Autor Thema: Texas - Steaks & State Parks - und mehr ... oder auch: Die vier Jahreszeiten  (Gelesen 80484 mal)

Rainer

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Prolog:

Ende Oktober 2012 - wir sind gerade aus unserem sehr gelungenen Nord-West Urlaub zurückgekehrt (Las Vegas - Nevada - Californien - Oregon - Washington - Idaho - Wyoming - Idaho - Nevada  - Las Vegas) und ich blättere mich gelangweilt durch aktuelle Sonderangebote von British Airways. Da wir den letzten Flug (nach Las Vegas) kurzfristig umgebucht hatten (aus einem "Upgrade Flug" nach Los Angeles haben wir 14 Tage vor Abflug einen regulären Business Class Flug nach Las Vegas gemacht, da BA kurzfristig ein entsprechendes Angebot bereit hielt), ist unser Meilenkonto überdurchschnittlich gut gefüllt. Prompt finde ich ein Sonderangebot DUS-HOU für Ende März 2013, welches sich auch mit unseren Meilen vollständig auf Business Class upgraden läßt.

Ich traue mich fast nicht, Sylvia zu fragen (die hält mich bestimmt für durchgeknallt) - aber nein, Houston klingt interessant, der Preis ist sehr gut, schon am nächsten Tag bekommt sie das OK zum Termin von Ihrem Arbeitgeber und wenige Stunden danach klicke ich auf den entscheidenden Button - zwei mal Düsseldorf - Houston und zurück, bitteschön!

So soll es also einmal Texas werden. Wir haben von Texas keine große Ahnung, den Big Bend NP haben wir zwar 2011 besucht, aber viel mehr kennen nicht wir nicht. Ich habe aber Horsts Reisebericht bereits in großen Teilen gelesen, klingt ja eigentlich ganz gut. Ein mittelgroßes Problem zeichnet sich im Vorfeld ab - Las Vegas wird wohl nicht machbar sein. Und so soll es auch kommen. In den folgenden Wochen hat Sylvia, wie immer, nie Lust, sich mit mir eine Reiseplanung auszudenken. Also entwerfe ich nur ein grobes Muster, ich stelle fest, dass es bis zur Ostküste (Orlando) deutlich kürzer ist als beispielsweise bis Las Vegas. Also konzentriere ich (total verfrüht) meine Anstrengungen auch eher auf eine Ost-Tour, das Highlight des Urlaubs sollen die Smokey Mountains NP, die Apalachen ff. werden. Aber es soll es anders kommen - total anders: ich hatte schlicht das Wetter bei der Planung übersehen...

Rainer

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Letzte Vorbereitungen

Unser Hinflug soll am 26.3.2013 (Dienstag) stattfinden. Eine Woche vor dem geplanten Start schaue ich zum ersten Mal auf den Weather Channel, um die "Großwetterlage" zu eroieren. Was ich zu lesen bekomme, ist eine derbe Enttäuschung:

zum einen ist es in den östlichen Bundesstaaten (Alabama ff.) bei weitem und annähernd nicht so warm, wie ich mir das erträumt hatte - nix da mit Sommerurlaub, das wird schweinekalt und nass! Und zum anderen ist ausgerechnet für die nächste Woche allerhöchste Tornado Warnung ausgegeben. So ein Sche***!! Das soll sich auch generell im März und April nicht deutlich bessern, es ist wohl die schlechteste Jahreszeit, um diese Gegend zu besuchen.

Na, das haben wir ja klasse hinbekommen! Sylvia ist gar nicht so unglücklich darüber, ich hatte es in den Wochen vorher schon bemerkt, so wahnsinnig große Lust hatte sie anscheinend nicht auf diese Ost Tour (warum auch immer - ich finde diese Tour immer noch attraktiv und sie wird allenfalls verschoben; irgendwann werden wir auch die Smokey Mountains besuchen). Ich lasse uns ein letztes Hintertürchen auf und wir einigen uns darauf, dass wir die endgültige Entscheidung über die generelle Richtung erst in Houston treffen, abends, wenn wir angekommen sind.

Für die erste Nacht habe ich ein Motel in der "Schlafstadt" des George Bush International Airport gebucht, nämlich in Humble. Dort gibt es direkt an der Hauptstraße von/zum Flughafen ein größeres Viertel mit vielen Motels, meine Wahl fällt erstmalig auf ein "Sleep In", welches ca. in der gleichen Liga wie ein Comfort Inn anzusiedeln ist, also eher gehobene Motelqualität.

Bis zum Abflug bleiben mir nunmehr noch sieben Tage, um ein Alternativkonzept zu entwickeln. Nach unseren guten Erfahrungen im Herbst mit Oregon und Idaho fällt die grundsätzliche Entscheidung leicht: wir wollen die State Parks abklappern. Auf der entsprechenden Internetseite lese ich mich schon einmal grob ein, von Horst habe ich ein paar Empfehlungen bereits mit Fotos und Videos gesehen, außerdem plane ich die Tour so weit Richtung Westen auszudehnen, dass wir mindestens bis New Mexico kommen. Die State Parks betreiben eine ziemlich andere Preispolitik als die Nationalparks, oft gibt es personenabhängige Tagespreise und wir entscheiden uns ziemlich schnell, direkt an der ersten Kasse den Jahrespass zu kaufen, der ist für alle Texas State Parks gültig und soll 70$ kosten, für uns beide zusammen. Da kann man nicht meckern, ich habe auch keine Lust auszurechnen, ob sich "das lohnt" oder nicht, das wird einfach gemacht und danach haben wir einfach Eintritt frei, egal ob der Park gut ist oder nicht.

Einer unserer wichtigsten Wegbegleiter ist das Buch "Scenic Highways und Byways" von National Geographics (das hat mir Horst vor ein paar Jahren geschenkt und es seit dem nicht mehr vorstellbar, ohne dieses Buch zu fahren), das ist in der 1. Auflage von 1998 vom GEO Verlag auch ins Deutsche übersetzt werden. Ich frage Sylvia danach, ob sie weiß, wo das Buch geblieben ist, ich habe es seit dem Herbsturlaub nicht mehr gesehen. Sylvia kann sich auch nicht erinnern ... und die erste kleine Katastrophe bahnt sich an. Wir können das Buch nicht mehr finden. Es wird alles auf den Kopf gestellt, die Koffer werden verfrüht vom Dachboden geholt, die Boardtaschen noch einmal ausgeleert - es hilft alles nichts, das Buch ist weg. DAS KANN DOCH NICHT WAHR SEIN!?

Möglicherweise haben wir es im Luxor (unser letztes Hotel im letzten Urlaub) oder im Mietwagen liegen gelassen. Oder wir haben es mitgenommen und hier im Haus irgendwo verlegt. Wir wissen es bis heute nicht, denn es ist bis heute nicht mehr aufgetaucht. Da Jammern nicht weiterhilft, mache ich mich im Internet auf die Suche nach einem anderen Exemplar. Das erweist sich zwar als weniger schwierig als befürchtet, aber jetzt rächt sich, dass wir so spät erst nachgeschaut haben: niemand liefert das Buch garantiert bis spätestens 25.3. (ein Montag) zu uns nach Hause. So ein Mist aber auch. Aber unser Glück hat uns nicht vollkommen verlassen: ausgerechnet auf amazon.de finde ich die originale Version (amerikanisch) des Buches, aber in der vollkommen neuen, überarbeiteten und gerade erst erschienen 4. Auflage. Erschienen am 4. März 2013 - wow, funkelnagelneu. Nun mit 300 Strecken, statt vormals 270, alles überarbeitet, angeblich etwas besseren Karten - und lieferbar bis 27.3.2013. So schön das Buch sein mag - so hilft es uns auch nichts.

Ich gebe nicht auf. In Houston gibt es todsicher auch Buchläden. So! Also google ich nach Buchläden in Houston. Und tatsächlich werde ich fündig, der Laden heißt "Blue Willow". Ich schreibe eine Email an die Kontaktadresse, frage nach dem Buch ... und bekomme am nächsten Tag eine Antwort von "Alice". Sie bestätigt, dass sie diese Buch auf Lager haben, ein einziges Exemplar, ich bitte sie, das Buch für Mittwoch vormittag den 27.3.2013 auf meinen Namen zurückzulegen, was sie erneut bestätigt. Na also, geht doch! Ich habe zwar Null Ahnung, wo dieser Buchladen ist, aber wir haben ja eine Navi. Die hole ich mir sofort heraus und gebe als erstes die Adresse dieses Buchladens in die Favoritenliste ein. Und auch gleich die Adresse unseres Sleep Inn Motels. Damit das schon mal erledigt ist.


... und Abreise

Seit vielen Jahren zum ersten Mal bestellen wir uns ein Taxi für die Fahrt zum Flughafen. Der Flug geht ab DUS um 10.50 Uhr nach LHR, das Taxi steht pünktlich um 8.30 Uhr vor der Türe. Eigentlich fahren wir sonst selbst, weil ich auf allen Parkplätzen im Düsseldorfer Flughafen frei parken darf. Nur setzt das voraus, dass es überhaupt einen Parkplatz gibt. Diese unangenehme Erfahrung hatten wir nämlich im Herbst 2012 gemacht - als wir am Flughafen ankamen, war dort buchstäblich die Sau los, tausende von PKW kreisten um die vollbesetzten Parkhäuser: ALLES BELEGT. Nach einer halben Stunde unverrichteter Dinge ging auch uns langsam der Ar*** auf Grundeis - es war nicht zu sehen, wo wir das Auto hinstellen könnten und die Abflugszeit rückte gnadenlos näher. Bis wir endlich einen Parkeinweiser gezielt nach Behindertenparkplätzen fragen konnten, der schickte uns zum Parkhaus 8 (etwas abseits gelegen), wir fuhren trotz roter Ampel hinein und kamen dort tatsächlich in einen Bereich, wo noch gut 10 Behindertenparkplätze frei waren. Es stellte sich nachher heraus, dass das Problem darin bestand, dass im nahegelegenen Messegelände eine große Messe lief und die dortigen Besucher ebenfalls auf Grund von Parkplatzknappheit ihre PKW einfach zum Flughafen fuhren. Ich will nicht wissen, wieviele Menschen an diesem Tag ihren Flug nicht mehr bekommen haben...

Das hat uns so dermaßen Nerven gekostet, dass wir diesmal auf Nummer gingen und wir deswegen ein Taxi bestellten. Das würde zwar in jede Richtung 50,- € kosten, aber dafür unsere Nerven schonen. So geschah es dann auch, pünktlich um 9 Uhr betraten wir die Abflughalle und nur wenig später waren wir auch schon eingecheckt. Am Sicherheitscheck ging es dann wieder etwas chaotischer zu, was daran liegt, dass der Düsseldorfer Flughafen seit einigen Monaten eine Art Dauerbaustelle ist und es hatte nur ein einziger Durchgang auf ... zumindest anscheinend. In Wirklichkeit gab es "eine Ecke weiter" noch fünf weiter Durchgänge, was aber mangels Beschilderung nicht zu erkennen war. Aber nach 20 Minuten hatten wir auch diese Hürde genommen und dann ging es noch kurz in die Lounge.

Der Flug startete pünktlich Richtung London, es gab dann noch ein kleines Problem mit meinem Rollator, auf Grund neuer Blödsinnbestimmungen kann der nicht in die Kabine - letztendlich hat der Pilot den Rollator dann ins Cockpit genommen (kein Scherz). Da ich darauf bestand (und das ist mein gutes Recht), dass ich in London den Rollator am Gate wiederbekomme. Ich hatte für London zwar selbstverständlich einen Rollstuhlsupport angemeldet, aber das ist so eine Sache in London. Erst einmal funktioniert das logistisch ziemlich unterdurchschnittlich (man hat uns auch schon total vergessen dort). Und selbst wenn es funktioniert: spätestens wenn wir in der Lounge auf den Anschlussflug warten, dann haut der freundliche Rollstuhlschieber samt Rollstuhl ab - und dann sitze ich da und kann nicht anders. Auf Toilette gehen ist dann nicht. Und das geht GAR NICHT. Also muss ich darauf bestehen, meinen Rollator am Flugzeug schon zurück zu bekommen, denn sonst wird er direkt bis in die USA durchgecheckt.

In London müssen wir leider das Terminal wechseln (eigentlich war das Vergangenheit, nach dem das Terminal 5 endlich fertig war), aber in diesem Winterflugplan ist es dann leider doch wieder so, dass man das Terminal wechseln muss. Aber auch das schreckt uns nicht mehr, auch das ist irgendwann geschafft, abschließend geht es nochmal (wieder im Rollstuhl) durch den Sicherheitscheck - und dann sitzen wir endlich in der Lounge und warten auf den Transatlantikflug. Der soll pünktlich starten, wir begeben uns entsprechend pünktlich zum Gate, das ist schon eröffnet, meine Frage nach einem Pre-Boarding wird gerne entsprochen und wenige Minuten später sitzen wir in den bequemen Plätzen der Business Class: das ist der Zeitpunkt, wo für uns endlich wirklich der Urlaub los geht und der Stress langsam nachläßt. Sofort wird Champagner serviert und ich werde entsprechend schnell müde. Während des Flugs schaue ich mir wie üblich drei Videos an, es gibt gutes Essen und die Zeit geht eigentich ganz gut herum.

