3. Tag – Mittwoch, 10.09.Wie üblich stehe ich gegen 6 Uhr auf, frühstücke, bereite anhand der Wettervorhersage den Tag dabei vor und bin gegen Viertel nach 8 abfahrbereit. Heute Morgen ist das Auto nicht nur außen, sondern auch innen angelaufen und das ist ziemlich schwierig loszuwerden. Erst als ich dann mit einem Taschentuch ein Stück frei putze und mit diesem Guckloch losfahren kann, wird es ganz schnell von selbst frei. Keine Ahnung was da los war.
Gegen 11 Uhr mache ich in Soumussalmi eine erste Pause. Ich gehe an einer Tank-/Raststätte auf die Toilette und halte dann noch mal am Seeufer. Der Ort liegt richtig schön am Wasser mit einer Promenade am kleinen Hafen und weiteren Zugangsmöglichkeiten zum Wasser. Hier liegen einige kleinere Boote vor Anker und auch ein Wasserflugzeug.
Kurz nach dem Ort sehe ich meine ersten Rentiere, die von nun an ständige Begleiter auf Lapplands Straßen sein werden (da muss man immer mit erhöhter Aufmerksamkeit fahren, denn die Tiere sind oft erst sehr spät erkennbar, da sie ähnlich braun wie die Straßenböschung sind). Fotos der Rentiere, die ich auf oder neben der Straße sehe, sind mir leider nicht möglich, da wäre ein Beifahrer sehr hilfreich (oder ein Seitenstreifen an der Fahrbahn).
Schon eine halbe Stunde später mache ich eine weitere Pause. Gleich neben der Straße befindet sich auf einem Feld das Kunstwerk „Das stille Volk“ („Hiljainen Kansa“) vom finnischen Künstler Reijo Kela. Kela ist 1952 in Soumussalmi geboren, hat in Finnland und New York Tanz studiert und dann als Tänzer und Choreograph gearbeitet. Die Torfköpfe, wie die Figuren auf der unter anderem auf Deutsch beschrifteten Tafel genannt werden, wurden seit 1988 an unterschiedlichen Stationen präsentiert, unter anderem auf dem Senatsplatz in Helsinki, aber auch in Deutschland, Russland und England. Nun haben sie wohl hier einen dauerhaften Platz gefunden und werden je nach Jahreszeit passend von einer lokalen Jugendwerkstatt eingekleidet. Eine sicherlich recht aufwändige Aufgabe, denn es sollen über 1000 Figuren hier verteilt sein.
Was der Künstler mit dem Werk sagen will? Dazu gibt es keine Antwort, jeder soll sich seine eigenen Gedanken machen.
Das „Stille Volk“ zieht scheinbar eine Menge Touristen an (auf dem Parkplatz sehe ich das erste Auto auf dieser Reise mit ausländischem Kennzeichen, ein Pkw aus München), denn neben dem Feld befinden sich eine Reihe von Holzhäusern mit Restaurant, Café und großem Souvenirgeschäft, da gibt es z.B. T-Shirts vom „Stillen Volk“, aber auch sonstige hauptsächlich handwerkliche lokal hergestellte Dinge, ich schaue mir alles an, kaufe aber nichts.
Es gibt auch Sitzmöglichkeiten im Freien und da es so schönes Wetter ist, mache ich hier eine frühe Mittagspause. Ich esse eine Rentier Quiche und trinke einen Vogelbeersaft aus eigener Herstellung (EUR 8,90) (ich dachte immer, Vogelbeeren wären giftig, habe später gegoogelt und gelesen, dass das nicht stimmt, diese falsche Annahme aber weit verbreitet ist).
Nach der Pause geht es weiter, bei herrlichem Sonnenschein, herbstlich gelb gefärbter Landschaft (hauptsächlich Birken mit gelben Blättern) und immer mal wieder Rentieren in verschiedenen braun bis weiß Schattierungen, mal mit Geweih, mal ohne, auch ganz junge Tiere sind mit dabei.
Leider wird es immer bewölkter je mehr ich mich meinem Wanderziel nähere, das war so nicht aus der Wettervorhersage heute Morgen ersichtlich, sonst hätte ich eine andere Wanderung schon am Vormittag gemacht

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Gegen 13.30 Uhr erreiche ich den Wanderparkplatz in Ruka, das Teil des bekannten Skiorts Kuusamo ist. Hauptsaison ist hier der Winter, aber es wird auch viel getan, um den Wander- und Mountainbike Tourismus zu fördern. Der Parkplatz ist riesig und ist eben eigentlich für den Winter da, denn ab hier führen Lifte auf einen der Berge hinauf. Eine ganze Reihe Maschinen sind auf und neben dem Parkplatz, sowie am Skihang in Betrieb, hier wird die Wintersaison vorbereitet.
