kirschbäume waren bestimmt interessanter!

Viele Grüße Paula