Der Flug landet pünktlich um 18.20 Uhr Ortszeit in Houston (sagt zumindest die Boarduhr auf dem Bildschirm), wir werden wieder mit Rollstuhlsupport am Gate abgeholt und in die Immigrationhalle geschoben. Auf dem Weg dorthin erscheint eine große Lichttafel "Please apologize longer lines .... bla bla bla" und ich bin gewarnt. Dennoch übertrifft das Scenario in der Halle alles, was ich je an der Immigration erlebt habe. Ungefähr 1.000 Menschen schlängeln sich im bekannten Muster vor den Schaltern, da sind von geschätzt über dreißig Schaltern nur drei geöffnet. SPINNEN DIE AMIS EIGENTLICH?? Ein vierter Schalter macht gerade auf, der ist nur für Handicapped und Flugpersonal. Folgerichtig werden wir direkt dorthin geschoben, dennoch stehen mindestens 20 Leute schon vor uns dort, bevor wir ankommen.

In der Menschenschlange kocht es förmlich, man hört auch einige deutsche Sprachfetzen und die klingen alles andere als begeistert. Da stehen offensichtlich einige Ankömmlinge schon seit Stunden. In dem Tumult macht dann auch noch ein fünfter Schalter auf, eine Frau in Uniform brüllt irgendetwas in die Menge, was niemand versteht, sie macht wüste Handbewegungen, woraufhin sich ein paar Leute an diesen Schalter anstellen. Mein Helfer ist gar nicht dumm und stellt sich dann auch dort hin - damit machen wir ca. 10 Plätze gut. Letztendlich warten wir insgesamt vielleicht 20-30 Minuten (was für mich als Behinderter ein vollkommenes Novum ist), aber dann haben wir es geschafft und können diesen grauslichen Ort endlich verlassen. Das Gepäck ist natürlich längst eingetroffen, die Koffer sind sogar schon vom Band genommen. Schnell identifizieren wir unsere beiden Koffer, wir werden zum RentalCar Shuttle gebracht, dort hat der freundliche Busfahrer den Ehrgeiz, mich bis an den Platz zu geleiten und auch 10 Minuten später am RentalCar Center in einem eigens dort vorhandenen Rollstuhl bis zum Dollar Schalter zu schieben. Natürlich bekommt er einen angemessenen Tip - und wir stehen im menschenleeren RentalCar Center direkt ganz vorne. Super!

Wir hatten uns für diese Reise erstmalig einen Minivan ausgeschaut, den hatte ich via Billiger-Mietwagen bei AutoEurope bekommen mit Dollar als Verleiher. Der Wagen ist so unglaublich günstig (640,-€ für drei Wochen), dass ich wirklich Sorge hatte, ob der Voucher auch wirklich das Wert ist, was drauf steht, oder ob wir einem Betrüger aufgesessen sind....

Aber, kein Problem, der Voucher funktioniert, nach gefühlt zweihundert Bildschirmen, die wir "agreen" müssen, liegt endlich ein gültiger Mietvertrag vor uns (in der Halle ist es weiterhin leer - die Leute stehen sicherlich immer noch alle am Flughafen) und wir gehen auf das Parkdeck. Dort weist man uns sofort in die Minivan Choiceline ein - und da warten sechs neue baugleiche Dodge Grand Caravans auf uns. Also entscheiden wir uns für einen neuen Dogde Grand Caravan. In Rot.

Aus dem Internet weiß ich, dass man die Rücksitze völlig flach versenken kann. Zumindest theoretisch. In der Praxis geht es irgendwie gar nicht - wir ziehen hier, drücken dort, nichts tut sich, die Rückbank weigert sich störrisch. Also gehe ich nochmal vorne an das Häuschen und frage eine der drei anwesenden Damen, ob sie uns zeigen können, wie man die Rücksitze umklappt. Große fragende Augen geben die Antwort, die ich nicht haben wollte aber befürchtet hatte. Trotzdem erbarmt sich eine der Damen, mit mir zum Auto zu gehen. Dort treffen wir auf eine freudig aufgekratzte Sylvia, es steht auch kein Koffer mehr draußen: sie hat es in der Zwischenzeit von alleine hinbekommen. Umso besser. Die Ladefläche übertrifft unsere kühnsten Erwartungen, obwohl nur die dritte Reihe umgeklappt ist (und man auch noch die Reihe davor wegklappen kann), haben wir jetzt keinen Kofferraum, sondern eine Lagerhalle zur Verfügung. Absolut super!

So, nun geht es nur noch raus, die letzte Schranke (im wahrsten Sinn des Wortes) wird genommen, Führerschein und Mietvertrag bitte, aber gerne doch, die Navi leuchtet schon auf, hat auch schon GPS gefunden und dann geht es (bereits im Dunkeln) Richtung Motel. Das erreichen wir nach ca. 15 Minuten, da ist auch direkt eine Tanke auf der Ecke, wir versorgen uns noch mit einem Sixpack Budweiser und dann checken wir ein. Direkt neben dem Motel lockt noch ein Jack in the Box und Sylvia (die eigentlich immer Hunger hat), hat auch jetzt wieder Hunger. Wir fragen den Clerk, ob er wüßte, wie lange der Jack in the Box geöffnet hat, er weiß es, bis 9.30 Uhr. Ich schaue auf meine Uhr, die zeigt 8.25 Uhr und ich sage zu Sylvia (sinngemäß) "naja, ist ja noch eine Stunde Zeit" (das sage ich aber auf Englisch, weil ich es sonst unhöflich fand). Darauf sagt der Clerk, nö, es wären nur noch fünf Minuten, es wäre doch schon 9.25 Uhr. Hä? Nach kurzer Diskussion stellt sich heraus, dass British Airways an Board tatsächlich die falsche Uhrzeit vorgegeben hat. Wie doof ist das denn?

Damit hat sich Jack in the Box erledigt, mir ist es eh egal, ich will nur noch ein Bett und ein paar Bier. Und so soll es sein, das Zimmer ist erwartet gut und groß, wir machen es uns auf dem Bett bequem, jeder kriegt 'ne Pulle Bier .... und damit sind wir endlich endlich endlich angekommen. Das ist doch immer wieder ein Wahnsinnsaufwand, bis man endlich am Ziel ist. Jetzt sind wir aber am Ziel und wir sind glücklich und müde.

Rainer

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Die erste Nacht

Nach dem Jack in the Box ja keine Option mehr war, ließen wir uns mit unserem Sixpack Bier auf unser gemütliches Bett nieder. Obwohl es schon auf 22.00 Uhr zu ging, war ich (was nicht bei jeder Reise der Fall ist) noch relativ aufgekratzt und auch Sylvia hatte noch Lust, auf ihrem iPad herumzuklicken (bzw. mit ihrem Smartphone via WhatsApp die Daheimgebliebenen zu informieren).

Schon bekam unser neuer Minirouter von TP-Link sein erste Chance: es gelang uns nämlich mit keinem einzigen Gerät (wir hatten zwei Tablets und 1 Smartphone dabei), sich dauerhaft in das WLAN des Motels einzuwählen. Trotz richtigem Netzwerk und richtigem Passwort und relativ gutem Empfang flogen wir andauernd wieder raus. Und das so flott, dass es unmöglich war, auch nur eine einzige Seite aufzurufen. Wie in vielen besseren Motels, hatte das Sleep Inn aber auch eine Kabelbuchse in der Wand - und da schloss ich dann einfach mal den mitgebrachten Router an. Der blinkte kurz, zeigt dann grünes Licht - und 1 Minute später hatten wir beide eine stabile und flotte Verbindung über die eigene Netzwerk-ID und unseren mitgebrachten Router. Saugut - hat sich das also schon am ersten Abend bewährt, genau für diesen Fall hatte ich das Ding gekauft.

Außerdem lief der Fernseher nebenher, der Weather Channel machte einen endgültigen Schlussstrich über unsere Ost Tour - da ging gar nichts. Ständig waren im Osten schwerste Unwetter ("Red Zone"), Tornadowarnung, Regen, Hagel - das ganze Programm. Nein danke, der Bedarf an Winter war schon zu Hause im Überfluss gedeckt worden. Im Großraum Houston sollte das Wetter morgen ganz angenehm sein, nicht zu warm (ca. 22 - 25° C), aber viel Sonne und auch Wind. Prima.

In dem Maße, wie sich unsere Budweiser Flaschen leerten, wurden wir dann aber doch langsam müde. Sylvia erwähnte noch irgendetwas über unseren Minivan, der hätte vorne ja ganz viele Ablagen und Getränkehalter, auch zwischen den beiden Vordersitzen, aber eine Ablage für die Arme wäre da gar nicht, wie sonst bei den amerikanischen Autos mit Mittelkonsole. Ich war schon sehr müde und konnte es aber noch bestätigen ... bevor wir dann um 23.30 Uhr endgültig das Licht ausmachten und einschliefen.

Mitten in der Nacht (man schläft in der ersten Nacht immer so komisch - man ist zwar total übermüdet, aber auch irgendwie wach, das ist immer eine sehr unruhige Nacht) mußte ich aufs Klo und war dadurch wieder etwas wacher. Als ich wieder im Bett lag, fiel mir die Bemerkung über die Mittelkonsole wieder ein. Und dann hatte ich eine Eingebung - auf einmal wußte ich die Lösung, das musste es sein, ich war mir total sicher (und sollte auch Recht behalten)...

27. März 2013, Mittwoch: Der erste Tag - Houston, Brazos Bend State Park etc.

Um ca. sieben Uhr konnten wir beide nicht mehr schlafen, eigentlich reichen mir weniger als 8 Stunden nicht aus (vor allem nicht mehr, seit dem ich die Morphium Pflaster klebe), aber hier war das etwas anderes. Ich war unruhig und Sylvia auch, ich merke das sofort, wenn Sylvia neben mir liegt und wach ist. Also wurde aufgestanden, eine schöne warme Dusche wurde genommen und zum Schluss ging es zum Checkout und hinaus in die strahlende Sonne. Das Motel bot zwar ein  (verhältnismäßig) ordentliches Frühstück an, aber ich persönlich mache mir gar nichts aus dem ganzen Zeug, Sylvia schon eher, aber die Vorstellung an einen leckeren Burger nebenan beim Jack in the Box, der jetzt natürlich wieder geöffnet hatte, lies sie auch unmittelbar schwach werden. Also ab zum Jack in the Box.

Inzwischen war es um die halb neun (wir brauchen immer relativ lange morgens, das liegt u.a. auch an mir, ich kann nicht schneller), im Laden war nichts los und wir bestellten uns jeder eine Combo; ich esse nicht immer Pommes zum Frühstück (gelinde ausgedrückt), aber wir hatten beide einen "Schweinehunger". Ich bekam das "Topmodell Sirloinburger" und Sylvia einen Chickenburger. Dazu zwei Eimer mit Plöre (das kann ich auch nur im Urlaub trinken, ich wähle da dann meistens Diet Coke). Mein Burger war anscheinend von einem verliebten Koch zubereitet worden, eigentlich kenne ich diesen Burger ganz gut - aber der hier war echt megasalzig. Und wenn ich schreibe "megasalzig", dann ist der megasalzig, denn zu Hause wird mit Salz nicht gespart. Ist mir bis dato auch nie so aufgefallen, ob es nun an mir oder am Burger lag - egal, ich habe ihn weggeputzt und mit der Plöre heruntergespült. Sylvia war auch schnell durch und kurze Zeit saßen wir beide in unserem Dodge Grand Caravan.

Während wir uns anschnallten und ich schon einmal die Navi anschloss, meinte Sylvia: "Siehst Du, was ich meine. Der hat hier in der Mitte keine Lehne, sondern nur jede Ablagen und Getränkehalter".

"Ich weiß" antwortetet ich siegesgewiss, denn ich hatte längst gesehen, was ich sehen wollte, "dann mach' doch einfach die Armlehne herunter, die sich an Deinem Sitz hier innen befindet!" und klappte demonstrativ die Lehne meines Sitzes herunter.

"Boah" strahlte mich meine Frau an, "wie hast Du das denn herausgefunden?". Ich gestand ihr, dass ich Nachts darüber gegrübelt hatte und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es in den USA so ein großes und komfortables Auto gibt, welches nicht Armlehnen auf beiden Seiten anbietet (die Türe war natürlich die Außenseite). Und nachts fiel mir noch ein, dass wir am letzten Tag in Las Vegas mit einem Taxi Dodge Grand Caravan zum Flughafen gefahren waren und ich konnte mich auch wieder an diese Armlehne erinnern. Damit war natürlich nicht nur dieser Tag, sondern auch gleich der ganze Urlaub gerettet, denn so eine Armlehne ist schon etwas feines....

Inzwischen war die Navi auch startklar und sie lotste uns zügig Richtung Houston, bog richtigerweise dann auf die Interstate 10 (ich wußte aus Google Maps, dass der Buchladen im Westen von Houston, nicht allzuweit von der I10 entfernt lag), fuhr dann auch an einer plausiblen Abfahrt runter und an der nächsten Kreuzung rechts.

Hä? Rechts? Wir waren uns beide einig, dass "rechts" nicht gut aussah. Nach meinem Ortsgefühl wäre da links besser gewesen, aber die Navi beharrte auf rechts. Schnell befanden wir uns zwischen hohen und modernen Bürohäusern - hier gab es nie und nimmer einen Buchladen. In dem Moment erhörte die Navi unsere Diskussion und kommandierte: "Make a U turn, if possible". Aha! Wußte ichs doch. Madame (die Navi hat eine Frauenstimme) hatte sich vergurkt und gab nun kleinlaut nach. Das klang jetzt viel besser. Wir vermuten, dass einfach das GPS Signal verloren gegangen war, das kann schon mal passieren, allemal in Häuserschluchten und dann kommandiert die Navi fröhlich vor sich hin, nur mit dem Ziel hat das nichts mehr zu tun.