Meine Wanderung führt mich auf den Valtavaara, mit 464 m der höchsten Berg Kuusamos, er liegt gegenüber dem Skiberg. Ganz ungewohnt für mich in Finnland, bin ich hier mal nicht weitgehend alleine unterwegs, die Anzahl an Wanderern hält sich aber in für mich noch akzeptablen Grenzen.
Zunächst gibt es einige steile Abschnitte, die mittels Treppen überwunden werden,
dann geht es gemäßigt, aber stetig bergauf, zunächst auf einem geschotterten, sehr gut begehbaren Weg,
daraus wird dann ein steiniger und wurzeliger Pfad.
Bald gibt es erste Ausblicke und zwar erstmal etwas weniger schöne, nämlich auf den gegenüberliegenden Skihang, auf dem die Restschneeflächen mit weißer Folie abgedeckt sind.
Aber bald sind auch Blicke in die anderen Himmelsrichtungen möglich, auf die finnlandtypischen Wälder und Seen und auf das Wanderziel, die Hütte auf dem Berggipfel.
Dann geht es erstmal wieder ein Stück bergab zu einem See samt Grillhütte. Hier kann auch bei Regen oder kälteren Temperaturen unter Dach gegrillt werden.
Von hier steigt der Weg wieder an, die Landschaft bietet knorrige Bäume und herbstlich gefärbtes Unterholz samt roten Beeren.
Vom Gipfel mit seiner kleinen Hütte hat man einen tollen Rundum Blick auf Wälder und zahlreiche Seen, hin und wieder kommt auch die Sonne zaghaft hervor.
Ich mache eine kurze Pause mit einem Müsliriegel, dann geht es auf der gegenüberliegenden Bergseite bergab. Auch hier kommt man an einer Grillhütte vorbei und es gibt wieder bunte herbstliche Deko.
Der Weg ist recht abwechslungsreich, ein Stück auf einem Holzbohlenweg ist dabei, auch ein Geröllfeld passiert man.
Nach knapp zwei Stunden bin ich zurück am Auto und gehe gegen 15.30 Uhr die letzte Fahr-Etappe des Tages an.
Anderthalb Stunden später erreiche ich Kemijärvi, gehe noch in den Supermarkt und zum Tanken und fahre dann zu meiner Unterkunft für die nächsten fünf Nächte, das Academy Hotel Kemijärvi am Rande der Stadt gelegen.
Es gibt keine Rezeption, ich habe im Lauf des Tages eine E-Mail mit dem Code für die Eingangstüre und für den Schlüsselautomat aus dem ich den Zimmerschlüssel bekomme, erhalten. Das Hotel ist gerade erst eröffnet worden, es wurde in den 50iger oder 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts als Lehrerseminar gebaut und stand nun wohl einige Zeit leer, wie auch heute noch das sich daneben befindliche große Schulgebäude (Kemijärvi hat an anderer Stelle ein neues Schulzentrum).
Mein Zimmer liegt im Erdgeschoss (zum Glück, denn es gibt keinen Aufzug), auf dem Gang sind mehrere junge Männer damit beschäftigt, Tische und Stühle zusammen zu bauen und auf weitere Zimmer zu verteilen. Ich bringe mein Gepäck aufs Zimmer und muss dann nochmal zum Auto, dabei stelle ich fest, dass ich meine Zimmertür nicht von außen abschließen kann. Ich frage einen der jungen Männer, ob er sich damit auskennt und er geht los, um jemanden vom Hotelpersonal zu holen. Eine junge Frau im Jogginganzug kommt dann bald und ändert etwas am Türschloss, nun ist die Tür abgeschlossen, wenn man sie zuzieht. Sie zeigt mir dann auch die Gemeinschaftsküche mit Mikrowelle, Toaster, Kaffeemaschine und Kochplatten, im Zimmer gibt es nur einen Kühlschrank, einen Wasserkocher und ein Spülbecken. Auch ein weiteres Problem kann ich gleich ansprechen, das W-Lan funktioniert nicht. Sie verspricht sich darum zu kümmern.
Außer der Küche gibt es einen weiteren Gemeinschaftsraum mit Sofa und Sesseln und einem großen Fernseher, in den Zimmern gibt es keine Fernseher.
Den Rest des Abends verbringe ich mit den üblichen Beschäftigungen (mit Peter telefonieren, Notizen zum Tag machen, den folgenden Tag vorbereiten) im Zimmer.
Wetter: vormittags sonnig, nachmittags und abends bewölkt, ca. 13 - 21°C
Wanderung: Valtavaaran Huitpus, 5,95 km, 240 m Anstieg
Unterkunft: 5 Nächte Academy Hotel in Kemijärvi, ohne Frühstück, EUR 475,00, gebucht über die Hotelwebsite