Jetzt sah es aber wieder besser aus, ca. eine Meile später (wir hatten längst die I10 richtigerweise unterfahren), ging es nochmal links, dann schaltete der Entfernungszähler von Meilen auf Fuss um, zählte umso schneller rückwärts und schließlich trompete Madame siegesgewiss: "You have reached your destination". Dann schauen wir mal - rechts war ein Möbelhaus, falsch. Links war ein größerer Platz, alles voller Parkplätze, drum herum (in typisch amerikanischer Manier) jede Menge kleines Läden (Fressbuden usw.). Nicht sooo schlecht.

"Fahr da mal drauf" schlug ich Sylvia vor, sie wartete kurz den Gegenverkehr ab und bog dann ein - und mit dem Überqueren des Bordsteins sahe ich es auch, direkt vor uns, ganz am Ende "Blue Willow Bookstore", und davor auch noch ein freier Behindertenparkplatz. "Stelle Dich da vorne auf den Behindertenparkplatz" sagte ich zu Sylvia, "Du immer mit Deinen Scheißbehindertenparkplätzen" bekam ich als Antwort (aus einem mir nicht bekannten Grund meint Sylvia, ich wäre nicht behindert genug für diese Parkplätze - etwas schrill, wie ich finde), was mich kalt lies. "Schau doch mal genau, nicht auf den Parkplatz, dahinter!".

Dann sah sie es natürlich auch, jetzt war die Freude groß, der Laden sah schnuckelig aus. Mein erster Gedanke war, wie schräg ist das eigentlich, da fliegen wir zigtausend Meilen über den Atlantik, nehmen alle möglichen Unannehmlichkeiten auf uns um dann schließendlich in einem kleinen und urigen Buchladen in einer Seitenstraße in Houston ein Buch zu kaufen? Im Laden selbst war nicht viel los, drei ältere Damen tranken Kaffee und quatschten fröhlich miteinander. Offensichtlich hatten sich dort drei gelangweilte Hausfrauen einen Wunsch erfüllt um die Langeweile zu vertreiben. Reich werden kann man damit sicher nicht.

Ich stellte mich vor, die erste fing gar nichts damit an, also fragte ich gezielt nach "Alice", die war natürlich eine von den dreien, die hüpfte fast vor Freude, dass wir tatsächlich pünktlich aus Deutschland zu ihr gekommen waren, um das vorbestellte Buch zu kaufen. Das Buch stand wie versprochen hinter der Kasse in einem Regal (mit ca. 20 anderen reservierten Büchern) und ein paar Minuten und einen kleinen Smalltalk später hatten 30 Dollar den Besitzer gewechselt und wir saßen freudestrahlend in unserem Minivan und fühlten uns wie Kleinkinder an Ostern und Weihnachten zusammen - wir hatten wieder unsere Scenic Highways und Byways dabei! Zugegebenermaßen ist das amerikanische Original etwas schwieriger zu lesen, die teils sehr blumige Ausdrucksweise ist nicht immer ganz einfach zu übersetzen. Aber das ist nicht so wichtig, zur Not kann man immer noch ein Wörterbuch zu Hilfe nehmen.

So, nun aber los zum Statepark. Nur zu welchem? Ursprünglich hatte ich mal überlegt, von Houston aus zunächst nach Galveston zu fahren, vielleicht dort sogar zu übernachten (und natürlich den Statepark besuchen) um dann am nächsten Tag zum Brazos Bend zu fahren. Aber jetzt waren wir ja nicht mehr am Flughafen in Humble, sondern im Westen von Houston. Zum Brazos Bend war es deutlich kürzer als bis nach Galveston, außerdem müßten für Galveston quer durch ganz Houston fahren und auf diese vollen und hektischen Interstates hatten wir keinen Bock. Also wurde kurzerhand umentschieden, wir fahren jetzt sofort zum Brazos Bend und können anschließend immer noch überlegen, ob wir nach Galveston fahren (dann aber unterhalb von Houston an der Küste) oder wie oder was. Das sollte sich als gute Idee herausstellen.

Auch Brazos Bend war in der Navi von mir schon voreingestellt worden und die Navi fuhr uns sicher aus Houston heraus und nach ca. 1 Stunde kamen wir im Brazos Bend Statepark an. Da wir, wie schon gesagt, vor hatten, einen Jahrespass zu kaufen, stellten wir das Auto am Eingang ab und gingen nach innen um alles notwendige zu veranlassen.

Da war zwar nicht viel los, aber der Vorgang hat dann doch eine ganze Weile gedauert, anscheinend sind wir die ersten Deutschen, die jemals einen Texas Stateparks Pass gekauft haben. Der funktionier nämlich auf Basis der ZIP, der Pass wird nicht unterschrieben, sondern man muss als Inhaber nachher beim Einfahren den Pass vorzeigen (der hat einen Magnetstreifen) und dann muss man die ZIP der Adresse nennen, die auf dem Magnetstreifen gespeichert ist. Die Rangerin musste einige Klimmzüge veranstalten, um diesen Magnetstreifen richtig zu beschreiben, weil die blöde Software unseren Wohnort penetrant nach Kentucky legen wollte - dort gibt es nämlich auch einen Ort mit der ZIP 41065 (das ist unsere Postleitzahl in Mönchengladbach). Zum Schluss hat sie in ihrer Verzweiflung einfach mit einem wasserfesten Marker "Germany" unter den Magnetstreifen geschrieben. Was da nun letztendlich auf dem Magnetstreifen gespeichert ist, weiß ich nicht, aber in der Folge hatten wir keinerlei Probleme mit unserem Stateparks Pass. Der Pass kostet 70$, das war es uns wert. Er gilt dann, wie schon gesagt, ein ganzes Jahr für alle Stateparks in Texas für alle Personen, die im Auto sitzen (oder zu Fuss zusammen kommen).

Sylvia kauft in der Zwischenzeit schon einmal den Visitorshop leer, es muss mindestens immer ein Sticker des Parks o.ä. erworben werden. Zu dem Pass bekommen wir natürlich den Plan des Brazos Bend Stateparks, sowie aber auch einen generellen Führer für alle Stateparks, da sind alle Parks aufgeführt und beschrieben, ein ziemlich praktischer Führer. Außerdem frage die Rangerin, welche Wege behindertengerecht sind und sie zeigt mir auf dem Plan direkt auf den ersten See, der Rundweg wäre gut geeignet (den Namen des Sees habe ich vergessen).

Im Wagen schaue ich außerdem schon einmal nach, was Galveston so zu bieten hat - eine gute Idee. Da steht mehr oder minder unmißverständlich drin, dass man Galveston auch gut auslassen kann. Nach dem letzten großen Sturm (2009?) war wohl der ganze Park inkl. Strand vollkommen zerstört. Zwar sind einige Grillplätze und Campingplätze inzwischen wieder aufgebaut worden, aber der Strand und auch viel vom dem Feuchtgebiet ist immer noch nicht rekonstruiert. Damit fällt an dieser Stelle spontan die Entscheidung, nicht nach Galveston zu fahren. Glück gehabt (s.o.), wir hätten uns sicherlich nicht gefreut, wenn wir unvorbereitet nach Galveston gefahren wären. Aber jetzt geht es erst einmal in den Brazos Bend Statepark. Natürlich habe ich auch gefragt, ob es an dem ersten See auch Alligatoren gäbe, bzw. wo die Chancen am besten wären, die Rangerin auf einen großen See weiter durch, da gäbe es die meisten Alligatoren und an dem ersten See gäbe es wohl ein oder zwei Tiere, die wären aber vor wenigen Stunden noch gefüttert worden (was auch immer das heißen soll). Es sollte sich herausstellen, dass die Dame nicht ganz genau Bescheid wußte...

Nach wenigen Minuten erreichen wir einen großen Parkplatz, wir sind fast die einzigen Gäste, von dort geht ein asphaltierter Weg durch ein Wäldchen und dahinter liegt der versprochene See:








In dem See wachsen einige Bäume, ich denke, es handelt sich um Mangroven (bin aber nicht sicher, ich bin kein Baumkenner):






Kaum haben wir das Terrain erreicht, stolzt auch schon ein schneeweißer Reiher hinter uns gemütlich über den Weg, um sich anschließend auf der anderen Seite dem Fischfang zu widmen:








Das geht ja schon mal super los, die Kameras glühen, als wir einige Meter weiter einen kleinen Trupp Enten antreffen. Die haben offensichtlich Mittagsschlaf befohlen und stehen in unnachahmlicher Manier auf einem Bein und lassen sich in der Sonne braten - so kann man ein Entenleben gut aushalten:





Nur wenig später ist ein Heer von Geyern im Großeinsatz, wir waren an dem Tag unsicher, um was Vögel es sich dort handelt - riesengroß und ziemlich häßlich, aber ein paar Tage später haben wir sehr ähnliche Vögel dabei beobachtet, wie sie ein totes Tier ausweideten. Jetzt sitzen ein paar von Ihnen auf einem Ast und beobachten das Gelände:





Ein Fusstrupp kontrolliert derweil die Waldwege:





Zentraler Stützpunkt ist offensichtlich eine kleine Insel im dem See, von dort wird der Einsatz koordiniert und es finden die notwendigen Lagegespräche statt:





Immerhin sind diese Tiere so groß, dass sich ein Paar, welches uns beim Fotografieren überholt, nicht traut, den Gehweg neben den Vögeln zu passieren. Offensichtlich haben die Geier aber auch einen großen Respekt vor den beiden und verziehen sich ihrerseits auf die obige Insel.

Sylvia nutzt die Gunst der Stunde und lichtet ein paar farbenfrohe Blumen ab, die durch den Rückzug der Geier freigeben werden:





Einige Meter später entdecke ich etwas im Wasser, was so witzig aussieht, dass ich spontan lachen muss. Sylvia schaut mich fragend an und ich zeige auf einen kleinen Baumstamm. Sie versteht mich nicht - ich sage "schau doch mal genau hin". Sie versteht mich immer noch nicht. "Da sitzt doch eine ganze Schildkrötenfamilie auf dem Baumstamm, läßt sich den Rücken braten und hält die Nase in die Sonne!". Jetzt sieht Sylvia es auch - und jetzt sehen wir das auf einmal überall. Überall sitzen Schildkröten auf irgendwelchen Ästen und aalen sich in der Sonne. Aber diese Familie ist das Highlight:





Die sitzen da still und stumm und genießen das Leben. Die bewegen sich auch nicht, keinen Millimeter. Dafür bewegt sich jetzt ein kleiner Baumstamm, rutscht quasi von einem anderen Baumstamm ab. Hä? Wie geht das denn - und dann sehe ich es. Auch das hat Sylvia nicht gesehen (weil sie aktuell am Fotografieren ist). Ich sage zu ihr "siehst Du den kleinen Baumstamm im Wasser". "Ja". "Das ist kein Baumstamm". "Wieso nicht?". "Weil der Augen hat....". Und dann fotografiert Sylvia den Baumstamm:





Ein Alligatorbaby! Wie süss! Kommt sich mächtig schlau vor ("ich bin getarnt"), aber wir haben ihn längst entdeckt. Da hat es wohl Nachwuchs gegeben und die Rangerin weiß nichts davon. Aber jetzt verharrt er auch still und bewegt sich nicht weiter vom Fleck. Das Tier ist auch recht weit entfernt und nur mit Tele gut zu erkennen.

Sylvia hält jetzt auf alles drauf, was sich bewegt (oder auch nicht bewegt). Ein blauer Reiher sitzt am Ufer und mit seinen staksigen Beinen und dem eingezogenen Kopf sieht er fast aus wie Hans Huckebein





Und dieser weiße Vogel, der immer so komisch ängstlich aus der Wäsche schaut, beobachtet uns schon eine ganze Weile beim fotografieren. Ich habe keine Ahnung, was das für ein Tier ist. Sylvia ist eigentlich guter Vogelkenner - aber leider mehr unsere heimischen Vögel; diese Arten hier haben wir noch nie gesehen.





Weiter draußen sitzt noch eine ganz dicke Schildkröte auf einem Ast, der blaue Reiher zeigt sich von seiner hübscheren Seite und hat seinen Hals wieder ausgefahren (was ihn optisch deutlich aufwertet):








Und dann endlich passiert es: die liegt er, der König der Sümpfe. Gelangweilt, aber in voller Größe taucht nun ein Alligator auf:





Auch er hat nichts besseres zu tun als sich in der Sonne warmbraten zu lassen. Die Augen sind geschlossen, es geht ihm gut:





Er läßt sich immerhin zu dem Gewaltakt hinreißen, mal kurz die Augen zu öffnen - mehr Aktion ist heute nicht mehr drin:





Nach dem wir uns an diesem Tier sattgesehen haben (und natürlich Fotos bis zum Umfallen gemacht haben), gehen wir wieder ein paar Meter weiter. Da liegt auch ein Alligator und scheint gerade ins Wasser gehen zu wollen. Der Schein trügt - man liegt dort einfach nur so, auch vollkommen ohne Aktion:





In diesem Moment passiert uns eine (schwedische?) Familie, die haben offensichtlich bisher alle Alligatoren übersehen (wie geht das?). Jedenfalls gesellen sich die beiden Mädchen zu uns um zu sehen, was wir da fotografieren. Als sie den Alligator dort liegen sehen, bekommen sie offensichtlich einen Mörderschrecken und weichen erfurchtsvoll einige Meter weiter zurück. Das halte ich dann doch für ziemlich übertrieben, ich kann mir nicht vorstellen, dass von so einem Langweiler wirklich eine Gefahr für uns Menschen ausgeht. In gebührendem Abstand zieht die Familie jedenfalls weiter.

Ein paar Meter weiter hat ein Jungtier einen Baumstamm erobert und fröhnt ebenso vollkommen bewegungslos der Sonne:





Ganz offensichtlich ist die Rangerin nicht auf dem neuesten Stand, was die Alligatorenpopulation an diesem See betrifft (zu unserem Glück!). Wir sind jedenfalls sehr glücklich und zufrieden, obwohl die Strecke nicht allzu weit ist, ist die Zeit wie im Fluge vergangen. Inzwischen sind wir ganz um den See herum gelaufen und begeben uns zurück zum Parkplatz. Auf dem Weg dahin treffe ich auf einen gewaltigen Baum, der sicherlich schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Auf dem 2. Foto ist er vollständig eingefangen, für dieses Foto mußte ich ziemlich weit weg gehen und außerdem das 10mm Ultraweitwinkel benutzen - vielleicht kann man sich da eine bessere Vorstellung machen, wie ausladend die Äste dieses Baumes sind:








Am Parkplatz angekommen steige ich direkt in unseren Wagen, Sylvia muss noch mal kurz auf Toilette, dann entscheiden, dass wir auch noch einen weiteren See besuchen wollen. Sicherlich nicht mehr so ausführlich wie diesen ersten See, aber schauen "kostet ja nichts". Nach ein paar Minuten erreichen wir das Ziel, auch hier ist überhaupt nichts los und vor uns liegt der größte See des Stateparks:





Wir beobachten ein paar Enten, wie sie im schmutzigen Wasser herumdümpeln, als wir Zeuge davon werden, wie sich eine kleine Ente eine große Garnele schnappt und anschließend verspeist:





Einige Meter weiter liegt ein dicker und alter Alligator im Wasser und schaut gelangweit zu. Man hat der eine (häßliche) Riesenbirne! Am seinem Schwanz ist offensichtlich eine Art Sender angebracht, wahrscheinlich werden diese Tiere registriert:





So ganz langsam schafft es die tieferstehende Sonne nicht mehr, den kalten Wind auszugleichen. Was am Mittag noch als angenehme Brise empfunden wurde, entwickelt sich nun zum unangenehmen Wind. Ergo: wir machen Schluss für heute. Ich kann sowieso keine extrem langen Tage machen, wir haben wahnsinnig viele tolle Dinge heute erlebt, ich bin schlicht erledigt!

Nach einem Blick auf die Karte entscheiden wir endgültig, den Grossraum Houston zu verlassen. Da wir noch unschlüssig sind, ob wir nach San Antonio wollen, oder vielleicht doch erst ganz in den Süden (Corpus Christi ff.) halten wir uns beide Optionen auf und beschließen, dass wir heute noch bis Victoria fahren, dort gibt es sicherlich ein adäquates Angebot an Motels und Restaurants.

So ist es dann auch, im Vorfeld stelle ich das Navi einfach mal auf das Quality Inn ein, die sind normalerweise auch recht gut. Beim Einfahren nach Victoria passieren wir ein Motel6, draußen wird auf der Werbetafel der Zimmerpreis mit 64,90$ ausgewiesen - hoppla, das ist aber teuer für ein Motel6. Also bereite ich Sylvia schon einmal seelisch darauf vor, dass Victoria anscheinend ein teures Pflaster ist, was ein K.O.-Kriterium für das Quality Inn sein kann. Denn eigentlich möchte ich nicht mehr als 100$ pro Nacht für Motels ausgeben - das könnte hier knapp werden.

Unser Navi fährt uns die ganze Zeit zum falschen Motel, wir landen immer wieder beim "Victoria Inn", Madame meint aber, das wäre das von uns gesuchte Quality Inn. Da hilft nichts, also einfach mal aussteigen und nachfragen, jawohl, das hier ist das einstige Quality Inn, es hat gerade den Besitzer gewechselt und heißt nun Victoria Inn.

Ich frage nach dem Zimmerpreis für ein Nonsmoking Kingbed FirstFloor - so ein Zimmer ist frei, soll 99$ plus Tax kosten. Das hatte ich befürchtet. Gar nicht feige sage ich der Dame das, dass ich das ganz schön teuer finde. Aber um sie nicht zu ärgern, will ich Ihr nur eigentlich noch mitteilen, dass ich das schon gedacht hatte, weil ich im Ortseingang nämlich das Motel6 mit 65$ gesehen hätte - da passiert das Unglaubliche: die Dame fällt mir ins Wort (sie wartet gar nicht ab, was ich sagen will), lamentiert herum "i cannot give you a room in the sixties" und ergänzt "all I can do is 84 plus Tax".

Ich fall fast tot um - die hat mich falsch verstanden, ich wollte gar nicht feilschen, aber jetzt bietet sie mir das Zimmer für 84$ an, was gerade noch 99$ gekostet hat. Natürlich schlage ich ein, für sie scheint das kein Problem zu sein, dann erklärt sie uns noch, dass sie jeden Abend complimentary Snacks (Hotdogs) plus Drinks anbieten würden (eigentlich ja nett), aber wir haben zu diesem Zeitpunkt schon beschlossen, dass wir in das benachbarte Restaurant gehen wollen, wo es u.a. Cocktails und Steaks gibt.

Das Zimmer ist Ok, wir besorgen uns wie üblich erst einmal einen Sixpack Budweiser, ich entspanne mich dann noch gut 1 bis 2 Stunden auf dem Bett (das geht nicht anders, ich muss Abends den Schmerzstress abbauen), danach gehen wir nebenan essen, Sylvia bekommt eine dicke Margherita (wir sind zu Fuss), ich bekomme nochmal Bier, wir kriegen jeder ein schönes Steak (nichts besonderes, aber auch nicht schlecht - da kommen auch noch andere Tage!) und dann geht es zurück ins Zimmer und beim Fersehen schauen schlafe ich hoffnungslos ein. Irgendwann (so gegen 10.00 Uhr) werde ich wieder wach, quäle mich durch das Bad und dann macht auch Sylvia das Licht aus - ein toller Tag ist damit zu Ende.

Rainer

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28. März 2013, Donnerstag: 2. Tag, Corpus Christi in zwei Varianten

So, jetzt fahren wir auch schon weiter. Ich muss allerdings vorwegnehmen, das ist eine Schweinearbeit (was sicherlich jeder weiß, der selbst schon einmal einen Reisebericht geschrieben hat). Ich kann nicht garantieren, dass ich jeden Tag auch im Reisebericht einen Tag weiterkomme. Obwohl auch vollkommene "Nulltage" dabei sind, da kann ich dann ggf. wieder etwas aufholen.

Auch dieser Tag drohte ein "Nulltag" zu werden, aber zum Schluss kriegte er doch noch die Kurve...


Wie am Tag zuvor, standen wir ca. 7. Uhr wieder auf, mit allem drum und dran war ich wieder ca. viertel vor Neun in der Rezeption um auszuchecken - dort hätte man noch bis 9 Uhr frühstücken können, aber wie schon gesagt, mich lockt da gar nichts. Weil Sylvia aber immer hungrig ist (falls ich das noch nicht gesagt haben sollte), habe ich ihr einfach etwas Obst und zwei Muffins gegriffen und mit nach draußen gebracht - das kann nicht schaden.

Trotzdem ging es dann erst einmal zum nächsten Subway, das ist fast schon ein Ritual geworden, ebenso die ewig gleiche Bestellung: "two foot longs Black Forest Ham please and two small drinks for here, and toasted please". Die Dinger kann man wirklich gut essen, wenn man (wie wir) zwei ganze Subs bestellt, die jeweils in 6-inch Stücke aufgeteilt sind, dann reicht das nicht nur für das Frühstück: jeder einen 6-inch und noch einen 6-inch geteilt - dann sind beide gut satt und es bleibt ein ganzes 6-inch Sandwich übrig für die Mittagszeit, genauer gesagt für Sylvia, die (falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte) immer Hunger hat....

Nach dem Frühstück bekommt auch unser Auto zum ersten Mal eine Tankfüllung, ich protokolliere den Verbrauch, für den ersten Tag lag er durchschnittlich bei ca. 12,5l/100km. Das ist nicht schlecht, aber auch nicht gut und ich bin mir absolut sicher, dass das noch runtergeht, insbesondere weil bei der ersten Tankfüllung auch noch berücksichtigt werden muss, dass die Auto nicht so knackevoll beim RentalCar abgeholt werden, wie wir sie dann nachher betanken. Deswegen ist die erste "Messung" ungenau und in der Regel zu hoch. Andererseits ist das ein schweres Auto, mit 288PS aber gut motorisiert und die 6 Zylinder wollen auch versorgt sein. Na gut, wir werden das im Auge behalten. Der Spritpreis beträgt in diesem Urlaub ca. 3,50$ pro Gallone (tendenz sinkend), das ist mittelhoch.

Schon auf dem Zimmer haben wir beschlossen, zunächst nicht nach San Antonio zu fahren (mich persönlich reizt es sowieso kaum, denn der eigentliche attraktive "Riverwalk" könnte problematisch für mich sein und außerdem ist in dieser Region für Ostern, was vor der Tür steht, kein gutes Wetter angesagt), sondern erst einmal den südlichsten Süden auszubaldovern um dann ggf. auf dem Weg zurück in den Norden San Antonio mitzunehmen. Daraus soll letztendlich nichts werden, aber das sehen wir später.

Unser erstes Ziel ist die Hafenstadt Port Lavaco, wir haben keine Ahnung, was uns dort erwartet, aber wir wollen einfach mal an die Küste und im weiteren Verlauf nach Corpus Christi fahren, mit der Option, dort ggf. zu übernachten. Obwohl für heute eigentlich kein schlechtes Wetter angesagt war, ist der Himmel vollständig bedeckt, grau in grau, was sich auch nicht mehr verbessern sollte (entgegen unserer Hoffnung). Es ist zwar nicht kalt, aber auch nicht angenehm. So Wetter finde ich fast schlimmer als ein wirkliches Unwetter, da geht dann wenigstens noch die Post ab.

Trotzdem programmieren wir die Navi auf Port Lavaco und im weiteren Verlauf auf Aransas Pass, das ist ein kleiner Ort kurz vor Corpus Christi, auf diese Weise zwingen wir die Navi, die küstennahe 35 zu fahren. Nach 30 Minuten sind bereits in Port Lavaco, folgen der Beschilderung nach Historic Downtown, das sind auch nur ein paar Meilen und schon sind wir mittendrin. Sieht zwar "ganz nett" aus, aber reicht nicht, um unsere Fotoapparate einzuschalten. Nur wenig weiter folgt schon die Küste und ein kleiner Jachthafen. Dort steigen wir selbstverständlich aus und machen auch die "Pflichtfotos" des Tages - aber so richtig Stimmung will nicht aufkommen:








Ziemlich schnell sitzen wir wieder im Wagen und versuchen unser Glück der Küste entlang, der Landkarte kann ich entnehmen, dass wir auf einer Art Ringstraße letztendlich wieder zurückfahren würden, ohne jedoch den gleichen Weg nehmen zu müssen. Schließlich erreichen wir (immer noch an der Küste) eine große Kreuzung, dort kreuzt die 35, die wir ohnehin dann in Richtung Südwesten nehmen müssen. An dieser Kreuzung befindet sich ein Visitorcenter und ein sechseckiger Leuchtturm, anscheinend der Stolz der kleinen Hafenstadt. Selbstverständlich wird auch dieser Leuchtturm fotografiert, Sylvia versucht (wie immer) ihr Glück im Visitorcenter, aber dort gibt es diesmal nichts, was ihr gefallen kann. Der Leuchtturm ist nicht häßlich, aber das Wetter ist häßlich und es wirkt alles nicht so, wie wir uns das wünschen würden:





Anschließend geht es, wie geplant, die 35 Richtung Corpus Christi, durch relativ langweilige Gegend, flache Felde ohne nennenswerten Bewuchs, interessanter wird es lediglich im Einzugsbereich der kleinen Stadt Fulton, das ist offensichtlich ein beliebter Badeort, es stehen viele nette Strandhotels dort herum, ein paar hübsche Bars stehen dort, aber es ist absolute keine Saison und nur im Zentrum ist etwas quirliges Leben. Die Navi lotst uns dann weiter Richtung Corpus Christi, aber nun greife ich ein, denn bevor wir endgültig nach Corpus Christi Downtown fahren, wollen wir erst den großen Schlenker über den "Lake Corpus Christi State Park" machen. Wir sind zwar jetzt so einen Umweg gefahren, das geschah aber in der Absicht, langweilige Highways zu meiden und vielleicht an der Küstenstraße eine etwas attraktivere Umgebung vorzufinden. Zugegebenermaßen ist diese Kalkulation nicht so richtig aufgegangen, Highlights gab es bisher keine zu sehen.

Kurz vor Erreichen von Corpus Christi (dort erst würde die Autobahn Richtung Lake Corpus Christi abzweigen) sehen wir schon die hoch geschwungene Hafenbrücke von Corpus Christi liegen und dahinter ein paar Hochhäuser von Downtown - ein Anblick, der mir durchaus gefällt, ich mag diese amerikanischen Brücken mit der relativ steilen Steigung sehr:





Wir entscheiden uns kühn, die Navi einfach auszuschalten und nur mal kurz über Brücke nach Downtown zu fahren - einfach so, weil ich die Brücke fahren will. Sylvia ist einverstanden und kurz darauf befinden wir uns auf der Brücke:





Das macht zugegenermaßen weniger Eindruck als der Anblick erhoffen ließ, aber egal, wir haben es wenigstens versucht. Direkt dahinter geht es runter nach Downtown, aber das wollen wir wirklich später sehen und deswegen schalte ich die Navi wieder ein, die uns selbstverständlich auch aus Downtown wieder auf den richtigen Weg bringt. Nach ungefähr einer weiteren Stunde erreichen wir den Lake Corpus Christi State Park. Im Statepark Führer steht irgendetwas von wunderschönem See, von Angeln, von Camping, von Freiheit und Abenteuer - kurzum: alles Dinge, die uns eigentlich total egal sind und überhaupt nicht interessieren! Das Eingangshäuschen ist (wie auch gestern im Brazos Bend) gut besetzt, da sitzen mindestens drei Ranger drin und kosten Geld! Ansonsten ist dort total tote Hose, wir zeigen siegesgewiss unseren Jahrespass und dürfen nach Nennung der richtigen ZIP auch passieren, nicht ohne noch eine Tagesquittung und einen Plan in Empfang zu nehmen.

Auf dem Plan sind diverse Campingstellplätze, Toiletten usw. eingezeichnet, der See ist natürlich eingezeichnet und wir fahren einfach mal drauflos Richtung See. Dort erreichen wir bald ein Gebäude, was sich laut Plan "Old Pavillon" nennt (welchen Zweck das Dingen auch immer gehabt haben mag), was aber heute nicht mehr benutzt wird. Es sieht irgendwie aus wie eine Mischung aus einer mexikanischen Ranch und einer römischen Festung, selbstverständlich wird auch das im Bild festgehalten:












Wir gehen auch kurz zum dahinter liegenden See, der hat lange nicht den Charme, wie die Seen von gestern, eigentlich ist es öde hier und uns dämmert die Gewissheit: das war wohl nix! Inzwischen ist es ca. 13 Uhr und was ist? Richtig, Mittagszeit - Sylvia hat Hunger. Also mampft sie den übrig gebliebenen Black Forest Ham Sub, ich begnüge mich mit ein paar Schluck Wasser. Ich kann zum Glück Hunger ganz gut ertragen, weswegen ich in den USA nie zu Mittag esse (auch zu Hause nehme ich keine drei Mahlzeiten), sondern ich schaffe es problemlos vom Frühstück bis zum Abendessen. Sylvia kann das überhaupt nicht und ich merke es schon an ihrer Laune, ob sie Hunger hat oder nicht. Die geht nämlich in den Keller, je größer der Hunger ist.

Aber mit dem Sub ist dieses Problem wenigstens gelöst, wir suchen anschließend noch kurz die Toiletten auf und entscheiden dann, dass wir diesen Park abhaken und nach Corpus Christi zurückfahren.

Nach einer erneuten Stunde sind wir dann erfolgreich wieder Downtown in Corpus Christi, ich hatte am Morgen prophylaktisch ein paar interessante Motels in die Navi programmiert (dort war von "Strandlage" die Rede), da Downtown selbst nicht so der Dröhner ist, entschließen wir uns dazu, einfach mal dahin zu fahren. Wenig später erreichen wir die Uferstraße und das ganze Scenario ist schon viel freundlicher als Downtown und trotz des nach wie vor bedeckten Himmels kommt gute Laune bei uns auf. Das sieht nett aus hier. Ich sehe sogar einen interessanten Pier, allerdings fahren wir auf der falschen Seite in die falsche Richtung, also bitte ich Sylvia bei der nächsten Möglichkeit zu wenden um dann (wirklich ganz nahe am Strand) in der Gegenrichtung einfach mal nach einem Parkplatz schauen. Das macht Sylvia gerne, wir können problemlos die Gegenspur erreichen, sehr bald sind am Straßenrand jede Menge Parkplätze frei und wir stellen unser Auto ab.

Nachdem wir ausgestiegen sind, wird natürlich erst mal die Lage "sondiert", es gefällt uns hier, ich schaue aufs Meer hinaus - und traue fast meinen Augen nicht. Ist das möglich - ja es ist möglich. Was sehe ich da (ich hätte nie geglaubt, dass man das auch nur annähernd mit bloßen Augen sehen kann). Das hier sehe ich da (allerdings stark nachbearbeitet und mit max. Zoom, es war auch dunstig, mehr ist nicht zu retten):





Da sind doch tatsächlich gigantisch große Bohrinseln zu sehen, vom Strand aus! Das finde ich eigentlich nicht sehr vertrauenerweckend, alle mal nicht nach "Deepwater Horizon", aber die Menschen müssen offensichtlich damit leben.

Ansonsten ist die Uferpromenade und der Strand eigentlich recht nett und macht einen fröhlichen Eindruck auf uns:








Allerdings weht hier ein heftiger Wind, der zwar nicht unbedingt sehr kalt ist, aber doch ziemlich in den Haaren herumzaust:





Da der Pier, den ich da gesehen hatte, fussläufig noch recht weit entfernt war, bitte ich Sylvia, uns doch mit dem Wagen dahinzufahren. Sylvia will erst nicht, weil sie selbst den Pier nicht gesehen hat, aber ich bestehe darauf und verspreche ihr auch (ohne es eigentlich wirklich zu wissen), dass das ein netter Pier ist und dass es sich bestimmt lohnt, dahin zu fahren. In diesem Moment ahnen wir beide nicht, wie Recht ich damit haben soll und dass dieser Pier definitiv den verloren geglaubten Tag sogar noch retten kann.

Und so fahren wir also wieder los, um nach einigen hundert Metern eine kleine Einfahrt zu erreichen, wir müssen nach rechts "unten" abbiegen, Sylvia will aber nicht: "Da soll ich rein? Nie im Leben".
"Wieso nicht?"
"Da kann man nicht rein".
"Natürlich kann man da rein, wir stehen eigens an der Ampel, die die Zu- und Abfahrt regelt".
"Da ist doch gar kein Platz für Autos".
"Stimmt doch gar nicht. Guck, da kommt gerade einer heraus, aber auf der Gegenspur, wir haben sogar eine eigene Spur. Und da unten siehst Du jede Menge Fahrzeuge. Und Parkplätze sind da auch."

Das überzeugt dann endlich (wenn auch mit Widerwillen) - und wir fahren auf den Pier hinunter. Direkt vorne rechts ist eine schöne Parkbucht und wir stellen unseren Wagen dort ab. Auf der linken Seite liegt ein Fischerboot neben dem anderen - ich mag so etwas sehr. Die haben etwas romantisches, wie ich finde. Sylvia hat auch längst die kleine Unstimmigkeit vergessen, selbstverständlich gefällt es ihr hier auch. "Lass uns doch hier bei den Booten etwas spazieren". "Ja natürlich, dafür sind wir doch hergekommen".

Die Holzplanken auf der linken Seite des Piers, dort wo die Boote liegen, sind einigermaßen mit Vogelsche*** zugeschi*****, aber das macht nichts und es ist vor allem kein Zufall:





Als wir uns dem  ersten Boot nähern, traue ich meinen Augen nicht. Sitzt da doch in völliger Ruhe ein riesiger Pelikan auf einer Hafenmole und putzt sich sein Gefieder. Hammermäßig - so ein Tier habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen und nun sitzt hier einer, und was für einer, als wäre es das normalste der Welt. Was es für ihn auch war, wie sich bald herausstellen sollte. Ich ziehe natürlich sofort die Kamera aus der Tasche (dabei war Eile gar nicht geboten, der Pelikan hatte die Ruhe weg), wechsele auch noch schnell das Teleobjektiv drauf und schon geht es los:





Wahnsinn - was für ein tolles Tier. Links und rechts sausen die verschiedenste Möwen an ihm vorbei, was in Anfangs kalt läßt. Nach einer Weile beschließt er anscheinend, einer Möwe, die an ihm vorbeistürzt, folgen zu wollen:


Möwe auf Sturzflug, Pelikan macht sich bereit ...




... Allez hop ...




... und Abflug!




Sehr weit kommt er allerdings nicht, die heutige Flugübung ist auf Kurzstrecke beschränkt, 5m müssen reichen, danach dümpelt man zufrieden und wohlbehalten im Hafenbecken vor sich hin:




Nur ein Boot weiter stiefelt schon der nächste Pelikan auf dem Steg vor sich hin:





Überhaupt liegen auf den Booten teilweise ganze Pelikanfamilien, es wimmelt nur so von diesen Tieren. Die Boote sind beileibe nicht leer, auf einigen sitzen die Fischer zusammen und die Bierchen fliegen tief - wilde Fischerromantik pur. Zeitgleich mit einem stattlichen Reiher treffen wir an einem Boot ein, wo frische Garnelen verkauft werden:








Ob der Reiher auch wegen dieses Schildes gekommen ist? Sieht fast so aus:




Er ist jedenfalls gar nicht feige, stolzt wie selbstverständlich auf das Deck, schaut sich in Ruhe überall um und dreht eine ganze Runde hinten herum, bevor er dann auf der linken (für mich vorderen) Seite wieder herauskommt, um nach einem letzten gründlichen prüfenden Blick das Boot gemächlich wieder zu verlassen:





Echt zum Brüllen.


Wenige Meter weiter herrscht große Harmonie zwischen Groß und Klein - "bitte jeder nur eine Mole, Danke!":




Während ich noch zum guten Schluss ein paar Möwen ablichte, hat Sylvia natürlich wieder einen Visitorshop entdeckt. Sie wird aber nicht fündig und nachdem wir beide sicherlich mehrere Hundert Vogelportraits geschossen haben, beschließen wir, den Pier endlich wieder Pier sein zu lassen und weiterzufahren.








Wenn wir zu diesem Zeitpunkt eine Kühltruhe dabei gehabt hätten, dann hätten wir sicherlich auf dem Boot ein paar frische Scampi erworben. Aber so hatte das keinen Sinn. Da es noch nicht wirklich spät war zu diesem Zeitpunkt, änderten wir spontan die ursprüngliche Planung, in Corpus Christi übernachten zu wollen und beschlossen, noch ein paar Meilen zu fahren. Am nächsten Tag sollte es ganz hinunter in den Süden gehen, Richtung South Padre Island, also könnte man noch ein Stündchen fahren, bis Kingsville müßte man noch problemlos kommen.

Gesagt, getan, die Navi angeworfen, nach Kingsville und dortigen Motels bzw. Restaurants befragt, wir entschieden uns seit langer Zeit zum ersten Mal wieder für ein Super8 und nahmen Kurs auf Kingsville. Nach ca. 1 Stunde kamen wir auch an, verließen den Highway zugunsten eines Business Loops und schon bald tauschte das Super8 auf. An der Rezeption gab es keinerlei Probleme, ein Zimmer zu bekommen, uns wurde ein wirklich riesengroßes Zimmer mit Kingbed und allem drum und dran (Kühlschrank, Microwelle, PlasmaTV) zugeteilt, für nur 59$ im AAA Tarif. Da konnte man überhaupt nicht meckern. Super8 war eine Zeit lang unsere Lieblingskette, aber in den letzten Jahren gab es dann auch mal Enttäuschungen und auch den Wunsch nach mehr Komfort - aber wenn neuerdings Super8 so gut sind wie dieses, dann reicht auch Super8 in Zukunft wieder vollkommen aus.

Direkt nebenan gab es ein "Kbob Steakhouse", das hatten wir noch nie gehört aber obwohl das Restaurant überhaupt ganz und gar nicht zentral lag, war der Laden sehr gut besucht. Selbstverständlich sollte es aber auch heute vorher erst einmal die übliche "Schmerzentspannung" mit Budweiser und gemütlichem Abhängen auf dem Bettchen geben. Zum Essen gab es erneut Steaks und die Getränke waren auch die gleichen wie gestern - Margherita und Bier. Insgesamt war es nicht ganz billig, aber immer noch in Ordnung für den Preis.

Auch heute schlief ich im Anschluss ziemlich schnell (natürlich wieder in vollen Klamotten) auf dem Bett ein, um nach ein paar Stunden aufzuwachen und dann richtig ins Bett zu gehen. Da hatten wir an diesem Tag noch einmal richtig Glück gehabt, nachdem wir ihn schon wegen des lahmen Stateparks und des schlechten Wetters abgehakt hatten, wurde es am Pier von Corpus Christi noch einmal richtig klasse. In guter Erinnerung bleibt uns auch noch die Abfahrt von Corpus Christi, die Route ging noch eine ganze Weile am Strand entlang und offensichtlich ist das das Millionärsviertel von Corpus Christi. Was da teilweise an Villen standen, war der absolute Hammer. Zum fotografieren reichte es aber nicht, weil der Verkehr dann doch zu dicht war - aber in unser Erinnerung wird es bestehen bleiben.

Rainer

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29. März 2013, Karfreitag: 3. Tag, Port Isabel Lighthouse State Historic Park .... und dann??

Heute wollen wir ganz ganz unten in den Süden fahren. Wie immer stehen wir gegen 7.00 Uhr auf, aber heute wird schon am frühen Morgen geplant. Wir wollen in jedem Fall den Leuchtturm in Port Isabel besuchen und dann im Verlauf des Nachmittags den "Bentsen Rio Grande Valley State Park". Den hatte ich zu Hause schon vorbereitet, das Internet schwärmt von tollem Vogel Wildlife Park, das sog. "World Birding Center", mit vielen vielen Facilities und u.a. Beobachtungsstationen und sogar einen behindertengerechten Aussichtsturm. Klingt sehr sehr interessant.

Außerdem haben wir uns auf Steak zum Abendessen eingeschossen, unsere Lieblingssteakhouse Kette "Logans Roadhouse" gibt es natürlich auch in Teaxs. Da wir Karfreitag haben (was nach Auskunft der Rezeptionistin in unserem Super8 auch in den USA ein hoher Feiertag ist), haben wir ein wenig Sorge, Probleme bei einem spontanen "Walk-In" zu bekommen, deswegen kombiere ich das Angenehme mit dem Nützlichen und suche uns ein Super8 Motel im Einzugsgebiet des Bentsen Stateparks, welches aber auch ein Logans Roadhouse in machbarer Entfernung hat. Navi und Internet ergänzen sich da optimal. Die Wahl fällt auf ein Super8 in Downtown McAllen, eine Stadt ganz im Süden von Texas. Aber, autsch(!!), da werden doch tatsächlich 119$ plus Tax für ein Kingsize Nonsmoking verlangt - das ist aber heftig teuer. Uns in jedem Fall zu teuer. Da kommt mir eine gute Idee: als langjährige Super8 Kunden und Teilnehme beim Wyndham Programm (wozu die Super8 Kette auch gehört) haben wir einige tausend Punkte angesammelt - vielleicht können wir ja eine "Redemption" einlösen. Ich versuche es einfach - und siehe da: mit 14.000 Punkten wären wir dabei. Die haben wir locker, wie haben weit über 20.000 Punkte, also wird kurz entschlossen gebucht, einmal ein Kingzimmer Downtown McAllen für "nothing". Das macht Spass!!

So fahren wir gut gelaunt los, wie auch gestern ist der nächstgelegene Subway unser Ziel. Auch "Black Forest Ham" etc.pp. wird bestellt und schmeck so gut wie immer, und es wird auch wie immer ein Sandwich für Sylvias Mittagshunger mitgenommen. Nun begeben wir uns auf den Highway Richtung Port Isabel.

Das Wetter hat etwas aufgeklärt, morgens ist es zwar noch relativ frisch, aber im Laufe der Fahrt wird es immer wärmer. Die Strecke an sich ist leider relativ öde, mutet aber mit den Palmen auf dem Mittelstreifen insgesamt sogar ein wenig mediterran an:





Insgesamt sind wir hier schon mächtig weit im Süden, Südtexas liegt (ohne Nachzuschauen) sicherlich mindestens auf Höhe von Marokko oder gar noch tiefer. Gegen Mittag erreichen wir Port Isabel und bereits auf den letzten Metern zum Leuchtturm, den wir als Ziel eingegeben haben, erkennen wir die mächtige Brücke, die das Festland mit der vorgelagerten Insel Padre Island verbindet.

Wir bekommen direkt am Leuchtturm einen Parkplatz und stellen den Wagen dort ab. Draußen ist es inzwischen richtig warm geworden, das sind mit Abstand die wärmsten Temperaturen unseres noch jungen Texasurlaubs. Aber - es ist auch ganz schön schwül. Das sind wir vom Südwesten nicht gewohnt. Natürlich wird als erstes der Leuchtturm abgelichtet:





Danach gehen wir weiter bis ganz unten an das Ufer - und auch dort schwimmen meine neuen Freunde im Wasser:





Aber heute interessiere ich mich natürlich auch für die tolle Brücke, sie beeindruckt mich noch mehr als die gestrige Brücke von Corpus Christi:





Die Brücke ist auch erheblich länger als die von gestern und in weiter Ferne sieht man die Skyline von Padre Island liegen:





Am Steg wird heute Parasailing und ein Ausflug angeboten, man stellt sich in gewohnter Manier in eine Schlange, um die notwendigen Tickets zu erwerben. Das sieht irgendwie witzig aus, weswegen ich es fotografiere:





Auf dem Gebäude hinter uns tummeln sich die Möwen wieder einmal in großer Stückzahl, in fast schon militärischer Ordnung teilen sich das knappe Platzangebot:





Wir schlendern zu unserem Auto zurück und schauen uns dabei ein wenig im Hafenbereich um. Port Isabel ist ein quirliger, netter Touristenort mit den typisch kleinen Shops und Bars und gefällt und wirklich gut. Hier kann man sicherlich auch ein paar Tage Urlaub machen, zum Strand ist es bestimmt auch nicht weit.











Aber wir haben heute ja noch ein anderes Ziel und beschließen, uns wieder auf die Socken zu machen. Aber weil ich die Brücke so toll finde, fahren wir selbstverständlich einmal drüber und dann wieder zurück - das musste einfach sein. Auf der anderen Seite, Padre Island, ist es knackevoll und so tut uns überhaupt nicht leid, direkt wieder zu wenden und zurück zu fahren.

Beim Verlassen von Port Isabell passieren wir eine typische Business-Ausfahrt, wo die Motels und Restaurants etc. mit ihren Reklamen auf sich aufmerksam machen:





Das ist ein Anblick, den wir beide seit eh und je in den USA geniessen. Das ist für uns "USA pur". Außerdem lädt dort ein "Texas Roadhouse" zum Essen ein. Auch wenn wir heute schon beschlossen haben, beim Logans Roadhouse zu essen - das Texas Roadhouse wird noch eine besondere Rolle in unserem Urlaub spielen, was wir heute natürlich noch nicht wissen.

Nun aber geht es Richtung "Bentsen Rio Grande Valley State Park", wir fahren an McAllen vorbei, wo wir nachher zurückkehren müssen und unsere Navi führt uns in Richtung Statepark. Aber als sie uns auffordert, an einer unauffälligen Kreuzung rechts abzubiegen, können wir das nicht glauben: erstens ist das eine Gravelroad (und ich habe die Navi so programmiert, dass sie das nicht vorschlagen soll) und zweitens (was noch schlimmer ist), es ist gegen eine Einbahnrichtung. Das ist endgültig zu viel verlangt und wir entscheiden, dass die Navi das Ziel wohl nicht finden wird. Sylvia erinnert sich zum Glück daran, vor ein paar Meilen ein Hinweisschild auf den Statepark gesehen zu haben (aber mit Navi ignoriert man so etwas schon einmal) und wir fahren so lange zurück, bis wir tatsächlich dieses Schild finden.

Man muss dort schon rechts abbiegen, angeblich sind es von dort nur "a few minutes", aber das ist deutlich untertrieben. Mindestens 15 Minuten später und mit ständiger Unsicherheit, ob wir überhaupt noch richtig sind, erreichen wir tatsächlich den Parkplatz des Stateparks. Die Eingangsbooth liegt nicht, wie sonst, davor, sondern man muss erst den Wagen abstellen und dann zu Fuss zum Visitorcenter latschen. Ich ahne Böses...

Im Visitorcenter werden wir freundlich begrüßt, aber man verlangt auch 10$ Eintrittspreis von uns (was ich im Nachhinein als eine absolute Unverschämtheit empfinde - niemand kann behaupten, meine Behinderung nicht zu erkennen). Wir zücken natürlich unseren Stateparks Pass und bekommen (ähnlich wie in All-Inclusive-Anlagen) jeder so ein Bändchen um das Handgelenk gelegt.

Dann zeigt die Rangerin irgendwo nach draußen und sagt, dass der nächste Shuttle um viertel nach vier fahren würde und das wäre der letzte Shuttle für heute. Aktuell ist es nicht einmal viertel vor vier, also noch mehr als eine halbe Stunde enfternt. Sowieso verstehe ich nicht, was für ein Shuttle und wieso und wie und was. Wir gehen erst einmal drauflos und kommen an ein paar Fahrrädern dabei, die man ausleihen kann. Schön für die, die damit fahren können, ich kann es nicht.

Dann kommen wir an die Shuttle Station, da steht niemand, aber nur wenig später liegt ein Schlagbaum, eine Schranke, über der Straße. Die Straße ist groß, sie wäre durchaus für PKW geeignet. Also gehen wir einfach mal dahin, kurz dahinter steht ein größeres Haus. Auf den letzten Metern überholt uns ein großer SUV (wovon jede Menge hier herumfahren), auf diesem steht "Border Control". Manchmal steht aber auch "Ranger" drauf. Die kurbeln das Fenster herunter und fragen, ob sie uns helfen können. Das ist ja schon mal nicht verkehrt. Ich habe in der Zwischenzeit natürlich die Karte des Parks studiert, die Entfernungen dort sind gigantisch. Kein einziger Loop ist unter 5 Meilen, die meisten mehr. Offensichtlich ist der Park riesengroß.

Ich erzähle den Herren im Wagen natürlich, dass ich (was nicht zu übersehen ist) schwerbindert bin und dass ich gerade das Gefühl hätte, dass ich vollkommen hilflos und überfordert wäre in diesem Park. Ich kann mit absoluter Sicherheit nicht solche Entfernungen gehen. Also frage ich, gar nicht feige, ob wir nicht mit unserem PKW einfahren könnten. Nein, das wäre generell vollkommen unmöglich. Aha - wie stellen die Herren sich das vor, wie man als Behinderter den Park anschaut? Ich solle mal weitergehen, da würde mir geholfen werden. So so.

Also gehen wir hinein, wir sehen noch, wie der Wagen an dem Haus anhält und da irgendetwas mit irgendjemandem besprochen wird. Als wir dort ankommen, kommt ein alte Dame heraus, sie stellt sich als Volunteer heraus und sie hat definitiv ihre letzte Saison vor sich. Ich frage sie selbstverständlich gezielt nach den Möglichkeiten, die ich in dem Park habe. Sie stammelt so ein wenig vor sich hin, schmiert einen Baumstamm mit Honig ein und daraufhin kommen ein paar Vögel angeflogen, die einem Rebhuhn ähnlich sehen, die heißen "Chakalakas" wie wir lernen, aber es begeistert mich wenig. Wie komme ich in den Park, was kann ich dort unternehmen? Ich solle den Shuttle nehmen. Obwohl das immer noch mehr als eine halbe Stunde hin ist, frage ich sie, ob der Shuttle denn behindertengerecht wäre. Das wisse sie nicht, nein, einen Lift oder so gäbe es nicht, man müsse sich da einfach hinsetzen. Da wir auf dem Weg bis hier einen solchen Shuttle schon gesehen hatten, konnte ich auch sehen, dass dieser Shuttle in keiner Weise behindertengerecht ist. Die Sitzplätze befinden sich auf der Außenseite eines Hängers und um den Sitzplatz zu erreichen, muss man über eine Stufe hochgehen, die ihrerseits sicherlich eine Tritthöhe von 40-50cm hat. Für mich, oder auch andere Behinderte, vollkommen unmöglich. Ich frage sie, wie ich denn auf so einen Sitz kommen sollte. Es gäbe einen kleinen Hocker, den könnte ich als Tritthilfe benutzen. So langsam platzt mir der Kragen und ich sage, dass das lächerlich ist, eigentlich eher peinlich. Ich kann keine Stufen gehen, nicht ohne Doppelgeländer und schon gar nicht 20 oder 30cm hohe Stufen.

Das tut ihr dann Leid, aber das wäre die einzige Möglichkeit. Damit ist dieser Park an dieser Stelle für mich gestorben. Ich bin über die Maßen enttäuscht und mein bis dato sehr positives Bild über die Behindertfreundlichkeit in den USA hat einen empfindlichen Knacks bekommen. Sie erklärt mir in ihrer Hilflosigkeit noch, dass eben niemand mehr mit dem PKW einfahren dürfe, weil man Angst vor unerlaubten Immigrations hätte (wir sind ja hier am Rio Grande direkt an der Grenze zu Mexico).

Ich verabschiede mich noch mit dem Kommentar, dass man wohl damit über das Ziel hinausgeschossen ist und den Statepark für Behinderte quasi unzugänglich gemacht hätte, eine für mich absolut nicht nachvollziehbare Entscheidung eines offensichtlich verblödeten Beamten.

Ich bin dermaßen auf "Hundert", dass der Punkt erreicht ist, wo meine Frau mich nicht mehr mag. Leider(!) haben wir für unseren Eintritt nicht extra bezahlen müssen, denn sonst wäre ich in den Laden zurückgegangen und hätte mal eine paar passende Worte dazu losgelassen (was meine Frau hasst, aber ich laufe dann zu Höchstform auf), wie beschissen das wohl ist, Behinderten die Kohle abzuknüpfen, wo man mit absoluter Sicherheit genau weiß, dass die dort nichts anfangen können.

Also gehen wir einfach nur enttäuscht zum Parkplatz zurück, wo mich die komplette erste Reihe (ca. 20 Stellplätze) anhöhnt - die Plätze sind für Behinderte reserviert. WOFÜR DAS??

Wir fahren zurück nach McAllen, ich beruhige mich natürlich auch wieder, wir haben Hunger und freuen uns (diesmal zu Recht) auf Logans Roadhouse. Im Super8 klappt alles perfekt, tatsächlich ist ein Zimmer auf uns reserviert und tatsächlich kostet es uns nichts. Prima. Wie immer besorgen wir uns noch ein Sixpack Bier, diesmal im bis dato unbekannten "HEB" eine wirklich schöne Supermarktkette (der Einkauf beeindruckt uns beide sehr, ich mag gut sortierte Supermärkte).

Dann geht es, wie geplant, zu Logans Steakhouse und das ist wirklich ein Fest. Die Stimmung ist da wie immer genial, ich bestelle das Steak des Hauses "Logans Steak", Sylvia bekommt ein kleines Filet Mignon und dazu drei Riesenscampis (coole Idee) - ich probiere das natürlich und das schmeckt hammermäßig gut. "Surf&Turf" ist ja wirklich ein Hit, wir hatten das vorher noch nie probiert. Und so klingt dieser Tag noch sehr versöhnlich aus, aber dieser beschissene Stateparkt ist für mich "gegessen" - so einen Schwachsinn habe ich in den USA vorher noch nie erlebt. Naja, man lernt immer dazu.

Rainer

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30. März 2013, Ostersamstag: 4. Tag, Falcon State Park und Zapata - ein ungewöhnlicher Tag


Um es vorwegzunehmen: zu den positiven Highlights wird dieser Tag nicht gehören. Das wissen wir natürlich noch nicht, als wir morgens auschecken und, wie gewohnt, eine Subway aufsuchen. Bereits das stellt sich als eigenartiges Hindernis dar:

wie gewohnt programmiere ich die Navi auf den nächstgelegenen Subway, ca. 1,5 Meilen sagt die Navi. Also fahren wir nach Ansage dort hin, das übliche "You have reached your destination" ... aber das ist kein Subway. Wir befinden uns exakt an der gleichen Stelle wie am Abend zuvor, nämlich bei Logans Roadhouse. Sylvia pfeifft mich natürlich an, ich hätte aus Versehen das falsche Restaurant eingestellt, aber das ist ganz sicher nicht so, Rainer hat "Subway" eingestellt. Das Logans Roadhouse steht hier auch beileibe nicht alleine, hier sind einige Läden und Restaurants - nur kein Subway.

Kurz entschlossen wird einfach der nächste Subway eingestellt - dieses mal sind es ca. 3 Meilen, aber insgesamt in der richtigen Richtung, wir wollen weiter am Rio Grand entlang fahren. Als wir uns dem vermeintlichen Subway nähern, jault die Navi kurz vorher: "Make a U turn, if possible". Huch - dabei sollten es nur noch wenige "Feet" sein bis dahin. Also U-Turn - worauf die Navi nach wenigen hundert Metern erneut befiehlt: "Make a U turn, if possible". Na das ist ja ein Hit. Ok, hat vielleicht zwischendurch GPS verloren, sowas kommt vor, also nochmal U-Turn. Eine Minute später sind wir wieder an der anderen Stelle ... und wieder tönt die Navi: "Make a U turn, if possible".

So kann man sich natürlich den ganzen Tag beschäftigen, irgendwann ist dann der Tank leer und Hunger hat man immer noch. Wir beschließen, dass die Navi entweder einen schlechten Tag hat oder sogar kaputt ist - so einen Quatsch haben wir jedenfalls noch nie erlebt. In dem Moment, wo ich die Navi ausmache, entdeckt Sylvia den Subway - und sehr schnell erkennen wir auch, warum die Navi so herumgesponnen hat: der Subway ist links, in der Gegenrichtung, aber wir sind kurz vor einer Autobahnauffahrt mit Zwangsauffahrt nach links oder rechts. Will man Subway erreichen, muss man hier schon wenden, aber dann ist man etwas zu früh  und muss theoretisch ein paar Meter in der Gegenrichtung weiterfahren, um Subway (welches sich in einem Tankstellenshop befindet) zu erreichen. Das hat die Navi also richtig erkannt, man kommt da nur hin, wenn man wendet - aber dann ist man in der falschen Richtung, also so bald wie möglich wieder wenden. Und so kann man sich dranhalten.

Wir beschließen, ein paar Meter gegen die Verkehrsrichtung zu fahren, es ist wenig los hier. Dann gibt es endlich Frühstück bei Subway und der Navi wird verziehen.

Unser erstes Ziel ist der Falcon State Park (oder auch Falcon Dam State Park), der wurde uns auch gestern bei dem Flopp im Bentsen Park empfohlen. Aber nach dem anderen Flopp im Corpus Christi State Park habe ich auch hier so meine Bedenken, auch der Falcon State Park ist eigentlich eher ein Freizeit und Campingpark mit Angelmöglichkeit und der Möglichkeit, ein Boot zu Wasser zu lassen. Wir kommen noch Vormittags an und unser Ausweis gilt natürlich auch hier.

Schon nach einigen Metern im Park ist uns klar, dass unsere Befürchtungen zutreffend waren. Hier würden wir nicht viel "vor die Linse" bekommen. Wir fahren aber wenigstens einmal zum See hinunter, heute sind schon ein paar mehr Gäste im Park, es wird gegrillt, es wird mit dem Boot gefahren - aber Wildlife o.ä. treffen wir nicht an. Schon sind wir wieder auf dem Weg nach draußen, als wenigstens ein Bereich angekündigt wird, wo es viele Schmetterlinge geben soll. Ok, da fahren wir hin, stellen das Auto ab und versuchen unser Glück.

Sylvia nimmt das ganz von der tragikomischen Seite: "Da fliege ich tausende von Meilen in die USA um dann zu erzählen, dass ich ein paar Schmetterlinge geknipst habe?!"

"Was für Schmetterlinge?" frage ich Sylvia und nun fällt es ihr auch auf: die Schmetterlinge sind nur theoretisch hier, praktisch ist im Moment kein einzige müder Falter hier. Es ist schon etwas skurril. Ok, dann nehmen wir eben ein paar Blümchen auf, davon hat es wenigstens ein paar:














Das erschöpft sich aber dann auch sehr schnell und ein paar Minuten später sitzen wir schon wieder in unserem Wagen mit Kurs "nach draußen". Wir kommen noch einmal an ein paar Bäumen vorbei und immerhin bekomme ich dort (allerdings sehr leidlich) einen Habicht vor die Linse, der aber in keiner Weise kooperativ ist und nur sehr schwer einzufangen ist:





Danach geht es endgültig weiter, Richtung Laredo. In einem Reiseführer haben wir etwas von "lebendigem" Grenzort gelesen, also wollen wir ein wenig dort bummeln gehen, vielleicht sogar dort übernachten, falls es ein netter Ort ist. Gegen 13.00 Uhr passieren wir den Ort Zapata, ein nichtssagender Ort entlang der 83. Im Ortsinneren erreichen wir eine Valero Tankstelle, etwa fünfzig Meter dahinter ist eine Ampel, aber wir müssen noch vor der Tankstelle anhalten, weil der Verkehr stockt. Ich frage Sylvia, ob sie die Ursache erkennen kann - ob die Ampel rot ist und so einen langen Rückstau hat, oder ob das dem Verkehr von und zu der Valero Tanke geschuldet ist.

Sylvia kann es auch nicht erkennen, aber letztendlich ist es auch egal, wir können es nicht ändern. Auf einmal hören wir hinter uns, wie jemand knallhart in die Bremsen steigt, die Reifen quietschen laut und nähern sich schnell ... und dann passiert es auch schon: BUUUMMMPFF! Ein tiefer, satter Einschlag.

SO EINE SCHEISSE - das ist mein erster Gedanke. Weitere Gedanken rasen durch den Kopf: ist das Auto Schrott? Geht die Heckklappe noch auf? Wieviele werden noch auffahren? Während ich in Sekundenbruchteile so ziemlich alle Optionen durchgehe, dringt auf einmal ein klarer Gedanke durch: das war überhaupt nicht unser Auto! Das hat hinter uns geknallt - und in diesem Moment macht es erneut BUMPF - und nun ist es wirklich unser Auto. MIST!!

Wir warten noch ein paar Sekunden ab, ob noch weitere Einschläge folgen, dann steigen wir aus. Ich gehe nach hinten, um mir den Schaden anzuschauen. "In" unserem Heck "parkt" ein Jeep Wrangler. Am Steuer eine Frau um die Mitte 30, auf dem Beifahrerseitz ein Junge, ca. 15J. und hinten noch eine weibliche Person. Alle Drei sitzen im Fahrzeug und schauen mich an. Regungslos. Keiner macht auch nur ansatzweise Anstalten, das Auto zu verlassen. Wie skurril ist das denn? Ich kann zum Glück so gerade das Nummernschild erkennen und rufe zu Sylvia herüber, dass sie sich das aufschreiben soll. Da ich meinen Rollator nicht habe (der ist ja hinten drin) muss ich mich die ganze Zeit am Auto festhalten.

Nach dem sich eine ganze Weile überhaupt nichts tut, deute ich den Herrschaften an, dass sie doch bitte aussteigen sollen. Endlich steigt die Fahrerin aus, ich sage ihr nur kurz, dass das hier ein RentalCar wäre und ich gezwungen bin, die Polizei zu rufen. Statt zu antworten macht sie komische Gesten (sieht wie eine Verneinung aus) und sagt endlich "No Police, please". Aber sie sagt es so komisch, sehr komisch sogar. Ich habe einen beschissenen Verdacht: "Do you speak English". "No". Auch Du dickes Ei - auch noch eine Mexikanerin, die kein Englisch kann. Das macht es ja noch beschissener - und wenn es nach ihr ginge, dann sollten wir doch einfach alle wieder weiterfahren, als wäre nichts gewesen (ihre Mimik ist eindeutig). Aber unser Wagen ist beschädigt und so etwas mache ich nicht.

Da wir nicht auf dem ganz rechten Fahrstreifen stehen, fahren dort inzwischen langsam Fahrzeuge vorbei. Ein großer Wagen hält an, ein älteres Ehepaar erkundigt sich nach unserem Befinden (keine Verletzten - immerhin) und bietet Hilfe an. Ich frage, ob sie die Polizei rufen können, die Frau hat sofort das Handy am Ohr und verständigt die Polizei. Na immerhin. Dann fahren sie weiter, nicht ohne zu berichten, dass die Polizei sehr bald kommen würde.

In der Zwischenzeit schaue ich mir den Schaden genauer an, so wild ist es zum Glück nicht, die Plastikschürze der Stossstange ist definitiv im Eimer, aber die Hecktüre sieht unbeschädigt aus und meine Hoffnung, dass sie einwandfrei auf und wieder zu geht, wird sich in einigen Minuten bestätigen. Wenigstens brauchen wir kein anderes Fahrzeug. Dann trifft auch schon die Polizei ein, ein weiblicher Officer mit durchaus mexikanischem Einschlag (was ich sehr begrüße!) und tatsächlich: diese Dame spricht fließend Englisch und Spanisch. Super!

Schnell und unaufgeregt nimmt sie den Vorgang und die Personalien auf, es stellt sich heraus, dass die kleine Mexikanerin eigentlich kaum eine Schuld hat. Sie hat ihrerseits hinter uns gestanden, während sich von hinten ein weißer SUV zu schnell angenähert hat, sich verschätzte offensichtlich und auch mit Vollbremsung das Auffahren nicht verhindern konnte. Durch den Aufprall wurde nun der Jeep Wrangler in unseren Wagen geschoben, wobei ich persönliche diese Darstellung unrealistisch finde, dann hätte noch weniger Zeit zwischen den beiden Einschlägen vergehen müssen. Ich vermute eher, dass die Mexikanerin durch den Auffahrunfall die Kontrolle verloren hat und beispielsweise den Fuss von der Bremse genommen hat, worauf der Wagen dann in unseren gerollt ist (sonst hätte es auch noch viel lauter geknallt, obwohl sie schon einigermaßen Schwung hatte).

Fakt war aber, dass der Dritte (der eigentliche Verursacher) sofort Fahrerflucht begangen hat. Es kam sogar noch eine Unfallzeugin dazu, die das alles zu Protokoll gab. Demnach ist der weiße SUV nach dem Aufprall nach rechts ausgeschert - und hat dann einen dicken Fehler gemacht: es ist nämlich auf die Tankstelle gefahren, ist dort ausgestiegen und hat sich den Schaden an seinem Fahrzeug in Ruhe angesehen. Die Polizistin meinte nachher dazu, dass Tankstellen alle per Video kontrolliert würden, sie würde nachher das Band anschauen gehen. Ich weiß bis heute nicht, ob man den Fahrer gefunden hat - ich hoffe es aber.

Jedenfalls bekamen wir dann noch einen ausgefüllten Unfallbericht, füllten zusammen mit der Polizistin auch die vorgefertigte Meldung für DOLLAR aus (beim Mietvertrag lag eine Unfallmeldung), nur wie wir diesen Bericht "immediately returnen" sollten, das war uns schleierhaft. Es war Ostersamstag, Ostern hat in den USA den gleichen Stellenwert wie in Deutschland, da ist von Freitag bis inkl. Montag jedes Büro und jede Schule geschlossen (diese Auskunft hatte ich mir ein paar Tage vorher in einem Motel geholt, da ich es nicht wußte). In Laredo konnte unsere Navi keinen Dollar Rentalcar finden, also beschlossen wir, erst einmal gar nichts zu tun, vor allem weil unser Wagen ja noch fuhr. Trotzdem scheiße! Das hat uns nicht nur 1 Stunde Zeit, sondern auch einige Nerven gekostet.

Gegen 14 Uhr konnten wir endlich weiterfahren, aber die "Luft" war heraus für den Tag. In Laredo sind wir dennoch Richtung Downtown gefahren, aber es hat uns überhaupt nicht gefallen, das ganze Ambiente läßt sich mit "ramschig" am besten beschreiben. Auf Grund der schlechten Wetterprogrognose für die nächsten Tage wollten wir auch San Antonio nicht anfahren, deswegen beschlossen wir, am nächsten Tag um "Kerrville" herum in den Texas Hills einige Scenic Roads abzuklappern und dafür heute noch wenigstens bis Carrizo Springs zu fahren.

So geschah es dann auch - im Ort fanden wir schnell ein nett aussehendes Motel, "Texan Inn", direkt neben einem Walmart gelegen und vor allem direkt gegenüber von "Zed's Sportsbar und Restaurant", das klang sehr gut. An der Rezeption wollte man 104$ für das Zimmer haben, gar nicht feige fing ich (nach dem ungewollten Erfolg in Victoria) an zu feilschen, aber diesmal war nichts zu machen. An so einem Tag (es war ja auch Ostersamstag) könne man keine Angebote machen. Also nahmen wir es zähneknirschend hin (es gab auch kaum andere Motels, ein Best Western in Sichtweite, aber das sah auch edel und teuer aus), dafür bekamen wir aber auch ein recht hübsches Zimmer:





Als erstes ging es dann in den Walmart, Bier kaufen. Hier gab es aber auch Kühltruhen im Sonderangebot und da wir idiotisch viel Stauraum im Auto hatten, haben wir dann kurzentschlossen zugeschlagen. Dazu eine dicke Tüte Eis, ein Zwölferpack Bud und kurze Zeit später stand es so auf unserem Zimmer:





Als es Zeit zum Abendessen war, wollten wir rübergehen zum "Zed" - aber wenn einmal der Wurm drin ist, dann ist er wirklich drin. Zed hatte geschlossen... also fuhren wir nochmal los, kurvten ein wenig ziellos herum und schließlich schlug ich vor, ob wir nicht wenigstens einmal "Churchs Chickens" ausprobieren sollen. Obwohl ich sehr gerne Hähnchen esse, waren wir natürlich skeptisch, denn KFC war überhaupt nicht unser Ding. Naja, es stellte sich heraus, dass Church Chickens genau der gleiche Mist ist, fettige Hähnchenteile in megafettiger Panade. Das war dann also die Sache mit Churchs - ist hiermit auch für immer erledigt. Passte aber irgendwie zum ganzen Tag.

Und um den ganzen die Krone aufzusetzen: als wir vom Essen zurückkamen, fragte ich Sylvia, ob wir nicht ein paar Meter mehr fahren wollten, nur mal so das BestWestern anschauen. Klar, kein Problem - und kaum waren wir an unserem Motel vorbei, aber noch nicht ganz beim BestWestern, entdeckten wir auf der linken Seite eine hübsche Art Scheune, halboffen stehend, darin ein funkelnagelneues Steakhouse mit Bar - geöffnet, selbstverständlich. Aaaaarrrrrrggghhhh....

Rainer

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31. März 2013, Ostersonntag: 5. Tag, Von Carrizo Springs bis Kerrville - Tag 1 in den "Texas Hills"


Heute wollen wir den ersten Tag mit einigen "Scenic Routes" im sog. "Texas Hill Country" verbringen. Das Gebiet liegt oberhalb (nördlich) von San Augustin und man findet auch eine entsprechende Routenempfehlung im Buch "Scenic Highways and Byways". Über die dort empfohlene Streckenführung hinaus kann ich auf unserer Hallwag Texas Karte noch weitere Scenic Roads erkennen.

Das ganze Gebiet umfasst so viele Meilen, dass wir das nicht an einem einzigen Tag schaffen können, weswegen wir heute nur einen Teil davon fahren wollen. Als Übernachtungsort haben wir Kerrville auserwählt und auch am Abend vorher schon im dortigen Super8 ein Zimmer reserviert.

Die Wettervoraussage ist eigentlich nicht schlecht, mit Tendenz zur Verschlechterung gegen Abend. Aber auch morgens schon ist der Himmel eher grau als blau und wirklich warm ist es auch nicht. Wie üblich gibt es ein Frühstück beim Subway in Carrizo Springs, bevor wir uns auf die Reise machen. Die Fahrt verläuft ohne nennenswerte Zwischenfälle und leider auch ohne nennenswerte Motive. Wir fahren zunächst die 83 Richtung Norden, passieren den Ort Uvalde und treffen nach ca. 20 weiteren Meilen auf die 127. Diese verfolgen wir weiter bis kurz vor Rio Frio, dort verzweigt die Ranchroad 1050 in Richtung Osten nach Utopia. Noch vor Rio Frio passieren wir die Einfahrt zum Gardner State Park, eigentlich soll der auch sehr schön sein, aber zum einen ist das Wetter nicht sehr fotogen und zum anderen haben wir im Moment einfach keine Lust auf weitere Enttäuschungen in überschätzten State Parks, lassen die Einfahrt achtlos passieren.

Mit der Ranchroad 1050 befahren wir dann endlich die erste Scenic Road des Tages und das Landschaftsbild ändert sich auch entsprechend flott. Statt langweiliger Ebenen ohne besonderen Bewuchs, fahren wir hier ganz deutlich in bergiges und teilweise schroffes Terrain. Nach ein paar Meilen tauchen auf der rechten Seite einige Geier auf, die sich an einem plattgefahrenen "Deer" laben - kein wirklich schöner Anblick, den wir auch nicht fotografieren wollen. Immerhin posiert einer der großen Vögel recht artig, so dass ich die Gelegenheit ergreife und ihn einfach aus dem offenen Fenster fotografiere:





Eine gewisse Ähnlichkeit (wenngleich auch bei weitem nicht vollständig) meine ich zu den Vögeln im Brazos Bend Park zu erkennen, weswegen wir dann nachträglich (aber immer noch unsicher - bis heute) auch die Vögel aus dem Brazos Bend als Geier klassifizieren. Wobei die im Brazos Bend faktisch noch einiges größer waren.

Nur wenige Meilen später sehen wir auf einer Wiese in recht großer Entfernung einsam eine einzige Antilope(??) weiden - wie kommt hier denn eine Antilope hin? Mit vollem Zoom und sogar noch nachträglichem Ausschneiden gelingt mir ein halbwegs gelungener Eindruck - lonesome Antilope in Texas:





Das gesamte Landschaftsbild bekommt nun insgesamt noch mehr grün und im weiteren Verlauf, wir haben Utopia (ein Minikaff) längst passiert und sind auf der Weiterfahrt auf die 16, wo wir dann nach Norden abbiegen wollen, um via Medina nach Kerrville zu fahren, als auf der rechten Seite zum ersten Mal ein "fotogener" kleiner See auftaucht. Außerhalb von Stateparks ist das der erste Moment, wo wir wirklich ansprechende Landschaft um uns herum sehen. Bis dato fanden wir sonst die Fahrten recht wenig abwechslungsreich und geprägt von nichtssagenden Ebenen. Dieser See fällt aber direkt positiv auf, also parken wir unser Auto auf dem Grünstreifen und machen ein paar Fotos:








Etwas unangenehm fällt uns auf, dass leider ein paar Abfälle (in Form von Plastiktüten und ähnliches) an manchen Stellen die Landschaft verschandeln. Das wird sich noch wie ein roter Faden durch den weiteren Verlauf unserer Reise ziehen, insgesamt haben wir den Eindruck, dass man es in Texas nicht so penibel nimmt (gelinde ausgedrückt) mit dem Umweltschutz resp. mit dem persönlichen Umweltbewusstsein. In keinem Urlaub vorher haben wir so oft beobachtet, dass Leute achtlos irgendwas einfach wegwerfen (auf den Boden) oder sogar aus dem fahrenden Auto in die Gegend werfen. Entsprechend sieht es an manchen Landstraßen am Straßenrand leider so aus, wie woanders auf der Müllkippe - und das trifft dann leider auch oft die Straßen, die sonst eigentlich durch eine schöne Natur fahren. Diese Texas Hills sind (wie wir später auch noch wesentlich ausführlicher erfahren und sehen werden) die aus unserer Sicht landschaftlich reizvollste und hübscheste Gegend von Texas - umso trauriger der offensichtlich Mangel an Umweltbewusstsein.

Nun fahren wir, wie geplant, weiter Richtung Medina und anschließend durch bis Kerrville. Die Strecke ist keinesfalls häßlich, aber wir haben jetzt schon geplant, sie am nächsten Tag erneut zu fahren, dann aber in Gegenrichtung. In unserer Planung ist eine doppelte Strecke leider nicht vermeidbar, irgendein Streckenstück müssen wir doppelt fahren, sonst bekommen wir die Route nicht auf die Reihe. Je nachdem, wie wir in Kerrville ankommen, wollen wir noch versuchen, am heutigen Tag via Ingram und Hunt die Ranchroad 38 zu fahren, je nachdem bis Leakey oder Vanderpool oder wie auch immer und dann auch irgendwie zurück. Das ist schlecht vorausplanbar, also lassen wir uns treiben. Zeit haben wir genug.

Wir sind recht früh schon in Kerrville, es ist gerade mal 15.00 Uhr als wir bereits einchecken. Das ist uns selbstverständlich zu früh, um nur noch auf dem Zimmer zu bleiben. Also brechen wir auf, um wenigstens einen Anlauf auf die o.g. Route zu machen. Der Himmel hat sich inzwischen ganz schön verdunkelt und als wir gegen halb vier ungefähr den Downtown Bereich verlassen haben und auf die 38 Richtung Ingram einschwenken, ist es schon arg arg dunkel. An manchen Stellen wirkt der Himmel fast schon bedrohlich schwarz. Die Ranchroad 38 begleitet (oder wird begleitet von) den Guadeloupe River, ein durchaus großer Fluss, der an dieser Stelle jedenfalls mehr Eindruck auf uns macht als der legendärer Rio Grande, der eigentlich in vielen Bereichen den Namen nicht mehr verdient, weil er eher ein Rinnsal als ein Grande ist.

Sylvia bemerkt zwar auch den schwarzen Himmel, macht sich aber keine großen Sorgen: "In Texas regnet es doch nie, das wissen wir doch." Aha. Bis zu diesem Tag habe ich das auch geglaubt. Auf dem Weg Richtung Ingram und durch Ingram durch fällt uns sofort auf, dass diese Ranchroad ein Juwel ist. Eine pittoreske Scenerie reiht sich an die nächste, die Ranchroad kreuzt ständig den Guadeloupe und umgekehrt - das ist selten schön. Allerdings wird es auch immer dunkler, schon lange müssen wir die Scheinwerfer einschalten. Erste Tröpfchen fallen auf die Windschutzscheibe, aber wir sind weiter guter Dinge, viel kann das nicht werden, weil "in Texas regnet es doch so gut wie nie". Und wenn, dann wahrscheinlich nur so Sprühregen oder so.

Die Straße und alles was wir sehen, gefällt uns außergewöhnlich gut, das ist mit Abstand die schönste Straße des bisherigen Urlaubs. Aber wie soll ich das fotografieren - es ist wahnsinnig dunkel draußen, ja fast schon bedrohlich. Der Regen hat inzwischen einen Gang höher geschaltet, aber jetzt wage ich dennoch einen Versuch, als auch noch Felsen auf der anderen Flussseite auftauchen. Das sieht so toll aus, dass ich es einfach versuchen muss:





Schnell erkenne ich auf dem Display, dass das Foto nicht besonders der Realität entspricht - das ist der "Segen" der automatischen Belichtung. Der Himmel erscheint hellgrau, überhaupt ist es viel zu hell auf dem Foto. Inzwischen regnet es richtig, das kann man nicht anders sagen. Wir fahren noch einige Minuten weiter, aber als der Regen dann immer stärker wird, hat das keinen großen Sinn mehr. Also wenden wir irgendwo (nach geschätzten 45 Minuten) und fahren zurück: diese Strecke werden wir morgen als erstes wieder fahren. Das ist sicher!

Auf dem Weg zurück werden die Tropfen größer und der Regen schwerer. Noch einmal versuche ich, ein Foto zu machen, diesmal aber ohne auszusteigen, einfach nur aus dem offenen Fenster:





Auch dieses Bild trifft die Stimmung nicht, dafür bin ich aber ordentlich nass geworden, denn das offene Fenster hat den Regen hereingelassen. Auf dem Fluss erkennt man dafür gut, dass es bereits ziemlich heftig regnet. Das beeindruckt uns natürlich schon, aber wir haben nicht erwartet, dass das immer noch gar nichts ist.

Auf einmal bricht die Hölle los. Es donnert, es blitzt und dann setzt ein Regen ein, wie wir ihn schon seit vielen Jahren nicht mehr erlebt haben. Innerhalb weniger Sekunden verwandelt sich die Straße in einen Sturzbach, es schüttet aus allen Eimern, die Scheibenwischer sind total überfordert. Um uns geht die Welt unter, wir können kaum noch etwas sehen und fahren nur noch mit 20mph weiter ... o Gott, das kann eine lange Rückfahrt werden. Die Hoffnung, das schlimmste nach ein paar Minuten überstanden zu haben, erfüllt sich nicht. Es schüttet und donnert in einem durch - zugegebenermaßen wirklich bedrohlich. Da ich sonst nichts besseres zu tun habe, mache ich einfach mal meine DSLR an - im Videomodus. Mein erstes und einziges Urlaubsvideo, der Regenguss von Kerrville:



Insgesamt finde ich heute, dass es im Video nicht einmal so bedrohlich wirkt, wie "in echt". Aber es war schon ziemlich heftig. Die "Klötzchenbildung" ist übrigens meiner nachträglichen (übertriebenen) Komprimierung geschuldet, ich wollte den Upload so kurz wie möglich gestalten. Es soll ja nur halbwegs darstellen, was für ein Unwetter uns dort überrascht hat.

Also revidieren wir: in Texas regnet es bisweilen sehr wohl. Und zwar richtig, richtig, richtig. Nach gut einer Stunde (das Gewitter hatte nachgelassen, der Regen auch etwas, aber es war immer noch Starkregen) erreichen wir wohlbehalten unser Motel. Unser Parkplatz ist dicht am Haus und so kommen wir nicht vollkommen durchnäßt endlich ins Zimmer zurück.

Dort machen wir uns die Heizung an, es war ziemlich aufgefrischt, dann bekommen wir aus unserer Kühltruhe die obligaten kalten Bierchen und läuten den Abend ein. Gerne würden wir ein Steak essen gehen - aber der Ostersonntag macht uns einen Strich durch die Rechnung. Eigentümlicherweise haben alle namhaften Restaurants in Kerrville heute geschlossen. Das werden wir uns merken müssen, ob das in Texas ein grundsätzliches Problem an Sonntagen ist. In der Not fällt unsere Wahl auf Dennis, das ist zwar nicht die "Bombe", aber man kann es essen und es ist natürlich auch nicht so teuer.

Nach dem Essen wird die Planung des nächsten Tages vervollständigt. Ein großes Programm steht uns bevor und es wird ein außergewöhnlich umfangreicher und erfolgreicher Tag. Wenn es dann weitergeht, muss ich überlegen, ob ich den morgigen Tag aufteile - denn an diesem Tag haben wir extrem viel gesehen und  fotografiert. Das entscheide ich aber dann, wenn es soweit ist. Zum Abschluss des Tages wird der Weather Channel eingeschaltet, der teilt uns mit, dass es am späten Nachmittag eine schwere Unwetterwarnung ("Red Zone") für Kerrville und Umgebung gegeben hätte - ach, wirklich?!

Rainer

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